BGH Beschluss v. - 5 StR 430/04

Leitsatz

[1] 1. Bei Urteilsaufhebung nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO wegen fehlerhafter Gesamtstrafenbildung bedarf es keiner Zurückverweisung.

2. Zur Kostenentscheidung in diesem Fall.

Gesetze: StPO § 354 Abs. 1b Satz 1

Instanzenzug: AG Tiergarten 325 Ds 196/97 vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom wegen Körperverletzung (Einzelstrafe: ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie wegen Körperverletzung in sechs Fällen und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Eine Tat wurde im Oktober 1997, die anderen zwischen Juli 2000 und Mai 2002 begangen. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen; im übrigen erweist sie sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.

1. Die Gesamtstrafaussprüche können nicht bestehenbleiben. Die Bildung der Gesamtsstrafen ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da die Verurteilung vom keine Zäsurwirkung entfaltet. Die dort abgeurteilte Verkehrsstraftat war am begangen worden und damit vor einer anderen Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten vom . Liegt die abzuurteilende Tat - wie hier die Tat vom 15./ - zwischen zwei Verurteilungen, aus denen eine Gesamtstrafe zu bilden war, kommt eine Gesamtstrafbildung aus der Strafe für die abzuurteilende Tat mit der Strafe aus der letzten Vorverurteilung nicht in Betracht (vgl. BGHSt 32, 190, 193; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 12). Nur der ersten der beiden früheren Verurteilungen käme eine Zäsurwirkung zu (BGH aaO). Mangels Zäsur und Einbeziehungsmöglichkeit muß es bei der Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom verbleiben, die nach zutreffender Anwendung des § 55 StGB unter Einbeziehung der am verhängten Geldstrafe gebildet worden ist. Durch die Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert; es liegt nahe, daß das Landgericht bei Bildung lediglich einer Gesamtfreiheitsstrafe zu einem strafferen Zusammenzug der verhängten Freiheitsstrafen gelangt wäre als durch die erfolgte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen.

2. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz BT-Drucks. 15/3482 S. 22). Einer Zurückverweisung bedarf es indes nicht (mißverständlich insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. aaO); diese hat nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO nur "in anderen Fällen" - also nicht in den Fällen des § 354 Abs. 1 bis 1b StPO - zu erfolgen. Demgemäß wird in § 462a Abs. 6 StPO nur auf § 354 Abs. 2 und § 355 StPO, nicht aber auf § 354 Abs. 1b StPO Bezug genommen.

3. Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung auch hinsichtlich des Schuldspruchs umfassend angegriffen hat, mit dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht hat. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende - für den Angeklagten negative - Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO sofort selbst treffen und hat sie nicht dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, dem sie systemfremd wäre. Ob in Fällen, in denen die Aufhebung der Gesamtstrafe im Verfahren nach §§ 460, 462 StPO dem Anliegen des Revisionsführers nicht nur geringfügig zum Erfolg verhelfen kann, eine Kostenentscheidung - eher untypisch - auf Grundlage einer Prognose der Entscheidung im Nachverfahren ebenfalls sofort zu treffen ist, ob die Kostenentscheidung etwa vorzubehalten ist oder ob sie dann doch im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO getroffen werden müßte, bedarf hier keiner Entscheidung. In schwierigeren Fällen kann ohnehin eine Verfahrensweise nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO vorzugswürdig gegenüber dem nicht zwingenden Vorgehen nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO sein.

Fundstelle(n):
NAAAC-07298

1Nachschlagewerk: ja