BGH Urteil v. - 2 StR 160/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 344 Abs. 2 Satz 2; StGB n.F. § 332; StGB n.F. § 335; StGB § 46 Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit siebenfacher Untreue, wegen Untreue in drei weiteren Fällen und wegen Vorteilsannahme in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrem vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Rechtsmittel die Verletzung formellen und materiellen Rechts und wendet sich gegen den Teilfreispruch des Angeklagten.

Der Angeklagte rügt ebenfalls die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

I. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist offensichtlich unbegründet.

II. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Verfahrensrügen sind, soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt sind, offensichtlich unbegründet. Der näheren Erörterung bedürfen auf die Sachrüge lediglich die Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse bei den Komplexen I und III (1.) sowie die Strafzumessung (2.). Zudem ist die Tagessatzhöhe für die Einzelgeldstrafen zu ergänzen (3.).

1. a) Der Schuldspruch wegen Bestechlichkeit in einem Fall läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Von dem Beschwerdeführer wird dies auch nicht geltend gemacht. Der Angeklagte hat zwar insgesamt mindestens 26 Bestechungszahlungen entgegengenommen. Gleichwohl hat das Landgericht hier zu Recht nur einen Fall der Bestechlichkeit angenommen. Mehrere Vorteilsannahmen stehen zwar grundsätzlich untereinander im Verhältnis der Tatmehrheit. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn - wie es das Landgericht hier festgestellt hat - der für die Unrechtsvereinbarung zu leistende Vorteil zwischen dem Angeklagten und R. von Anfang an genau bestimmt war. In diesen Fällen liegt hinsichtlich der Annahme aller Teilleistungen auf die Unrechtsvereinbarung eine tatbestandliche Handlungseinheit vor (vgl. BGHSt 47, 22, 30 = NStZ 2001, 479, 481; BGH NStZ 95, 92; wistra 1999, 271; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Konkurrenzen 5; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 331 Rdn. 39).

Der für die einzelnen Luftrechnungen von R. an den Angeklagten zu zahlende Betrag war zwar von ihnen für jede Luftrechnung einzeln konkret festgelegt worden. Die Höhe des jeweils vereinbarten Vorteils konnte jedoch nicht festgestellt werden (UA S. 68). Das Landgericht konnte daher weder ausschließen, daß auf eine Unrechtsvereinbarung mehrere Zahlungen erfolgten, noch konnte es ausschließen, daß R. mit einer Zahlung auf mehrere jeweils bei Absprache der Luftrechnungen getroffenen Unrechtsvereinbarungen geleistet hat. Beide Möglichkeiten liegen schon wegen der ständigen finanziellen Bedrängnis des R. gleichermaßen nahe, zumal die Zahlungen teilweise kurz aufeinander erfolgten und ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Luftrechnungen und den Vorteilszahlungen nicht erkennbar ist. Dies hat zur Folge, daß sich eine zumindest teilweise Überschneidung der tatbestandsrelevanten Handlungen der jeweiligen Einzelfälle der Bestechlichkeit nicht ausschließen läßt. Daher läßt sich eine bestimmte Mehrzahl von Fällen der Bestechlichkeit nicht feststellen, sondern nur, daß zumindest ein Fall der Bestechlichkeit gegeben ist.

Durch die Annahme nur eines Falls der Bestechlichkeit ist der Angeklagte auch nicht deshalb beschwert, weil dadurch die Tatzeit der Bestechlichkeit bis zur Entgegennahme der letzten Bestechungszahlung am andauerte und sich damit in den Geltungsbereich der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz seit dem verschärften Strafdrohung der §§ 332, 335 StGB nF erstreckt. Da das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Bestechlichkeit (§ 335 Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB nF) angenommen hat, erhöht sich der Strafrahmen für die vor dem angenommenen Bestechungszahlungen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren. Andererseits wären bei Anwendung des Tatzeitrechts aber 26 Taten zu verurteilen, von denen die drei letzten ohnehin nach der verschärften Gesetzesfassung zu beurteilen waren. Unter diesen Umständen wirkt sich die Annahme eines Falls der Bestechlichkeit nicht zum Nachteil des Angeklagten aus, zumal das Landgericht bei der Bemessung der Einsatzstrafe von zwei Jahren und acht Monaten ausdrücklich zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, daß nur wenige Zahlungen des R. an den Angeklagten nach dem erfolgten.

b) Die Annahme von Tateinheit zwischen der Bestechlichkeit (Komplex III) und den sieben Fällen der Untreue (Komplex I) ist rechtlich zutreffend, weil - wie das Landgericht UA S. 71 feststellt - die jeweilige Absprache des Angeklagten mit R., pflichtwidrig die Anweisung der Luftrechnungen zu veranlassen, sowohl den Beginn des Treubruchs als auch den Abschluß der Unrechtsvereinbarung darstellt (vgl. BGHSt 47, 22, 29). Im übrigen ist der Angeklagte durch die Annahme von Tateinheit nicht beschwert.

2. Die Überprüfung der Strafzumessung ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.

Entgegen der Ansicht der Verteidigung durfte der lange Tatzeitraum, in dem sich der Angeklagte in erheblichem Umfang wiederholt strafbar gemacht hat, als Bewertung der Vielzahl der Taten sowie der erheblichen kriminellen Energie nach § 46 Abs. 2 StGB zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden. Dies schloß notwendigerweise mit ein, daß die Taten teilweise schon länger zurücklagen, so daß zwischen den anfänglichen Taten und dem angefochtenen Urteil ein erheblicher zeitlicher Abstand besteht. Unter den Umständen des vorliegenden Falls mußte dies aber kein bestimmender Strafzumessungsgrund sein, weil der Angeklagte während des gesamten Tatzeitraums immer wieder erhebliche Straftaten begangen und damit über mehrere Jahre hinweg kriminelle Energie entwickelt hat.

Die im Urteil in einem eigenen Abschnitt dargestellte Prozeßgeschichte (UA S. 47/49) läßt keine überlange Verfahrensdauer im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 MRK erkennen, eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben. Zwischen der Anzeigeerstattung am und dem angefochtenen Urteil vom vergingen zwar vier Jahre und fast fünf Monate. Die Ermittlungen gegen mehrere tatbeteiligte Beschuldigte waren wegen der Schwierigkeit und Komplexität der Tatvorwürfe jedoch umfangreich und langwierig. Auch die Strafkammer benötigte im Zwischenverfahren Zeit für die Vorbereitung des Eröffnungsbeschlusses. In Anbetracht der Höhe der verhängten Einzelstrafen, die jeweils im unteren Bereich der zur Verfügung stehenden Strafrahmen liegen, sowie der mäßigen Gesamtfreiheitsstrafe ist auszuschließen, daß die Strafkammer die Verfahrensdauer - trotz ihrer Darstellung der Prozeßgeschichte - bei der Strafzumessung übersehen hat und bei deren erneuter und ausdrücklicher Erörterung im Rahmen der Strafzumessung zu einer milderen Bestrafung gelangt wäre.

3. Die vom Landgericht unterlassene Bemessung der Tagessatzhöhe für die Einzelgeldstrafen in den Fällen 20 und 31 hat der Senat nachgeholt und den Tagessatz in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts auf den Mindestbetrag von 1 € festgesetzt (§ 354 Abs. 1 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
AAAAC-09443

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