BGH Urteil v. - VIII ZR 236/02

Leitsatz

[1] Zur Frage der Vergütung für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 4 KWKG.

Gesetze: KWKG § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2; KWKG § 3 Abs. 1 Satz 1; KWKG § 3 Abs. 1 Satz 4

Instanzenzug: LG München I

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Müllkraftwerk, in dem mit einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage Strom erzeugt wird. Am schloß er mit der B. AG einen Stromeinspeisevertrag. Darin vereinbarten die Vertragsparteien, daß der Kläger bis zum den gesamten in dem Müllkraftwerk erzeugten Strom nach Abzug des Eigenbedarfs zu im einzelnen bestimmten Preisen in das Netz der B. AG einspeist. Im Juli 2000 schloß sich die B. AG mit der P. AG zur E. AG zusammen. Diese übertrug mit Vertrag vom die Sparte "Handel", zu der auch der Vertrag mit dem Kläger gehört, mit Wirkung ab dem auf die Beklagte. Zugleich übertrug sie das Verteilungsnetz auf die E. GmbH.

Am trat das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz; KWKG) vom (BGBl. I 2000 S. 703) in Kraft. Daraufhin verlangte der Kläger für den von ihm gelieferten Strom die Zahlung der in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmten Vergütung. Er erhielt jedoch lediglich die vertraglich vereinbarte Vergütung.

In dem vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger von der Beklagten für seine Stromlieferungen in der Zeit vom 18. Mai bis zum die Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen der vertraglich vereinbarten Vergütung und der in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmten Vergütung in der unstreitigen Höhe von 1.074.225,86 DM = 549.242,96 € nebst Verzugszinsen. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob der Kläger nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz anspruchsberechtigt ist und ob gegebenenfalls die vertraglich vereinbarte oder die in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmte Vergütung zu zahlen ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (RdE 2001, 106). Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (RdE 2002, 317). Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Kläger sei zur Geltendmachung von Vergütungsansprüchen nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz nicht legitimiert. Nach dem in § 1 KWKG dargestellten und in den Materialien erläuterten Zweck des Gesetzes solle die Erzeugung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nicht generell gefördert werden. Vielmehr sollten die Unternehmen der allgemeinen Versorgung, die Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen vertrieben, vor Nachteilen aus der Liberalisierung des Strommarktes geschützt werden. Demgemäß unterstütze § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben würden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellten. Durch Nr. 1 des § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG werde Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen von Unternehmen, an denen ein Energieversorgungsunternehmen mit mindestens 25% beteiligt oder mit denen es im Sinne von § 15 AktG verbunden sei, gefördert. Durch Nr. 2 werde Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gefördert, der von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen werde. In allen drei Förderalternativen sei somit das Energieversorgungsunternehmen als dasjenige Unternehmen bezeichnet, dem die Förderung durch das Gesetz zugute kommen solle. Der Unterschied zu den ersten beiden Alternativen liege lediglich darin, daß bei der dritten Alternative das Energieversorgungsunternehmen den Strom nicht selbst erzeuge oder an der Erzeugung beteiligt sei, sondern den Strom von einem Kraftwerksunternehmen beziehe. Der Schutz bestehe insoweit darin, daß das Energieversorgungsunternehmen den bezogenen Strom an einen Netzbetreiber weiterliefern könne und hierfür eine Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG erhalte. Der Kläger sei unbestritten nicht als Energieversorgungsunternehmen tätig. Er habe vielmehr einen Liefervertrag mit einem Energieversorgungsunternehmen abgeschlossen. Er falle somit nicht in den Schutzbereich des Gesetzes und habe daher keinen Vergütungsanspruch nach § 4 Abs. 1 KWKG.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von dem Kläger gegen die Beklagte für die Lieferung von Strom in der Zeit vom 18. Mai bis zum geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen der vertraglich vereinbarten Vergütung und der in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmten Vergütung in Höhe von 549.242,96 € nebst Verzugszinsen verneint. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann der Kläger von der Beklagten für den von ihm gelieferten Strom gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG in Verbindung mit dem Vertrag vom die Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KWKG verlangen.

1. Der streitige Vergütungsanspruch für die Lieferung von Strom in der Zeit vom 18. Mai bis zum ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom (aaO) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist zwar inzwischen außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom (BGBl. I 2002 S. 1092) erst am und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.

2. Der von dem Kläger an die Beklagte gelieferte Strom fällt nach § 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes.

a) Nach § 2 Abs. 1 KWKG sind drei Fälle zu unterscheiden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG regelt das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz die Abnahme und Vergütung von Strom aus Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der in Anlagen erzeugt wird, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am tätig waren. Bestimmte Einschränkungen ergeben sich insoweit aus § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 KWKG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG ist dem Strom aus KWK-Anlagen gemäß Satz 1 gleichgestellt Strom aus KWK-Anlagen auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall von Unternehmen, an denen das Energieversorgungsunternehmen in näher bezeichneter Weise beteiligt oder mit denen es im Sinne von § 15 AktG verbunden war (Nr. 1) und Strom aus KWK-Anlagen auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird (Nr. 2).

b) Der erste Fall (§ 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG) liegt hier nicht vor. Der von dem Kläger an die Beklagte gelieferte Strom stammt zwar aus einer Müllverbrennungsanlage mit Kraft-Wärmekopplung und damit aus einer KWK-Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG. Der Kläger gehört jedoch nicht zu den dort als Betreiber vorausgesetzten Energieversorgungsunternehmen. Energieversorgungsunternehmen sind nach der auch für das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz als Teil des Energiewirtschaftsrechts einschlägigen Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom (BGBl. I 1998 S. 730; jetzt § 2 Abs. 4) alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben. Von diesen Energieversorgungsunternehmen erfaßt § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG nach seinem Wortlaut nur diejenigen, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am tätig waren. Dazu gehört der Kläger mit der von ihm betriebenen Müllverbrennungsanlage schon deswegen nicht, weil er nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kein Netz für die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern mit Energie betreibt, sondern den in seiner Müllverbrennungsanlage erzeugten Strom in ein fremdes Netz einspeist.

Aus dem gleichen Grund ist hier auch der zweite Fall (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWKG) nicht gegeben. Das dort in der Formulierung "das Energieversorgungsunternehmen" verwandte Wort "das" stellt klar, daß es sich bei dem Energieversorgungsunternehmen um ein solches im Sinne des Satzes 1 handeln muß. Nach den vorstehenden Ausführungen trifft das auf den Kläger nicht zu.

c) Der von dem Kläger an die Beklagte gelieferte Strom erfüllt jedoch die Voraussetzungen des dritten Falles (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG). Er stammt aus einer der dort genannten KWK-Anlagen. Die Beklagte hat ihn aufgrund eines Liefervertrages bezogen, der am und damit vor dem geschlossen worden ist. Die Beklagte ist auch ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne der Vorschrift. In dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) war noch von Strom die Rede, der von "dem" Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren ist das Wort "dem" jedoch gemäß der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (BT-Drucks. 14/3007) durch das Wort "einem" ersetzt worden. Daraus folgt, daß das betreffende Energieversorgungsunternehmen - anders als im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWKG (dazu vorstehend unter b) - nicht zu den Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG ("die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am tätig waren") gehören muß, sondern jedes Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 3 EnWG in Betracht kommt (Herrmann, RdE 2000, 184, 187). Um ein solches handelt es sich bei der Beklagten. Diese betreibt zwar selbst kein Netz für die allgemeine Versorgung. Der von der Beklagten bezogene Strom wird jedoch in das jetzt von der zum gleichen Konzern gehörende E. GmbH betriebene Netz eingespeist. Die Beklagte versorgt somit zumindest einen anderen mit Strom. Im Hinblick auf den nach § 1 KWKG durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz bezweckten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung ist darüber hinaus auch im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG erforderlich, daß der Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt ist (Bräutigam/Reichert-Clauß, RdE 2003, 210, 211). Diese Voraussetzung ist hier ebenfalls erfüllt, da das Netz der E. GmbH, in das der von der Beklagten bezogene Strom eingespeist wird, der allgemeinen Versorgung dient.

3. Fällt mithin der von dem Kläger an die Beklagte gelieferte Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, steht die danach geschuldete Vergütung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dem Kläger zu.

a) Die Abnahme und Vergütung des in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden Stroms ist in §§ 3 und 4 KWKG geregelt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Diese Verpflichtung wird durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG dahin eingeschränkt, daß bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 unberührt bleiben. Gemäß § 4 Abs. 1 KWKG ist für Strom nach § 2 eine bestimmte Mindestvergütung zu zahlen. Gemäß § 4 Abs. 2 KWKG wird die Vergütung für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 auf Grundlage von Lieferverträgen geregelt.

b) Aus diesen Bestimmungen ergibt sich nicht, wem der Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms zusteht. Eine ausdrückliche Regelung fehlt insoweit. Auch die Gesetzesmaterialien, die Begründung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) sowie die Beschlußempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (BT-Drucks. 14/3007) schweigen hierzu. Angesichts dessen ist in Rechtsprechung und Schrifttum namentlich für den hier gegebenen Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG streitig, wer die Vergütung nach §§ 3, 4 KWKG verlangen kann. Nach einer Ansicht ist dies der Anlagenbetreiber (neben dem hier in erster Instanz zuständigen Landgericht, aaO, unter anderem: LG Berlin, RdE 2001, 233, 234 und ZNER 2001, 274; Bräutigam/Reichert-Clauß, aaO, 211), nach anderer Ansicht das Energieversorgungsunternehmen (neben dem hier betroffenen Berufungsgericht, aaO, insbesondere: , unveröffentlicht; LG Essen, RdE 2002, 155, 156; Salje, KWKG, § 3 Rdnrn. 61 ff., 79 f., 82). Die erstgenannte Auffassung ist richtig. Wie in den beiden anderen Fällen des § 3 Abs. 1 KWKG ist auch in dem Fall des § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG der Anlagenbetreiber anspruchsberechtigt.

aa) Dafür spricht in erster Linie der Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Dieser ist, wie bereits oben (unter II 2 c) erwähnt, nach § 1 der befristete Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. Ergänzend heißt es dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen (aaO, S. 4 unter "Allgemein" und zu § 1), der Fortbestand der KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung sei im liberalisierten Strommarkt wegen der wesentlich gefallenen Strombezugskosten bedroht. KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung seien in dem früheren Rechtsrahmen mit geschlossenen Versorgungsgebieten regelmäßig so konzipiert worden, daß aus ihnen der Wärmebedarf und gegebenenfalls der Strombedarf im Gemeindegebiet habe gedeckt werden können. Typischerweise seien diese Anlagen deshalb kleiner als Stromerzeugungsanlagen der großen Energieversorgungsunternehmen, die ausschließlich Strom erzeugten. Die Stromerzeugung in kleineren Anlagen sei deutlich teurer als in Großanlagen. Insoweit sollten "stranded investments" vermieden, Produktionsstandorte erhalten und Beschäftigung gesichert werden. Das Mittel zur Erreichung dieses Zwecks ist die Abnahme- und Vergütungspflicht nach §§ 3 und 4 KWKG.

Danach sind anspruchsberechtigt die Betreiber der KWK-Anlagen, deren Bestand durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz gesichert werden soll. Wie dieser Schutz dagegen zu erreichen sein soll, falls anstelle der Anlagenbetreiber die den Strom beziehenden Energieversorgungsunternehmen anspruchsberechtigt wären, ist nicht zu erkennen. Die Lieferverträge der Anlagenbetreiber mit den Energieversorgungsunternehmen vermögen diesen Schutz jedenfalls nicht zu bieten, zumal sie in der Regel - wie auch der Vertrag der Klägerin mit der B. Preisgleitklauseln enthalten, die bei sinkenden Preisen auf dem liberalisierten Strommarkt keine auskömmlichen Strompreise gewährleisten.

Dementsprechend hat der Senat in dem vergleichbaren Fall der Abnahme- und Vergütungspflicht für Strom aus erneuerbaren Energien nach § 2 des Stromeinspeisungsgesetzes 1998 und § 3 Abs. 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) die Anspruchsberechtigung des Anlagenbetreibers mit der Begründung bejaht, aus dem Zweck und den Regelungsinstrumenten der Gesetze, nämlich die Erzeugung von Strom aus regenerativen Energiequellen mittels eines privatrechtlichen Kontrahierungszwanges zu fördern, sei ohne weiteres zu schließen, daß der Anspruch auf Abnahme und Vergütung des Stroms dem Stromerzeuger, also dem Anlagenbetreiber zustehen solle (Senatsurteil vom - VIII ZR 161/02, ZNER 2003, 234 unter B I 1).

bb) Für die Anspruchsberechtigung des Anlagenbetreibers spricht im übrigen § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG, wonach bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 unberührt bleiben. Diese Regelung, die gemäß der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (aaO, S. 2) zwecks "Klarstellung des Gewollten" (aaO, S. 6, Anl. 1, Begründung zu Nr. 4) in das Gesetz eingefügt worden ist, hat im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG nur Sinn, wenn der Anlagenbetreiber anspruchsberechtigt ist. Denn dann regelt sie die Konkurrenz zwischen der gesetzlichen Abnahmepflicht des Netzbetreibers nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG und der vertraglichen Abnahmepflicht des Energieversorgungsunternehmens zugunsten der letztgenannten Pflicht. Wäre dagegen das Energieversorgungsunternehmen anspruchsberechtigt, wäre § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG gegenstandslos, weil dann zwischen der gesetzlichen Abnahmepflicht des Netzbetreibers gegenüber dem Energieversorgungsunternehmen und der vertraglichen Abnahmepflicht des Energieversorgungsunternehmens gegenüber dem Anlagenbetreiber keine Konkurrenz bestünde, die geregelt werden müßte.

Genauso verhält es sich mit § 4 Abs. 2 KWKG, wonach die Vergütung von Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 auf Grundlage von Lieferverträgen geregelt wird. Das gilt unabhängig davon, wie sich diese Bestimmung zu § 4 Abs. 1 KWKG verhält (dazu weiter unten unter II 5). Sie erscheint allenfalls sinnvoll, wenn der Anlagenbetreiber anspruchsberechtigt ist, weil dessen Verhältnis zu dem Energieversorgungsunternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG durch einen Liefervertrag geregelt ist. Dagegen bestünde dann, wenn das Energieversorgungsunternehmen anspruchsberechtigt wäre, für eine Regelung der Vergütung durch einen Liefervertrag mit dem Netzbetreiber keine Veranlassung.

4. Der dem Kläger zustehende Vergütungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte. Nach der vorstehend erwähnten Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG bleiben bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 unberührt. Danach ist die Beklagte auch weiterhin gemäß dem auf sie übertragenen Liefervertrag mit der Klägerin vom zur Stromabnahme verpflichtet. Demgemäß muß sie den bezogenen Strom auch vergüten. Die Vergütungspflicht steht mit der Abnahmepflicht in einem untrennbaren Zusammenhang. Die Vergütung ist die synallagmatische Gegenleistung für den gelieferten Strom. Dagegen ist ausgeschlossen, daß der Netzbetreiber nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG zur Vergütung desjenigen Stroms verpflichtet ist, den das Energieversorgungsunternehmen aufgrund seiner nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG unberührten vertraglichen Abnahmeverpflichtung von dem Anlagenbetreiber bezieht.

5. a) In Bezug auf die Höhe der Vergütung, die der Kläger von der Beklagten verlangen kann, ist von der in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmten Mindestvergütung auszugehen. Diese beträgt für den unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes in der Zeit vom 18. Mai bis zum gelieferten Strom nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KWKG 9 Pfennig pro Kilowattstunde.

Dem steht § 4 Abs. 2 KWKG, wonach für Strom nach § 2 Abs.1 Satz 3 die Vergütung auf Grundlage von Lieferverträgen geregelt wird, nicht entgegen. Diese Bestimmung kann entgegen der Ansicht des Landgerichts in dem erstinstanzlichen Urteil (ebenso LG Berlin, RdE 2001, 233, 234 und ZNER 2001, 274 mit ablehnender Anmerkung Becker, aaO, 275; LG Essen, RdE 2002, 175, 157; Herrmann, aaO, 190) nicht so verstanden werden, daß dadurch § 4 Abs. 1 KWKG ausgeschlossen wird (vgl. auch LG Dortmund, ZNER 2002, 344 mit zustimmender Anmerkung Riedel, aaO, 345, 346 = RdE 2003, 81, 83). Dagegen sprechen Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KWKG beträgt die Vergütung für Strom "nach § 2" mindestens 9 Pfennig pro Kilowattstunde. Danach gilt die gesetzliche Mindestvergütung auch für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG. Würde die Vergütung für diesen Strom gemäß § 4 Abs. 2 KWKG ausschließlich auf Grundlage von Lieferverträgen geregelt, wäre § 4 Abs. 1 KWKG insoweit gegenstandslos. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber in einem Absatz einer Vorschrift eine Regelung trifft und diese bereits in dem nächsten Absatz wieder ausschließt. Hätte der Gesetzgeber die Mindestvergütung für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG ausschließen wollen, hätte er sie in § 4 Abs. 1 KWKG von vornherein auf den danach verbleibenden Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG beschränkt.

Zudem lautet § 4 Abs. 2 KWKG nicht etwa, daß für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 die Vergütung auf Grundlage von Lieferverträgen "geregelt ist" oder - in Anlehnung an § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG - gar "unberührt bleibt", was für einen Vorrang der Regelung vor § 4 Abs. 1 KWKG sprechen könnte. Die statt dessen gewählte Formulierung, daß die Vergütung "geregelt wird", läßt die Vorstellung des Gesetzgebers erkennen, daß in den beiden Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG die fortbestehenden Lieferverträge infolge des Inkrafttretens des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes hinsichtlich der Vergütung anzupassen sind, wobei von der auch insoweit gültigen Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG auszugehen ist.

Darüber hinaus würde § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG, wie auch das Landgericht nicht verkannt hat, insgesamt leerlaufen, wenn insoweit die Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG durch § 4 Abs. 2 KWKG ausgeschlossen wäre. Die Einbeziehung des Stroms nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG in den Geltungsbereich des KWKG wäre - auch im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG - von vornherein sinnlos. Das widerspräche dem auch insoweit vom Gesetz bezweckten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung, der durch die in den Lieferverträgen vereinbarte Vergütung nicht gewährleistet ist (siehe dazu bereits oben unter II 3 b aa).

b) Die in § 4 Abs. 1 KWKG bestimmte Mindestvergütung gilt für Strom nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG allerdings nicht unbeschränkt. Wie vorstehend bereits dargelegt, läßt § 4 Abs. 2 KWKG die Vorstellung des Gesetzgebers erkennen, daß in den beiden Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG die fortbestehenden Lieferverträge infolge des Inkrafttretens des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes hinsichtlich der Vergütung des Stroms anzupassen sind. Dabei ist zwar von der auch insoweit gültigen Mindestvergütung auszugehen. Deren Einführung in die bestehenden Lieferverträge kann jedoch, wie die Beklagte in der Revisionsverhandlung geltend gemacht hat, wegen besonderer Umstände im Einzelfall zu einer erheblichen Störung des Vertragsgefüges führen, die unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Herabsetzung der Mindestvergütung erforderlich macht. In den Vorinstanzen ist insoweit nichts Näheres vorgetragen worden, wozu allerdings bislang auch keine Veranlassung bestand. Demgemäß fehlt es hierzu an Feststellungen des Berufungsgerichts. Ohne derartige Feststellungen müßte es bei der Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG verbleiben.

c) Daß die Parteien die Vergütung für den gelieferten Strom nicht gemäß § 4 Abs. 2 KWKG durch (ergänzenden) Liefervertrag geregelt haben, steht dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Der Kläger hat aus § 4 Abs. 2 KWKG einen Anspruch gegen die Beklagte auf Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung. Angesichts dessen kann er die Beklagte unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen (vgl. zu der ähnlichen Problematik im Falle des § 3 Abs. 1 EEG Senatsurteil vom - VIII ZR 160/02, WM 2003, 2160 = RdE 2003, 268, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, unter B II 1).

6. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. In einem neuen Berufungsverfahren ist den Parteien Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag dazu zu ergänzen, ob gegebenenfalls wegen besonderer Umstände eine Herabsetzung der Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG erforderlich ist. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
XAAAC-04360

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja