Leitsatz
[1] Zur Substantiierungslast eines Rechtsanwaltes im Vergütungsprozeß für die streitige Erteilung eines Mandates.
Gesetze: ZPO § 253; ZPO § 286 G
Instanzenzug: AG Charlottenburg
Tatbestand
Die Kläger verlangen die Vergütung anwaltlichen Beistandes, den der Kläger zu 2 dem Beklagten bei Verhandlungen über die Regulierung einer Darlehensverbindlichkeit in den Jahren 1996 und 1997 geleistet haben will. Der Beklagte bestreitet, einen entsprechenden Auftrag erteilt zu haben, und behauptet, der Kläger zu 2 sei in den Regulierungsgesprächen mit dem Darlehensgeber S. für H. (nachfolgend auch Enddarlehensnehmer) aufgetreten, an den der Beklagte das gewährte Darlehen weitergereicht hatte.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den behaupteten Vergütungsanspruch in Höhe von 2.426,03 € (4.744,90 DM) nebst Zinsen weiter.
Gründe
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts liegt keine in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Fallgruppe erhöhter Substantiierungslast einer Partei vor. Gleichwohl könne die Klage keinen Erfolg haben; denn dem Vorbringen der Kläger sei nicht ausreichend zu entnehmen, wann und wie der Beklagte dem Kläger zu 2 den bestrittenen Auftrag erteilt haben solle, für ihn anwaltlich gegenüber seinem Darlehensgeber tätig zu werden. Das hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
II.
Die Revision beanstandet zwar zu Recht, daß das Berufungsgericht auch eine nähere zeitliche Angabe der Kläger über die behauptete Auftragserteilung für erforderlich gehalten hat. Denn es bedurfte insoweit keiner weiteren Behauptung, damit sich der Beklagte gezielt einlassen und - wie geschehen - Gegenbeweis zur Frage der Auftragserteilung antreten konnte. Die Gespräche in der Darlehensangelegenheit, auf die sich die Kläger als Auftragsgegenstand stützen, sind zwischen den Parteien nach Anzahl, Ort und Gesprächsteilnehmern unabhängig von Tag und Stunde übereinstimmend konkretisiert. Streitig sind lediglich wesentliche Teile des Gesprächsinhaltes und die daraus gefolgerte Mandatserteilung des Beklagten an den Kläger zu 2.
Auf dem Rechtsfehler des Berufungsgerichtes, in zeitlicher Hinsicht zu hohe Anforderungen an die Substantiierung des Klägervortrages gestellt zu haben, beruht jedoch seine Entscheidung nicht (§ 561 ZPO).
III.
Zum sachlichen Hergang der streitigen Auftragserteilung an den Kläger zu 2 hat das Berufungsgericht das Klagevorbringen zutreffend als ungenügend erachtet, so daß die Klage mit dieser Begründung zu Recht abgewiesen worden ist.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf der Sachvortrag einer Partei im Rahmen des Beibringungsgrundsatzes dann der Ergänzung, wenn infolge der Einlassung des Gegners die Darstellung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechtes zuläßt (grundlegend , NJW 1962, 1354 = JZ 1963, 32, 33 m. Anm. Scheuerle; vgl. aus jüngerer Zeit außerdem , NJW 2000, 3286, 3287 unter II, 1. m.w.N. und das vom Berufungsgericht zitierte Senatsurteil vom - IX ZR 20/00, WM 2001, 1517, 1518). Wird in einem anwaltlichen Vergütungsprozeß die Erteilung des Mandates - wie hier - streitig, so muß das rechtsgeschäftliche Handeln der Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht so dargelegt werden, daß sich das Zustandekommen des anspruchsbegründenden Vertrages - im Regelfall in Anwendung der §§ 145 ff BGB - rechtlich prüfen läßt. Bei konkludentem Verhalten eines Vertragsteils darf nicht lediglich das ihm zugeschriebene Erklärungsergebnis - hier die angebliche Auftragserteilung - behauptet werden, sondern das tatsächliche Verhalten selbst muß so deutlich sein, daß es auf den ihm zugeschriebenen rechtlichen Erklärungsgehalt hin aus der Sicht des Empfängers unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB gewürdigt werden kann.
2. Eine Ergänzungslast bestand nach diesen Grundsätzen für die Kläger auch hier, ohne daß, wie das Berufungsgericht angenommen hat, deswegen eine Erweiterung der bisherigen Rechtsprechung in Betracht gezogen zu werden brauchte. Die mit dem Tatsachenkern eines angeblich unstreitig zustande gekommenen Anwaltsvertrages zunächst noch genügende Klagebegründung mußte in tatsächlicher Hinsicht zum Punkte des Vertragsschlusses näher ausgeführt werden, nachdem der Beklagte in den Schriftsätzen vom 13. Juni, 4. August und die Erteilung eines anwaltlichen Dienstleistungsauftrags an den Kläger zu 2 im einzelnen bestritten hatte. Bereits das Amtsgericht hat demzufolge zutreffend festgestellt, daß die Kläger nicht vermocht hätten, das Zustandekommen des streitigen Anwaltsvertrages substantiiert darzulegen. Diesen Substantiierungsmangel haben die Kläger bis zum Schluß der Berufungsverhandlung trotz fortgesetzter Beanstandung durch den Beklagten nicht behoben. Denn sie haben nur unter Beweis gestellt, der Kläger zu 2 habe ausschließlich "im Auftrag des Beklagten" an den beiden Gesprächen in dessen Büro teilgenommen, bei denen es um das von S. gewährte Darlehen gegangen sei (Berufungsbegründung vom S. 2 f; Einspruchsbegründung vom S. 4). Dies drückt eine rechtliche Wertung aus. Wie der streitige Auftrag erteilt worden sein soll, läßt sich nicht nachvollziehen.
Die Kläger haben zudem vorgetragen, das Amtsgericht habe verkannt, daß eine schriftliche Vollmachterteilung durch den Beklagten nicht notwendig gewesen sei, weil er "die Vollmacht" mündlich gegenüber S. mitgeteilt habe (Einspruchsbegründung S. 3). Auch mit dieser - bestrittenen - Rechtsbehauptung wird nicht hinreichend erkennbar, durch welches tatsächliche Verhalten der Beklagte den Kläger zu 2 als seinen eigenen Bevollmächtigten vorgestellt haben soll. Ein für diese Abgrenzung ausreichender Tatsachenvortrag war hier jedenfalls deswegen erforderlich, weil der Kläger zu 2 unstreitig in anderen Angelegenheiten für den Enddarlehensnehmer H. auch anwaltlich tätig gewesen ist.
3. Ohne Erfolg versucht die Revision, aus dem Klagevorbringen eine konkludente Mandatserteilung des Beklagten durch bewußte Entgegennahme anwaltlicher Dienstleistungen des Klägers zu 2 abzuleiten.
Dazu müßten jedenfalls wörtliche Erklärungen, Handlungen oder andere Umstände vorgetragen worden sein, mit denen ein entsprechender Vertragswille des Beklagten zu einem Anwaltsauftrag an den Kläger zu 2 nach außen hervorgetreten ist. Die unstreitige Teilnahme des Klägers zu 2 an den Gesprächen zwischen dem Beklagten, seinem Darlehensgeber und - im zweiten Fall - der Ehefrau des Enddarlehensnehmers deutete nicht von vornherein auf eine anwaltliche Vertretung gerade des Beklagten. Unter den zu 2. aufgezeigten mehrdeutigen Umständen bedurfte es einer so eingehenden Darstellung des Gesprächsverlaufs, daß sich beurteilen ließ, wem der Kläger zu 2 danach aus objektiver Sicht anwaltlichen Beistand leisten sollte. Eine Beweisaufnahme über Worte und Handlungen des Klägers zu 2 und des Beklagten war erst durchzuführen, wenn aus diesen Umständen bei rechtlich zutreffender Sicht der konkludente Abschluß eines Anwaltsvertrages mit dem Beklagten hervorging. Die Würdigung solcher, von den Klägern vorzutragender Umstände wäre hier noch dadurch erschwert worden, daß sich die Interessen des Beklagten und des Enddarlehensnehmers streckenweise deckten. Wenn sich der Kläger zu 2 gegenüber S. für eine Prolongation des Darlehens an den Beklagten eingesetzt haben sollte, so konnte er dieses Ziel auch im Interesse des Enddarlehensnehmers verfolgen, durch dessen Darlehenstilgung der Beklagte das Refinanzierungsdarlehen von S. schließlich am zurückgeführt hat.
Hat der Kläger zu 2 bei den Gesprächen mit S. ein klärendes Wort darüber versäumt, für wen er anwaltlich auftrat, so müssen die Kläger die daraus folgenden Auslegungs- und Beweisrisiken tragen. Um so mehr hätten die Kläger hier die Gesprächsteilnahme des Klägers zu 2 notfalls lückenlos und unter Bezug auf die jeweilige Gesprächssituation in den Einzelheiten belegen müssen, wenn sie einen hieran anschließenden Erklärungstatbestand des Beklagten für eine Vertragsannahme oder selbst nur eine entsprechende Willensbetätigung im Sinne des § 151 BGB behaupten wollten. Eine solche Darlegung, wie sie das Berufungsgericht zutreffend gefordert hat, ist unterblieben.
Das Berufungsgericht brauchte die Kläger nicht nach § 139 ZPO zu ergänzenden Angaben aufzufordern, weil sie bereits durch das amtsgerichtliche Urteil und die Beanstandungen des Beklagten auf Substantiierungslücken ihres Sachvortrages nachdrücklich aufmerksam gemacht worden waren. Danach kommt es auch nicht darauf an, daß eine Verfahrensrüge gemäß § 139 ZPO von der Revision nicht erhoben worden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
INF 2003 S. 722 Nr. 19
QAAAC-00593
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein