Leitsatz
Über die Erinnerung gegen den Kostenansatz entscheidet auch beim Bundesverwaltungsgericht nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Einzelrichter.
Gesetze: VwGO § 10 Abs. 3; VwGO § 50; VwGO § 87 a; GKG § 21 Abs. 1; GKG § 66 Abs. 1; GKG § 66 Abs. 6 Satz 1
Gründe
Der Antrag, in den im Tenor genannten Verfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung von der Kostenerhebung abzusehen, ist als Erinnerung im Sinne des § 66 Abs. 1 GKG zu werten, da er nach Zugang der Kostenrechnungen gestellt wurde (vgl. dazu - NJW 2002, 3410; - RPfleger 1992, 365; Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, § 21 GKG Rn. 54).
Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter berufen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG. Nach dem Beschluss des Senats vom über die senatsinterne Geschäftsverteilung für das Jahr 2005 ist Einzelrichter in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen der Berichterstatter. Dies gilt im Falle des § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG auch für Erinnerungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Damit setzt sich das Gericht entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs. Die beiden obersten Bundesgerichte vertreten unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des § 66 Abs. 6 GKG die Auffassung, dass die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte nur bei den Gerichten genutzt werden sollten, bei denen eine Entscheidung durch Einzelrichter institutionell auch vorgesehen ist. Das ergebe sich daraus, dass die Vorschrift dem § 568 ZPO nachgebildet worden sei (vgl. BTDrucks 15/1971 S. 157). Weder beim Bundesgerichtshof noch beim Bundesfinanzhof sei jedoch eine Entscheidung durch Einzelrichter gerichtsverfassungs- und prozessrechtlich vorgesehen oder vorbehalten (so - NJW-RR 2005, 584; - BFHE 209, 422 und Beschluss vom - IV E 5/05 - juris Rn. 15).
An einer wortlautgetreuen Auslegung und Anwendung des § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG ist das Bundesverwaltungsgericht demgegenüber schon deshalb nicht gehindert, weil bei ihm die Situation im Hinblick auf Einzelrichterentscheidungen nicht mit der beim Bundesgerichtshof und Bundesfinanzhof vergleichbar ist. Anders als jene ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 VwGO und u.a. auch nach § 5 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz zu erstinstanzlichen Entscheidungen berufen. In diesen erstinstanzlichen Verfahren kann das Bundesverwaltungsgericht nach § 87 a Abs. 1 VwGO im vorbereitenden Verfahren in den dort aufgezählten Fällen und nach § 87 a Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten in der Sache selbst durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter alleine entscheiden. Unabhängig davon, ob die durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter nach § 87 a VwGO gefällten Entscheidungen Einzelrichterentscheidungen im rechtstechnischen Sinne sind (dagegen wohl 11 TE 3706.04 - NVwZ-RR 2005, 583 unter Berufung auf - BGHZ 156, 320), zeigt die Anwendbarkeit des § 87 a VwGO auch auf erstinstanzliche Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass dem Gericht durch einen einzelnen Richter außerhalb der ansonsten in § 10 Abs. 3 VwGO vorgesehenen Senatsbesetzung gefällte Sach- und Nebenentscheidungen nicht grundsätzlich fremd sind. Dementsprechend ist das Bundesverwaltungsgericht, wie die jeweiligen senatsinternen Geschäftsverteilungsbeschlüsse belegen, auf die gesetzlich vorgesehenen Entscheidungen durch einen einzelnen Richter institutionell eingerichtet. Der in § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG mit der Übertragung der Streitentscheidung über die Erinnerung an den Einzelrichter angestrebte Beschleunigungseffekt kann im Bundesverwaltungsgericht mithin ohne weiteres umgesetzt werden. Es gibt daher keinen Grund, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG abweichend von seinem eindeutigen Wortlaut für den Bereich des Bundesverwaltungsgerichts einengend auszulegen. Dem entspricht im Übrigen auch die einhellige Praxis des Bundesverwaltungsgerichts, über Erinnerungen gegen den Kostenansatz nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch ein Mitglied des Gerichts als Einzelrichter zu entscheiden.
Die Erinnerung der Antragsteller bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Antragsteller rügen eine im Sinne des § 21 Abs. 1 GKG unrichtige Sachbehandlung, weil die Verwaltungsgerichte für die von ihnen begehrte endgültige Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zuständig gewesen seien.
Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Jedoch reicht nach ständiger Rechtsprechung ein leichter Verfahrensverstoß in der Regel nicht, um von der Erhebung der Kosten nach dieser Bestimmung abzusehen. Es muss sich vielmehr um einen schweren Mangel im Sinne einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung handeln (vgl. - NJW-RR 2003, 1294; Beschluss vom - XII ZR 217/04 - NJW-RR 2005, 1230; - juris Rn. 4; - BFH/NV 2003, 333). Es ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen könnten. Die Erinnerung zeigt auch nicht ansatzweise auf, inwiefern in den im Tenor genannten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die sämtlich aufeinander folgende außerordentliche Rechtsbehelfe gegen eine Eilentscheidung des OVG Lüneburg zum Gegenstand haben, eine eindeutig und offenkundig unrichtige Sachbehandlung durch den Senat geschehen sein sollte. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller geht im Übrigen auch in der Sache zu Unrecht von der Unzuständigkeit der Verwaltungsgerichte für eine Entscheidung über die der zuständigen Gemeindebehörde obliegenden Feststellung nach § 7 h Abs. 2 Satz 1 EStG aus.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 1450 Nr. 20
XAAAC-12126