BGH Urteil v. - II ZR 158/01

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 138

Instanzenzug:

Tatbestand

Der Kläger wendet sich, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, gegen die ordentliche Kündigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages durch die Beklagte.

Jener Vertrag war mit Wirkung ab auf zwei Jahre fest abgeschlossen worden und verlängerte sich, sofern er nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt wurde, um jeweils ein Jahr.

Am beschloß eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten die sofortige Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages. Beide Maßnahmen wurden dem Kläger umgehend mitgeteilt. Sie waren die Reaktion der Beklagten darauf, daß der Kläger sich geweigert hatte, eine von der Beklagten vorformulierte Erklärung zu unterschreiben. Darin sollte er bestätigen, daß bestimmte silikonhaltige Kleber bei der Herstellung von Datenträgern für die Automobilindustrie weiterhin verwendet werden dürften, obwohl die Automobilindustrie absolute Silikonfreiheit verlangte.

Landgericht und Oberlandesgericht haben dem auf die Feststellung des Fortbestehens des Anstellungsvertrages gerichteten Klageantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren insoweit weiter.

Gründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Abweisung der Klage.

I. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte von dem Recht zur ordentlichen Kündigung in einer mit den guten Sitten nicht zu vereinbarenden Weise aus verwerflichen, dem Anstandsgefühl widersprechenden Motiven Gebrauch gemacht habe, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

II. Die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH bedarf mit Rücksicht auf seine Vertrauensstellung als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft mit Unternehmerfunktion keines sie rechtfertigenden Grundes. Sie ist, sofern ihre formellen Voraussetzungen erfüllt sind, auch dann wirksam, wenn sie sich auf keinen anderen Grund als den Willen des kündigungsberechtigten Organs stützen kann. Infolgedessen verbietet es sich, die Wirksamkeit einer von der Gesellschaft ordnungsgemäß erklärten ordentlichen Kündigung mit Rücksicht auf die ihr zugrundeliegenden Motive der Gesellschafter zu verneinen. Dies gilt auch dann, wenn die der Kündigung zugrundeliegenden Erwägungen im Einzelfall bekannt oder von der Gesellschaft selbst mitgeteilt sein sollten. Die Gesellschaft verhält sich damit grundsätzlich ordnungsgemäß, wenn sie die sofortige Abberufung aus der Organstellung mit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages zu dem vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt verbindet (vgl. § 38 Abs. 1 GmbHG: Abberufung "unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen"). Diese Kündigung trägt ihre Rechtfertigung in sich; sie ist von dem Geschäftsführer hinzunehmen, auf welchen Erwägungen sie auch beruhen mag.

Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen ergibt sich nichts anderes. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 61, 151 ff.) hat bei seiner Überprüfung der Kündigung eines Arbeitnehmers allein deshalb auf § 138 BGB abgestellt, weil eine Prüfung nach den Kriterien des KSchG nicht möglich war. Auch die Entscheidung des Kartellsenats des , NJW 1970, 855) betreffend die von einer Mineralölgesellschaft gegenüber ihren Tankstellenverwaltern ausgesprochene ordentliche Kündigung beruht auf der Annahme einer besonderen Schutzwürdigkeit dieses Personenkreises. Eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit kann dem Geschäftsführer einer GmbH mit Rücksicht auf die ihm zukommende organschaftliche Leitungsfunktion nicht zugebilligt werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2003 S. 2174 Nr. 50
KÖSDI 2004 S. 14007 Nr. 1
QAAAB-97762

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein