BSG Urteil v. - B 4 RA 35/02 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art 14

Instanzenzug:

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die monatlichen Zahlungsansprüche des Klägers aus dem ihm bindend zuerkannten Recht auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) auf Grund des materiell-rechtlichen, einzelanspruchsvernichtenden Übersicherungseinwandes wegen eines Hinzuverdienstes ab entziehen durfte.

Der im Jahre 1943 geborene Kläger war als Schiffsmakler tätig. Im Jahre 1968 hatte er einen Unfall. Die Beklagte gewährte zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) (Bescheid vom ). Nachdem der Kläger wieder eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter aufgenommen hatte, wurde ihm seit April 1969 Rente wegen BU zuerkannt (Bescheid vom ).

Mit Schreiben vom bat die Beklagte den Kläger im Rahmen einer Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung um die Beantwortung verschiedener Fragen, ua zu seinem Gehalt aus der ausgeübten Beschäftigung, das er ab beziehen werde. In einem Formblatt wies sie zugleich auf die seit geltende Neuregelung über die Einhaltung von Hinzuverdienstgrenzen hin, die für Rentenbezieher, deren Rente wegen BU bereits vor dem begonnen habe, ab gelte.

Nachdem der Kläger angegeben hatte, er werde ab voraussichtlich ein Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von monatlich DM 5.750 beziehen, hob die Beklagte mit Bescheid vom den Rentenbescheid vom mit Wirkung für die Zukunft ab auf. Außerdem teilte sie mit, dass die Rente ab nicht mehr gezahlt werde. Eine Aufhebung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse werde noch geprüft. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück, nachdem dieser innerhalb der gesetzten Frist nicht begründet worden war (Widerspruchsbescheid vom ).

Nach Anhörung (Schreiben vom ) hob die Beklagte den Rentenbescheid vom auch mit Wirkung ab auf und forderte die Überzahlung für Januar 2001 in Höhe von DM 1.103,45 zurück (Bescheid vom ).

Die am erhobene Klage, mit der die Aufhebung des Bescheids vom idF des Widerspruchsbescheids vom begehrt worden ist, ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom ). Das SG hat ausgeführt: Die seit geltende Regelung des § 313 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei von der Beklagten zutreffend umgesetzt worden. Im Falle des Klägers führe sie wegen des von ihm aus der Beschäftigung erzielten Einkommens zum Wegfall der Rentenzahlung. Die gesetzliche Regelung verstoße nicht gegen Art 14 Grundgesetz (GG), denn sie bewege sich in den durch diese Vorschrift gesetzten Schranken. Die Regelung stelle keinen Totalentzug dar. Die Rente werde in voller oder teilweiser Höhe gezahlt, wenn das Einkommen ganz oder teilweise entfalle. Die gesetzliche Neuregelung sei zudem für Bestandsrentner erst mit einer zeitlichen Verzögerung umgesetzt worden.

Mit der vom SG zugelassenen und mit Zustimmung der Beklagten eingelegten Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von Art 14 GG. Renten der Sozialversicherung würden vom Schutzbereich dieser Bestimmung erfasst. § 313 SGB VI sei eine verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Diese Vorschrift sei nicht verhältnismäßig. Es sei ein unzumutbares Sonderopfer, nach über 32 Jahren auf die Rente wegen BU verzichten zu müssen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom sowie den Bescheid der Beklagten vom idF des Widerspruchsbescheids vom aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom zurückzuweisen.

Sie habe § 313 SGB VI zutreffend angewandt. Diese Regelung verstoße nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 GG; sie sei eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

II

A. Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig.

Die Voraussetzungen des § 161 SGG liegen vor. Die Erklärung der Beklagten, mit der diese der Einlegung der Sprungrevision zugestimmt hat, genügt den formellen Erfordernissen des § 161 Abs 1 SGG. Die Zustimmung des Gegners zur Einlegung der Sprungrevision ist auch dann formgerecht iS des § 161 Abs 1 Satz 1 und Satz 3 zweite Alternative SGG erteilt, wenn der Revisionsführer - wie hier - die ihm per Telefax übermittelte, vom Revisionsgegner eigenhändig unterzeichnete Zustimmungserklärung zunächst seinerseits per Telefax an das Revisionsgericht weitergeleitet hat (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 13) und anschließend innerhalb der Rechtsmittelfrist mit der Original-Revisionsschrift das Original-Telefax, mit dem die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision erteilt wurde, beifügt (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 10).

Die Sprungrevision genügt auch den Formerfordernissen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Obwohl sich weder in der Revisionsschrift noch in der Revisionsbegründung der erforderliche Antrag findet, ist der Forderung genügt, dass die Begründung der Revision einen bestimmten Antrag enthalten muss. Das Antragserfordernis soll gewährleisten, dass bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist Klarheit darüber besteht, welchen Urteilsausspruch der Revisionsführer vom Revisionsgericht begehrt. Das BSG hat es deshalb als ausreichend angesehen, wenn die Revisionsbegründung eindeutig ergibt, welches prozessuale Ziel der Revisionskläger erreichen will (BSG SozR 1500 § 164 Nr 8 und Nr 10; BSG USK 94100 S 534; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 35; BSG Breithaupt 1998, 327, 328; ). Die Ausführungen des Klägers lassen hier keine Zweifel daran, dass er vom BSG die Aufhebung des angefochtenen Urteils des SG und die der angefochtenen Entziehungsentscheidungen begehrt, weil nach seiner Ansicht ein gegen Art 14 GG verstoßender Eingriff in das Recht auf Rente wegen BU vorliege.

B. Die Sprungrevision des Klägers ist begründet, soweit das SG seine Anfechtungsklage gegen die Aufhebung seines (Stamm-)Rechts auf Rente wegen BU abgewiesen hat. Im Übrigen führt die Sprungrevision außer zur Aufhebung des angefochtenen Urteils auch zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Dessen Feststellungen reichen zur abschließenden Entscheidung über den Entzug der monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Recht auf BU-Rente nicht aus. Entgegen der Ansicht des SG regeln die §§ 313, 96a SGB VI keinen Anrechnungs-, sondern einen rechtlich (und wirtschaftlich) andersartigen Übersicherungseinwand.

1. Auf die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) des Klägers hin ist im Revisionsverfahren nur über die Rechtmäßigkeit der im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom von der Beklagten erlassenen Verwaltungsakte zu entscheiden. Spätere Verwaltungsakte, insbesondere in dem von der Beklagten in der Revisionserwiderung genannten Bescheid vom , sind vom SG weder benannt worden noch hatte der Kläger sie in der Tatsacheninstanz angefochten. Die Entziehungsentscheidung mit Wirkung nur für Bezugszeiträume in der Vergangenheit vom ist auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand der Klage geworden, denn sie hat die Regelung im Bescheid vom (Aufhebung des Rechts auf BU-Rente mit Wirkung nur für die Zukunft) nicht abgeändert oder ersetzt.

2. Ermächtigungsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten kann nur § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sein. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft ist hier am wirksam geworden.

a) Der in die Rechtsposition des Klägers eingreifende Verwaltungsakt im Bescheid vom ist nicht bereits wegen Verletzung der gebotenen Anhörung rechtswidrig und damit schon wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben (§ 24 Abs 1 SGB X iVm § 41 Abs 2 SGB X und § 42 Satz 2 SGB X). Zwar ist gemäß § 24 Abs 1 SGB X dem Beteiligten (grundsätzlich) Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in dessen Rechte eingreift. Dies ist hier nicht geschehen. Eine Ausnahme von dieser Anhörungspflicht ergibt sich jedoch aus § 24 Abs 2 Nr 3 SGB X. Danach kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder in einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll. Diese Ausnahmevorschrift greift hier ein.

Welche Haupttatsachen für eine den Anforderungen des § 24 Abs 1 SGB X genügende Anhörung mitzuteilen sind, beurteilt sich - auf Grund der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der Behörde - nach der Entscheidungserheblichkeit anhand der Ermächtigungsgrundlage für den jeweiligen Eingriff (vgl BSG SozR 3-2600 § 315a Nr 3 S 12 f; BSGE 69, 247, 252 = BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 9 f). Die Beklagte ist ersichtlich davon ausgegangen, dass es für die Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm §§ 96a, 313 SGB VI genügt, in tatsächlicher Hinsicht das Einkommen, das voraussichtlich bezogen wird (zB Arbeitsentgelt aus nichtselbstständiger Arbeit), festzustellen. Von den insoweit vom Kläger gemachten Angaben ist sie nicht zu seinen Ungunsten abgewichen und konnte deshalb von der Anhörung nach § 24 Abs 2 Nr 3 SGB X absehen.

b) Die Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom , "den Rentenbescheid vom " aufzuheben, ist jedoch auf die isolierte Anfechtungsklage hin insoweit aufzuheben, als damit auch das (Stamm-)Recht auf Rente wegen BU aufgehoben wurde. Insoweit haben sich die rechtlichen Verhältnisse im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Rentenbescheids vom vorlagen, nicht wesentlich geändert. Eine wesentliche Änderung iS des § 48 SGB X liegt vor, sobald die bisherige Regelung (§ 31 SGB X) auf Grund einer nach ihrer Bekanntgabe eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht mehr mit demselben Regelungsinhalt erlassen werden dürfte (vgl , zur Veröffentlichung vorgesehen). Der ab in der Erwerbsminderungsversicherung eingeführte Übersicherungseinwand bei Überschreiten einer Hinzuverdienstgrenze, der ab auch auf Bestandsrenten erstreckt wurde, betrifft (anders als bei Hinzuverdienstgrenzen für Renten wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres in § 34 Abs 2 und 3 SGB VI) nicht das Stammrecht auf Rente selbst (dazu: BSG SozR 3-2600 § 34 Nr 1 S 3), sondern vernichtet (ganz oder teilweise) bei Überschreiten einer Hinzuverdienstgrenze im jeweiligen Monat ausschließlich den für den jeweiligen Monat aus dem Stammrecht entstandenen Einzelanspruch auf Zahlung (vgl , zur Veröffentlichung vorgesehen; dazu auch BT-Drucks 13/3150 S 42 zu Nr 15a).

aa) Sofern ein Stammrecht auf Rente wegen BU nach Maßgabe des bis Ende 2000 gültigen § 43 Abs 1 bis 4 SGB VI aF (vgl seither § 240 SGB VI) entstanden war, bestimmte seit dem bis Ende 2000 der § 43 Abs 5 SGB VI idF des Art 1 Nr 8 Buchst c des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-ÄndG) vom (BGBl I 1824): "Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit wird abhängig vom erzielten Hinzuverdienst (§ 96a Abs 2 Nr 2 SGB VI) in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet". Gemeint war hingegen, dass die Rente wegen BU abhängig vom Hinzuverdienst nur zu zwei Dritteln, einem Drittel oder überhaupt nicht zu zahlen war. Lag also in einem bestimmten Monat ein für diesen erzielter Hinzuverdienst vor, war er den in § 96a Abs 2 Nr 2 SGB VI ausgestalteten drei Gruppen von individuellen Hinzuverdienstgrenzen gegenüberzustellen. Falls der erzielte Verdienst eine dieser Grenzen überstieg, wurde der Einzelanspruch, der in Höhe des Wertes des Stammrechts entstanden war, in dem in § 43 Abs 5 SGB VI bestimmten Umfang vernichtet. Durch die Übergangsregelung des § 302b Abs 1 SGB VI idF des Art 1 Nr 61 SGB VI-ÄndG wurden, abweichend von diesem Grundsatz, Versicherte, deren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bereits vor dem begonnen hatte (Bestandsrentner), von der Anwendung der vorgenannten Bestimmungen über die Hinzuverdienstgrenzen bis zum ausgenommen.

bb) Mit Wirkung vom wurden durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-ReformG) vom (BGBl I 1827) die bisherigen Arten von Rechten auf Renten wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit durch zwei neue Arten von Rechten auf Renten wegen Erwerbsminderung ersetzt und die Regelungen betreffend den Übersicherungseinwand wegen Überschreitens einer Hinzuverdienstgrenze neu gestaltet. Bestand am ein Recht auf eine Rente wegen BU, ordnete § 313 Abs 1 SGB VI idF des Art 1 Nr 58 des EM-ReformG eine entsprechende Anwendung des § 96a SGB VI unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des Abs 3 an. § 313 Abs 2 Nr 1 SGB VI übernahm die bisherige - wie oben gesagt: zu berichtigende - Formulierung des § 43 Abs 5 SGB VI (ohne die Verweisung auf § 96a Abs 2 Nr 2 SGB VI). Danach wird abhängig vom erzielten Hinzuverdienst Rente wegen BU in Höhe von zwei Dritteln, von einem Drittel oder überhaupt nicht geleistet. Damit gilt die bisherige Hinzuverdienstregelung bei Renten wegen BU für Bestandsrentner fort (vgl BT-Drucks 14/4230 S 30 zu Nr 58). Zugleich wurde sie aber auch auf sog Altfälle erstreckt, also auf Bestandsrentner mit Rentenbezug vor 1996 (wie beim Kläger). Auch die ab für Bestandsrenten geltende Hinzuverdienstregelung des § 313 SGB VI iVm § 96a SGB VI ist demnach (nicht auf das Stammrecht bezogen und kein Anrechnungseinwand, sondern) als (einzel-)anspruchsvernichtender Übersicherungseinwand ausgestaltet, der das Stammrecht unberührt lässt. Dies hat das SG in seinem Urteil und hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ) nicht beachtet, als sie "den Rentenbescheid vom " mit Wirkung ab insgesamt aufhob und damit nicht nur ab diesem Zeitpunkt die aus dem Stammrecht erwachsenden monatlichen Zahlungsansprüche, sondern auch das Stammrecht auf Rente wegen BU selbst vollständig entzog.

3. Der Bescheid vom verlautbart aber - als geringeren Eingriff im Vergleich mit dem ausgesprochenen Totalentzug des Stammrechts - auch die Aufhebung der - mit der Anerkennung des Stammrechts zugleich verlautbarten Zuerkennung der monatlichen Zahlungsansprüche, die zu Beginn eines jeden Kalendermonats für diesen (= Bezugszeit) aus ihm als dessen Rechtsfrüchte nach materiellem Recht grundsätzlich entstehen. Dieser Teil der Aufhebungsentscheidung entspricht der Feststellung, dass ab jeder monatliche Einzelanspruch untergegangen ist, weil der Kläger wegen seines Hinzuverdienstes überversichert wäre. Ob die Abweisung der isolierten Anfechtungsklage durch das SG auch insoweit zu Recht erfolgt ist, kann auf Grund der Feststellungen des SG nicht abschließend beurteilt werden. Der Rechtsstreit ist deshalb unter völliger Aufhebung des Urteils des SG insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Da alle für eine Entscheidung in der Sache wesentlichen tatsächlichen Feststellungen fehlen, war § 170 Abs 4 Satz 1 SGG nicht anzuwenden, um dem Kläger beide Tatsacheninstanzen zu erhalten.

a) Zur Aufhebung der Zuerkennung der aus dem Stammrecht auf Rente wegen BU entstandenen monatlichen Zahlungsansprüche ab (also mit Wirkung für die Zukunft) wäre die BfA nur befugt (und verpflichtet) gewesen, wenn eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eingetreten wäre. Die og Rechtsänderung zum wäre für den Kläger nur "wesentlich" geworden, wenn er für Monate nach diesem Zeitpunkt (hier: ab ) jeweils einen Hinzuverdienst erzielt hätte, der eine der individuell zu ermittelnden Hinzuverdienstgrenzen des § 313 Abs 3 Nr 2 Buchst c SGB VI überschritten hätte. Dann wäre der jeweils betroffene Einzelanspruch für den jeweiligen Monat - ganz oder teilweise - auf Grund des materiell-rechtlichen, stets von Amts wegen zu beachtenden Übersicherungseinwandes untergegangen. Nur dann und insoweit wäre die BfA ermächtigt und verpflichtet gewesen, den Anspruchsuntergang festzustellen und die Zuerkennung (auch) dieser Rechtsfrüchte aufzuheben.

Die Feststellung des Überschreitens einer bestimmten Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen BU setzt eine monatliche Gegenüberstellung des für den jeweiligen Monat erzielten Hinzuverdienstes mit den in § 313 Abs 3 Nr 2 SGB VI ausgestalteten drei Gruppen von individuellen Hinzuverdienstgrenzen voraus (vgl , zur Veröffentlichung vorgesehen). Falls der erzielte Hinzuverdienst eine dieser individuellen Grenzen übersteigt, wird der Einzelanspruch in dem in § 313 Abs 2 Nr 1 SGB VI genannten Umfang vernichtet. Verwaltungstechnisch werden nach § 313 Abs 3 Nr 2 SGB VI die individuellen Hinzuverdienstgrenzen aus dem Produkt des Hinzuverdienstfaktors, des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI) und den individuell erworbenen Entgeltpunkten <EP> (§ 66 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB VI) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der BU errechnet. Die individuelle Mindestgrenze in jeder der drei Gruppen ist erreicht, wenn 0,5 EP, hingegen die Höchstgrenze, wenn die jeweiligen EP in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (Anlage 2b zum SGB VI) eingesetzt werden. Übersteigt der monatliche Hinzuverdienst das 52,5-fache (Hinzuverdienstfaktor) des Produkts aus aktuellem Rentenwert (= ein monatlicher Geldbetrag) und den EP aus dem letzten Kalenderjahr vor Eintritt der BU, ist ein Drittel des monatlichen Zahlungsanspruchs untergegangen (Buchst a). Ist der monatliche Hinzuverdienst höher als dieses Produkt mit dem Hinzuverdienstfaktor von 70, sind zwei Drittel des Zahlungsanspruchs für diesen Monat erloschen (Buchst b). Ist der monatliche Hinzuverdienst höher als das genannte Produkt, vervielfältigt mit dem Hinzuverdienstfaktor 87,5 (Buchst c), ist der ganze monatliche Zahlungsanspruch entfallen. Wird also die höchste individuelle Hinzuverdienstgrenze überschritten, geht der Zahlungsanspruch vollständig unter (vgl § 313 Abs 1 SGB VI iVm § 96a Abs 1 Satz 1 SGB VI).

b) Die Beklagte hat vorliegend im Rahmen einer Prognose, der die Angaben des Klägers zu seinem voraussichtlichen Hinzuverdienst zu Grunde gelegt wurden, den künftigen Hinzuverdienst festgestellt und auf dieser Grundlage die monatlichen Zahlungsansprüche ab vollständig entzogen. Für diesen Eingriffsakt auf Prognosebasis gibt es keine parlamentsgesetzliche Ermächtigung (ebenso wenig für Regelungen durch einstweilige Verwaltungsakte). Diese Rechtswidrigkeit des Eingriffs im Zeitpunkt seines Erlasses führt jedoch nicht notwendig zur Aufhebung. Denn für die gerichtlichen Entscheidungen über die Anfechtungsklage hiergegen kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses der letzten Tatsacheninstanz an. Zwar ist bei einer isolierten Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes maßgeblich. Dies gilt jedoch nicht stets bei der Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, wenn diese sich - wie hier - nicht in einer einmaligen Verfügung oder in einer Statusfeststellung erschöpfen, sondern auf Dauer ein Rechtsverhältnis mit wiederkehrenden oder regelmäßigen Pflichten oder Rechten begründen, ändern oder feststellen. Bei diesen wirkt auch die Aufhebung der Zuerkennung von abhängigen Rechten (hier: Rechtsfrüchten) über den Zeitpunkt des Erlasses hinaus, jedenfalls soweit sie auf einen oder mehrere Zeiträume bezogen ist. Es sind demnach alle Rechts- und Sachverhaltsänderungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanzen zu berücksichtigen (vgl BSGE 61, 203, 205), die für die Beurteilung der objektiven Rechtmäßigkeit des Eingriffsakts bedeutsam sind.

Das SG hat deshalb festzustellen, welchen Hinzuverdienst der Kläger ab bis zur mündlichen Verhandlung für jeden Monat brutto erzielt hat und diesen Monat für Monat den ebenfalls vom SG zu ermittelnden individuellen Hinzuverdienstgrenzen des Klägers gegenüber zu stellen. Hierbei wird das SG zu überprüfen haben, ob die Beklagte den Rangstellenwert des Klägers aus dem letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versicherungsfalls der BU, der mit dem der EU, also 1968, eingetreten war, zutreffend festgesetzt hat. Es ist daher gerichtlich zu klären, welche Werteinheiten aus Beitragszeiten und beitragslosen Zeiten der Kläger im Jahr 1967 nach dem AVG erlangt hat. Der Betrag ist durch 100 zu teilen, falls er nicht schon auf EP umgestellt wurde. Der Quotient gibt die EP. Feststellungen über die vom Kläger 1967 erlangten rentenrechtlichen Zeiten, über deren Anrechenbarkeit und über die versicherten Arbeitsverdienste sind bislang weder im Bescheid vom noch im Widerspruchsbescheid noch im Urteil des SG enthalten.

4. Die ab auch für Bestandsrentner, wie den Kläger, geltenden Regelungen über den Übersicherungseinwand bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen bei Rente wegen BU (§ 313 Abs 1, Abs 2 Nr 1 und Abs 3 Nr 2 SGB VI idF des EM-ReformG iVm § 96a Abs 1 SGB VI) sind im Grundsatz verfassungsgemäß. Der Senat hat bereits mit Urteil vom (B 4 RA 23/02 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) entschieden, dass die ab geltenden Hinzuverdienstregelungen bei Rente wegen BU (§§ 43 Abs 5, 66 Abs 4, 96a Abs 1, Abs 2 Nr 2 SGB VI idF des SGB VI-ÄndG) im Grundsatz und bei verfassungskonformer Auslegung den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 14 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG genügen. Dabei hat es der Senat ausdrücklich offen gelassen, ob dies auch für die nähere Ausgestaltung der drei Gruppen von Hinzuverdienstgrenzen im Einzelnen, insbesondere für die Hinzuverdienstfaktoren, gilt. Dies kann auch hier offen bleiben, solange nicht feststeht, dass es auf eine - und auf welche - Hinzuverdienstgrenze ankommt. Jedenfalls ist die Einbeziehung der Bestandsrentner in diese Regelungen ab durch § 313 SGB VI verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der in den Hinzuverdienstgrenzen ausgestaltete anspruchsvernichtende Einwand beschränkt den Schutzbereich der individualgrundrechtlichen Eigentumsgarantie und berührt den allgemeinen Gleichheitssatz. Er muss sich daher an Art 14 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG messen lassen. Die Einführung eines solchen Übersicherungseinwands ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Das subjektiv-öffentliche Recht des Versicherten auf Rente wegen BU in voller Höhe seines Rechts wird hier wegen Übersicherung durch die Minderung oder den Wegfall der Rechtsfrucht des monatlich entstandenen und fällig gewordenen Zahlungsanspruchs eingeschränkt (anspruchsvernichtender Einwand - vgl BSGE 82, 83, 86 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 S 49 f). Die Personengruppe, die einen Hinzuverdienst über einer Hinzuverdienstgrenze erzielt, wird gegenüber den Personen, die keinen oder nur einen geringeren Hinzuverdienst haben, ungleich behandelt. Letztere erhalten bei gleicher Vorleistung die Rente ungekürzt ausbezahlt, während die andere Personengruppe nur einen Bruchteil des Werts oder überhaupt keine Zahlungen erhält.

Rechte auf Versichertenrenten und "Rentenanwartschaften" (Anwartschaftsrechte) aus der gesetzlichen Rentenversicherung genießen den Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG (vgl BVerfGE 95, 143, 160 f; 100, 1, 31 ff). Die konkrete Reichweite des Schutzes ergibt sich aber stets (BVerfGE 58, 300, 330 ff) erst aus der bereichsspezifischen gesetzlichen Bestimmung von Inhalt und - hier einschlägig - Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfGE 53, 257, 292). Wie bereits ausgeführt, lassen die Regelungen über den Übersicherungseinwand bei der Rente wegen BU das Stammrecht unberührt. Sie haben Auswirkungen auf die Höhe der monatlichen Zahlungsansprüche. Verfassungsrechtlich handelt es sich insoweit um eine Schrankenbestimmung, weil dadurch für die Gruppe der Berechtigten, die einen Hinzuverdienst über den Hinzuverdienstgrenzen erzielen, die Rechtsposition - abweichend vom gesetzlichen Normalfall - umgestaltet wird (vgl BSGE 82, 83, 88 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 S 51 f). Schrankenbestimmungen müssen stets verhältnismäßig sein. Der Eingriff in individuelle entstandene Rechte und Anwartschaften muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Gesetz verfolgten (verfassungsgemäßen) Zweck stehen. Darüber hinaus bedürfen Schrankenbestimmungen immer auch eines Sachgrundes, der Art und Ausmaß der Abweichung von der Normalregelung rechtfertigt. Dies deckt sich in diesem Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, welche auch durch den allgemeinen Gleichheitssatz gestellt werden (vgl BSGE 82, 83, 90 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 S 52 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG).

b) Der Übersicherungseinwand genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 14 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG. Er ist dazu bestimmt (vgl BT-Drucks 13/2590 S 19, 23 zu Nr 5; BT-Drucks 13/3150 S 42 zu Nr 15a) die (irreführend "Lohnersatzfunktion" genannte) Funktion des Ersatzes von versichertem Erwerbseinkommen (Ersatzes von versichertem Arbeitsverdienst iS von §§ 14, 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV>) der Rente wegen BU zu stärken. Dazu soll verhindert werden, dass der Versicherte durch Rente und Hinzuverdienst aus einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann, als vor dem Eintritt des Versicherungsfalles versichert war. Auch in der Sparte der Erwerbsminderungsversicherung ist nämlich der Versicherungsgegenstand, bei dessen Verlust oder Minderung die Versicherungsleistung zum Ausgleich zu erbringen ist, der in der Rentenversicherung beitragsbelastet gewesene Arbeitsverdienst. Dieser wird - anders als bei Lohnersatzleistungen - nicht durch das im letzten maßgeblichen Zeitraum Erlangte, sondern durch die im bisherigen Versicherungsverlauf erbrachte Vorleistung für die Rentenversicherung repräsentiert, die technisch (seit 1992) in EP bemessen wird. Der Umfang des Ausgleichs, den die Versicherungsleistung (hier Rente wegen BU) bewirken soll, wird durch das im Rentenartfaktor ausgestaltete Sicherungsziel festgelegt (§§ 63 Abs 4, 67 SGB VI); es betrug bei Renten wegen BU zwei Drittel des Versicherungsgegenstandes, also keine Vollsicherung (Rentenartfaktor 1,0). Ist aber der Versicherungsgegenstand trotz Eintritt des Versicherungsfalls nicht oder nur geringfügig gemindert worden, verfehlt die Versicherungsrente ihren gesetzlichen Zweck. Es besteht insoweit eine Übersicherung. Der Zweck, diese zu begrenzen, ist verfassungsgemäß.

c) Auch gegen die Begrenzungswirkung bestehen (vorbehaltlich der Ausdifferenzierungen im Einzelnen, auf die es hier nicht ankommt), keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zweck der Rente wegen BU ist es, bei dauerhaft gesundheitsbedingtem Verlust eines versicherungspflichtig betätigten besonderen beruflichen Leistungsvermögens, die daraus sich langfristig ergebenden Nachteile für das Einkommensniveau des Versicherten und seine Alterssicherung teilweise auszugleichen. Sicherungsziel der Rente wegen BU ist der Nachteilsausgleich in Höhe von zwei Dritteln der Vollversicherung in Form der Altersrente (bis Steigerungssatz 1:1,5 - §§ 1253 Abs 1, 1254 Abs 1 RVO; §§ 30 Abs 1, 31 Abs 1 AVG; ab : Rentenartfaktor 0,6667:1,0 ab nur noch: 0,5 - §§ 63 Abs 4, 67 Nr 1 und 2 SGB VI). Sie ist deshalb auf Hinzuverdienst hin angelegt, wobei dieser in der Regel nur in einer unter halbschichtigen Beschäftigung oder vollschichtig in einem nach seiner Qualität unzumutbaren Verweisungsberuf erzielt werden kann. Anderenfalls ist schon kein Versicherungsfall der BU eingetreten (zum Versicherungsfall der BU näher: BSGE 78, 207, 208 ff = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 19 ff; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 14 S 39 ff). Soll dem Versicherten nach Eintritt des Versicherungsfalls der BU kein dadurch bedingter Schaden am zuvor versichert gewesenen Arbeitsverdienst bleiben, ist es notwendig, dass er (bei Altfällen) das weitere Drittel hinzuverdienen kann. Eine Übersicherung kann überhaupt erst dann vorliegen, wenn diese Vollsicherung (brutto) wesentlich überschritten wird, wenn also der Versicherte aus Hinzuverdienst und BU-Rente ein Einkommen hat, das wesentlich mehr als das 1,5-fache des vollen Wertes des Rechts auf BU-Rente beträgt.

Gemessen an diesem Sicherungsziel enthalten die Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen BU eine die Betroffenen keinesfalls übermäßig belastende Regelung. Der anspruchsvernichtende Einwand der Übersicherung ist zukunftsgerichtet im Grundsatz eine offensichtlich nicht unverhältnismäßige Konkretisierung einer im Grundrecht selbst angelegten Schranke. Die Regelung ermöglicht einen Hinzuverdienst, bei dem das Einkommen aus der Rente wegen BU und erzieltem Hinzuverdienst eindeutig im Bereich der Übersicherung liegt. Die dreifach gestuften Gruppen von Hinzuverdienstgrenzen hängen (in der Regel) von den individuellen Vorleistungen für die Rentenversicherung (in EP bemessen) im letzten Kalenderjahr vor Eintritt der BU ab. Auch die ausnahmsweise heranzuziehenden Mindesthinzuverdienstgrenzen sind noch erheblich und decken bei weitem den in der BU-Versicherung versicherten Schaden ab. Ab war - gemessen an der Untergrenze - bis zu einem monatlichen Hinzuverdienst von DM 1.275,23 (52,5 x 48,58 x 0,5) Rente wegen BU in Höhe ihres vollen Wertes zu zahlen. Rente in Höhe von zwei Dritteln ihres vollen Wertes war bis zu einem monatlichen Hinzuverdienst von DM 1.700,30 (70 x 48,58 x 0,5) zu erfüllen. Anspruch auf eine monatliche Zahlung in Höhe von einem Drittel bestand bis zu einem Hinzuverdienst von DM 2.125,38 (87,5 x 48,58 x 0,5). War im letzten Kalenderjahr vor Eintritt der BU ein höherer Rangstellenwert (EP) als 0,5 (bis zu den jährlichen Höchstwerten an EP nach der Anlage 2b zum SGB VI) erzielt worden, konnten entsprechend der Formel noch höhere Hinzuverdienste rentenunschädlich erzielt werden.

d) Auch die für Bestandsrentner getroffene Regelung genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen eines schonenden Übergangs vom alten ins neue Recht (vgl BVerfGE 53, 336, 351; 58, 300, 351; 70, 101, 114; 71, 137, 144). Durch § 302b Abs 1 SGB VI idF des Art 1 Nr 61 SGB VI-ÄndG wurde Versicherten, deren Rente wegen BU bereits vor dem begonnen hatte, eine Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt und dieser Personenkreis bis zum vom Anwendungsbereich der ab in Kraft getretenen Hinzuverdienstregelungen ausgenommen (vgl BT-Drucks 13/3150 S 44 zu Nr 47). Dem hat die Neufassung des § 313 SGB VI Rechnung getragen, mit der sichergestellt wurde, dass ab für Versicherte, die bereits Rente wegen BU beziehen, die bisherigen Hinzuverdienstregelungen fortgelten (vgl BT-Drucks 14/4230 S 30 zu Nr 58).

Die mit der Umgestaltung der Zahlungsansprüche für Bestandsrentner verbundene tatbestandliche Rückanknüpfung greift nicht unverhältnismäßig in bestehende Rechte ein. Da die Regelung, wie bereits ausgeführt, nicht das Stammrecht, sondern als anspruchsvernichtender Einwand nur die daraus erwachsenden monatlichen Zahlungsansprüche berührt, wenn bestimmte Hinzuverdienstgrenzen überschritten werden, ist damit kein dauerhafter Entzug einer erworbenen Rechtsposition verbunden. In einem Zeitraum von fünf Jahren konnten Versicherte, die bereits Renten wegen BU bezogen, sich auf die Neuregelung einstellen. Dabei konnten diejenigen, die einen Hinzuverdienst erzielten, entsprechende Dispositionen treffen, sich insbesondere vom Rentenversicherungsträger beraten lassen, wie sich ihr voraussichtlicher Hinzuverdienst auf die künftigen Zahlungsansprüche aus der Rente wegen BU und damit auf ihr Gesamteinkommen auswirken wird. Daraus konnten sie Konsequenzen ziehen, ob und inwieweit sie einen Hinzuverdienst beibehalten. Entschied sich der Versicherte dafür, weiterhin einen Hinzuverdienst über den Hinzuverdienstgrenzen zu erzielen, musste er mit einer Minderung oder einem Wegfall seiner monatlichen Zahlungsansprüche aus der Rente wegen BU rechnen. Passte er seinen Hinzuverdienst den Hinzuverdienstgrenzen an, konnte er weiterhin die monatliche Zahlung einer Rente wegen BU in Höhe des vollen Werts oder in Höhe von einem Drittel oder von zwei Dritteln beanspruchen. Der mit der Neuregelung für Bestandsrentner verbundene Verlust überwiegt demnach nicht die Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (vgl BVerfGE 70, 101, 114).

5. Nach alledem hat die Beklagte die Zuerkennung der monatlichen Zahlungsansprüche aus dem dem Kläger bindend zuerkannten Recht auf Rente wegen BU nur dann rechtmäßig ab aufgehoben, wenn ab diesem Zeitpunkt der für den jeweiligen Monat erzielte Hinzuverdienst die individuelle Hinzuverdienstgrenze des § 313 Abs 3 Nr 2 Buchst c SGB VI überschritten hat. Da das SG weder Feststellungen dazu getroffen hat, welchen (Brutto-) Hinzuverdienst der Kläger ab diesem Zeitpunkt monatlich erzielt hat, noch darüber, welchen Arbeitsverdienst er im Kalenderjahr vor Eintritt der EU/BU (1967) hatte, ist das Urteil des SG insgesamt aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen.

6. Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten.

Fundstelle(n):
TAAAC-13737