Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: AVAG § 15 Abs. 1; AVAG § 16 Abs. 2; AVAG § 17 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; ZPO § 575 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein französischer Rechtsanwalt, ist für die Antragsgegnerin in Frankreich anwaltlich tätig geworden. Der Präsident der Anwaltskammer von Paris hat mit Beschluss vom eine Honorarforderung des Antragstellers in Höhe von 15.500 FF abzüglich gezahlter 3.200 FF sowie zu erstattende Auslagen von 5.210,33 FF abzüglich gezahlter 3.421 FF anerkannt. Dieser Beschluss ist vom Präsidenten des Tribunal des Grande Instance von Paris am für vollstreckbar erklärt worden.
Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung dieser Beschlüsse. Der Vorsitzende einer Zivilkammer des Landgerichts hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich diese mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Das gemäß § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig; denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
1. Auf das Verfahren findet die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom (EuGVVO) gemäß Art. 66 Abs. 2 Buchst. a, Art. 76 EuGVVO Anwendung.
2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288, 291 zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Dahinstehen kann, ob die innerhalb der Frist (§ 16 Abs. 2 Satz 2 AVAG, § 575 Abs. 2, § 551 Abs. 2 Satz 6 a.F. ZPO) vorgetragene Rechtsmittelbegründung dem Darlegungserfordernis des § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, § 16 Abs. 2 AVAG entspricht. Denn die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob hier eine Entscheidung im Sinne des Art. 32 EuGVVO vorliegt, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht ernsthaft umstritten und daher nicht klärungsbedürftig.
Der Begriff der Entscheidung ist in Art. 32 EuGVVO legal definiert. Er ist autonom auszulegen (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 32 EuVVO Rn. 2). Die weit gefasste Definition schließt ausdrücklich Kostenfestsetzungsbeschlüsse eines Gerichtsbediensteten ein. Ein solcher liegt hier in Form der Vollstreckbarerklärung des Präsidenten des Tribunal des Grande Instance von Paris vor.
Daher war bereits zu dem im Wesentlichen gleichlautenden Art. 25 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) anerkannt, dass die Vollstreckbarerklärung der Vergütung eines französischen Rechtsanwalts eine gerichtliche Entscheidung darstellt (OLG München IPRspr. 1992 Nr. 223; LG Karlsruhe IPRax 1992, 92, 93; Reinmüller IPRax 1987, 10 f; 1989, 142 f; 1992, 73, 74; Hök JBüro 1989, 1333, 1335; Schmidt RIW 1991, 626, 628; ders., Die internationale Durchsetzung von Rechtsanwaltshonoraren Diss. Münster 1990 S. 100; Gruber VersRAI 2004, 30, 32; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 2. Aufl. Art. 25 EuGVÜ Rn. 12; vgl. auch OLG Koblenz IPRax 1987, 24, 25). Ebenso verhält es sich zu Art. 32 EuGVVO (Kropholler, aaO Art. 32 EuGVVO Rn. 9; Zöller/Geimer, ZPO 25. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 2. Aufl. Aktualisierungsband Art. 32 EuGVVO Rn. 1; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht 2. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rn. 1; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht Art. 32 EuGVVO Rn. 9; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht 5. Aufl. § 12 Rn. 27).
Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Entscheidung des (IPRax 1989, 162) widerspricht dem nicht; denn das Landgericht hat die Vollstreckbarerklärung abgelehnt, weil es - unzutreffenderweise (Art. 31 Abs. 1 EuGVÜ = Art. 38 Abs. 1 EuGVVO, vgl. Reinmüller IPRax 1989, 142, 143; Hök aaO Sp. 1334; Schmidt, aaO S. 98 ff; ders. RIW 1991, 626, 628) - davon ausgegangen ist, es werde die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Exequaturentscheidung begehrt. Das (IPRax 1996, 415) die Frage, ob eine richterliche Vollstreckbarkeitsverfügung nach Art. 32 des niederländischen Tarifgesetzes als Entscheidung im Sinne des Art. 25 EuGVÜ anzusehen ist, ausdrücklich offengelassen (bejahend z.B. LG Hamburg IPRspr. 1978 Nr. 165; Rauscher/Leible, aaO; Schmidt, Diss. aaO S. 97 und RIW 1991, 626, 628). Der Hinweis von Hüßtege (in: Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rn. 7), die Vollstreckbarerklärung des anwaltlichen Honorars ohne justizförmiges Verfahren falle nicht unter Art. 32 EuGVVO, trifft nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts (§ 293 ZPO) auf das hier angewandte französische Recht nicht zu.
3. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, der angefochtene Beschluss "unterlaufe" im Ergebnis die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zuständigkeit für Honorarklagen von Rechtsanwälten, geht schon im Blick auf den Vorrang der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom fehl.
4. Im Übrigen wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO, § 17 Abs. 2 Satz 2 AVAG von einer Begründung abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 143 Nr. 2
XAAAC-00060
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein