BAG Beschluss v. - 9 AZB 7/03

Leitsatz

[1] In Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ist eine Rechtsbeschwerde auch dann nicht zulässig, wenn das Landesarbeitsgericht durch Beschluß entschieden und darin die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.

Gesetze: ArbGG § 78; ArbGG § 72 Abs. 2; ArbGG § 72 Abs. 4; ZPO § 574

Instanzenzug: ArbG München 16 Ga 18/03 vom LAG München 3 Ta 28/03 vom

Gründe

I. Der Antragsteller war als Hausmeister im italienischen Kulturinstitut in München tätig. Ihm wurde nach langer Krankheit eine Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt. Mit dem Vorbringen, die Antragsgegnerin räume seine Werkdienstwohnung, obwohl weiterhin ein Arbeitsverhältnis bestehe, nimmt er sie im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch. Das Arbeitsgericht hat den Antrag durch Beschluß zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ebenfalls durch Beschluß zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 78, § 72 Abs. 2 ArbGG iVm. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen. An eine solche Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gebunden. Die Bindung besteht jedoch nur, soweit es um das Vorliegen der Zulassungsgründe geht. Sie hat keine Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde von vornherein unstatthaft ist ( - NZA 2002, 1228). So liegt der Fall auch hier:

Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft. Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 78 ArbGG iVm. § 574 Abs. 1 ZPO. Zwar ist nach Nr. 2 der letztgenannten Vorschrift die Rechtsbeschwerde in den Fällen statthaft, in denen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt oder wenn sie vom Landesarbeitsgericht - wie hier - zugelassen wird. Eine Einschränkung ergibt sich jedoch aus der Systematik des Revisionsrechts. Nach § 72 Abs. 4 ArbGG ist gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung ua. einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, die Revision nicht zulässig. Diese Einschränkung hat der Gesetzgeber wegen des provisorischen Charakters und der vorläufigen Bedeutung des einstweiligen Verfügungsverfahrens für notwendig gehalten. Das ist unabhängig davon, ob die Entscheidung durch Urteil oder durch Beschluß gefällt wurde.

Der Ausschluß der Rechtsbeschwerde war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom (BGBl. I S 1887) dadurch sichergestellt, daß nach § 70 ArbGG gegen Beschlüsse und Verfügungen des Landesarbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - kein Rechtsmittel stattfand. Durch die Aufhebung dieser Vorschrift mit dem genannten Gesetz sollte ein Gleichlauf zwischen dem Beschwerde- und dem Revisionsverfahren hergestellt werden (BT-Drucks. 14/4722, S 96). Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde im einstweiligen Verfügungsverfahren führte aber nicht zu einem Gleichlauf, sondern zu einer systemwidrigen Erweiterung der Rechtsmittelmöglichkeiten (so zum Zivilprozeß - NJW 2003, 69).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus § 25 Abs. 2 GKG.

Fundstelle(n):
BB 2003 S. 1020 Nr. 19
DB 2003 S. 892 Nr. 16
VAAAB-94882

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