BSG Urteil v. - B 4 RA 40/02 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: AAÜG § 5 Abs 1

Instanzenzug: SG Altenburg vom

Gründe

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem der Intelligenz an wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR für Zeiten vom bis teilweise zurücknehmen, teilweise deren positive Feststellung ablehnen durfte.

Der Kläger schloss 1964 in der DDR ein Physik-Studium mit der Diplom-Prüfung ab. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Hochschule (TH) M. tätig. Im Januar 1969 wurde ihm der akademische Grad eines "Doktor der Naturwissenschaften" verliehen. Ab wurde er für ein Jahr an die L. -Universität in Mo. "delegiert".

Das SG hat zum weiteren Sachverhalt ua ausgeführt, dass in den aus der damaligen Zeit vorliegenden Unterlagen der Aufenthalt in Mo. als "Zusatzstudium" bezeichnet worden sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der TH M. sei nicht unterbrochen worden. Von der TH sei kein Entgelt gezahlt worden. Der Kläger habe ein Stipendium in Höhe von 80 vH seines letzten Gehaltes durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen erhalten. Außerdem habe er pro Monat 120,00 Rubel bekommen. Im Sozialversicherungsausweis seien vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen 600,00 Mark als "versicherungspflichtiger" Arbeitsverdienst monatlich eingetragen worden. Die Tätigkeit sei als "Auslandsstudium" vermerkt worden. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung habe es sich bei dem Zusatzstudium um eine Weiterbildungsmaßnahme gehandelt, für die keine Abschlussprüfung vorgesehen gewesen sei.

Nach Abschluss des Auslandsaufenthaltes bemühte sich der Kläger bis Juli 1970 um eine neue Arbeitsstelle. Ab August 1970 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der F. -S. -Universität in J. beschäftigt.

Im Bescheid vom stellte die Beklagte die Zeit vom bis und vom bis als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz (AVI) an wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR fest. Die Zeiten vom 1. Januar bis wurden als "sonstige Unterbrechung" gekennzeichnet.

Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, sie beabsichtige die Feststellungen vom bis "" zurückzunehmen, machte der Kläger geltend, seine einjährige Delegierung zu Forschungszwecken in Mo. vom bis sei eine Zugehörigkeitszeit zur AVI. Die Zeiten der Stellensuche von März bis Juli 1970 seien dagegen zu Recht nicht als Zugehörigkeitszeiten festgestellt worden.

Im Bescheid vom nahm die Beklagte die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zur AVI für die Zeit vom bis "" zurück. Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten für den Zeitraum vom bis .

Die Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass es sich bei der betreffenden Zeit um eine Ausbildungs-, nicht aber Beschäftigungszeit gehandelt habe (Widerspruchsbescheid vom ).

Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom ). Es hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme gegeben seien. Die Feststellungen im Bescheid vom seien rechtswidrig, soweit der Zeitraum vom bis "" betroffen sei; denn der Auslandsaufenthalt des Klägers habe den Charakter einer Fortbildungsmaßnahme, nicht aber einer entgeltlichen Beschäftigung gehabt. Unerheblich sei, dass das Arbeitsverhältnis formal weiter bestanden habe. Die Kammer stelle nicht in Frage, dass der Kläger in einem Forschungsprojekt eingebunden gewesen sei und hierbei neue verwertbare Erkenntnisse gewonnen habe. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich aber, dass das primäre Ziel des Auslandsaufenthaltes die Erweiterung des Wissens- und Erfahrungshorizontes gewesen sei. Dafür sprächen die Bezeichnung als Zusatzstudium bzw Auslandsstudium sowie der Bezug eines staatlichen Stipendiums. Der Rücknahme der danach rechtswidrigen Vormerkung habe ein schutzwürdiges Interesse des Klägers nicht entgegengestanden.

Durch Beschluss vom hat das SG die Revision zugelassen, die der Kläger mit Zustimmung der Beklagten eingelegt hat.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am hat die Beklagte anerkannt, dass der Kläger zum eine Versorgungsberechtigung iS von § 1 Abs 1 AAÜG gehabt hat. Der Kläger hat dieses Anerkenntnis angenommen.

Der Kläger rügt eine Verletzung des § 5 Abs 1 AAÜG. Er trägt vor, seine Tätigkeit an der L. -Universität in Mo. sei kein Studium gewesen. Er sei weder an dieser Universität immatrikuliert gewesen noch habe er einen Berufsabschluss auf Grund eines planmäßigen Studiums angestrebt. Auf Grund seiner Tätigkeit im Rahmen eines Forschungsobjektes habe er weitere betriebsdienliche Kenntnisse erlangt. Seine Abordnung im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses sei als Entsendung iS des § 4 SGB IV anzusehen. Unerheblich sei, dass die Entsendung finanziell nicht direkt über den Beschäftigungsbetrieb abgewickelt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom sowie den Bescheid der Beklagten vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben, soweit die im Bescheid vom erfolgten Feststellungen der Beschäftigungszeiten vom bis als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR zurückgenommen worden sind, ferner die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnung zu verpflichten, auch die Zeiten vom bis zum als Zugehörigkeitszeiten zum vorgenannten System sowie die auf Grund der Beschäftigung erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei.

II

Die Revision ist in dem Sinne begründet, dass das angefochtene Urteil des SG mit den ihm zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen wird (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

1. Streitgegenstand ist zum einen, ob die Beklagte ermächtigt war, im Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom die zuvor im Bescheid vom getroffenen und bindend gewordenen positiven Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem der AVI für die Zeit vom 17. März bis zurückzunehmen. Zum anderen ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, unter Aufhebung der bindend gewordenen negativen Feststellungen im Bescheid vom die Zeit vom 1. Januar bis (positiv) als Zugehörigkeitszeiten zur AVI festzustellen. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig zum einen mit einer isolierten Anfechtungsklage, zum anderen in Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 SGG). Ob die Klagen begründet sind, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des SG nicht abschließend entscheiden.

2. Auch bei der materiell-rechtlichen Beurteilung ist zwischen den Zeiträumen vom 17. März bis einerseits und vom 1. Januar bis andererseits zu unterscheiden.

a) Ob die Beklagte ermächtigt war, die bindend gewordenen positiven Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zur AVI für die Zeit vom 17. März bis zurückzunehmen, beurteilt sich nach § 45 SGB X.

Nach Abs 1 aaO kann ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, vom Versicherungsträger zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Ist die Rechtswidrigkeit zu bejahen, schränken die Absätze 2 bis 4 aaO den Ermessensspielraum des Trägers ein.

Die in dem Verfahren nach § 8 AAÜG von der Beklagten im Bescheid vom getroffenen positiven Feststellungen von Beschäftigungszeiten im Versorgungssystem der AVI (Zusatzversorgungssystem iS der Anlage I Nr 4 zum AAÜG) und damit von Zugehörigkeitszeiten zu diesem System als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten (§ 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG) sind begünstigende Verwaltungsakte. Diese sind unanfechtbar geworden (§ 77 SGG). Ob die gegen die Rücknahme der Feststellungen gerichtete isolierte Anfechtungsklage begründet ist, hängt zunächst davon ab, ob die Feststellungen rechtmäßig bzw rechtswidrig waren. Dies beurteilt sich am Maßstab des § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG.

b) Die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zur AVI hat die Beklagte im Bescheid vom für die Zeit vom 1. Januar bis bindend abgelehnt. Ob sie nach Rücknahme dieser Entscheidung zur positiven Neufeststellung verpflichtet ist, bestimmt sich nach § 44 Abs 1 und 2 SGB X.

Im Bescheid vom hat die Beklagte den Zeitraum vom 1. Januar bis als "sonstige Unterbrechung" umschrieben. Der Erklärungswert dieser Verlautbarung ergibt sich aus dem sachlich-inhaltlichen Zusammenhang mit den "sonstigen" positiven Feststellungen. Die Zeiträume vom bis und dann wieder ab hatte die Beklagte ausdrücklich als Zugehörigkeitszeiten zur AVI anerkannt. Wenn der Zeitraum vom 1. Januar bis hiervon ausgeklammert und als "sonstige Unterbrechung" bezeichnet wurde, wird dadurch verlautbart, dass während dieser Zeit - nach Auffassung der Beklagten - die Zugehörigkeit zur AVI "unterbrochen" war, also die Voraussetzungen für eine Zuordnung zu diesem System nicht als gegeben angesehen wurden. Damit verlautbart der Bescheid für den Adressaten hinreichend deutlich, dass diese Zeit nicht anerkannt, also insoweit eine negative Feststellung getroffen wurde.

Im Anhörungsverfahren hat der Kläger nicht nur geltend gemacht, dass er die angekündigte Rücknahme von bereits anerkannten Zugehörigkeitszeiten (hier: vom 17. März bis ), sondern auch die bisher unterbliebene Anerkennung der Zeit vom 1. Januar bis für rechtswidrig halte. Ausdrücklich hat er begehrt, die gesamte Zeit der "Delegierung" an die L. -Universität vorzumerken, also auch die Zeit vom 1. Januar bis . Da die Beklagte eine solche Feststellung im Bescheid vom abgelehnt hatte, ist dieses (Teil-)Begehren als Antrag auf Rücknahme der unanfechtbar und damit zugleich bindend gewordenen Entscheidung und auf Feststellung dieser Zeit als Zugehörigkeitszeit zur AVI zu werten.

Diesen Antrag des Klägers hat die Beklagte im Bescheid vom abschlägig beschieden. Hierbei sind die Verlautbarungen im Bescheid und in der Anlage im Zusammenhang zu werten, um den maßgeblichen Verwaltungsakt zu bestimmen. Auszugehen ist von der Aussage in der Anlage zum Bescheid, wonach der - frühere - Bescheid vom hinsichtlich der Zeit vom bis gemäß § 45 SGB X zurückgenommen werde. Die Beklagte hat hierbei nicht beachtet, dass mit Blick auf die positiven und negativen Feststellungen im unanfechtbar gewordenen Bescheid vom rechtlich zwischen dem Zeitraum vom 17. März bis und 1. Januar bis zu differenzieren ist (zum Zeitraum vom 1. März bis sogleich unter Buchst c). Demzufolge ist nur die Rücknahme der positiven Feststellungen für den erstgenannten Zeitraum am Maßstab des § 45 SGB X zu prüfen, während sich die Frage der Rücknahme und Neufeststellung bzgl des zweiten Zeitraumes am Maßstab des § 44 Abs 1 und 2 SGB X beurteilt.

Dieser Begründungsmangel ist für die Frage, welche Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes (§ 31 SGB X) getroffen wurde, unerheblich. Die Verlautbarung in der Anlage zum Bescheid vom ist im Zusammenhang mit den positiven Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten im Bescheid selbst zu werten. Dort ist die Zeit vom bis nicht als Zugehörigkeitszeit anerkannt, sondern gerade ausgeklammert worden. Dies ist hier dahin zu verstehen, dass für den gesamten Zeitraum die Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten abgelehnt wurden.

Demzufolge enthält die Verlautbarung in der Anlage zum Bescheid zwei Verwaltungsakte: zum einen werden die positiven Feststellungen im Bescheid vom bzgl der Zeit vom 17. März bis zurückgenommen, zum anderen wird zwar auch die unanfechtbar gewordene negative Feststellung für die Zeit vom 1. Januar bis zurückgenommen, zugleich aber eine positive Neufeststellung wiederum abgelehnt.

Mit Blick auf die drei Verfahrensebenen/-stufen, die das Prüfungsverfahren nach § 44 Abs 1 und 2 SGB X prägen (dazu: Urteil des Senats vom , BSGE 88, 75, 78 ff = SozR 3-1300 § 44 Nr 31), ist unter Zugrundelegung des Wortlautes der in der Anlage zum Bescheid vom getroffenen Regelung davon auszugehen, dass die Beklagte sich auf Grund des vom Kläger im Anhörungsverfahren gestellten Antrages für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens entschieden und die negativen Feststellungen im Bescheid vom insoweit zurückgenommen hat (Verwaltungsentscheidungen auf der ersten und zweiten Ebene/Stufe). Dagegen hat sie auf der dritten Ebene/Stufe die begehrte Neufeststellung wiederum abgelehnt.

Ob diese Ablehnung zu Recht erfolgt ist, ist am Maßstab der Gesamtregelung des § 44 Abs 1 und 2 SGB X zu prüfen. Danach ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er anfänglich rechtswidrig ist; in dem entsprechenden Umfang ist die Verwaltung dann zur Neufeststellung, die hier allein streitig ist, verpflichtet. Da es im Feststellungsverfahren nach § 8 AAÜG um die Feststellung von Daten geht, kommt es insoweit auf die zeitliche Dimension (Rücknahme für die Vergangenheit oder Zukunft) nicht an. Letztlich ist auch im Rahmen der Entscheidung nach § 44 Abs 1 und 2 SGB X - ebenso wie bei der oben dargestellten vorrangigen Prüfung der Rechtswidrigkeit im Rahmen des § 45 SGB X - zu prüfen, ob der Kläger auch für den Zeitraum vom 1. Januar bis Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVI iS von § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG hatte.

c) Soweit die Beklagte darüber hinaus im Bescheid vom auch "Feststellungen" für die Zeit vom 1. März bis zurückgenommen hat, ist anzumerken, dass sie im ("Ursprungs-")Bescheid vom zu diesem Zeitraum keine Entscheidungen, dh keine feststellenden Regelungen getroffen, also keine Verwaltungsakte erlassen hatte; die "Rücknahme" im Bescheid vom ging insoweit von vornherein ins Leere. Im Übrigen hat der Kläger den Streitgegenstand ohnehin auf den Zeitraum vom bis beschränkt.

3. Ob die angefochtenen Verwaltungsakte, mit denen die Beklagte für den streitbefangenen Zeitraum Feststellungen gemäß § 45 SGB X zurückgenommen und Rücknahmen iS des § 44 SGB X sowie anschließende Neufeststellungen abgelehnt hat, rechtswidrig sind, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des SG nicht abschließend entscheiden.

Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anerkannt hat, dass der Kläger zum eine Versorgungsberechtigung iS von § 1 Abs 1 AAÜG gehabt hat und dieser das Anerkenntnis angenommen hat, steht verbindlich fest, dass er unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG fällt. Demzufolge stellt sich allein die Frage, ob der Kläger im Zeitraum vom bis die Voraussetzungen für die positiven Feststellungen von Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem der AVI erfüllt hat.

Maßstabsnorm ist § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG. Diese Norm ordnet die Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung ("gelten als") für Zeiten an, in denen der (zum ) "Versorgungsberechtigte" eine (entgeltliche) Beschäftigung oder Tätigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt (notwendig vor dem ) ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelistet ist. Ob die Tatbestandsvoraussetzungen für diese Gleichstellung mit rentenrechtlichen Pflichtbeitragszeiten erfüllt sind, hängt somit davon ab, ob (1) der Betroffene eine "Beschäftigung" ausgeübt hat, die (2) "entgeltlich" war und die (3) ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war.

Die letztgenannte Voraussetzung beurteilt sich nach den versorgungsrechtlichen Bestimmungen, die - und soweit sie - partielles Bundesrecht geworden waren. Nach der Verordnung über die AVI an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (VO-AVI) vom (GBl S 675) idF der VO vom (GBl I S 521) und der ersten Durchführungsbestimmung zur VO-AVI vom (GBl S 879) und der zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVI vom (GBl I S 612) war dieses System eingerichtet für

- Angehörige der Intelligenz, und zwar hier der wissenschaftlichen Intelligenz (§ 2 VO-AVI; persönliche Voraussetzung), die

- hauptberuflich entsprechend ihrer Qualifikation - hier also wissenschaftlich - tätig waren (§ 2 VO-AVI; sachliche Voraussetzung) und

- die ihre Tätigkeit in einer Einrichtung der DDR ausgeübt haben, und zwar (im Blick auf den vorliegenden Fall) in einer wissenschaftlichen Einrichtung (§§ 1, 6 VO-AVI; betriebliche Voraussetzung).

Die tatsächlichen Feststellungen des SG reichen nicht aus zu entscheiden, ob der Kläger im umstrittenen Zeitraum bei der TH-M. oder einer anderen Stelle der DDR "beschäftigt" war, auch nicht, ob dies ggf "entgeltlich" war und schließlich nicht, ob ggf die entgeltliche Beschäftigung ihrer Art nach von der AVI erfasst war.

4. Das SG wird zunächst klären müssen, ob der Kläger im streitigen Zeitraum iS von § 5 Abs 1 AAÜG bei einem Arbeitgeber der DDR "beschäftigt" war. Das SG hat für den strittigen Zeitraum vom bis lediglich festgestellt, dass der Kläger an der TH-M. (und später an der F. -S. -Universität in J. ) als "wissenschaftlicher Mitarbeiter" beschäftigt gewesen ist. Der Rechtsbegriff der "Beschäftigung" darf aber nur auf festgestellte Tatsachen angewandt werden, die ihn ausfüllen. Eine weitere Qualifizierung hat das SG in tatsächlicher Hinsicht nicht getroffen. So wird es nunmehr im Einzelnen festzustellen haben, welche arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der TH-M. vor und während der streitigen Zeiten genau bestanden, wer Arbeitgeber war, welche Hauptpflichten und Nebenpflichten bestanden und was genau nach den Gegebenheiten des Einzelfalles und der einschlägigen Vorgaben der DDR der genaue Inhalt der "Delegation" war, insbesondere auch, ob der Kläger danach auch noch im streitigen Zeitraum "in einer wissenschaftlichen Einrichtung der DDR", nämlich der TH-M. , wissenschaftlich tätig war, worauf es bei der dritten Voraussetzung des § 5 Abs 1 AAÜG ankommt.

a) Das SG hat schon nicht festgestellt, wie lange das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der TH-M. bestanden hat. Hierzu hat es lediglich ausgeführt, das jener "für ein Jahr in die Sowjetunion delegiert" und sein Arbeitsverhältnis mit der TH während des Aufenthaltes in Mo. nicht unterbrochen worden sei. Insoweit deutet die nur begrenzte Anfechtung des Rücknahmeaktes durch den Kläger, nämlich begrenzt auf den Zeitraum bis , zwar darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt beendet worden sein könnte. Hierfür spricht auch die Angabe im Urteil des SG, dass der Kläger sich (ab wann?) bis Juli 1970 auf Stellensuche befunden habe. Das SG wird nunmehr jedoch die notwendigen konkreten Feststellungen auch zum zeitlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der TH-M. zu treffen haben.

b) Des Weiteren hat das SG die erforderlichen Feststellungen zum Inhalt der Tätigkeiten des Klägers für die TH-M. vor und während seines Aufenthalts in Mo. und zu den weiterbestehenden rechtlichen Beziehungen zur TH-M. nicht getroffen. Da Anhaltspunkte fehlen, der Kläger sei damals selbstständig tätig gewesen, kommt es darauf an, ob er auch vom bis eine Beschäftigung (iS des § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG) mit wissenschaftlichem Inhalt ausgeübt hat, deren Arbeitgeber die TH-M. bzw - bei fehlender Rechtspersönlichkeit - deren Träger war.

5. § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG stellt (entgeltliche) "Beschäftigungen", die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem der DDR erfasst waren, Pflichtbeitragszeiten in der bundesdeutschen Rentenversicherung gleich. "Pflichtbeitragszeiten" sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten, § 55 Abs 1 SGB VI). Pflichtbeiträge sind nach dem SGB VI für Personen zu zahlen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI). § 5 AAÜG stellt - ohne das Erfordernis einer Beitragszahlung - Beschäftigte aus der DDR, soweit ihre Beschäftigung von einem Versorgungssystem der Art nach erfasst war, den Versicherungspflichtigen des § 1 Abs 1 SGB VI gleich. Bei Sachverhalten, die sich historisch während und nach Maßgabe der Geltung von Bundesrecht entwickelt haben, beurteilt sich das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ausschlaggebende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen (Direktionsgewalt des Arbeitgebers) und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens des Arbeitgebers. Eine im Voraus zeitlich begrenzte Verlagerung des Erfüllungsortes/Arbeitsortes ins Ausland beseitigt die Versicherungspflicht nicht, wenn sie im Rahmen eines im Inland (fort-)bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgt (§ 4 Abs 1 SGB IV).

Bei der von § 5 AAÜG angeordneten Anwendung dieses Bundesrechts auf Sachverhalte und Ereignisse, die sich in der DDR zugetragen haben, ist jedoch stets zu beachten, dass die Betroffenen damals ihr Verhalten nicht nach dem Bundesrecht, sondern nach den Vorgaben der DDR ausgerichtet haben. Es ist deshalb stets wertend zu prüfen, ob ein solcher "DDR-Sachverhalt" in seinem wirtschaftlichen und sozialen Sinn und rechtlichen Gehalt der in einer Norm des Bundesrechts ausgeprägten (normativ gedachten) Wirklichkeit entspricht. Der in der DDR gegebene Sachverhalt kann also nicht unmittelbar unter einen Rechtsbegriff des Bundesrechts "subsumiert" werden. Vielmehr ist stets zu prüfen, ob dieser Rechtsbegriff auf einen solchen Sachverhalt nach Sinn und Zweck anwendbar ist und umgekehrt, ob ihm Sachverhalte in der DDR unterfallen. Da der Rechtsbegriff des Arbeitsverhältnisses im rechtlichen (nicht ideologischen) Kern übereinstimmte und auch die vorübergehende Entsendung iS von § 4 SGB IV nicht unterschiedlich verstanden wurde, ist die Feststellung, der früher Versorgungsberechtigte habe eine "Beschäftigung" ausgeübt oder sei im Rahmen einer solchen "entsandt" worden, in der Regel unproblematisch zu treffen, wenn in der DDR ein Arbeitsverhältnis bestand bzw im Rahmen eines solchen eine "Entsendung" erfolgte, wobei es auch hier nicht auf die Bezeichnungen, sondern auf den wirtschaftlichen und sozialen Inhalt ankommt.

Im Fall des Klägers läge zB eine Beschäftigung mit Entsendung vor, wenn er auf Weisung der TH-M. als Arbeitgeberin seine wissenschaftliche Tätigkeit für die TH vorübergehend in Mo. anstatt in M. hätte verrichten müssen, oder wenn er dort von der TH im Voraus begrenzt vorübergehend zur Erfüllung von Verpflichtungen seines Arbeitgebers gegenüber sowjetischen Vertragspartnern als Arbeitnehmer eingesetzt worden wäre.

6. Eine Gleichstellung von DDR-Beschäftigungen mit Auslandsberührung ist aber darüber hinausgehend auch dann gegeben, wenn zwar die Arbeit im Ausland erfolgte, wenn sie aber vom DDR-Arbeitgeber im Voraus zeitlich begrenzt war, dessen Weisungsgewalt jedenfalls im Sinne eines Rückholrechtes fortbestand, die Arbeitsleistung im Ausland vom DDR-Arbeitgeber als in seinem Interesse liegend zumindest anerkannt war, wenn eine Rückkehr des Arbeitnehmers nach Beendigung des Auslandseinsatzes auf seinen früheren Arbeitsplatz oder aber eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt rechtlich geregelt war und wenn die mit dem Bestand des Arbeitsverhältnisses in der DDR verbundenen Nebenberechtigungen und -pflichten grundsätzlich erhalten blieben. Insoweit kann als Vergleichsmaßstab auf die Rechtsprechung in Fällen der sog Quasi-Entsendung (dazu stellvertretend: SozR 3-2600 § 56 Nr 4 <S 17>; Urteil vom , SozR 3-2200 § 1251a Nr 6) und des sog Rumpfarbeitsverhältnisses (dazu stellvertretend: aaO <S 18 ff>; Urteil vom , SozR 3-2600 § 56 Nr 13) abgestellt werden.

Danach besteht aber kein Beschäftigungsverhältnis mehr, wenn es vor Beginn des Auslandsaufenthaltes beendet wurde, wenn für die Zeit unbezahlter Urlaub oder eine allgemeine unbezahlte Freistellung gegeben wurde, wenn ein Interesse des Arbeitgebers nicht anerkannt wurde, wenn keine zeitliche Begrenzung im Voraus oder wenn kein Rückholrecht (oder keine Beendigung zu diesem Zeitpunkt) geregelt war.

7. Obwohl § 5 AAÜG nicht ausdrücklich sagt, dass die Beschäftigung "entgeltlich" gewesen sein muss, folgt dies direkt aus der Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten sowie aus der Funktion der §§ 5 bis 8 AAÜG, die Überleitung des SGB VI auch auf zum in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes überführte Renten zu regeln. Für die Bewertung der vom SGB VI geforderten - hier fiktiven - Vorleistung für die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland kommt es allein auf die Verdienste aus der Systembeschäftigung an.

Nach Bundesrecht ist die Entgeltzahlungspflicht eine Hauptpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Zu ihrer Erfüllung kann er sich grundsätzlich auch Dritter bedienen. Eine "Entgeltlichkeit" der Beschäftigung (siehe oben) des Klägers während der Zeiten in Mo. hätte daher jedenfalls dann bestanden, wenn der DDR-Arbeitgeber weiterhin dafür Gehalt gezahlt hätte bzw nach DDR-Vorgaben hätte zahlen müssen, ferner, wenn ein Dritter (zB der Staat) die Zahlungen übernommen hätte oder wenn der Kläger darin eingewilligt hätte, dass ein Dritter an Stelle des Arbeitgebers das Gehalt - uU mit niedrigerem Betrag - zahlen sollte. Wenn aber nach den Gegebenheiten des Einzelfalles oder hilfstatsächlich nach den allgemeinen Vorgaben in der DDR die Zahlungen von dritter Seite nicht die Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber bewirken oder ersetzen sollten, sondern anderen Zwecken als denen des Arbeitsentgelts dienten, waren sie kein Entgelt iS von § 5 AAÜG, also kein Arbeitsverdienst aus der Systembeschäftigung.

8. Auf Grund der Feststellungen des SG kann der Senat nicht entscheiden, ob der Kläger während seines Aufenthaltes in Mo. im vorgenannten Sinn eine Beschäftigung für einen DDR-Arbeitgeber ausgeübt hat, ferner auch nicht, ob diese "entgeltlich" war und schließlich, ob sie ihrer Art nach vom Zusatzversorgungssystem der AVI erfasst wird. Im Einzelnen wird das SG Folgendes zu bedenken haben:

a) Soweit das SG festgestellt hat, der Kläger sei "delegiert" worden, lässt sich aus dem Begriff der "Delegierung" keine Feststellung bzgl des Zwecks und Inhalts seines Auslandsaufenthaltes herleiten. Anscheinend handelte es sich nicht um einen Delegierungsvertrag, dessen rechtliche Ausgestaltung erstmals im Arbeitsgesetzbuch der DDR vom (GBl I S 185; nachfolgend AGB-DDR 1977) verankert wurde. Die Bezeichnung spricht dafür, dass es sich um eine einseitige Anweisung gehandelt haben könnte. Das SG hat jedoch nicht festgestellt, wer den Kläger delegiert hat und welche Bedeutung eine solche "Delegierung" damals im Arbeitsleben der DDR hatte. Insoweit wird das SG unter Zugrundelegung der in der Verwaltungsakte der Beklagten vorhandenen Verfügung der "TH-Chemie" M. vom weitere Feststellungen zu treffen haben.

b) Das SG hat in seiner Entscheidung die Annahme, es habe sich bei dem Auslandsaufenthalt des Klägers nicht um ein - ggf in modifizierter Form - fortgeführtes Beschäftigungsverhältnis mit der TH-M. gehandelt, sondern um ein "Studium", im Wesentlichen auf formale Bezeichnungen gestützt, ohne deren inhaltliche Bedeutung im konkreten Fall aufzuklären.

So nimmt das SG zum einen Bezug auf die Bezeichnung "Auslandsstudium" im Sozialversicherungsausweis, schenkt dabei aber nicht dem Umstand Beachtung, dass unter der Rubrik "genaue Bezeichnung der Tätigkeit" durchgehend für das Jahr 1969 und damit auch für die Zeit des Auslandsaufenthaltes in Mo. die Bezeichnung "wissenschaftlicher Oberassistent" unter Hinweis auf eine Lohn- bzw Gehaltsgruppe nach der "MVVO" (VO über die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den wissenschaftlichen Hochschulen) eingetragen war und dieser Eintrag von der TH-M. vorgenommen worden ist. Dagegen ist der Eintrag des beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienstes von 7.200,00 Mark (600,00 Mark/Monat) für die Zeit vom 1. Januar bis durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen vorgenommen worden.

Ein versicherungs- und beitragspflichtiger Verdienst während eines Studiums war in der DDR nicht die Regel. Der Student war zwar während des Studiums versicherungspflichtig; das ihm gewährte Stipendium unterlag aber nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung (vgl für den streitbefangenen Zeitraum: Anordnung über die Gewährung von Stipendien an Direktstudenten der Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR vom , GBl II S 527; hier § 16). Das SG wird seine (jetzt aufgehobene) Feststellung, für die gesamte Zeit des Auslandsaufenthaltes sei die Tätigkeit des Klägers unter der Bezeichnung "Auslandsstudium" in den Sozialversicherungsausweis eingetragen worden, jedenfalls für das Jahr 1969 überprüfen müssen.

Die Bezeichnung der Tätigkeit als "Auslandsstudium" ist im Sozialversicherungsausweis nur für die Zeit vom 1. Januar bis eingetragen worden. Sowohl diese Eintragung als auch die Eintragung des beitragspflichtigen Gesamtverdienstes von 1.200,00 Mark (= 600,00 Mark/Monat) ist jeweils vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen vorgenommen worden. Die Tätigkeitsbezeichnung lässt sich jedoch nicht mit der Eintragung eines beitragspflichtigen Arbeitsverdienstes vereinbaren, sodass auch insoweit Anlass für das SG bestanden hätte, weitere Ermittlungen durchzuführen.

c) Des Weiteren ist nicht nachvollziehbar, auf welchen Grundlagen das SG die Feststellung getroffen hat, der Kläger habe während des Auslandsaufenthaltes ein Stipendium in Höhe von 80 vH seines letzten Gehaltes durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen erhalten und ihm seien zusätzlich 120,00 Rubel gezahlt worden.

Das SG bezieht sich in den Entscheidungsgründen auf "vorliegende(n) Unterlagen" ohne diese präzise zu benennen. Soweit es auf die Bezeichnung "Zusatzstudium" abstellt, hat es sich nach den Feststellungen im Tatbestand wohl auf eine Auskunft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bezogen. Hierbei sollte offensichtlich die Auskunft des Ministeriums vom benannt werden, die das SG im Klageverfahren eingeholt hat. Dort hatte das Ministerium mitgeteilt, dass für Wissenschaftler der DDR, die sich auf ihrem Arbeitsgebiet im Ausland fortbilden wollten, nur die Möglichkeit der Delegierung über das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen bestanden habe. Ihnen sei der Status "Zusatzstudent" zugeordnet worden und sie hätten ein "Stipendium", das vom Ministerium aus Mitteln des Staatshaushaltes finanziert worden und das sozialversicherungsfrei gewesen sei, erhalten.

Diese Auskunft entspricht offensichtlich teilweise nicht den Gegebenheiten der DDR. Zum einen steht sie nicht im Einklang mit den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis. Zum anderen lässt sie sich nicht mit den gesetzlichen Vorgaben der DDR vereinbaren, die seit 1974 veröffentlicht worden sind. So hatte die Anordnung zur Stipendienzahlung bzw zur Vergütung der zur Aus- und Weiterbildung in andere Staaten delegierten Bürger der DDR (nachfolgend: AO Aus- und Weiterbildung 1974) vom (GBl I S 281) Regelungen zur finanziellen Sicherung für Bürger der DDR getroffen, die durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen zur Aus- und Weiterbildung in andere Staaten "delegiert" worden sind.

Dabei wurde zwischen drei Personengruppen unterschieden: Die beiden Gruppen der Studenten (§§ 2, 3 AO Aus- und Weiterbildung 1974) und der Aspiranten (§§ 4 bis 6 AO Aus- und Weiterbildung 1974) erhielten im Regelfall ein im Einzelnen ausgestaltetes Stipendium. Zu diesen beiden Personengruppen zählte der Kläger offensichtlich nicht. Er hatte nicht den Status eines Studenten, sondern war - jedenfalls wenn man die Eintragungen im Sozialversicherungsausweis zu Grunde legt - wissenschaftlicher Oberassistent. Er hatte damit auch nicht den Status eines Aspiranten (dazu: Urteil des Senats vom , SozR 3-2600 § 248 Nr 4). Vor dem Hintergrund der §§ 8 und 9 AO Aus- und Weiterbildung 1974 könnte der Kläger der dritten Gruppe angehört haben. Insoweit bestimmte § 8 Abs 1 aaO, dass Grundlage für die Zahlung des Gehaltes in der DDR für die zum Zusatzstudium und zur Teilnahme an Weiterbildungslehrgängen (nachstehend Weiterbildung genannt) delegierten Kader die in der DDR geltenden Rechtsvorschriften waren. Welche Rechtsvorschriften hier angesprochen wurden, ist nicht weiter benannt worden. Mit Blick auf die im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständliche Zeit vom März 1969 bis Februar 1970 spricht sehr viel dafür, dass ua die Vorschriften im Gesetzbuch der Arbeit der DDR vom (GBl I S 27; nachfolgend: AGB-DDR 1961) angesprochen sind. Dort wurde in den §§ 61 bis 66 das Recht der Berufsausbildung und Qualifizierung geregelt (diese Regelungen sind später in den §§ 145 ff des AGB-DDR 1977 wesentlich detaillierter ausgeformt worden). Insoweit wird das SG zu prüfen haben, ob der Kläger an einer Qualifizierungsmaßnahme iS des § 65 AGB-DDR 1961 teilgenommen hat, für die er gemäß § 77 Abs 2 Buchst a AGB-DDR 1961 von der Arbeit unter Fortzahlung seines Durchschnittslohnes freigestellt gewesen sein könnte.

Diese Regelung galt allerdings nicht, soweit Stipendien gewährt wurden (§ 77 Abs 1 Satz 4 AGB-DDR 1961; später § 182 Abs 2 Buchst a und Abs 4 Satz 2 AGB-DDR 1977). Insoweit hat allerdings die AO Aus- und Weiterbildung 1974 eine abweichende Regelung getroffen. Nach deren § 8 Abs 2 erhielten Kader, die zur Weiterbildung delegiert wurden, für die Zeit des tatsächlichen und für die Weiterbildung unbedingt erforderlichen Aufenthaltes im Studienland "zum Gehalt in Mark" eine Vergütung in Valuta, deren Höhe vom Minister für Hoch- und Fachschulwesen in Übereinstimmung mit dem Minister der Finanzen festgesetzt wurde. Hierbei wurden vom Gehalt gemäß § 9 Abs 1 AO Aus- und Weiterbildung 1974 Abzüge vorgenommen; nach der in Bezug genommenen Anlage wurden für die in Währung anderer Staaten gezahlten Beträge vom Nettogehalt bei einem Gehalt in Mark bis zu 1.200,00 25 vH und darüber hinaus 30 vH des Bruttogehaltes abgesetzt und einbehalten.

Des Weiteren machte § 12 Abs 1 und 2 AO Aus- und Weiterbildung 1974 deutlich, dass die "Vergütung in Valuta" vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen als "Stipendium" geplant und finanziert wurde, während die Vergütung in Mark ua für die zur Weiterbildung delegierten Kader von den "delegierenden Einrichtungen" geplant und finanziert wurde. Nach diesen Gegebenheiten der DDR war somit zu unterscheiden, zwischen einem Stipendium in Valuta, das vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen gezahlt wurde, und dem weiterzuzahlenden, allerdings gekürzten Gehalt, das der "delegierte Werktätige" von seinem Beschäftigungsbetrieb erhielt. Die AO Aus- und Weiterbildung 1974 ist im Jahre 1982 durch die AO über die Gewährung von Stipendien an zur Aus- und Weiterbildung in andere Staaten delegierte Bürger der DDR vom (GBl I S 542; nachfolgend: AO Aus- und Weiterbildung 1982) ersetzt worden. Die Regelungen zur Weiterbildung delegierter Kader und die Finanzierung der Stipendien in Valuta sowie des gekürzten weiter zu zahlenden Gehaltes entsprachen jedoch weitgehend dem bisherigen Recht (vgl §§ 7 und 10 AO Aus- und Weiterbildung 1982).

Das SG wird nunmehr zu ermitteln haben, ob für den streitgefangenen Zeitraum bereits vergleichbare allgemeine Vorgaben - möglicherweise auf Grund verwaltungsinterner Anweisungen und Richtlinien - bestanden haben, welche die Beziehungen zwischen zur Weiterbildung delegierten Kadern, ihren Beschäftigungsbetrieben und dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen gestaltet haben. Allein auf formale Bezeichnungen, wie "Auslandsstudium", "Zusatzstudium" und "staatliches Stipendium" darf das SG nicht abstellen.

d) Ebenso wird das SG nachvollziehbar darzulegen haben, auf welche der von ihm genannten "vorliegenden Unterlagen" es seine Feststellung gestützt hat, der Kläger habe ein Stipendium in Höhe von 80 vH seines letzten Gehaltes durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen erhalten; denn diese Feststellung steht nicht im Einklang mit den Gegebenheiten, die jedenfalls ab 1974 in der DDR vorlagen.

Sollte sich das SG in diesem Zusammenhang erneut auf die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Anlage zu der Auskunft vom übersandten Unterlagen beziehen wollen, ist darauf hinzuweisen, dass in der Bescheinigung des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen der DDR vom lediglich mitgeteilt worden ist, dass der Kläger vom bis ein Stipendium in Höhe von 120,00 Rubel monatlich erhalten hatte. Inwieweit dieser Betrag 80 vH des letzten Nettogehaltes des Klägers entsprochen haben könnte, ist nicht nachvollziehbar, jedenfalls dann nicht, wenn man die von der Beklagten in dem Bescheid vom für das Jahr 1969 angegebenen Verdienste des Klägers zu Grunde legt. Möglicherweise stützt sich die Feststellung des SG auf die vom Bundesministerium (mit)übersandte Richtlinie des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen über die Gewährung von besonderen Stipendien an wissenschaftliche Aspiranten der Universitäten und Hochschulen vom . Dort wurde geregelt, dass die Stipendien 80 vH des durchschnittlichen Nettoeinkommens während der letzten sechs Monate nicht überschreiten durften. Der Kläger war jedoch nach dem bisherigen Sachstand während der hier strittigen Zeit eindeutig kein Aspirant.

e) Sollten während der streitbefangenen Zeit gleiche Maßgaben für die Weiterbildung von delegierten Kadern im Ausland bestanden haben, wie sie ab 1974 in den angeführten gesetzlichen Anordnungen ausgeformt wurden, könnte davon auszugehen sein, dass der Kläger auf Grund einer im Rahmen der Delegierung erfolgten Änderung seiner Arbeitspflicht, nämlich der Freistellung von deren Erfüllung in M. , unter modifizierter Fortzahlung seines Gehaltes verpflichtet war, an einer Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmaßnahme in Mo. teilzunehmen. Dann wäre davon auszugehen, dass das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis nur in modifizierter Form fortgesetzt wurde.

Andernfalls könnte auch eine Beschäftigungsform vorgelegen haben, die im bundesrechtlichen Verständnis möglicherweise eine Quasi-Entsendung oder ein Rumpfarbeitsverhältnis war. Falls die Entgeltzahlung von der DDR übernommen worden war, stünde eine solche Änderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses auch der Qualifizierung der an der L. -Universität verrichteten "Tätigkeiten" als wissenschaftliche Tätigkeiten, die sachlich vom Versorgungssystem der AVI erfasst werden, nicht entgegen. Der Umstand, dass die Delegierung - mit Einverständnis der TH und des Klägers - möglicherweise formal über das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen erfolgte und dieses Ministerium zusätzlich zum Gehalt ein Stipendium gezahlt hat, würde der Bewertung ebenfalls nicht zwingend entgegenstehen. Entscheidend ist insoweit eine Beurteilung des wirtschaftlichen und sozialen Sinnes der DDR-Gegebenheiten auf der Grundlage eines umfassend aufgeklärten Sachverhaltes; erst sie ermöglicht die Erkenntnis, ob eine "entgeltliche Beschäftigung" iS von § 5 Abs 1 AAÜG vorgelegen hat und ob diese ihrer Art nach vom Versorgungssystem der AVI erfasst war.

f) Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das SG zu Unrecht auf ein Urteil des ) Bezug genommen hat. Dieser Entscheidung lag kein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Dort war ein Referent/Schulinspektor auf Grund eines Qualifizierungsvertrages (wohl iS von § 153 AGB-DDR 1977) zu einem "Spezialstudium für Direktoren der allgemein bildenden Schulen und leitenden Kader des Volksbildungswesens der DDR" an ein Institut delegiert worden. Nach "bestandener Abschlussprüfung" wurde der akademische Grad eines Diplom-Pädagogen verliehen. Nach den bisherigen Feststellungen des SG sind auch nicht ansatzweise Anhaltspunkte dafür gegeben, dass dem vorliegenden Rechtsstreit ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde liegen könnte.

9. Bei seiner abschließenden Entscheidung wird das SG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzubefinden haben.

Fundstelle(n):
RAAAC-13755