Leitsatz
1. Ein erhöhter Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten im Sinne des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist gegeben, wenn die Nachfrage das Angebot aus strukturellen Gründen längerfristig deutlich übersteigt. Allgemeine konjunkturelle Entwicklungen oder Schwankungen im Wohnungsmarkt reichen zur Begründung nicht aus.
Bundesweite oder große Teile des Bundesgebiets betreffende Entwicklungen können für sich genommen einen erhöhten Bedarf für den maßgeblichen Bereich nicht begründen.
2. Ein derartiger erhöhter Bedarf muss sich nicht allein auf das Gebiet der einzelnen Gemeinde erstrecken. Er ist nicht deswegen zu verneinen, weil ein derartiger Bedarf auch in einer Nachbargemeinde besteht. Er wird auch nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass der in einer Region vorhandene Bedarf ebenso mit einer Maßnahme in einer anderen Gemeinde dieser Region befriedigt werden könnte.
3. Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme steht mit dem Erfordernis des Wohls der Allgemeinheit nicht im Einklang, wenn sie mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung einschließlich der Regionalplanung nicht vereinbar ist.
4. Wenn ein erhöhter Bedarf an Wohnstätten besteht und die Schaffung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erfordert, ist es unbedenklich, wenn sich die Planung nicht nur auf die Flächen für Wohnstätten beschränkt, sondern zugleich ein erhöhter Bedarf an Arbeitsstätten befriedigt werden soll, dem isoliert betrachtet möglicherweise nicht das für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gebotene Gewicht zukommen würde.
Gesetze: BauGB § 165 Abs. 1; BauGB § 165 Abs. 2; BauGB § 165 Abs. 3
Instanzenzug: OVG Lüneburg OVG 1 K 3479/99 vom
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme S.-Süd. Der Ortsteil S. der Antragsgegnerin liegt nördlich der in Ost-West Richtung verlaufenden Bahnlinie mit einem umfangreichen Rangierbahnhof sowie dem Zweigkanal H.-L. Mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme soll die Errichtung von rund 2 600 Wohneinheiten für 6 000 Bewohner auf der Südseite des Zweigkanals ermöglicht werden. Im westlichen Teil des Plangebiets soll ein Gewerbegebiet entstehen, in dem Betriebe des non-food-Bereichs sowie sonstige nicht störende Gewerbebetriebe untergebracht werden sollen. Durch eine attraktiv auszugestaltende Fußgängerbrücke soll die Verbindung zum vorhandenen Ortsteil sowie zum Bahnhof mit S-Bahn-Anschluss nach H. hergestellt werden. Das etwa 110 ha große Gelände ist gegenwärtig weitgehend unbebaut; auf ihm befinden sich Kleingärten, der größere Teil wird landwirtschaftlich genutzt. Die Bemühungen der Antragsgegnerin, die Flächen freihändig zu erwerben, sind überwiegend erfolglos geblieben. Zahlreiche Eigentümer, darunter die Antragstellerin, haben preisliche Vorstellungen geäußert, die über dem durch die Bodenrichtwerte ausgedrückten Wert liegen.
Mit ihrem Normenkontrollantrag hat die Antragstellerin insbesondere gerügt, für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme bestehe kein Bedarf. Das von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Zahlenwerk des damaligen Kommunalverbandes Großraum H., wonach sich die Bevölkerung im Großraum H. um über 50 000 Personen vermehren werde und davon rund 9 000 auf ihren Bereich entfielen, sei unzutreffend. Die vorgesehenen Wohneinheiten könnten auch an anderer Stelle errichtet werden. Ferner sei eine zügige Durchführung der Entwicklungsmaßnahme nicht gewährleistet.
Die Antragsgegnerin ist dem Normenkontrollantrag entgegengetreten.
Das Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Urteil vom abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BauGB lägen vor. Insbesondere erfordere das Wohl der Allgemeinheit vorliegend die Maßnahme. Die Antragsgegnerin habe von einem erhöhten Bedarf an Wohnstätten und (in bescheidenerem Umfang) an Gewerbeflächen ausgehen dürfen. Es sei nicht methodisch offensichtlich fehlsam, wenn die Antragsgegnerin bei aller Schwierigkeit, Bevölkerungswachstum und -wanderung verlässlich vorherzusagen, für den Großraum H. und ihr eigenes Gemeindegebiet längerfristig von einem deutlich steigenden Wohnraumbedarf ausgehe. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Studien und Berichten. Die vorhandenen Wohnbaureserven der Antragsgegnerin seien durch mehrere Entwicklungen erschöpft worden. Verschiedene Wanderungsbewegungen hätten gerade im Großraum H. zu erheblichen Zuwanderungen geführt. Wegen ihrer günstigen Lage zur Landeshauptstadt sei ein nicht unerheblicher Teil auf die Antragsgegnerin entfallen. Dies führe jetzt zu ernsthaften Nachfrageproblemen. Hierzu habe auch die unzureichende Wohnbauaktivität in ihrem Bereich beigetragen. Der Bedarf an Wohnungen nehme auch zu, weil die Zahl der Bewohner je Wohneinheit merklich sinke. Dies sei Folge einer zunehmenden Anzahl sog. Singlehaushalte sowie der veränderten Altersstruktur; die Kinder gingen aus dem Haus und ältere (überlebende) (Ehe-)Partner verblieben in der vertrauten, eigentlich zu großen, Wohnung. Einige der genannten Entwicklungen seien zwar auch in anderen Kommunen festzustellen. Keine Gemeinde sei jedoch für sich allein auf der Welt, sondern notwendigerweise mit überörtlich stattfindenden Entwicklungen verwoben. Der besondere Grund für die vorliegende städtebauliche Entwicklungsmaßnahme bestehe im aufgestauten Wohnungsbedarf, der seine Ursache vor allem in den speziellen Strukturen habe, welche das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin prägten. Der Verlauf der Grenze zur Landeshauptstadt H. im Norden verhindere eine Ausweitung der Siedlungsschwerpunkte in diese Richtung. Nach Süden hin habe die aus der Eisenbahnstrecke mit sich aufweitendem Rangierbahnhof, dem Zweigkanal sowie der Bundesstraße 441 gebildete Barriere eine Ausdehnung verhindert. Die benötigten Wohneinheiten erreichten ein Ausmaß und eine Dringlichkeit, die die Durchführung der Entwicklungsmaßnahme rechtfertigten. Der Bedarf könne von der Antragsgegnerin in städtebaulich vertretbarer Weise nur an der vorgesehenen Stelle gestillt werden, wenn man nicht fernab der bestehenden Verkehrsstrukturen einen völlig neuen Siedlungsschwerpunkt schaffen wolle. Das Bestreben, der neuen Bevölkerung in gewissem Umfang Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, rechtfertige auch die Ansiedlung von Gewerbe. Der Maßnahme könne nicht entgegengehalten werden, der beschriebene Wohnraumbedarf könne auch in anderen Gemeinden des Großraums H. gestillt werden. Denn damit können die genannten städtebaulichen Defizite nicht wesentlich bekämpft werden. Das Vorhaben könne auf der Grundlage einer reinen Angebotsplanung auch nicht alsbald verwirklicht werden. Die zügige Durchführung der Maßnahme sei gewährleistet; die sich stellenden Probleme könnten innerhalb des zwölf Jahre vorsehenden Zeitraums bewältigt werden.
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision trägt die Antragstellerin vor: Die tatsächlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts ergäben nicht, dass auf dem Gebiet der Antragsgegnerin die Nachfrage nach Wohnstätten das Angebot aus strukturellen Gründen längerfristig deutlich übersteige. Das Gericht stütze sich auf Untersuchungen, die die Wohnbedarfsentwicklung in Niedersachsen und im Großraum H. beträfen, zum Teil aber auch nur bundesweite Entwicklungen darstellten. Daraus könne ein erhöhter Bedarf für das Gebiet der Antragsgegnerin aber nicht abgeleitet werden. Wenn - wie das Oberverwaltungsgericht selbst annehme - der Bedarf auch in anderen Gemeinden im Großraum H. befriedigt werden könne, lasse sich ein erhöhter Bedarf auf dem Gebiet der Antragsgegnerin nicht begründen. Eine Gemeinde, die in der Vergangenheit nur wenige Bebauungspläne aufgestellt habe, habe gegen ihre Verpflichtung aus § 1 Abs. 3 BauGB verstoßen. Dies lasse aber nicht die Rechtsfolge zu, dass jetzt ein erhöhter Bedarf im Sinne von § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB anzunehmen sei. Bestehe eine städtebaulich zu lösende Lage in mehreren Gemeinden, sei dem durch die Bildung eines Planungsverbands zu begegnen. Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme sei dagegen nicht das angemessene Instrumentarium. Eine Defizitanalyse aus regionaler Sicht könne eine örtliche Entwicklungssatzung nicht rechtfertigen. Auch ein Bedarf an Arbeitsstätten bestehe nicht. Insoweit werde der Bedarf erst durch die Maßnahme selbst geweckt. Entgegen der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung seien die Enteignungsvoraussetzungen bei Erlass einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme bereits für jedes betroffene Grundstück zu prüfen.
Die Antragstellerin beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom aufzuheben und die Satzung der Antragsgegnerin über die förmliche Festlegung des Bereichs S.-Süd als städtebaulichen Entwicklungsbereich vom für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Normenkontrollurteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.
II.
Die Revision der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Das Normenkontrollgericht ist ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Satzung die Anforderungen erfüllt, die das Baugesetzbuch an städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen stellt.
1. Mit dem Oberverwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die angegriffene Entwicklungsmaßnahme einem der in § 165 Abs. 2 BauGB genannten Ziele und Zwecke entspricht und damit dem Erfordernis der Zielkonformität nach § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB gerecht wird. Die Maßnahme dient dazu, Teile des Gemeindegebiets entsprechend ihrer besonderen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Gemeinde erstmalig zu entwickeln. Ihre "besondere Bedeutung" zeigt sich schon an der Größe der betroffenen Fläche und der Zahl der mit Wohnraum zu versorgenden Einwohner sowie dem herausragenden Stellenwert, der der erstmaligen Überplanung der unmittelbar jenseits der wie eine Barriere wirkenden Bahnanlagen und des Kanals liegenden, verkehrsmäßig gut angeschlossenen Flächen zukommt. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht mehr ernstlich in Frage gestellt.
In der Satzungsbegründung der Antragsgegnerin wird überdies dargelegt, der Entwicklungsbereich solle auch entsprechend der angestrebten Entwicklung in der Region erstmalig entwickelt werden. Das Normenkontrollgericht geht darauf nicht näher ein. Dies ist indes unerheblich. Zwar stehen beide Zwecke in § 165 Abs. 2 BauGB selbständig nebeneinander. Dies schließt aber nicht aus, dass eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beide Zwecke erfüllt. Die Schaffung eines neuen Siedlungsschwerpunkts kann sowohl von besonderer Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde sein als auch zugleich einem Ziel der Regionalplanung für das Gemeindegebiet entsprechen.
2. Die angegriffene Maßnahme erfüllt auch die in § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB normierte Voraussetzung, wonach das Wohl der Allgemeinheit die Durchführung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme - insbesondere zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitstätten - erfordert.
2.1 Eine Entwicklungsmaßnahme setzt einen qualifizierten städtebaulichen Handlungsbedarf voraus, der aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit ein planmäßiges und aufeinander abgestimmtes Vorgehen erfordert. Das städtebauliche Vorhaben muss insbesondere den Charakter einer Gesamtmaßnahme haben, die darauf angelegt ist, für einen bestimmten Bereich ein Geflecht mehrerer Einzelmaßnahmen über einen längeren Zeitraum koordiniert und aufeinander abgestimmt vorzubereiten und durchzuführen. Es muss sich also um ein koordiniertes Maßnahmenbündel handeln, das durch eine flächendeckende und zeitlich geschlossene Planungskonzeption für ein exakt umgrenztes Gebiet verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG 4 C 16.78 - Buchholz 406.15 § 15 StBauFG Nr. 3 = NJW 1982, 398 und vom - BVerwG 4 CN 2.97 - BVerwGE 107, 123 = Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 3 = BRS 60 Nr. 225; Krautzberger, WiVerw 1993, 85, 94). Diese Voraussetzungen stehen hier außer Frage.
Eine derartige Maßnahme muss ferner vom Wohl der Allgemeinheit gefordert sein. Mit der Reaktivierung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Wohnungsbauerleichterungsgesetz wurde der Wortlaut des § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB dahingehend ergänzt, dass hierzu insbesondere die Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitstätten zählt. Dabei ist der Begriff des erhöhten Bedarfs nicht mit demjenigen des dringenden Wohnbedarfs identisch, an den der Gesetzgeber im BauGB-Maßnahmengesetz eine Reihe von Erleichterungen im Allgemeinen Städtebaurecht für Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sowie für Bauherren geknüpft hat. Ein dringender Bedarf lässt sich, zumal dann, wenn der Kreis der Bedarfsträger überschaubar ist, möglicherweise ohne weiteres kurzfristig mit den normalen Mitteln der Bauleitplanung befriedigen. Von einem erhöhten Bedarf kann erst dann gesprochen werden, wenn die Nachfrage das Angebot aus strukturellen Gründen längerfristig deutlich übersteigt. Allgemeine konjunkturelle Entwicklungen oder Schwankungen im Wohnungsmarkt reichen zur Begründung nicht aus. Hinzu kommen muss, dass nur eine städtebauliche Gesamtmaßnahme, die durch eine einheitliche Vorbereitung und eine zügige Durchführung im Sinne des § 165 Abs. 1 BauGB gekennzeichnet ist, die Erwartung rechtfertigt, den zu Tage getretenen Bedarf wenigstens mittelfristig decken zu können (vgl. BVerwG 4 CN 5.97 - Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 4 = BRS 60 Nr. 229). Bundesweite oder große Teile des Bundesgebiets betreffende Entwicklungen können für sich genommen einen erhöhten Bedarf für den maßgeblichen Bereich nicht begründen. Denn eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist nur dann vom Erfordernis des Wohls der Allgemeinheit gedeckt, wenn ein höherer Bedarf besteht als der, der sich auf den gesamten Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt.
Ein derartiger erhöhter Bedarf muss sich jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht allein auf das Gebiet der einzelnen die Satzung erlassenden Gemeinde erstrecken. Dagegen spricht bereits der Wortlaut von § 165 Abs. 2 BauGB, wonach Ortsteile und andere Teile des Gemeindegebiets entsprechend ihrer besonderen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Gemeinde oder entsprechend der angestrebten Entwicklung des Landesgebiets oder der Region entwickelt werden sollen. Auch die Gesetzesgeschichte deutet in diese Richtung. Im Städtebauförderungsgesetz stellte die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme in erster Linie ein Instrumentarium der Landesplanung dar. Mit der Herabzonung durch das BauGB-Maßnahmengesetz sollte die Einbindung in die Landes- und Regionalplanung jedoch nicht aufgegeben werden. Daraus folgt zum einen, dass ein erhöhter Bedarf, der eine Maßnahme im Geltungsbereich einer bestimmten Gemeinde rechtfertigt, nicht deswegen zu verneinen ist, weil ein derartiger qualifizierter Bedarf auch in einer Nachbargemeinde besteht. Zum anderen wird die Möglichkeit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass der beispielsweise in einer Hauptstadtregion vorhandene Bedarf auch mit einer Maßnahme in einer anderen Gemeinde dieser Region befriedigt werden könnte. Zu Recht verweist der Vertreter des Bundesinteresses darauf, dass die Entwicklung auf dem lokalen Wohnungsmarkt nicht an den Gemeindegrenzen Halt macht, sondern gerade in den Ballungsräumen wesentlich von regionalen Faktoren bestimmt wird, die sich auch in benachbarten Gemeinden auswirken können. Die Gründe für einen erhöhten Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten können sich auch daraus ergeben, dass überörtliche Entwicklungen und örtliche Besonderheiten zusammenwirken. Sie können ferner sowohl auf der Nachfrageseite liegen als sich auch aus einem im Verhältnis zur Nachfrage deutlich unzureichenden Angebot ergeben. Häufig werden verschiedene Faktoren zusammenwirken und erst in ihrer Summe eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme rechtfertigen.
Wenn eine Gemeinde - wie vorliegend - ihren erhöhten Bedarf auch aus einer besonders hohen Nachfrage ableitet, die durch einen Zuwanderungsdruck entsteht, der auf eine Hauptstadtregion einwirkt, kommt der rechtlichen Einbindung ihrer Maßnahme in die jeweiligen Ziele der Landes- und Regionalplanung eine erhöhte Bedeutung zu. Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme steht mit dem Erfordernis des Wohls der Allgemeinheit nicht im Einklang, wenn sie mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung einschließlich der Regionalplanung nicht vereinbar ist. Auf ihre Einhaltung hat auch die Genehmigungsbehörde zu achten. Auf dieser rechtlichen Ebene ist gegebenenfalls der von der Revision angesprochene Wettbewerb der Gemeinden zu entscheiden.
Im Übrigen folgt hieraus nicht, dass das Erfordernis und die wahlweise Möglichkeit, einen erhöhten Wohnbedarf in mehreren (Nachbar)gemeinden zu befriedigen, stets in jeder dieser Gemeinden den Erlass einer Entwicklungssatzung rechtfertigen werden. Insbesondere ist durchaus denkbar, dass die weiteren besonderen Voraussetzungen im Hinblick auf die jeweiligen Verhältnisse nicht in allen Gemeinden vorliegen. So kann das Ergebnis der erforderlichen Untersuchungen ergeben, dass zwar in mehreren zu einer Region gehörenden Gemeinden ein erhöhter Bedarf an Wohnstätten besteht. Es mag sich aber erweisen, dass nur in einer dieser Gemeinden das Wohl der Allgemeinheit eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme erfordert, während in den anderen Gemeinden eine Befriedigung des Bedarfs mit den üblichen Mitteln der Bauleitplanung möglich ist.
2.2 Die Schlussfolgerung des Normenkontrollgerichts, das Wohl der Allgemeinheit erfordere die Durchführung der beschlossenen städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme in S.-Süd, steht mit Bundesrecht im Einklang.
Auf der Grundlage der von ihm ausgewerteten Gutachten und Stellungnahmen gelangt das Gericht zu der Feststellung, dass die Antragsgegnerin zu Recht von einem Bedarf an Wohnstätten ausgeht, der zumindest 6 000 Personen entspricht. Für den gesamten Großraum H. sind nach den vom Gericht als überzeugend angesehenen Ausführungen des Zweckverbands von 1990 bis 2000 rund 62 000 Zuwanderer zu erwarten, von denen sich lediglich 27 000 im Bereich der Stadt H. niederlassen werden. Für die Antragsgegnerin wurde ein Bedarf an Wohnraum für 9 000 Personen prophezeit; davon soll lediglich ein Teil, nämlich die genannten 6 000 Personen, befriedigt werden.
Das Normenkontrollgericht kommt zu dem Ergebnis, dass das Wohnungsangebot im Gebiet der Antragsgegnerin aus mehreren Gründen erschöpft ist und Abhilfe hierfür kurzfristig und ohne Überplanung des Gebiets S.-Süd nicht zu erkennen ist. Die Hauptstadtregion H., zu der auch die Antragsgegnerin gehört, sei einem starken Zuwanderungsdruck ausgesetzt (Wanderungsbewegungen aus Osteuropa, Aussiedler, Asylbewerber sowie in Folge des Falls der "Mauer"), der die vorhandenen Wohnbaureserven erschöpft habe. Auf dem Gebiet der Antragsgegnerin seien in deutlich unterdurchschnittlichem Umfang Wohnbauflächen bereitgestellt worden. Dies finde seine Ursache auch und vor allem in der besonderen Situation, die das Gemeindegebiet präge: Nach Norden verhindere der Verlauf der Gemeindegrenze zur Landeshauptstadt H. eine Ausweitung der Hauptsiedlungsschwerpunkte. Nach Süden habe die Barriere aus der Eisenbahnstrecke mit sich ausweitendem Rangierbahnhof, dem Kanal und der B 441 eine Ausdehnung verhindert. Die kleineren Ortsteile seien für die Aufnahme von Geschosswohnungsbau in der benötigten Größenordnung ungeeignet. Der Bedarf an Wohnraum nehme zu, weil die Zahl der Bewohner je Wohneinheit insbesondere in städtischen Ballungszentren merklich sinke. Hinzu träten die im Großraum H. als der ersten Stadt im Westen in besonderem Maße zu erwartenden Zuwanderer aus Osteuropa, die sich lediglich zu einem Teil im Bereich der Landeshauptstadt niederlassen würden.
Die Antragstellerin stellt nicht in Frage, dass die genannten Erkenntnisse geeignet sind, einen erhöhten Bedarf an Wohnstätten im Großraum H. zu begründen. Auch räumt sie ein, dass die sich auf den Großraum H. beziehenden Erkenntnisse auch für das Gebiet der Antragsgegnerin zutreffen mögen. Ohnehin hat sie gegen die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine revisionsrechtlich beachtlichen Rügen erhoben.
Die Revision meint jedoch zum einen, dass ein erhöhter Bedarf an Wohnstätten nicht mit Erkenntnissen begründet werden könne, die sich auf andere größere Siedlungsräume oder gar das gesamte Bundesgebiet bezögen. Ihr ist insoweit beizupflichten, als Studien, die sich auf das gesamte Bundesgebiet oder weite Teile davon beziehen, einen erhöhten Bedarf im Sinne von § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB für sich genommen nicht begründen können. Dem steht jedoch nicht entgegen, dass ein Planungsträger sich bei der Ermittlung der Bedarfssituation auch mit allgemeinen Entwicklungen auseinanderzusetzen hat, die für sein Plangebiet Gültigkeit haben. Andernfalls würde er seine Aufgabe, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu erfassen, verfehlen. Derartige allgemeine Trends können je nach den Besonderheiten des Einzelfalls die örtliche Entwicklung noch verstärken oder auch abschwächen. Vorliegend verwendet das Normenkontrollgericht die von ihm wiedergegebenen allgemeinen Trends zu einem höheren Wohnflächenbedarf pro Person lediglich im Rahmen seiner Argumentation, wonach sich diese Entwicklungen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin besonders auswirkten, weil deren Wohnungsproduktion deutlich unterdurchschnittlich gewesen sei. Es begründet daher mit den allgemeinen Trends nicht etwa bereits einen erhöhten Bedarf, sondern benennt insoweit Entwicklungen, die bei der speziell für S. vorzunehmenden Bewertung zur Feststellung eines Bedarfs beitragen. Dies ist rechtlich unbedenklich.
Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ferner, wenn im gesamten Großraum H. ein besonderer Bedarf an Wohnstätten bestehe, brauche dieser nicht auf dem Gebiet der Antragsgegnerin befriedigt zu werden. Schon daher sei die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nicht erforderlich. Dem ist aus mehreren Gründen nicht zu folgen. Zum einen hat das Normenkontrollgericht dargelegt, dass das Angebot an Flächen für den Wohnraum gerade auf dem Gebiet der Antragsgegnerin aus den genannten Gründen, die mit der Lage am Rangierbahnhof und Kanal zusammenhängen, niedriger ist, als in den übrigen Gemeinden der Region. Hinzu treten Gründe dafür, dass gerade die Antragsgegnerin für den Geschosswohnungsbau im Hinblick auf ihre Lage in der Nähe von H. und die günstige Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (S-Bahn Verbindung etc.) besonders attraktiv ist. Zum anderen wird ein erhöhter Bedarf nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass der in einer Gemeinde, die zu einer Hauptstadtregion gehört, bestehende Bedarf auch mit Maßnahmen in einer anderen Gemeinde befriedigt werden könnte. Wenn in einer Region ein erhöhter Bedarf an Wohn- und/oder Arbeitsstätten besteht, ist es Sache der Regionalplanung, darüber zu befinden, an welchen Stellen eine diesem Bedarf Rechnung tragende gemeindliche Planung in Betracht kommt. Die Planung der Gemeinde oder des sonstigen Planungsträgers muss mit den Zielen der Landes- und Entwicklungsplanung im Einklang stehen. Dies ist nach dem Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten hier der Fall: Ursprünglich waren weite Teile des Entwicklungsbereichs als Flächen mit besonderer Bedeutung für die Landwirtschaft dargestellt. Bereits im regionalen Siedlungserweiterungskonzept des (früheren) Kommunalverbandes Großraum H. vom März 1993 ist S. als Schwerpunkt für Wohnstätten dargestellt; auch im Regionalen Raumordnungsprogramm 1996 ist S. nunmehr als regionaler Schwerpunkt für Wohnstätten mit dem Zusatz "mehr als 2000 Wohneinheiten" bezeichnet. Hierauf nimmt die Begründung der Entwicklungssatzung Bezug. Die Genehmigungsbehörde hat überdies noch eine Stellungnahme des Kommunalverbandes Großraum H. eingeholt. Diese wurde unter dem abgegeben und legt eingehend die Vereinbarkeit der Maßnahme mit der Regionalplanung dar. Im Übrigen kommt vorliegend hinzu, dass die Antragsgegnerin nicht etwa beabsichtigt, einen bezogen auf ihre Größe überdurchschnittlichen, sondern nur einen entsprechenden Anteil des in der Region bestehenden Bedarfs zu befriedigen.
2.3 Die Revision meint ferner, gerade der zur Begründung angeführte "aufgestaute Bedarf" auf dem Gebiet der Antragsgegnerin verbiete die Bejahung der Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Wenn die Antragsgegnerin in der Vergangenheit nur wenige Bebauungspläne aufgestellt habe, rechtfertige dies eher die Schlussfolgerung, dass sie gegen ihre Verpflichtung aus § 1 Abs. 3 BauGB verstoßen habe, (rechtzeitig) Bebauungspläne aufzustellen. Dem könne nicht mit dem Mittel der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme begegnet werden.
Das Normenkontrollgericht hat jedoch zum einen nicht festgestellt, dass die Antragsgegnerin sich aufdrängende Entwicklungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen habe - was im Übrigen noch nicht ohne weiteres eine Verletzung der in § 1 Abs. 3 BauGB enthaltenen Verpflichtung darstellen würde. Es begründet die entstandene Situation vielmehr mit der besonderen örtlichen Lage des Hauptortsteils S., der im Süden unmittelbar an die wie eine Barriere wirkenden Bahnanlagen und den Zweigkanal stößt. Davon abgesehen kann die Zulässigkeit einer für sich genommen nunmehr städtebaulich erforderlichen Planung, mit der einem erhöhten Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten begegnet werden soll, nicht davon abhängig sein, ob früheren Kommunalvertretungen oder Planern ein Vorwurf zu machen ist oder nicht. Entscheidend für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist vielmehr, dass derzeit ein erhöhter Bedarf besteht, der im Interesse der Arbeit oder eine Wohnung suchenden Menschen befriedigt werden soll. Dem Vertreter des Bundesinteresses ist darin beizupflichten, dass es einer Gemeinde nicht verwehrt sein kann, in der Vergangenheit möglicherweise begangene "Fehler" mit den erforderlichen und durch die Rechtsordnung vorgesehenen Mitteln zu beheben.
2.4 Die Revision verweist in diesem Zusammenhang ferner da-rauf, bei einem sich nicht auf einzelne Gemeinden beschränkenden Bedarf komme die Schaffung eines Planungsverbandes gemäß § 205 Abs. 1 BauGB in Betracht. Damit benennt sie eine im Gesetz vorgesehene besonders intensive Form der Zusammenarbeit mehrerer Gemeinden. Die - im Wesentlichen landesrechtlichen - Regelungen über die Landesplanung und die Regionalplanung stellen daneben andere Formen der Kooperation und Koordination zur Verfügung. Diese unterschiedlichen Organisationsformen ändern jedoch nichts an der dem danach zuständigen Planungsträger zugewiesenen Befugnis, nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen eine Satzung über eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme zu erlassen.
2.5 Die angegriffene Satzung leidet auch insoweit nicht an einem Rechtsfehler, als sie innerhalb der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme für etwa ein Zehntel der Fläche die Ausweisung eines Gewerbegebiets vorsieht, in dem Betriebe des non-food Bereichs und sonstige nicht störende Gewerbebetriebe untergebracht werden sollen. Der Satzungsbegründung der Antragsgegnerin kann entnommen werden, dass die Stadt S. zurzeit über keine eigenen Gewerbeflächen verfügt. Die Notwendigkeit, über die wenigen ausgewiesenen Gewerbeflächen hinaus weitere Gewerbegebiete auszuweisen, begründet die Antragsgegnerin mit der großen Nachfrage, die sie statistisch belegt. Daraus lässt sich ableiten, dass in S. auch ein erhöhter Bedarf an Arbeitsstätten besteht. Wäre dieser isoliert zu betrachten, würde er eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für sich genommen im Hinblick auf die geringe Größe der Fläche und die geringere Bedeutung für die Entwicklung der Gemeinde möglicherweise nicht rechtfertigen können. Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Denn die Antragsgegnerin plant vorliegend eine Gesamtmaßnahme, mit der in erster Linie ein erhöhter Bedarf an Wohnstätten befriedigt werden soll und die nur zu einem untergeordneten Anteil auch der Schaffung von Arbeitsstätten dient. Im Übrigen nennt der Gesetzgeber die Schaffung von Wohn- und Arbeitsstätten in unmittelbarem Zusammenhang. Es spricht nichts dafür, dass er die koordinierte Schaffung von Wohn- und Arbeitsstätten ausschließen wollte. Vielmehr konnte er davon ausgehen, dass die gute räumliche Erreichbarkeit von Arbeitsstätten in der Nähe von ohnehin zu errichtenden Wohnstätten vernünftigen städtebaulichen Belangen entspricht. Wenn ein erhöhter Bedarf an Wohnstätten besteht und die Schaffung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erfordert, ist es unbedenklich, wenn sich die Planung nicht nur auf die Flächen für Wohnstätten beschränkt, sondern zugleich ein erhöhter Bedarf an Arbeitsstätten befriedigt werden soll, dem isoliert betrachtet möglicherweise nicht das für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gebotene Gewicht zukommen würde.
2.6 Das Oberverwaltungsgericht gelangt ferner zu dem Ergebnis, dass das mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme angestrebte Ziel ohne das hierfür vorgesehene Instrumentarium nicht erreicht werden könnte. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Revision wendet hierzu ein, das angestrebte Ziel der schnellen Errichtung einer lang gestreckten Bebauung entlang der B 441 und der Bahnlinie könne auch mit dem Mittel des Baugebots gemäß § 176 BauGB erreicht werden. Dieser Vortrag verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg. Zum einen liegt darin eine prognostische Einschätzung, die auf einer Reihe von (unausgesprochenen) tatsächlichen Voraussetzungen beruht. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu nichts festgestellt; die Antragstellerin hatte auf diesen Gesichtspunkt auch nicht hingewiesen. Es drängt sich auch in keiner Weise auf und ist erst recht nicht selbstverständlich, dass "auf der grünen Wiese" erfolgreich mit diesem Mittel gearbeitet werden könnte. Zum anderen begründet das Normenkontrollgericht die Annahme, dass andere Instrumentarien nicht erfolgreich sein werden, selbständig tragend mit der Erwägung, dass die Antragstellerin und andere Eigentümer nicht zur Veräußerung ihrer Grundstücke bereit seien. Daher kann auch ausgeschlossen werden, dass sie ihre Grundstücke an einen Bauherrn veräußern würden, dem gegenüber im Anschluss daran ein Baugebot erlassen werden könnte.
2.7 Das Oberverwaltungsgericht hat auch die gebotene Überprüfung der gemeindlichen Abwägung nach § 165 Abs. 3 Satz 2 BauGB vorgenommen. Die Revision beachtet mit ihrem Einwand, die Verlegung der B 441 nach Süden sei keineswegs gesichert, nicht ausreichend, dass die Antragsgegnerin alternativ sowohl von der Realisierung dieser Verlegung als auch von dem Verbleib der Straße im Norden ausgeht und ihrer Abwägung beide Varianten zugrunde legt.
3. Die von der Revision erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen greifen ebenfalls nicht durch. Nach § 169 Abs. 3 BauGB ist im städtebaulichen Entwicklungsbereich die Enteignung ohne Bebauungsplan zugunsten der Gemeinde oder des Entwicklungsträgers zulässig. Allerdings ist die Gemeinde verpflichtet, die Grundstücke weitgehend zu veräußern, wobei zunächst die früheren Eigentümer zu berücksichtigen sind (§ 169 Abs. 5 ff. BauGB). Diese Regelungen sind verfassungsrechtlich, insbesondere im Hinblick auf Art. 14 Abs. 3 GG, unbedenklich. Der Senat hat dies in seinem BVerwG 4 CN 5.97 - a.a.O. eingehend begründet (vgl. ferner - DVBl 2002, 1467; - BRS 57 Nr. 287). Hierauf kann verwiesen werden; auch die Revision stellt dies im Grundsatz nicht in Frage.
Allerdings ist das Gemeinwohlerfordernis unverzichtbare Voraussetzung für den Erlass einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme. Bei der Prüfung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Entwicklungsmaßnahme erfordert, ist daher, wie der Senat in seinem eine Verordnung nach § 53 StBauFG betreffenden BVerwG 4 C 94.79 - (Buchholz 406.15 § 15 StBauFG Nr. 4) hervorgehoben hat, bereits in Rechnung zu stellen, dass im Grundsatz alle unbebauten Grundstücke des Entwicklungsbereichs in das Eigentum der Gemeinde überführt werden sollen. Damit wird die Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Satzung (früher Rechtsverordnung) vorverlagert. Dem steht nicht entgegen, dass es sich hier noch um eine mehr pauschale Prüfung handelt: Angesichts der Großflächigkeit eines Entwicklungsbereichs und mit Rücksicht darauf, dass bei Erlass der Satzung in der Regel noch keine ins einzelne gehende Planungskonzeption vorliegt, können zu diesem Zeitpunkt die Enteignungsvoraussetzungen nicht schon für jedes einzelne unbebaute Grundstück abschließend geprüft werden; zu beachten ist aber in diesem Zeitpunkt bereits die eigentumsumverteilende Wirkung mit der Folge, dass das Wohl der Allgemeinheit generell die geplante Entwicklung einschließlich der gebotenen Enteignungen rechtfertigen muss.
Die Entwicklungssatzung legt somit zum einen mit Bindungswirkung für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren fest, dass das Wohl der Allgemeinheit den Eigentumsentzug generell rechtfertigt. Zum anderen kann das private Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG nur dann im Wege der Enteignung entzogen werden, wenn es im konkreten Fall benötigt wird, um besonders schwerwiegende und dringende öffentliche Interessen zu verwirklichen. Der Enteignungsbetroffene hat einen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektive gerichtliche Prüfung, ob der konkrete Zugriff auf sein Eigentum diesen Anforderungen genügt ( a.a.O.). Ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Entwicklungssatzung vorliegen, unterliegt uneingeschränkter richterlicher Überprüfung. Ob das Wohl der Allgemeinheit die Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- oder Arbeitsstätten erfordert, hängt freilich von dem Ergebnis einer spezifisch enteignungsrechtlichen Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte ab. Die danach gebotene Bilanzierung ist nicht mit planerischer Abwägung gleichzusetzen (Beschluss des Senats vom - BVerwG 4 BN 32.02 - ZfBR 2003, 45 = Bundesbaublatt 2002, Heft 12 S. 65 m.w.N.).
Die Revision vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, bereits bei Erlass der Satzung müsse festgestellt werden können, dass die Voraussetzungen für die Enteignung gerade auch bezüglich jedes einzelnen Grundstücks erfüllt sind. In dieser Allgemeinheit kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist im Anschluss an das oben genannte Urteil des Senats vom zu differenzieren. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Entwicklungssatzung hinsichtlich jedes Grundstücks gleichsam parzellenscharf ein Konzept über die künftige Nutzung vorzulegen. Vielmehr sind die Bebauungspläne, die die Vorstellungen über die bauliche oder sonstige Nutzung im Einzelnen festsetzen, erst nach Erlass der Entwicklungssatzung zu beschließen (§ 166 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Somit darf auch die Entscheidung, ob auf einem Grundstück die bisherige Nutzung im Grundsatz beibehalten werden soll oder ob beispielsweise im Einzelfall eine Bebauung in Betracht kommt, die sich an den vorhandenen Grundstücksgrenzen orientiert und vom Eigentümer selbst realisiert werden kann, auf diesen Zeitpunkt verschoben werden. Derartige Situationen werden gerade bei Entwicklungssatzungen in Betracht kommen, die bereits bebaute Flächen umfassen. Hierfür bilden Umwandlungen von bisher militärisch oder industriell/ gewerblich genutzten Gebieten praktische Beispiele. Ebenso ist denkbar, dass bisher als private Grünflächen genutzte Grundstücke möglicherweise auch in Zukunft erhalten bleiben sollen. In diesen Fällen darf die rechtliche Überprüfung der Enteignungsvoraussetzungen im Einzelfall - falls es doch hierzu kommen sollte - dem Enteignungsverfahren vorbehalten bleiben.
Vorliegend bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Wohl der Allgemeinheit den Entzug des Eigentums generell rechtfertigt. Das private Eigentum wird hier auch im konkreten Fall benötigt, um besonders schwerwiegende und dringende öffentliche Interessen zu verwirklichen (vgl. hierzu den - a.a.O.). Nach der bisher erkennbaren (noch groben) Planung wird das Grundstück für die Errichtung von Wohnstätten benötigt. Vorliegend besteht somit Deckungsgleichheit zwischen der vorgesehenen Nutzung und dem Enteignungsziel. Sollte sich im Verlaufe der weiteren durch die Aufstellung von Bebauungsplänen zu konkretisierenden Entwicklung erweisen, dass auf das Grundstück der Antragstellerin nicht zurückgegriffen zu werden braucht, ist dies (spätestens) im Enteignungsverfahren zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Fundstelle(n):
UAAAC-12730