Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 261; StPO § 344 Abs. 2 Satz 2; StPO § 243 Abs. 4 Satz 2; StPO § 136 Abs. 2
Instanzenzug: LG Verden vom
Gründe
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom bemerkt der Senat:
1. Die Rüge des Verteidigers des Angeklagten O. , die Strafkammer habe entgegen § 261 StPO die Einlassung dieses Angeklagten unzureichend gewürdigt, ist bereits nicht in zulässiger Form erhoben, wäre aber auch unbegründet.
a) Zur Entstehung der Einlassung teilt die Revision lediglich mit, daß sich der Angeklagte im Hauptverhandlungstermin am "wie folgt" eingelassen habe, und gibt sodann den Wortlaut einer zehnseitigen schriftlichen Erklärung wieder, der der Satz "Für den Angeklagten O. soll nachfolgende Einlassung verlesen werden:" vorangestellt ist. Die Revision teilt entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO aber nicht mit, in welcher Weise sodann die Einlassung in der Hauptverhandlung Verwendung gefunden hat, insbesondere ob und durch wen das Schriftstück verlesen worden ist. Der Senat vermag daher nicht zu prüfen, ob der Wortlaut der Einlassung zum Inbegriff der Hauptverhandlung gemacht wurde. Denn nur wenn das Gericht die Verlesung dieses Schriftstücks angeordnet und durchgeführt hätte, wäre die Urkunde in ihrem Wortlaut in die Hauptverhandlung eingeführt worden und hätte von der Revision als Maßstab zur Überprüfung der Beweiswürdigung herangezogen werden können (vgl. BGHSt 38, 14, 16 f.). Allerdings weist der Senat darauf hin, daß ein Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die schriftliche Einlassung eines Angeklagten als Urkunde zu verlesen, da seine mündliche Vernehmung nicht durch die Verlesung einer schriftlichen Erklärung durch das Gericht ersetzt werden kann (BGH NStZ 2000, 439). Denn nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO erfolgt die Vernehmung eines Angeklagten zur Sache nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 StPO, also grundsätzlich durch mündliche Befragung und mündliche Antworten (vgl. KK 5. Aufl. § 243 Rdn. 44 m. w. N.).
Hätte dagegen, wie es entgegen dieser gesetzlichen Regelung zunehmend praktiziert wird, lediglich der Angeklagte selbst oder sein Verteidiger eine entsprechende Erklärung verlesen und als Anlage zum Protokoll übergeben, wäre nur der entsprechende mündliche Vortrag und gegebenenfalls die Erklärung des Angeklagten, daß er sich den Inhalt zu eigen mache, Gegenstand der Hauptverhandlung geworden. Aufgabe des Tatrichters wäre es dann gewesen, - wie auch bei anderen Beweisergebnissen - den Inhalt dieser mündlich vorgetragenen Einlassung festzustellen, in den Urteilsgründen wiederzugeben und im erforderlichen Umfang zu würdigen (vgl. BGHSt 38, 14, 16 f.). Damit ist aber eine revisionsgerichtliche Kontrolle der Richtigkeit der Wiedergabe dieser Einlassung wegen des Verbots der Rekonstruktion der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren nicht möglich (ebenso Park StV 2001, 589, 592).
b) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfahrensrüge bestehen auch deshalb, weil auf Seite 81 der Revisionsbegründung nur sehr pauschal dargestellt wird, inwieweit eine Würdigung der Einlassung des Angeklagten O. vermißt wird. Es kann aber nicht Aufgabe des Revisionsgerichts sein, eine zehnseitige Einlassung mit einem 180 Seiten umfassenden und insbesondere in der Darstellung der festgestellten Tatsachen und ihrer Würdigung außergewöhnlich gründlichem und umfangreichem Urteil daraufhin zu vergleichen, welche konkreten Punkte bei der Beweiswürdigung nicht behandelt worden sind. Erst in der Erwiderungsschrift vom - und damit nach dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - erfolgte eine derartige Konkretisierung, was allerdings die Zulässigkeit der Rüge nicht mehr zu begründen vermag.
c) Die Rüge wäre aber auch unbegründet. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt, daß sich die Jugendkammer mit der Einlassung des Angeklagten eingehend befaßt hat. Es ist nicht ersichtlich, daß für das Ergebnis wesentliche Umstände außer Betracht geblieben wären. Denn der Grundsatz der erschöpfenden Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß sich der Tatrichter mit allen, auch nebensächlichen Aspekten und wenig ergiebigen Argumenten ausdrücklich auseinanderzusetzen hätte (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 2000, 48).
2. Soweit beide Angeklagte rügen, das Landgericht habe den Beweisantrag der Rechtsanwältin H. vom auf Verlesung des Urteils des Landgerichts B. zu Unrecht abgelehnt, kann offen bleiben, ob es sich um einen hinreichend bestimmten Beweisantrag gehandelt hatte, da die Umstände und die Thematik der behaupteten Falschaussage nicht genannt werden, oder ob die Auslegung der Ablehnung des Beweisantrags als bedeutungslos, wie sie der Generalbundesanwalt für möglich hält, vorgenommen werden kann. Es hätte zwar nahe gelegen, daß das Landgericht sich auf diesen Ablehnungsgrund stützt, es ist aber nach der wenig glücklichen Formulierung seines Ablehnungsbeschlusses nicht ohne weiteres erkennbar, ob es tatsächlich diesen Grund heranziehen wollte.
Jedenfalls kann ausgeschlossen werden, daß auf der unterbliebenen Verlesung dieses Urteils, dessen Sachverhalt mit dem hier angeklagten Geschehen nicht in Zusammenhang stand, die Beweiswürdigung zum Nachteil der Angeklagten beruht. Denn die Jugendkammer hat sich nur am Rande auf die Aussage des Zeugen Ba. gestützt und ausdrücklich hervorgehoben, daß diese für ihre Überzeugungsbildung nur von "untergeordneter Bedeutung" war (UA S. 126). Bei der Vielzahl von weiteren Beweisen, die belegen, daß sich der Angeklagte P. schon vorher mit der Zerstörung des Br. Hofes befaßt hatte, kann der Senat ausschließen, daß die Jugendkammer ohne die Aussage des Zeugen Ba. zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HAAAC-08285
1Nachschlagewerk: nein