BGH Urteil v. - I ZR 111/02

Leitsatz

[1] a) Bei komplexen Computerprogrammen spricht eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung. In derartigen Fällen ist es Sache des Beklagten darzutun, daß das fragliche Programm nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.

b) Ist Gegenstand eines Vertrages allein die Übertragung einzelner Nutzungsrechte, ist § 34 Abs. 3 UrhG nicht anwendbar, auch wenn es sich bei den zu übertragenden Nutzungsrechten um den wesentlichen Vermögenswert des veräußernden Unternehmens handelt. Die Verweigerung der Zustimmung kann in einem solchen Fall aber Treu und Glauben widersprechen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG).

c) Sind an der Schaffung eines Werkes verschiedene Urheber beteiligt, ist bei einer zeitlichen Staffelung der Beiträge eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, daß jeder Beteiligte seinen (schöpferischen) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat.

Gesetze: UrhG § 69a Abs. 3; UrhG § 34 Abs. 1; UrhG § 34 Abs. 3; UrhG § 8 Abs. 1

Instanzenzug: LG Bielefeld

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Nutzungsrechte an einem in der Modebranche einzusetzenden Computerprogramm mit der Bezeichnung "Fash 2000". Diese Software war ursprünglich von dem Programmierer Mö. entwickelt worden, der sie dem Systemhaus MSR-S. GmbH (im folgenden: MSR) mit Vertrag vom "zur weiteren Nutzung auf unbestimmte Zeit zur Verfügung" gestellt hatte. Nachdem über das Vermögen von MSR das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, bemühte sich der Insolvenzverwalter zusammen mit dem Programmierer Mö. sowie drei ehemaligen Mitarbeitern von MSR, die an der Weiterentwicklung und Vermarktung des Programms beteiligt gewesen waren (Rü. , S. und Ri. ), um eine bestmögliche Verwertung des Programms "Fash 2000". Dazu brachte er die Beteiligten mit dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin (N. ) in Verbindung, der finanzielle Mittel für eine Auffanglösung zur Verfügung stellen sollte. Geplant war die Gründung einer Gesellschaft mit N. und Ri. als Geschäftsführern sowie Rü. und S. als Gesellschaftern.

Die Gründe für das Scheitern dieses Plans sind streitig. Jedenfalls wurden in der Folge zwei Gesellschaften gegründet: die Klägerin mit N. und die Beklagte mit Ri. als Geschäftsführer. An der Beklagten beteiligte sich S. als Gesellschafter; Rü. wurde als Mitarbeiter eingestellt.

Noch vor Gründung der Beklagten verkaufte der Insolvenzverwalter das Programm "Fash 2000" am zum Preis von 75.000 DM an die am selben Tag gegründete Klägerin. Neben dem Insolvenzverwalter waren an dem Vertrag auf Veräußererseite der Programmierer Mö. sowie Rü. und S. beteiligt, weil sie als Inhaber von Rechten an der Software in Betracht kamen. Der Kaufpreis kam in vollem Umfang der Masse zugute, weil der Anteil der anderen Veräußerer vereinbarungsgemäß mit Insolvenzforderungen verrechnet wurde, die ihnen gegenüber bestanden.

Nach dem Erwerb von "Fash 2000" arbeitete die Klägerin mit der Beklagten zusammen; insbesondere vermittelte sie der Beklagten Wartungsaufträge von Lizenznehmern. Veranlassung zur Klage sah die Klägerin aufgrund eines Hinweises in einem Schreiben der Anwälte der Beklagten, dem zufolge die Beklagte und ihr Gesellschafter S. "im Zusammenhang mit Fash 2000 ... noch drei Verträge abgewickelt" hätten.

Mit der Klage hat die Klägerin Unterlassung (Antrag zu 1: Unterlassung des Vertriebs der Software), Auskunft (Antrag zu 2: Auskunft über Vertrieb der Software, Antrag zu 3: Auskunft hinsichtlich weiterer Wartungsverträge), Feststellung der Schadensersatzverpflichtung (Antrag zu 4) und Herausgabe der Programmunterlagen (Antrag zu 5) begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Klägerin habe die Software "Fash 2000" lediglich für die zu gründende gemeinsame Gesellschaft erworben. Im übrigen hat sie sich darauf berufen, daß ihr Geschäftsführer (Ri. ) - obwohl an der Weiterentwicklung des Programms beteiligt - der Veräußerung an die Klägerin nicht zugestimmt habe.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1, zu 2 und zu 5 durch Teilurteil stattgegeben; hinsichtlich des Antrags zu 3 hat es die Klage abgewiesen. Über den Feststellungsantrag (Antrag zu 4) hat das Landgericht nicht entschieden, weil die Klägerin zuvor erklärt hatte, daß sie diesen Antrag als unbezifferten Leistungsantrag im Rahmen einer Stufenklage verstanden wissen wolle.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Hinblick auf die erfolgte Verurteilung hat die Beklagte über den Vertrieb der Software "Fash 2000" nach dem in der Weise Auskunft erteilt, daß sie einer C. GmbH in Düsseldorf eine Update-Lizenz für die Version 5.0 dieses Programms erteilt habe. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Auskunfts- und Herausgabeanträge (Anträge zu 2, 3 und 5) hilfsweise auch in der Form gestellt, daß die Leistung an die Klägerin und Ri. gemeinsam erfolgen solle. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen verneint, weil sie nicht Inhaberin von Nutzungsrechten an dem Programm "Fash 2000" geworden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Übertragung der Nutzungsrechte an dem Programm "Fash 2000" durch den Vertrag vom sei unwirksam, weil Ri. , heute Geschäftsführer der Beklagten, an der Übertragung nicht mitgewirkt habe. Seine Mitwirkung als die eines der Miturheber an dem fraglichen Programm sei nach § 8 Abs. 2 UrhG für die Wirksamkeit der Übertragung erforderlich gewesen. Die Klägerin könne sich nicht darauf stützen, daß Ri. als Arbeitnehmer für MSR tätig gewesen und daher MSR als Arbeitgeber ausschließlich berechtigt gewesen sei (§ 69b UrhG); denn Ri. habe nach dem zwischen ihm und MSR geschlossenen Dienstleistungsvertrag keine weisungsgebundene Tätigkeit für MSR ausgeübt. Auch von einer konkludenten Übertragung der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse könne nicht ausgegangen werden, da Ri. nach dem Dienstleistungsvertrag nur projektbezogen habe eingesetzt werden sollen. Jedenfalls stehe einem Rechtserwerb der Klägerin das Fehlen der Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG entgegen. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, daß Ri. durch Verzicht aus dem Kreis der Miturheber ausgeschieden sei. Angesichts der Gesamtumstände stelle die entsprechende Behauptung der Klägerin kein schlüssiges Vorbringen dar.

Das in erster Instanz anhängig gebliebene Feststellungsbegehren setze voraus, daß die Klägerin Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts geworden sei. Da diesem Begehren kein Erfolg beschieden sein könne, könne das Berufungsgericht diesen Teil der Klage an sich ziehen und die Klage insgesamt abweisen. Abzuweisen sei die Klage auch mit den Hilfsanträgen, weil der Vertrag vom auf einen Vollerwerb gerichtet gewesen sei und der Parteiwille nicht nachträglich in eine Veräußerung einzelner Urheberrechtsanteile umgedeutet werden könne.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat es mit Recht nicht in Zweifel gezogen, daß das in Rede stehende Computerprogramm nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1 und 3 UrhG als individuelle geistige Werkschöpfung der an ihrer Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, daß es sich bei "Fash 2000" um eine über längere Zeit entwickelte komplexe Software mit einem nicht unerheblichen Marktwert handelt. Auch wenn keine gesetzliche Vermutung für die Schutzfähigkeit von Computerprogrammen besteht, ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dieses unstreitige Vorbringen hat ausreichen lassen. Das Gesetz setzt für die Schutzfähigkeit eines Computerprogramms keine besondere schöpferische Gestaltungshöhe voraus, sondern stellt in erster Linie darauf ab, daß es sich um eine individuelle geistige Schöpfung des Programmierers handelt. Damit unterstellt es auch die kleine Münze des Programmschaffens dem urheberrechtlichen Schutz und läßt lediglich die einfache, routinemäßige Programmierleistung, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde, schutzlos (vgl. Begr. des Entwurfs eines 2. UrhÄndG, BT-Drucks. 12/4022, S. 9 f.; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 69a UrhG Rdn. 20 f.; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, § 69a Rdn. 26 ff.; Ullmann, CR 1992, 641, 643 f.; Erdmann/Bornkamm, GRUR 1991, 877, 879). Dies bedeutet, daß bei komplexen Computerprogrammen eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung spricht. Es ist daher in derartigen Fällen Sache des Beklagten darzutun, daß das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die geltend gemachten Ansprüche aus § 97 Abs. 1, §§ 69a, 69c Nr. 3 UrhG scheiterten am Fehlen der Aktivlegitimation, weil die Klägerin keine Rechte an dem Programm "Fash 2000" erworben habe, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Die fehlende Sachbefugnis der Klägerin hat das Berufungsgericht in erster Linie damit begründet, daß der Geschäftsführer der Beklagten (Ri. ) an der Übertragung der Nutzungsrechte an dem Programm "Fash 2000" auf die Klägerin nicht beteiligt gewesen sei. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß Ri. an der Weiterentwicklung dieses Programms mitgewirkt hat. Den entsprechenden Vortrag der Beklagten hat das Berufungsgericht als unstreitig angesehen, weil die Klägerin dieses Vorbringen nur mit Nichtwissen bestritten habe.

Dies rügt die Revision mit Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte die Klägerin den Vortrag der Beklagten zur Mitwirkung ihres Geschäftsführers mit Nichtwissen bestreiten, weil es sich um Tatsachen außerhalb ihres Wahrnehmungsbereichs handelte (§ 138 Abs. 4 ZPO). Kenntnis von den Umständen der Entstehung des Programms hatten die Mitarbeiter der MSR, aus deren Insolvenzmasse die Klägerin das Programm erworben hat. Zwar war die Klägerin gehalten, sich die für ein substantiiertes Bestreiten erforderlichen Informationen nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch von Personen zu beschaffen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (BGHZ 109, 205, 209 f.; , GRUR 2002, 190, 191 = WRP 2001, 1328 - DIE PROFIS, m.w.N.). Die Mitarbeiter der MSR gehören jedoch nicht zu diesem Kreis. Der Umstand, daß die Klägerin das Programm aus der Insolvenzmasse von MSR erworben hat, rechtfertigt es nicht, das Wissen der Organe und Mitarbeiter von MSR der Klägerin zuzurechnen.

b) Aber auch wenn der Geschäftsführer der Beklagten Ri. an der Weiterentwicklung der in Rede stehenden Software durch eigene schöpferische Beiträge mitgearbeitet hat, steht dies einem umfassenden Rechteerwerb durch die Klägerin nicht notwendig entgegen, obwohl der zwischen MSR und Ri. geschlossene Dienstvertrag keine ausdrückliche Regelung über die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten enthält. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang vor allem darauf abgestellt, daß Ri. nicht in einem Arbeitnehmerverhältnis zu MSR gestanden habe (§ 69b UrhG). Ob die Rügen begründet sind, die die Revision hierzu erhebt, kann offenbleiben. Denn das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß Ri. der Auftraggeberin auch im Falle einer Tätigkeit als freier Mitarbeiter konkludent umfassende Nutzungsrechte eingeräumt haben kann (vgl. , GRUR 1986, 885, 886 - METAXA; Ullmann, GRUR 1987, 6, 11). Die Umstände des Streitfalls sprechen für eine solche konkludente Rechtseinräumung:

Die - für die revisionsrechtliche Prüfung zu unterstellende - Programmierleistung von Ri. war ebenso wie die entsprechenden Tätigkeiten von S. und Rü. darauf gerichtet, das bereits bestehende Programm "Fash 2000" weiterzuentwickeln, um die Auftraggeberin MSR in die Lage zu versetzen, das Programm optimal zu vermarkten. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, daß Ri. mit MSR einen Dienstvertrag geschlossen hatte und für seine Tätigkeit ein monatliches Entgelt erhielt. Unter diesen Umständen liegt die Annahme fern, daß die urheberrechtlichen Befugnisse vollständig bei Ri. verbleiben sollten. Dies hätte zur Folge gehabt, daß MSR die Arbeit an dem Programm durch eine monatliche Vergütung bezahlt hätte, ohne in der Lage zu sein, das fertige Programm bestimmungsgemäß zu vermarkten. Vielmehr wäre jede Vermarktungsmaßnahme von der Zustimmung Ri. sowie - entsprechende vertragliche Vereinbarungen unterstellt - der anderen Mitarbeiter abhängig, die an dem Programm in urheberrechtlich relevanter Weise mitgearbeitet haben. Der Grundsatz, daß Verträge nach beiden Seiten interessengerecht auszulegen sind (BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 - Unikatrahmen; , GRUR 2003, 173, 175 = WRP 2003, 83 - Filmauswertungspflicht; Urt. v. - I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34, 36), steht einer solchen Auslegung entgegen.

Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Zweckübertragungsgedanken (§ 31 Abs. 5 UrhG) ergibt sich nichts anderes. Nach dem Dienstvertrag sollte Ri. bei MSR für bestimmte Projekte eingesetzt werden. Nach den getroffenen Feststellungen fiel hierunter gerade auch die Mitarbeit an dem Programm "Fash 2000". Der Dienstvertrag war - wie dargelegt - darauf gerichtet, den Dienstherrn (MSR) in die Lage zu versetzen, das Programm "Fash 2000" zu vermarkten. Damit ist eine entsprechende - konkludent erfolgte - Rechtseinräumung zugunsten des Dienstherrn vom Zweck des Dienstvertrages ohne weiteres erfaßt.

c) Eine umfassende Einräumung von Nutzungsrechten zugunsten von MSR besagt allerdings noch nicht, daß diese Nutzungsrechte wirksam auf die Klägerin weiterübertragen werden konnten, ohne daß Ri. als einer der an der Erstellung des Programms beteiligten Urheber ausdrücklich zugestimmt hat (§ 34 UrhG). Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann diese Frage noch nicht abschließend beantwortet werden.

aa) Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings auf die Bestimmung des § 34 Abs. 3 Satz 1 UrhG. Danach kann ein Nutzungsrecht auch ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden, wenn es sich um eine Übertragung im Rahmen der Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens handelt. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen dieser Bestimmung im Streitfall verneint. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, daß es dem veräußernden Unternehmensträger - beispielsweise einem Verlag - in dieser Situation nicht zuzumuten wäre, die Zustimmung sämtlicher Urheber einzuholen, die ihm Nutzungsrechte eingeräumt haben (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. IV/270, S. 57). Da im Streitfall Gegenstand der Veräußerung nur Nutzungsrechte an einem einzelnen Werk sind, kommt diese Erwägung nicht zum Tragen, auch wenn es sich dabei - wie die Revision geltend macht - um den wesentlichen Wert der Insolvenzmasse gehandelt haben sollte.

bb) Der Streitfall gibt aber Anlaß zur Prüfung, ob Ri. - falls er einen schöpferischen Beitrag zur Schaffung des in Rede stehenden Programms geleistet hat - die Zustimmung zur Weiterübertragung der Nutzungsrechte stillschweigend erteilt hat (§ 34 Abs. 1 UrhG). Auch hier gilt, daß die Zustimmung nicht ausdrücklich erfolgt sein muß, sich vielmehr aus den Gesamtumständen ergeben kann (vgl. , GRUR 1984, 528, 529 - Bestellvertrag). Die Anforderungen an eine konkludente Zustimmung sind in einem Fall, in dem die Weiterübertragung der Nutzungsrechte im Zuge der Verwertung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter erfolgt, nicht hoch anzusetzen. In der Regel bestehen für den Urheber in einer solchen Situation keine vernünftigen Gründe, darauf zu bestehen, daß nur der ursprüngliche Vertragspartner das Werk nutzt. Auch ist er gehalten, seine Zustimmung zur Weiterübertragung nicht wider Treu und Glauben zu verweigern (§ 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG).

Im Streitfall ist dem Sachverhalt ein Hinweis zu entnehmen, der für eine solche konkludente Zustimmung sprechen könnte: Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, daß die durch ihren Geschäftsführer Ri. vertretene Beklagte im Mai 2000 - also fast ein Jahr, nachdem die Klägerin das Programm "Fash 2000" aus der Insolvenzmasse der MSR erworben hatte - mit einem Kunden (der W. AG in Forchheim) einen Vertrag geschlossen hat, in dem sie sich zur Wartung des Programms "Fash 2000" verpflichtete. An diesem Vertrag war neben der Beklagten und dem Kunden auch die Klägerin als "Programmlieferantin" beteiligt (Anl. K 2). Dieser Vertrag könnte darauf hindeuten, daß die Parteien zum damaligen Zeitpunkt das Programm "Fash 2000" in der Weise gemeinsam vermarkteten, daß die Klägerin als Inhaberin der Nutzungsrechte das Programm lieferte und die Beklagte die Wartung übernahm. Ein solches gemeinsames Vorgehen spricht dafür, daß nicht nur die Beklagte, sondern auch ihr Geschäftsführer Ri. gegen die Übertragung der Nutzungsrechte auf die Klägerin nichts einzuwenden hatte.

cc) Sollte sich entgegen diesen Erwägungen herausstellen, daß Ri. der Übertragung der Nutzungsrechte auf die Klägerin nicht zugestimmt hat, bedeutet dies - anders als das Berufungsgericht meint - nicht, daß die Klägerin keinerlei Nutzungsrechte erworben hätte. Denn im Streitfall kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß es sich bei den an der Programmierung und Weiterentwicklung beteiligten Personen um Miturheber i.S. von § 8 UrhG handelt. Voraussetzung für eine Miturheberschaft ist eine einheitliche Schöpfung, die einen entsprechenden natürlichen Handlungswillen der beteiligten Urheber voraussetzt (Schricker/Loewenheim aaO § 8 UrhG Rdn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 8 Rdn. 2). Bei zeitlich gestaffelten Beiträgen, wie sie hier in Rede stehen (Schaffung des Programms durch Mö. , spätere Weiterentwicklung und Pflege durch Rü. , S. und Ri. ), ist eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, daß - wovon im Streitfall in Ermangelung entsprechender Feststellungen nicht ausgegangen werden kann - jeder Beteiligte seinen (schöpferischen) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat (BGHZ 123, 208, 212 - Buchhaltungsprogramm, m.w.N.). Fehlt es hieran, weil die späteren Ergänzungen und Verbesserungen vom Handlungswillen des ursprünglichen Programmierers nicht umfaßt sind, ist eine Miturheberschaft aller beteiligten Urheber zu verneinen. In diesem Fall liegen in den späteren Veränderungen abhängige Bearbeitungen mit der Folge, daß die an der Programmerstellung beteiligten Urheber über ihr Urheberrecht ohne gesamthänderische Bindung hätten verfügen und Nutzungsrechte hätten einräumen können. Auf die in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge, mit denen die Klägerin der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 UrhG Rechnung trägt, braucht dann nicht zurückgegriffen zu werden.

3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Insbesondere läßt sich die Klageabweisung - entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren geäußerten Ansicht - nicht mit der Begründung rechtfertigen, die Klägerin habe einen Eingriff in das Urheberrecht nicht substantiiert dargetan. Aufgrund der von der Beklagten in Erfüllung des Auskunftsverlangens gewährten Auskunft steht fest, daß die Beklagte zumindest in einem Fall einem Dritten (C. GmbH) Nutzungsrechte an dem Programm "Fash 2000" eingeräumt hat. Es liegt nahe, daß mit dieser Lizenzerteilung auch ein Eingriff in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht verbunden war (Lieferung des Programms auf Datenträger). Unabhängig davon kann in einer Lizenzerteilung durch einen Nichtberechtigten eine Teilnahme an der Urheberrechtsverletzung liegen, die der Nehmer der (vermeintlichen) Lizenz im Zuge des Einsatzes der Software in seinem Betrieb begeht (vgl. BGHZ 151, 300, 305 - Elektronischer Pressespiegel, m.w.N.).

4. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil noch Feststellungen zur Mitwirkung Ri. an der Programmerstellung und zu der Frage zu treffen sind, ob von einer Zustimmung Ri. zur Veräußerung des Programms an die Klägerin auszugehen ist. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - zurückzuverweisen.

Die Aufhebung des Berufungsurteils umfaßt auch die Abweisung der Klage mit dem im Berufungsurteil immer noch so bezeichneten Feststellungsbegehren. Die Klägerin hat in erster Instanz zu Protokoll erklärt, daß sie diesen Antrag als unbestimmten Leistungsantrag im Rahmen einer Stufenklage verstanden wissen möchte. Nur unter dieser Voraussetzung war das Berufungsgericht befugt, über diesen in erster Instanz nicht verlesenen Antrag zu entscheiden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
YAAAB-96731

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja