Leitsatz
Die Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die wirksame Klageerhebung durch Computerfax findet auch auf die Übermittlung per "Funkfax" Anwendung.
An dieser Rechtsprechung ist auch nach Einfügung des § 55a VwGO festzuhalten.
Gesetze: VwGO § 55a; VwGO § 81
Instanzenzug: VG Magdeburg VG 5 A 96.05 MD vom
Gründe
Die Beschwerde ist begründet.
1. Es kann dahinstehen, ob der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) prozessordnungsgemäß dargelegt ist (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenzrüge u.a. BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>) und ob das angefochtene Urteil von dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom - GmS-OGB 1/98 - (Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 15) oder von dem BVerwG 8 C 28.83 - (Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9) abweicht oder ob die Beschwerde in Wahrheit die fehlerhafte Anwendung der in den genannten Entscheidungen aufgestellten Rechtssätze rügt. Denn die Rüge bezieht sich auf die Anwendung von prozessrechtlichen Vorschriften, so dass der Sache nach ein Verfahrensmangel gerügt wird. Dies führt dazu, dass in der Divergenzrüge zugleich eine Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu sehen ist (vgl. BVerwG 8 B 2.01 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 13 m.w.N. sowie Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 133 Rn. 86).
2. Die Verfahrensrüge ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die Klageerhebung mit einem nicht unterschriebenen "Funkfax" nicht den Anforderungen von § 81 VwGO entspreche und somit die Klage nicht innerhalb der laufenden Klagefrist wirksam erhoben worden sei.
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat in dem Beschluss vom (a.a.O.) entschieden, dass maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des elektronisch übermittelten Schriftsatzes nicht eine etwa beim Absender vorhandene Kopiervorlage oder eine nur im Textverarbeitungs-PC befindliche Datei, sondern allein die auf seine Veranlassung am Empfangsort (Gericht) erstellte körperliche Urkunde sei. Der alleinige Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Die Person des Erklärenden sei in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.
Nach der Rechtsprechung des (a.a.O.) kennt der Grundsatz des Erfordernisses der eigenhändigen Unterschrift Ausnahmen, wenn sich aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher, d.h. ohne die Notwendigkeit einer Klärung durch Rückfrage oder durch Beweiserhebung, ergeben (daran anknüpfend BVerwG 3 B 33.01 - juris Rn. 2 m.w.N.).
Diesen Anforderungen entspricht die Klageschrift. Das Schriftstück vom ist überschrieben mit "KLAGE des Rechtsanwalts Hans-Dieter R., ..., Telefon ...; Fax ... - Kläger -". Es schließt mit "Unterzeichnete sowie beglaubigte und einfache Abschriften reiche ich nach. Zwecks Fristwahrung per Funkfax ab am R., Rechtsanwalt". Das mit Klage bezeichnete Schriftstück bezeichnet den Klagegegner und den Klagegegenstand mit Aktenzeichen und setzt sich inhaltlich mit der angefochtenen Entscheidung so auseinander, dass auf eine gewisse Sachkenntnis zu schließen ist. Der Schriftsatz ist aus sich heraus verständlich. Zweifel am Urheber und dessen Willen, das Schriftstück in den Verkehr bringen zu wollen, sind im Hinblick auf die eindeutige Formulierung nicht begründet. Ferner ist in dem Zusatz "Zwecks Fristwahrung per Funkfax" ein Hinweis zu sehen, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann.
An dieser Rechtsprechung ist auch nach Einfügung des § 55a VwGO festzuhalten (a.A. aber Kuntze, in: Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 81 Rn. 11 a.E.). Da ein Computerfax oder Funkfax kein elektronisches Dokument darstellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 55a Rn. 5) ist die Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar. Die Regelung des § 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO zur qualifizierten Signatur lässt auch keine Rückschlüsse auf die Anforderungen hinsichtlich der Schriftform zu. Sinn der hohen Anforderungen an die Signatur ist - wie die Regelung des Satzes 4 zeigt (vgl. auch § 2 Nr. 2 und 3 SigG) - neben dem Nachweis der Urheberschaft (Authentizität) insbesondere auch der Schutz des Dokumentes vor nachträglicher Veränderung (Integrität) (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O. Rn. 10). Das Problem der Integrität des Dokuments stellt sich - anders als bei einem elektronischen Dokument - bei einem per Fax übermittelten Dokument nicht anders als bei einem traditionellen, handschriftlich unterzeichneten Schriftstück. Im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens macht der Senat von der Möglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil ohne vorheriges Revisionsverfahren durch Beschluss aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HFR 2006 S. 1278 Nr. 12
NJW 2006 S. 1989 Nr. 27
RAAAC-13379