Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 138; BGB § 326; BGB § 138 Abs. 1; ZPO § 565 Abs. 1 Satz 2 a.F.
Instanzenzug:
Tatbestand
Der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Vertrag für unzulässig zu erklären.
Am schlossen die Beklagten als Verkäufer und der Kläger sowie die Zeugin A. F. auf Käuferseite einen Vertrag über einen Diskothekenbetrieb "F. & L. " in K. . Am vereinbarten die Beklagten einerseits und der Kläger sowie die Zeugin F. andererseits durch notariellen Vertrag die Veräußerung und Abtretung von Gesellschaftsanteilen. Der notariellen Urkunde wurde der Kaufvertrag vom als Anlage beigefügt. Als Erwerber der Diskothek wie auch der Gesellschaftsanteile wurde die Firma "FH GmbH i.G.", als deren Geschäftsführerin die Zeugin F. vorgesehen war, aufgeführt. Für die Diskothek wurden als Kaufpreis 850.000 DM, für die Übertragung der Gesellschaftsanteile 65.400 DM vereinbart.
Für die in der notariellen Urkunde samt Anlagen eingegangenen Verpflichtungen sollten einerseits die Beklagten, andererseits die Zeugin F. , der Kläger und die FH GmbH jeweils gesamtschuldnerisch haften. Wegen aller in der Urkunde samt Anlagen eingegangenen und übernommenen Zahlungsverpflichtungen unterwarfen sich der Erwerber (FH GmbH) sowie die Zeugin F. und der Kläger als Gesamtschuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
Mit Schreiben vom erklärte der Kläger die Anfechtung der auf die Vertragsabschlüsse vom 9. Januar und vom gerichteten Willenserklärungen.
Der Kläger hat behauptet, Eigentümer der gesamten Einrichtungsgegenstände der Diskothek seien nicht die Beklagten, sondern die L. AG gewesen. Über diesen für ihn wesentlichen Umstand sei er arglistig getäuscht worden. Weiter hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Rechtsgeschäfte seien sittenwidrig und damit gemäß § 138 BGB nichtig. Ferner hat er vorgetragen, wegen Untersagung der Weiterführung des Namens vom Vertrag zurückgetreten zu sein.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom . Der Senat sei nicht davon überzeugt, daß der Beklagte zu 1, der auch für die Beklagte zu 2 gehandelt habe, die Käuferseite arglistig über die Eigentumsverhältnisse am Inventar habe täuschen wollen. Aufgrund der Aussage des Zeugen Rechtsanwalt B. von der L. AG stehe zwar fest, daß die Gegenstände laut der von ihm übergebenen Inventarliste zum Sicherungsübereignungsvertrag vom 25. Juni/ der L. AG zur Sicherung von deren Darlehen übereignet worden seien. Dabei handele es sich jedoch keineswegs um das gesamte Inventar, wie vom Kläger behauptet worden sei. Da der Beklagtenvertreter mit einer Anlage K 16 Rechnungen über wesentlich höhere Beträge, die Einrichtung der Diskothek betreffend, vorgelegt habe, sei bereits die Behauptung, das gesamte Inventar sei an die L. AG zur Sicherung übereignet, widerlegt. Zudem hätten sich die Verkäufer in Nr. 4 des Kaufvertrages vom verpflichtet, mit der am fällig werdenden Kaufpreissumme die noch offenen Darlehen zu befriedigen, so daß das Objekt, wie im Vertrag vereinbart und mit der L. abgesprochen, am "lieferantenfrei" gewesen wäre. Es sei nichts dafür ersichtlich, daß die Beklagten damit hätten rechnen müssen, dem Kläger sei der Zusammenhang zwischen eintretender Lieferantenfreiheit und Wegfall des Sicherungseigentums der Brauerei nicht bekannt gewesen.
Soweit der Kläger geltend mache, die Verträge seien wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig, weil die veräußerte Diskothek zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinen nennenswerten Wert gehabt habe, fehle hierzu substantiierter Sachvortrag. Ein auffälliges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei nicht anzunehmen. Bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hätten die Beklagten als Anlagenkonvolut K 16 Rechnungen zu den Gerichtsakten gegeben, die nach ihren Angaben Investitionen in die Diskothek im Jahre 1996 im Wert von über 1,2 Millionen DM belegt hätten. Der Kläger habe hierzu zu keinem Zeitpunkt Stellung genommen. Der Kläger habe auch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, daß ihm die Anlage K 16 nicht vorliege.
Der Kläger habe schließlich auch nicht bewiesen, daß die Erwerberin, die Firma FH GmbH, von dem im notariellen Vertrag eingeräumten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht habe.
Soweit die Beklagten den Diskothekenkaufvertrag nicht mehr erfüllen könnten, weil nach ihrem eigenen Vortrag die Diskothek nunmehr durch einen M. R. betrieben werde, hätten sie den Kaufpreisanspruch nicht verloren, weil die Unmöglichkeit auf einem Umstand beruhe, den die Käuferseite zu vertreten habe; die Käuferseite habe nämlich den Kaufpreis nicht bezahlt.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, daß dem Beklagten zu 1 bezüglich des Sicherungseigentums der Brauerei an der Einrichtung der Diskothek weder Täuschungswille noch Arglist nachzuweisen sei. Entgegen der Revision geht das Berufungsgericht auch nicht von einem falschen Verständnis der Interessenlage der Beteiligten aus. Das Berufungsgericht berücksichtigt vielmehr die vertraglichen Regelungen, nach denen die Beklagten mit dem vom Kläger gezahlten Kaufpreis die Lieferantenverträge erfüllen und dadurch den Rückfall des Sicherungseigentums bewirken sollten. Wenn die Revision meint, die Beklagten hätten zunächst - vor Erhalt des Kaufpreises - die Brauerei befriedigen müssen, so läßt sie diese vertraglichen Regelungen außer acht.
2. Zu Recht rügt die Revision aber die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe zur Begründung seines Einwandes, die Verträge seien wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig, nicht substantiiert vorgetragen.
a) Zur substantiierten Darlegung genügt die Behauptung von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet ist, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (, NJW-RR 1999, 1586 unter 2). Dem genügt das Vorbringen des Klägers. Der Kläger hat - worauf die Revision zu Recht hinweist - unter Beweisantritt vorgetragen, daß der Wert des Diskothekeninventars im Zeitpunkt der Verträge allenfalls 100.000 DM bis 150.000 DM betragen habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann aber ein Rechtsgeschäft dann gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der begünstigte Vertragspartner die wirtschaftlich schwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt oder wenn er sich leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der andere nur unter Zwang der Verhältnisse auf den ungünstigen Vertrag einläßt. Ist das Mißverhältnis besonders grob, so ist allein deswegen der Schluß auf bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes und damit auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig. Von einem besonders groben Mißverhältnis ist auszugehen, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten (, NJW 2002, 429 unter II 2 b).
Der Kaufpreis für die Diskothek betrug hier 850.000 DM. Sollte sich ergeben, daß dieser Kaufpreis mindestens knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Leistung der Beklagten oder sogar noch höher, so ist nicht nur ein besonders grobes Mißverhältnis gegeben, sondern auch der Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig (vgl. BGH aaO unter II 2 d).
b) Verfahrensfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, der Kläger habe die Behauptung der Beklagten, im Jahre 1996 seien 1,2 Millionen DM in die Diskothek investiert worden, nicht spezifiziert bestritten. Das Berufungsgericht nimmt insoweit zu Unrecht an, der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, daß ihm das Anlagenkonvolut K 16, das die Beklagten dem Landgericht überreicht haben, ohne dem Kläger davon Ablichtungen zukommen zu lassen, nicht vorliege. Das Berufungsgericht übersieht dabei, worauf die Revision zu Recht hinweist, den Schriftsatz des Klägers vom , in dem er darauf hinweist, daß das Anlagenkonvolut K 16 zwar in der mündlichen Verhandlung vom dem Gericht, nicht jedoch ihm, dem Kläger, zur Kenntnis gebracht worden sei, ihm auch keinerlei in Bezug genommene Rechnungen vorgelegen hätten und es daher ausdrücklich bestritten bleibe, daß das Inventar entsprechend dieser nicht bekannten Rechnungen habe abgelöst werden sollen. Aufgrund dieses Schriftsatzes durfte das Berufungsgericht nicht annehmen, daß dem Kläger die im Anlagenkonvolut K 16 überreichten Schriftstücke bekannt waren. Dementsprechend brauchte der Kläger zu dem ihm nicht bekannten Vortrag der Beklagten auch nicht substantiiert Stellung zu nehmen. Das Berufungsgericht mußte weiterhin davon ausgehen, daß der Kläger ausdrücklich die von den Beklagten geltend gemachten Investitionen bestreitet. Die Revision macht in diesem Zusammenhang zutreffend geltend, der Kläger habe die Angaben in dem Anlagenkonvolut K 16 vorsorglich dahingehend bestritten, daß sich die Rechnungen auf die erworbene Diskothek bezögen bzw., daß sich das betreffende Inventar in dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch in der Diskothek befunden hätte. Dem Kläger wären die Anlagen auszuhändigen gewesen, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den einzelnen Angaben zu geben, damit er seiner Darlegungslast in Bezug auf den behaupteten wesentlich geringeren Wert der Leistung der Beklagten hätte nachkommen können.
III. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit zu der Frage, ob der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, die notwendigen Feststellungen getroffen werden können. Sollte sich der Vertrag als wirksam erweisen, wird zu prüfen sein, ob dem Kaufpreisanspruch der Beklagten entgegenstände, daß die Diskothek nunmehr von einer anderen Person betrieben wird. Das Berufungsgericht meint, soweit die Beklagten den Diskothekenkaufvertrag mit dem Kläger aus diesem Grunde nicht mehr erfüllen könnten, beruhe die Unmöglichkeit auf einem von dem Kläger zu vertretenden Umstand (§ 324 Abs. 1 Satz 1 BGB), so daß die Beklagten den Kaufpreisanspruch nicht verloren hätten. Dem kann so nicht gefolgt werden. Wenn der Schuldner, nachdem der Gläubiger die Erfüllung des Vertrages grundlos und endgültig verweigert hat, den Gegenstand einem Dritten übergeben hat mit der Folge, daß er selbst nicht mehr leisten kann, steht dem Schuldner der Erfüllungsanspruch nicht mehr zu. Er kann lediglich seine Rechte aus § 326 BGB geltend machen und Schadensersatz verlangen, und zwar auch dann, wenn die Überlassung dem Schadensersatzverlangen vorausgegangen ist (Senatsurteil vom - VIII ZR 266/75, NJW 1977, 580 unter III 2). Für den vorliegenden Rechtsstreit würde dies bedeuten, daß die Beklagten, wenn sie - wovon das Berufungsgericht anscheinend ausgeht - durch die Überlassung der Diskothek an eine andere Person selbst die Leistung nicht mehr erbringen könnten, den Erfüllungsanspruch gegen den Kläger verloren hätten und zu einer Schadensersatzforderung übergehen müßten. Dann allerdings würde sich die weitere, vom Tatrichter zu klärende Frage stellen, ob auch diese Forderung von der Mithaftungserklärung des Klägers in Nr. V (2) des notariellen Vertrages vom erfaßt und damit in die Unterwerfungserklärung der Nr. V (3) einbezogen wäre (vgl. , NJW 1980, 1050 zu einer Kaufpreisforderung aus einem Grundstückskaufvertrag).
Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Fundstelle(n):
AAAAC-04077
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein