BVerwG Urteil v. - 1 C 19.01

Leitsatz

1. Für die in § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG geforderte Sicherung des Lebensunterhalts ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich.

2. Der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG vorgeschriebene achtjährige rechtmäßige Aufenthalt muss regelmäßig auch der "gewöhnliche" Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sein.

Ist der Aufenthalt eines Minderjährigen im Bundesgebiet ohne Aufenthaltserlaubnis zulässig, bestimmt sich für die Beantwortung der Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Charakter seines Aufenthaltsrechts grundsätzlich nach dem der Eltern.

3. Eine besondere Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG liegt regelmäßig vor, wenn einem Ausländer das Recht auf Wiederkehr versagt würde, der bei der gebotenen Gesamtbetrachtung Defizite bei der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG durch die Übererfüllung eines dieser Merkmale oder auf sonstige Weise ausgleichen kann und dadurch dem gesetzlichen Typus des Wiederkehrers entspricht (Bestätigung und Fortführung des BVerwG 1 B 207.93 - Buchholz 402.240 § 16 AuslG Nr. 2 = InfAuslR 1994, 345).

4. Maßgeblich für die Einhaltung der Jahresfrist des § 28 Abs. 3 Satz 3 AuslG, binnen der der Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stellen kann, ohne zuvor, wie § 28 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AuslG es verlangt, seit einem Jahr wieder ausgereist zu sein, ist der Zeitpunkt der Antragstellung.

Gesetze: AuslG § 16 Abs. 1 Nr. 1; AuslG § 16 Abs. 1 Nr. 2; AuslG § 16 Abs. 1 Nr. 3; AuslG § 16 Abs. 2 Satz 1; AuslG § 28 Abs. 3 Satz 2; AuslG § 28 Abs. 3 Satz 3; Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei vom über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) Art. 6; Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei vom über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) Art. 7

Instanzenzug: VG Frankfurt am Main VG 11 E 3889/98 (2) VGH Kassel VGH 12 UE 187/01

Gründe

I.

Der 1976 in Ankara geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste im Juni 1981 gemeinsam mit seiner Mutter im Wege der Familienzusammenführung zu seinem Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dieser war als Assistenzarzt in einem Krankenhaus in D. beschäftigt. Er war im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und einer bis 1991 gültigen Arbeitserlaubnis. Die Mutter des Klägers verfügte über eine bis Juni 1986 gültige Aufenthaltserlaubnis. Im März 1987 stellte sie einen Asylantrag, den sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zurücknahm. Der Kläger besuchte von 1983 bis 1987 die Grundschule und im Schuljahr 1987/88 die 5. Klasse des Gymnasiums in D. Anfang August 1988 kehrte er mit seiner Familie in die Türkei zurück. Dort besuchte er die Deutsche Schule in Istanbul, an der er im Mai 1995 das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife erlangte. Im Oktober 1995 reiste er mit einem für 3 Monate geltenden Visum zum Zweck der Aufnahme eines Studiums erneut nach Deutschland ein. Dem Visum hatte die Beklagte zugestimmt. Dafür erteilte sie ihm eine zunächst auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbewilligung, die in der Folgezeit mehrfach verlängert wurde.

Mit Schreiben vom beantragte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Wiederkehr nach § 16 AuslG. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe zwar durch den Besuch der Deutschen Schule in Istanbul ein hohes Maß an Integration vorzuweisen. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahre 1988 habe er jedoch keine rechtlich gesicherte Aussicht auf einen Daueraufenthalt erworben gehabt, da sein damaliger Aufenthaltsgrund die familiäre Lebensgemeinschaft mit der Mutter gewesen sei, die lediglich ein Asylverfahren durchgeführt habe. Außerdem sei der Antrag auf eine Wiederkehrerlaubnis nicht spätestens fünf Jahre nach der Ausreise gestellt worden, sondern erst nach fast acht Jahren, als sich der Kläger bereits sieben Monate zu Studienzwecken im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Die Widerspruchsbehörde führte ergänzend aus, die Versagung der Aufenthaltserlaubnis führe auch nicht zu einer besonderen Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG. Dem Interesse des Klägers, vor dem Hintergrund seiner schulischen Laufbahn an deutschen Schulen ein Studium in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen, werde durch die ihm erteilte Aufenthaltsbewilligung ausreichend Rechnung getragen.

Die auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Behördenbescheide und des verwaltungsgerichtlichen Urteils verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AuslG zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Von Juni 1981 bis Juli 1988 habe der Kläger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt. Er sei als Kind vor Vollendung seines 16. Lebensjahres von der Aufenthaltserlaubnispflicht nach der damals maßgeblichen Rechtslage befreit gewesen. Wie der Kläger glaubhaft angegeben und die Beklagte nicht in Zweifel gezogen habe, sei der Vater des Klägers damals in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und einer bis Ende Februar 1991 geltenden Arbeitserlaubnis für die Tätigkeit als Assistenzarzt gewesen. Auch die Mutter habe bis Juni 1986 über eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung verfügt. Damit sei der Aufenthalt des Klägers nicht nur rechtmäßig, sondern auch auf eine gewisse Dauer angelegt gewesen. Auch die Sicherung seines Lebensunterhalts stehe vor allem aufgrund einer entsprechenden Verpflichtungserklärung seiner Eltern fest. Soweit der Kläger die übrigen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 AuslG nicht erfülle, liege eine besondere Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG vor. Der Kläger genüge den Anforderungen an die materiellen Integrationsfähigkeiten eines Wiederkehrers in einem so hohen Maße, dass es nicht vertretbar wäre, ihn wegen der verhältnismäßig geringfügigen Nichterfüllung formeller Voraussetzungen von der Wiedereinreise auszuschließen. Für die Beurteilung des Umstandes, dass sich der Kläger nur gut sieben statt acht Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und hier nur fünf statt sechs Jahre die Schule besucht habe, sei nicht nur das geringe Maß der Untererfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen maßgeblich, sondern auch und vor allem die Tatsache, dass die in Deutschland durch Aufenthalt und Schulbesuch begonnene Integration in deutsche Lebensverhältnisse nach der Rückkehr in die Türkei dadurch fortgesetzt worden sei, dass der Kläger in Istanbul die dortige Deutsche Schule besucht habe. Damit habe er nicht nur seine deutschen Sprachkenntnisse vervollständigen können, sondern habe sich auch weiterhin mit deutschem Kulturgut und deutscher Denk- und Lebensweise vertraut gemacht. Die Behörden und das Verwaltungsgericht hätten verkannt, dass die Ablegung des Abiturs an einer deutschen Auslandsschule rechtlich in vollem Umfang einem inländischen Abitur gleichstehe, der Kläger damit als "Bildungsinländer" zu behandeln sei. Das der Behörde im Falle einer besonderen Härte nach § 16 Abs. 2 AuslG eingeräumte Ermessen sei beim Kläger auf Null reduziert. Die Beklagte habe keine Gesichtspunkte vorgebracht, die, sofern eine besondere Härte anzunehmen sei, gegen die Erteilung der Wiederkehrerlaubnis für den Kläger sprechen könnten.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision. Da der Kläger statt vor Ablauf von fünf Jahren erst sieben Jahre und neun Monate nach der Ausreise den Aufenthaltserlaubnisantrag gestellt habe, liege eine erhebliche Abweichung von § 16 Abs. 1 Nr. 3 AuslG vor. Dies schließe das Vorliegen einer Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG generell aus. Hätte der Gesetzgeber mit der Härteklausel auch alle sonstige Fälle erfassen wollen, in denen nicht mit Integrationsschwierigkeiten des Ausländers zu rechnen sei, hätte es der Normierung der engen Voraussetzungen in § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AuslG und einer Bezugnahme hierauf in § 16 Abs. 2 AuslG nicht bedurft. Der Besuch einer deutschen Schule im Ausland führe nicht zu einer mit einem Schulbesuch im Inland vergleichbaren Integrationswirkung. Das außerschulische Umfeld werde dort von der ausländischen Kultur bestimmt. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht auch von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen. Der Erteilung der Wiederkehrerlaubnis stehe im Übrigen auch § 28 Abs. 3 Satz 2 AuslG entgegen, weil der Kläger sich nicht auf die Ausnahmeregelung des Satzes 3 dieser Bestimmung berufen könne. Schließlich habe dem Kläger die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG versagt werden müssen, weil er unerlaubt eingereist sei.

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält eine besondere Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG für gegeben.

II.

Die Revision der Beklagten ist begründet. Durch die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AuslG zu erteilen, verletzt das Berufungsurteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Es wird dem rechtlichen Maßstab für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis nicht in vollem Umfang gerecht; im Übrigen sind die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür nicht ausreichend geklärt.

§ 16 Abs. 1 AuslG gewährt dem Ausländer, der als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (Recht auf Wiederkehr). Nach den für den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen der Nrn. 1 und 3 des § 16 Abs. 1 AuslG in mehrfacher Hinsicht nicht. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. So hat der Kläger sich statt der in Nr. 1 geforderten acht Jahre nur rund sieben Jahre und einen Monat vor seiner Ausreise im Bundesgebiet aufgehalten und dort statt der im Gesetz geforderten sechs Jahre lediglich fünf Jahre eine Schule besucht. Auch hat er nicht, wie es die Nr. 3 der Vorschrift verlangt, den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf von fünf Jahren seit der Ausreise, sondern erst nach rund sieben Jahren und zehn Monaten gestellt. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG kann jedoch von diesen in Abs. 1 Nr. 1 und 3 bezeichneten Voraussetzungen zur Vermeidung einer besonderen Härte abgewichen werden. Ein Absehen von § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG ist danach allerdings nicht erlaubt. Diese Bestimmung verlangt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers aus eigener Erwerbstätigkeit oder durch eine Unterhaltsverpflichtung gesichert ist, die ein Dritter für die Dauer von fünf Jahren übernommen hat.

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Auffassung nicht, dass der Lebensunterhalt des Klägers im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG gesichert ist (1). Das Berufungsgericht hat zudem, unabhängig hiervon, im Falle des Klägers zu Unrecht eine Reduzierung des der Beklagten in § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG eingeräumten Ermessens auf Null angenommen (6). Eine abschließende Entscheidung des Senats zugunsten des Klägers kommt daher nicht in Betracht. Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben es dem Senat aber auch nicht, über die Klage zu Lasten des Klägers zu entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Denn eine besondere Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist nach diesen Feststellungen jedenfalls nicht ausgeschlossen (2 bis 4). Auch scheitert das Begehren des Klägers nicht an einem etwa entgegenstehenden Versagungsgrund (5 a) und auch nicht an dem in § 28 Abs. 2 Satz 2 AuslG enthaltenen Verbot, dem Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf eines Jahres seit der Ausreise zu erteilen (5 b). Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

1. Die Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG hat das Berufungsgericht ohne weiteres als erfüllt angesehen. Damit verkennt es die Anforderungen dieser Bestimmung an eine ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts. Seine tatsächlichen Feststellungen tragen diese rechtliche Schlussfolgerung nicht.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtet sind, insoweit auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, als es um die Frage geht, ob die Genehmigung schon aus Rechtsgründen erteilt werden muss oder nicht erteilt werden darf (vgl. etwa BVerwG 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301 <310>; BVerwG 1 C 11.94 - BVerwGE 98, 31 <41>; BVerwG 1 C 6.01 - <zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE bestimmt>). Gründe des materiellen Rechts, die Veranlassung geben könnten, für die in § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG geforderte Sicherung des Lebensunterhalts den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt ausnahmsweise auf den der Antragstellung vorzuverlagern, sind nicht ersichtlich. Insbesondere folgt dies auch nicht aus § 16 AuslG selbst. Der Gesetzgeber hat dem gesicherten Lebensunterhalt als Tatbestandsvoraussetzung eines Rechts auf Wiederkehr in § 16 AuslG erkennbar besondere Bedeutung beigemessen, da hiervon nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG auch im Falle einer besonderen Härte nicht abgewichen werden kann. Das Gesetz will einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AuslG danach jedenfalls nur dann gewähren, wenn gesichert ist, dass der Ausländer den inländischen sozialen Sicherungssystemen auf absehbare Zeit nicht zur Last fallen wird. Er soll mit anderen Worten seine zum Lebensunterhalt zählenden Bedürfnisse ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel erfüllen können (vgl. dazu BVerwG 1 B 189.96 - Buchholz 402.240 § 17 AuslG Nr. 7 = InfAuslR 1997, 156). Dieser Zielsetzung widerspräche es, insoweit auf den Zeitpunkt der Antragstellung durch den Ausländer abzustellen. Denn das hätte zur Folge, dass - wie hier - nach einem möglicherweise mehrjährigen Verfahren zum Zeitpunkt der verbindlichen Entscheidung über die begehrte Aufenthaltserlaubnis eine ursprünglich ausreichende Unterhaltsverpflichtung durch Dritte keine oder nur noch kurzfristig eine Sicherung des Lebensunterhalts gewährleisten könnte. Eben dies will § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG verhindern.

b) Die Eltern des Klägers haben sich in ihrer Verpflichtungserklärung vom , auf die das Berufungsgericht insoweit maßgeblich abstellt, bereit erklärt, für alle Unkosten des Klägers, insbesondere für Schule, Lebensmittel, Gesundheit und Bekleidung, während seines Aufenthalts in Deutschland zum Zwecke des Universitätsstudiums aufzukommen. Es kann dahinstehen, ob dies den Anforderungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG damals genügt hätte, obwohl eine ausdrückliche Festlegung der Verpflichtung auf fünf Jahre darin nicht enthalten ist. Die Erklärung reicht nunmehr jedenfalls nicht aus, weil ihr zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, als sich der Kläger bereits im 6. Studienjahr befand, eine Sicherung seines Unterhalts für weitere fünf Jahre nicht entnommen werden kann. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zu der günstigen wirtschaftlichen Lage der Eltern des Klägers können die erforderliche schriftliche Unterhaltsverpflichtung (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG) offensichtlich nicht ersetzen.

c) Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass der Lebensunterhalt des Klägers zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, wie § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG es alternativ verlangt, aus eigener Erwerbstätigkeit gesichert war. § 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG verlangt hierfür die auf ein bestehendes oder jedenfalls bereits vertraglich vereinbartes Arbeitsverhältnis gegründete Prognose des Tatsachengerichts, dass der Ausländer hieraus nicht nur vorübergehend einen ausreichenden Lebensunterhalt zu gewinnen vermag.

2. Erfüllt ein Ausländer - wie hier der Kläger - die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 AuslG nicht, kann zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Einhaltung dieser Voraussetzungen abgewichen werden. Ob im Einzelfall eine besondere Härte gegeben ist, unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG 1 B 123.94 - Buchholz 402.240 § 9 AuslG Nr. 2 = InfAuslR 1995, 153; ebenso VGH Mannheim, Beschluss vom - 11 S 2146/91 - VBlBW 1992, 220 = InfAuslR 1992, 211; Beschluss vom - 1 S 2993/91 - VBlBW 1992, 257; - InfAuslR 1993, 323). Ist ein solcher Härtefall gegeben, steht die Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 und 2 AuslG im Ermessen der Ausländerbehörde ( BVerwG 1 C 11.94 - BVerwGE 98, 31 <44>; BVerwG 1 C 28.94 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG Nr. 2 = InfAuslR 1997, 24; ebenso Beschlüsse des VGH Mannheim vom und vom , jew. a.a.O.).

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats erfordert die Feststellung einer besonderen Härte den Vergleich des konkreten Einzelfalls mit dem gesetzlichen Typus des Wiederkehrers, wie er in § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG gekennzeichnet ist ( BVerwG 1 B 207.93 - Buchholz 402.240 § 16 AuslG Nr. 2 = InfAuslR 1994, 345). Denn es ist Zweck der Härteklausel, auch in den vom Gesetz wegen seiner generell-abstrakten Regelung nicht erfassten, der gesetzlichen Wertung aber entsprechenden Fällen eine Wiederkehrmöglichkeit zu eröffnen.

Maßstabsbildend für den gesetzlichen Typus des Wiederkehrers ist nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zum einen eine während des Voraufenthalts in Deutschland erreichte Aufenthaltsverfestigung; denn der Gesetzgeber wollte ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf des Ausländergesetzes 1990 (BTDrucks 11/6321 S. 59) mit dieser Bestimmung denjenigen Ausländern einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einräumen, die vor ihrer Rückkehr bereits die - damals geltenden - zeitlichen Voraussetzungen für den Rechtsanspruch auf unbefristete Verlängerung erfüllt haben. Kennzeichnend für den typischen Wiederkehrer sind zum anderen die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG enthaltenen Forderungen eines mindestens sechsjährigen Schulbesuchs im Bundesgebiet, des auf höchstens fünf Jahre begrenzten Zwischenaufenthalts im Ausland und der Rückkehr vor Vollendung des 21. Lebensjahres. Von ihm ist zu erwarten, dass er sich in jungen Jahren bereits weitgehend im Bundesgebiet integriert hatte und ungeachtet seines zwischenzeitlichen Auslandsaufenthalts diese Integration wie auch eine weitergehende Integrationsfähigkeit nicht wieder verloren hat. Beiden Vorgaben - der Aufenthaltsverfestigung und der Integration sowie Integrationsfähigkeit - muss hinreichend genügt sein, um einen besonderen Härtefall im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG annehmen zu können, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG nicht in vollem Umfang erfüllt. Entspricht der Ausländer jedoch dem gesetzlichen Leitbild in diesen beiden Beziehungen, wäre es unter Beachtung des Gesetzeszwecks in besonderer Weise unbillig, ihm das Wiederkehrrecht vorzuenthalten.

Der danach für die Feststellung einer besonderen Härte geforderte Vergleich mit dem gesetzlichen Typus des Wiederkehrers ist anhand einer Gesamtbetrachtung aller hierfür erheblichen Umstände des Einzelfalls durchzuführen ( BVerwG 1 B 207.93 - a.a.O.; vgl. auch BTDrucks 11/6321 S. 59). Hierzu sind die Defizite bei der Erfüllung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG jeweils konkret zu bestimmen und im Rahmen der Gesamtbewertung unter Berücksichtigung des spezifischen Regelungszwecks der jeweils nicht erfüllten Voraussetzung ins Verhältnis zu anderen Umständen aus der Biographie des Ausländers zu setzen, die sonst in besonderer Weise für eine Aufenthaltsverfestigung, die erfolgte Integration oder die Integrationsfähigkeit sprechen. Dabei kann der Nichterfüllung gesetzlicher Tatbestandsvoraussetzungen die "Übererfüllung" anderer Voraussetzungen (z.B. längere Dauer von Aufenthalt und Schulbesuch sowie qualifizierter Abschluss) gegenübergestellt werden ( BVerwG 1 B 207.93 - a.a.O.). Auf einen solchen gleichsam "aufrechnenden" oder saldierenden Vergleich innerhalb der Merkmale des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG ist die Feststellung einer besonderen Härte indes nicht beschränkt. Insoweit verbietet sich bei der geforderten Gesamtbetrachtung des Einzelfalls jede schematisierende Sichtweise. Die Defizite bei der Erfüllung einzelner Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG können dabei auch in anderer Weise als durch die Übererfüllung eines der Merkmale des § 16 Abs. 1 AuslG kompensiert oder relativiert werden; so können gegebenenfalls auch nicht unerhebliche Abweichungen von den Nrn. 1 und 3 des § 16 Abs. 1 AuslG überwunden werden (vom Senat noch offen gelassen im Beschluss vom , a.a.O.).

Für die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG verlangte besondere Härte genügt nicht schon jede Härte, die deshalb entstehen kann, weil die Wiederkehrmöglichkeit nur für einen eingegrenzten Personenkreis geschaffen worden ist. Es muss eine Besonderheit hinzukommen, durch die eine über die dem Gesetz immanente allgemeine Härte hinausgehende Härte deswegen begründet wird, weil der Einzelfall vom gesetzlichen Regelungsziel her den ausdrücklich erfassten Fällen annähernd gleicht (Beschluss vom , a.a.O.). Die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG geforderte besondere Härte folgt allerdings regelmäßig bereits daraus, dass ein Ausländer, der Defizite bei der Erfüllung einzelner Voraussetzungen nach Absatz 1 durch eine anderweitige Form der Aufenthaltsverfestigung, Integration oder Integrationsfähigkeit bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ausgleichen oder gar übererfüllen kann, trotz der sich hieraus ergebenden "Gleichwertigkeit" mit dem Typus des Wiederkehrers dennoch von dem Anspruch auf Erteilung einer Wiederkehrerlaubnis ausgeschlossen wäre. Hierdurch würde dieser Ausländer ungleich härter getroffen als andere Ausländer in vergleichbarer Situation (vgl. dazu auch BVerwG 1 B 118.96 - Buchholz 402.240 § 19 AuslG Nr. 3 = DÖV 1997, 835). Darüber hinausgehende Anforderungen verbindet das Gesetz mit dem Begriff der besonderen Härte nicht. Hiergegen spricht aus gesetzessystematischer Sicht auch der Vergleich mit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AuslG. In dieser Bestimmung ist der Gesetzgeber als Voraussetzung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts des Ehegatten eines Ausländers ohne besondere Ehebestandszeit durch Änderungsgesetz vom (BGBl I S. 742) zum Erfordernis der "besonderen Härte" zurückgekehrt mit dem erklärten Ziel, die zu hohen Anforderungen zu senken, die in der Rechtspraxis an die nach der zwischenzeitlichen Fassung der Vorschrift geforderte "außergewöhnliche Härte" gestellt wurden (vgl. BTDrucks 14/2368 S. 4; Hailbronner, AuslR, § 19 AuslG Rn. 9 ff.).

3. Ob sich die Auffassung des Berufungsgerichts, im Falle des Klägers liege eine besondere Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG vor, gemessen an diesen Grundsätzen auch im Ergebnis letztlich als richtig erweist, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Denn es fehlt an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Voraufenthalt des Klägers im Bundesgebiet. Erst wenn die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet konkret geklärt ist, steht fest, in welchem Umfang er insoweit die Anforderungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG verfehlt. Das jedoch ist eine notwendige Voraussetzung für die Beantwortung der Frage nach der besonderen Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung.

a) Nach den einleitenden Worten des § 16 Abs. 1 AuslG muss der Ausländer für sein Recht auf Wiederkehr "als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet" gehabt haben. Gemäß der Nr. 1 des Absatzes 1 dieser Vorschrift muss der Voraufenthalt im Bundesgebiet 8 Jahre gedauert haben. In der Nr. 1 des Gesetzestextes ist insoweit zwar nur vom "rechtmäßigen" Aufenthalt die Rede. Es kann indes kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei diesem Voraufenthalt gerade um den in den einleitenden Worten der Vorschrift genannten "gewöhnlichen Aufenthalt" handelt, denn auf einen anderen Zeitraum kann sich der geforderte gewöhnliche Aufenthalt nach der gesetzlichen Systematik nicht beziehen.

Mit dem Merkmal "gewöhnlicher Aufenthalt" verlangt der Gesetzgeber mehr als nur die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (ebenso für den nach Art. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom <BGBl I S. 1101> geforderten "dauernden Aufenthalt" BVerwG 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116 <121 ff.> sowie BVerwG 1 B 236.94 - Buchholz 402.240 § 89 AuslG Nr. 1 = InfAuslR 1996, 19; vgl. auch Nr. 16.1.0.1 f. der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz <AuslG-VwV> vom <GMBl 2000, 617>, die einen "Daueraufenthalt" voraussetzen). Das folgt nicht nur aus der in § 16 Abs. 1 AuslG gewählten Formulierung, sondern auch aus dem Gesetzeszweck dieser Bestimmung, wonach das Recht auf Wiederkehr nur dem Ausländer eingeräumt werden soll, der bereits die "rechtlich gesicherte Aussicht auf einen Daueraufenthalt" hatte, weil er schon vor seiner Rückkehr die "zeitlichen Voraussetzungen für den Rechtsanspruch auf unbefristete Verlängerung" seiner Aufenthaltserlaubnis erfüllt hat (BTDrucks 11/6321 S. 59). Eine Aufenthaltsbewilligung, die von vornherein nur einen seiner Natur nach lediglich vorübergehenden Aufenthalt gewähren soll (§ 28 Abs. 1 Satz 1 AuslG), genügt hierfür grundsätzlich nicht (so auch Nr. 16.1.0.2 AuslG-VwV; ebenso Hailbronner, AuslR, § 16 AuslG Rn. 6; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, § 16 AuslG Rn. 7; Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, 1991, S. 67; anderer Ansicht Engels, in: GK-AuslR, § 16 AuslG Rn. 25 ff.; Renner, AuslR, 7. Aufl. 1999, Rn. 8; Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, Systematische Darstellung II Rn. 227; vgl. auch das BVerwG 1 C 45.90 - a.a.O. <S. 130 f.>, in dem der Senat die Duldung und spätere Aufenthaltsbefugnis angesichts einer auf unabsehbare Zeit ausgeschlossenen Rückkehr in das Heimatland als "dauernden Aufenthalt" im Sinne des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit angesehen hat, sowie BVerwG 1 B 236.94 - a.a.O.). Auch die Gestattung des Aufenthalts im Bundesgebiet während eines letztlich erfolglosen Asylverfahrens (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AsylVfG) vermag grundsätzlich keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 16 Abs. 2 Nr. 1 AuslG zu begründen (Hailbronner, AuslR, § 16 AuslG Rn. 6; Fraenkel, a.a.O., S. 66; Renner, AuslR, § 16 AuslG Rn. 9; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, § 16 AuslG Rn. 18).

Diese Verfestigung in der Form eines rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts muss der Ausländer grundsätzlich jedenfalls am Ende seiner in § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG geforderten 8-jährigen Voraufenthaltszeit erreicht haben. Hält er sich nach dem Ablauf oder der sonstigen Beendigung seiner Aufenthaltserlaubnis nur noch geduldet - dann ist sein Aufenthalt ohnehin nicht mehr rechtmäßig - oder mit einer bloßen asylverfahrensrechtlichen Gestattung im Bundesgebiet auf, die nicht zu einer Asylanerkennung führt, ist dies kein gewöhnlicher Aufenthalt mehr und kann insoweit nicht auf die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG geforderten 8 Jahre angerechnet werden. Zeiten eines derartigen Aufenthalts können gegebenenfalls bei der Gesamtbetrachtung im Rahmen der Prüfung des Härtefalles nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG berücksichtigt werden.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hielt sich der Kläger von Juni 1981 bis August 1988 im Bundesgebiet auf. Er war mit seiner Mutter zu dem bereits in Deutschland befindlichen Vater nachgereist, der als Assistenzarzt in einem Krankenhaus beschäftigt war. Wie sich aus einer vom Kläger vorgelegten Arbeitserlaubnisbescheinigung ergibt, besaß sein Vater jedenfalls bis Juli 1986 eine Aufenthaltserlaubnis und außerdem eine bis 1991 gültige Arbeitserlaubnis. Bis zu welchem Zeitraum der Vater des Klägers über die Aufenthaltserlaubnis verfügte, hat das Berufungsgericht dagegen nicht festgestellt. Nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren ist der Vater 1987 in die Türkei zurückgekehrt und 1988 erneut ins Bundesgebiet eingereist, um mit seiner Familie im August 1988 dauerhaft in die Türkei zurückzureisen. Die Mutter des Klägers hat ausweislich der Akten im März 1987 einen Asylantrag gestellt, den sie später zurückgenommen hat.

Diese Tatsachen tragen nicht den rechtlichen Schluss des Berufungsgerichts, der Kläger habe bis zu seiner Ausreise im August 1988, also über 7 Jahre, seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt. Dass er sich nach dem damals für ihn maßgeblichen § 2 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1965 bis zur Vollendung seines 16. Lebensjahrs aufenthaltserlaubnisfrei im Bundesgebiet aufhalten durfte, begründet zwar die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts. Auch ist diese Zeit nach § 96 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1990 als Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsgenehmigung anzurechnen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgt allein daraus indes nicht, dass es sich hierbei um einen gewöhnlichen, also auf Dauer angelegten und verfestigten rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers gehandelt hat. Ob ein solcher Daueraufenthalt vorlag, ist bei den aufenthaltserlaubnisfrei im Bundesgebiet lebenden Minderjährigen regelmäßig in Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern zu bestimmen (vgl. Urteil vom , a.a.O., Leitsatz S. 116). Dies gebietet der mit § 16 Abs. 1 AuslG verfolgte Zweck, nur die im gewöhnlichen Aufenthalt zum Ausdruck kommende Aufenthaltsverfestigung durch ein Recht auf Wiederkehr zu privilegieren. Geht es dabei, wie im Fall des Klägers, um Aufenthaltszeiten vor In-Kraft-Treten des Ausländergesetzes 1990, ist der Charakter dieser Aufenthalte - hier derjenige der Eltern des Klägers - nach den Kriterien des § 94 AuslG zu bestimmen (so auch Nr. 16.1.0.2 AuslG-VwV).

c) Anhand dieser Grundsätze wird das Berufungsgericht nach Zurückverweisung der Sache aufzuklären und zu entscheiden haben, ob der Aufenthalt des Vaters des Klägers in den Jahren 1981 bis 1988 dem einer nicht von vornherein nur vorübergehenden Aufenthaltserlaubnis oder dem einer Aufenthaltsbewilligung (vgl. § 94 Abs. 3 Nr. 2 AuslG) entsprach und ob - und wie lange - er 1987 das Bundesgebiet bereits dauerhaft verlassen hat. Erst auf der Grundlage dieser Feststellungen kann das Berufungsgericht dann entscheiden, ob und wie lange der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Diese Feststellungen werden es dem Berufungsgericht dann auch erlauben, soweit es entscheidungserheblich sein sollte, die Frage zu beantworten, ob der Vater des Klägers während des Aufenthalts im Bundesgebiet eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) erlangt hat und der Kläger selbst sich daher - und gegebenenfalls für welchen Zeitraum - auf Rechte aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 berufen konnte mit der Folge, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt, unabhängig von der Einordnung des Aufenthaltsstatus seiner Eltern nach nationalem Ausländerrecht, bereits aus diesem Grund als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 16 Abs. 1 AuslG zu bewerten wäre. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine nicht näher begründete Berufung auf Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 jedenfalls nicht. Sollten sich die tatsächlichen Umstände des Aufenthalts der Eltern des Klägers in den Jahren 1981 bis 1988 - trotz der sich wohl anbietenden Einholung von Auskünften bei den Eltern des Klägers, bei der Beschäftigungsstelle des Vaters oder auch der Beiziehung der Akten des Asylverfahrens der Mutter - nicht aufklären lassen, müsste das Berufungsgericht insoweit nach den herkömmlichen Grundsätzen der Beweislastverteilung entscheiden (vgl. dazu BVerwG 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <180>).

4. Ergibt die erneute Verhandlung und Entscheidung der Sache durch das Berufungsgericht anhand der vorstehenden Grundsätze, dass der Kläger von Juni 1981 bis August 1988 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, so ist auf dieser Grundlage die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Zwar hat der Kläger dann mit einem Daueraufenthalt von gut 7 Jahren und einem Schulbesuch im Bundesgebiet von 5 Jahren die Vorgaben des § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG nicht unerheblich verfehlt. Auch hat er mit der Antragstellung im Mai 1996 - erst rund 7 Jahre und 10 Monate nach seiner Ausreise - die 5-Jahres-Frist des § 16 Abs. 1 Nr. 3 AuslG bei weitem überschritten. Er hat jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, bei einer wertenden Gesamtbetrachtung durch den mehrjährigen ununterbrochenen Besuch der Deutschen Schule in Istanbul und die dort erlangte allgemeine Hochschulreife für deutsche Hochschulen die formalen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG hinsichtlich des darin geforderten Schulbesuchs im Hinblick auf Dauer und Qualität der Sache nach dergestalt "übererfüllt", dass ihm das fehlende Schuljahr im Bundesgebiet nicht mehr entgegengehalten werden kann. Mit dem erfolgreichen Besuch des Gymnasiums in der Deutschen Schule in Istanbul hat er seine Integration in das deutsche Bildungssystem und vor allem auch seine Integrationswilligkeit und -fähigkeit in einem Maße unter Beweis gestellt, welches das knapp einjährige Defizit des gewöhnlichen Voraufenthalts nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 AuslG und letztlich auch die erhebliche Überschreitung der Antragsfrist nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 AuslG ausreichend kompensiert. Hierfür ist nach der zutreffenden Sichtweise des Berufungsgerichts von besonderer Bedeutung, dass der gesamte Unterricht an der Deutschen Schule in Istanbul in deutscher Sprache gehalten wurde und der Kläger zudem eine Klasse besucht hat, in der sich ganz überwiegend Kinder deutscher Eltern befunden haben. Die dadurch vermittelte fortwährende intensive Beziehung zu deutschen Lebensverhältnissen während seines Türkeiaufenthalts relativiert auch dessen - gemessen an der 5-Jahres-Frist in § 16 Abs. 1 Nr. 3 AuslG - überlange Dauer, zumal der Kläger jedenfalls bis zu seinem Schulabschluss im Mai 1995 einen nachvollziehbaren Grund für das Verbleiben in seinem Heimatland vorweisen kann. Zudem hat er sich sogleich danach erfolgreich um einen Studienplatz an einer deutschen Hochschule bemüht. Angesichts dieser gesamten Umstände wäre es gemessen an dem gesetzlichen Typus des Wiederkehrers in besonderer Weise unbillig, ihn von dem Recht auf Wiederkehr auszuschließen. Diesen Standpunkt hat der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich geteilt.

5.a) Einem Anspruch des Klägers aus § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht, anders als die Beklagte meint, kein Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG entgegen. Denn der Kläger ist mit einem gültigen Visum, das mit Zustimmung der Ausländerbehörde der Beklagten erteilt war, zum Zwecke der Aufnahme eines Studiums eingereist. Dem geht er seitdem auf der Grundlage einer mehrfach verlängerten Aufenthaltsbewilligung nach (vgl. dazu auch Nr. 8.1.1.3 AuslG-VwV). Da er sich zum Zeitpunkt seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AuslG im Mai 1996 nach seiner erlaubten Einreise im Oktober 1995 bereits mehr als 6 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, durfte der Kläger diesen Antrag nach § 9 Abs. 5 Nr. 2 DV AuslG abweichend von § 3 Abs. 3 Satz 1 AuslG nach der Einreise vom Inland aus stellen.

b) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis scheitert auch nicht daran, dass der Kläger bei der Antragstellung und auch noch gegenwärtig über eine Aufenthaltsbewilligung (§ 28 AuslG) zur Durchführung seines Studiums verfügt. Nach § 28 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AuslG kann dem Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltserlaubnis nicht vor Ablauf eines Jahres seit der Ausreise erteilt werden. Diese Beschränkung findet jedoch keine Anwendung, wenn der Ausländer sich noch nicht länger als ein Jahr im Bundesgebiet aufhält (§ 28 Abs. 3 Satz 3 AuslG).

So liegt der Fall beim Kläger, der den Aufenthaltserlaubnisantrag rund 7 Monate nach seiner Einreise in das Bundesgebiet gestellt hat. Denn für die Bestimmung der Jahresfrist des § 28 Abs. 3 Satz 3 AuslG ist, anders als für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der beantragten Aufenthaltserlaubnis im Übrigen, auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei der Ausländerbehörde abzustellen (so auch Remmel, in: GK-AuslR, § 28 AuslG Rn. 42; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, § 28 AuslG Rn. 46; vgl. für das Erfordernis der Minderjährigkeit in § 20 Abs. 2 Nr. 2 und § 23 Abs. 1 Nr. 3 AuslG BVerwG 1 C 22.96 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG Nr. 4 = InfAuslR 1998, 161 und vom - BVerwG 1 C 12.96 - Buchholz 402.240 § 23 AuslG Nr. 7 = InfAuslR 1998, 382). Für die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Antragstellung spricht zum einen der inhaltliche Rechtfertigungsgrund für die in der Vorschrift enthaltene Befreiung von dem Verbot des § 28 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AuslG, vor Ablauf eines Jahres seit der Ausreise eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Dieses Verbot soll erkennbar verhindern, dass der Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung, die stets nur zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, aus dieser Position heraus mittels einer Aufenthaltserlaubnis einen Daueraufenthalt erlangt (vgl. dazu BVerwG 1 B 82.97 - NVwZ-RR 1997, 657 = Buchholz 402.240 § 23 AuslG Nr. 4) und so die zeitliche Begrenzung der Aufenthaltsbewilligung durch den unmittelbaren Übergang zu einem anderen Aufenthaltstitel unterläuft (vgl. BTDrucks 11/6321, S. 66). Diese Gefahr sieht der Gesetzgeber nach der normativen Wertung des § 28 Abs. 3 Satz 3 AuslG offenbar dann nicht, wenn sich der Ausländer innerhalb des ersten Jahres nach der Einreise in das Bundesgebiet für die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis entscheidet. Denn dann erlangt er die angestrebte Aufenthaltsverfestigung über die beantragte Aufenthaltserlaubnis selbst und nicht vermittels der hierfür nicht vorgesehenen Aufenthaltsbewilligung. Für die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Antragstellung spricht zum anderen auch, dass die erfolgreiche Berufung auf diese Vergünstigung der Jahresfrist des § 28 Abs. 3 Satz 3 AuslG ansonsten von der durch den Ausländer grundsätzlich nicht beeinflussbaren Dauer des Bewilligungs- und gegebenenfalls des nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abhinge.

6. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen schließlich auch nicht seine Auffassung, dass das der Beklagten - vorbehaltlich der noch zu klärenden Fragen der Sicherung des Lebensunterhalts und der Dauer des gewöhnlichen Voraufenthalts im Bundesgebiet - wegen einer besonderen Härte eingeräumte Ermessen im Falle des Klägers auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis als einzig rechtmäßige Entscheidungsmöglichkeit geschrumpft sei. Weder kann bei einer besonderen Härte nach § 16 Abs. 2 Satz 1 AuslG stets ohne weiteres von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden, noch rechtfertigt die pauschale Erwägung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung Gesichtspunkte, die gegen die Erteilung der Wiederkehrerlaubnis sprechen könnten, nicht genannt oder sonst zum Ausdruck gebracht, diesen Schluss.

Das Ermessen der Behörde hat sich unter Einbeziehung aller hierfür erheblichen Umstände des Einzelfalls an dem Gesetzeszweck zu orientieren, dem Ausländer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Wiederkehr zu ermöglichen, wobei - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch die Umstände im Rahmen der Ermessensentscheidung erneut berücksichtigt werden können, die bei der Entscheidung über die besondere Härte bereits herangezogen worden sind.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 090 € (entspricht 8 000 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2, §§ 14, 73 Abs. 1 GKG).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
LAAAC-12049