BGH Urteil v. - IV ZR 26/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 2332 Abs. 1; BGB § 203 Abs. 2 a.F.

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage einen Pflichtteilsanspruch gegen den Beklagten als Alleinerben geltend. Die Parteien streiten allein darüber, ob der Anspruch verjährt ist. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB lief am ab. Am reichte die Klägerin einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe bei Gericht ein, dem ein nicht unterschriebener "Klage-Entwurf" sowie eine unterschriebene "Klage" beigefügt waren. Die Klage sollte erst zugestellt werden, "wenn über den Prozeßkostenhilfeantrag entschieden worden ist". Das Landgericht bewilligte die Prozeßkostenhilfe am und stellte die Klageschrift dem Beklagten am zu. Der Beklagte meint, mit ihrem schon vor Fristablauf gestellten Prozeßkostenhilfegesuch habe die Klägerin den Eintritt der Verjährung nicht verhindert, weil sie darin ihr Einkommen und Vermögen nicht vollständig angegeben habe.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Einrede der Verjährung zurückgewiesen und den Beklagten durch ein Teilurteil verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu geben und den Wert eines Nachlaßgrundstücks durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen auf folgendes abgestellt: Durch den Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin sei der Ablauf der Verjährung gehemmt worden (§ 203 Abs. 2 BGB a.F.). Die hemmende Wirkung trete auch dann ein, wenn die Prozeßkostenhilfe bewilligt worden sei, obwohl ihre subjektiven Voraussetzungen in Wirklichkeit gar nicht vorgelegen hätten. Etwas anderes gelte lediglich bei bewußtem Mißbrauch, welcher der Klägerin jedoch nicht anzulasten sei. Aber selbst wenn man dieser weiteren Auffassung nicht folgen wolle, habe der Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin die Verjährung gehemmt. Voraussetzung der Hemmungswirkung sei zwar, daß die Angaben des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wahr und vollständig seien. Die Klägerin habe eine Festgeldanlage von 20.000 DM und einen Rückgriffsanspruch gegen ihren früheren Lebensgefährten in Höhe von 10.000 DM nicht angegeben. Jedoch sei deshalb ihre Erklärung nicht unvollständig gewesen. Zumindest habe sie subjektiv vernünftigerweise der Meinung sein dürfen, es handele sich um vermögenswerte Positionen, die sie nicht anzugeben brauche. Die Festgeldanlage sei nach den eigenen Angaben des Beklagten auf seinen Namen erfolgt und noch nicht fällig gewesen; außerdem habe die Klägerin den Beklagten vor Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vergeblich zur Freigabe aufgefordert. Die Regreßforderung gegen den früheren Lebensgefährten, der die eidesstattliche Versicherung der Vermögenslosigkeit abgegeben gehabt habe, sei mangels Zahlungsbereitschaft und Vollstreckungsaussicht nicht realisierbar gewesen.

II. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Verjährung des Anspruchs durch die Einreichung des Prozeßkostenhilfegesuchs gehemmt worden ist, § 203 Abs. 2 BGB a.F..

1. Voraussetzung der Hemmungswirkung ist, daß der Kläger rechtzeitig, d.h. vor Eintritt der Verjährung, ein ordnungsgemäß begründetes und vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch einreicht (vgl. BGHZ 70, 235, 239; IVa ZR 221/87 - NJW 1989, 3149 unter 3; Urteil vom - IX ZR 407/98 - NJW 2001, 2545 unter III).

Rechtlich nicht zu beanstanden ist die hilfsweise Erwägung des Berufungsgerichts, daß von einer Unvollständigkeit des Prozeßkostenhilfegesuchs jedenfalls dann nicht auszugehen sei, wenn der Antragsteller - hier die Klägerin - vernünftigerweise annehmen durfte, er verfüge nicht über (weitere) anzuzeigende Vermögenswerte. Denn anzugeben hat der Antragsteller nur solche Umstände, auf die es - für ihn erkennbar - ankommen kann (vgl. - LM Nr. 6 zu § 203 BGB; Staudinger/Peters, BGB (2001) § 203 Rdn. 18; MünchKomm/Grothe, BGB 4. Aufl. § 203 Rdn. 7).

Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, daß die Festgeldanlage nicht auf den Namen der Klägerin, sondern auf den Namen des Beklagten erfolgt und zudem bei Einreichung des Gesuchs noch nicht fällig war. Die Regreßforderung gegen den früheren Lebensgefährten der Klägerin war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mangels Zahlungsbereitschaft des Schuldners und wegen fehlender Vollstreckungsaussichten nicht durchsetzbar. Es ist schon zweifelhaft, ob es sich mangels Realisierbarkeit dieser Forderung überhaupt um im Prozeßkostenhilfegesuch anzugebende Vermögenswerte handelte (vgl. Zöller/Philippi, ZPO 23. Aufl. § 115 Rdn. 50, 58). Jedenfalls konnte das Berufungsgericht diese Umstände rechtsfehlerfrei dahin würdigen, die Klägerin habe vernünftigerweise davon ausgehen dürfen, sie müsse solche Vermögenswerte nicht angeben.

2. Hat die Klägerin danach ein ordnungsgemäß begründetes und zumindest als vollständig anzusehendes Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht, war damit die Verjährung bis zur Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch gehemmt, dies ohne Rücksicht darauf, ob die gerichtliche Entscheidung richtig oder falsch war (BGHZ 37, 113, 119). Darauf, daß der Klägerin darüber hinaus noch eine zumindest zweiwöchige Frist zur Klageerhebung zuzubilligen ist (BGHZ 70, 235, 240), kommt es nicht an, weil hier die Klage bereits sieben Tage nach der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe zugestellt worden ist.

3. Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, daß die hemmende Wirkung des Prozeßkostenhilfeantrags auch dann eintritt, wenn Prozeßkostenhilfe bewilligt wird, obwohl ihre subjektiven Voraussetzungen nicht vorlagen.

Fundstelle(n):
FAAAB-99231

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein