BAG Urteil v. - 7 AZR 37/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: RTV § 46; RTV § 49; BGB § 612a; BGB § 613a; BGB § 242

Instanzenzug: ArbG Oldenburg 3 Ca 521/02 vom LAG Niedersachsen 13 Sa 679/03 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers sowie über Vergütungsansprüche für August und September 2002.

Der Kläger war seit September 1979 bei der H GmbH (im folgenden: H GmbH) zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 3.232,29 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk für die Bundesrepublik Deutschland (außer Saarland) Anwendung (im folgenden: RTV). Dieser lautet auszugsweise:

"§ 46

Kündigung wegen schlechter Witterung

1. Wird die Arbeitsausführung wegen schlechter Witterung für voraussichtlich längere Zeit undurchführbar, kann das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 15. November bis 15. März durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers gekündigt werden; die Kündigung kann erst ausgesprochen werden, wenn auf dem Arbeitszeitkonto (§ 9) kein Guthaben mehr vorhanden ist.

Die Kündigung kann bei Arbeitsbeginn mit Wirkung zu Beginn des nächsten Arbeitstages ausgesprochen werden. Wird nicht bei Arbeitsbeginn, sondern erst im Laufe des Tages gekündigt, so wird die Kündigung erst mit Wirkung zu Beginn des übernächsten Tages wirksam.

...

3. Bei Wiederaufnahme der Arbeit ist der Arbeitnehmer wieder einzustellen. Unabhängig von der schlechten Witterung ist der Arbeitnehmer spätestens zum 30. April wieder einzustellen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer von der Wiederaufnahme der Arbeit unverzüglich zu benachrichtigen.

...

§ 49

Allgemeine Ausschlussfristen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

..."

Mit Schreiben vom kündigte die H GmbH das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach § 46 RTV aus witterungsbedingten Gründen zum . Am wurde über das Vermögen der H GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Vertrag vom 31. Januar/ veräußerte der Insolvenzverwalter die technischen Anlagen, Maschinen und Betriebseinrichtungen an die W. H GbR. Bei der GbR handelt es sich um die Besitzgesellschaft einer bundesweit tätigen Unternehmensgruppe, der auch die Beklagte angehört. Geschäftsführer der Beklagten sind W. H und U U . Der Betriebssitz der Beklagten ist identisch mit dem vormaligen Betriebssitz der H GmbH. Der Kläger wurde mit Schreiben vom vom Insolvenzverwalter über den Kaufvertrag und darüber informiert, dass wohl ein Betriebsübergang iSv. § 613a BGB vorliege.

Am fand eine Betriebsversammlung statt, zu der die ehemaligen Arbeitnehmer der H GmbH eingeladen waren. Daran nahm auch der Kläger teil. Die Geschäftsführer der Beklagten stellten sich als neue Betriebsinhaber vor und erklärten, dass Mitarbeiter zu gegebener Zeit zur Arbeitsaufnahme aufgefordert würden. In der Folgezeit stellte die Beklagte eine Reihe ehemaliger Arbeitnehmer der H GmbH ein. Der Kläger wurde nicht eingestellt. Er bot am im Betrieb seine Arbeitskraft an und verlangte mit Schreiben vom von der Beklagten vergeblich seine Wiedereinstellung.

Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten den Abschluss eines Arbeitsvertrags sowie Vergütung für die Monate August und September 2002 nebst Zinsen begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe den Betrieb der H GmbH gemäß § 613a BGB übernommen und sei deshalb nach § 46 Nr. 3 RTV verpflichtet, ihn wieder einzustellen. Der Wiedereinstellungsanspruch sei nicht nach § 49 RTV verfallen, da er von der tariflichen Ausschlussfrist nicht erfasst werde. Außerdem habe er auch nach dem noch darauf vertrauen dürfen, wieder zur Arbeit aufgefordert zu werden. Auch bei der H GmbH sei er teilweise später als am 30. April wieder eingestellt worden. Der Wiedereinstellungsanspruch ergebe sich zudem aus § 612a BGB. Ende August/Anfang September 2003 habe ein Angestellter der Beklagten gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden erklärt, er werde sowieso nicht wieder eingestellt, weil er einen neuen Anwalt in Hannover habe und das Berufungsverfahren durchführe. Da die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihn wiedereinzustellen, schulde sie ihm das entgangene Arbeitsentgelt für August und September 2002.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Annahme des Angebots des Klägers auf Begründung eines Arbeitsvertrags zu erklären, den Kläger zu den Bedingungen des bis zum bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Rechtsvorgängerin wieder einzustellen und entsprechend zu beschäftigen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.464,58 Euro brutto abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von 2.109,08 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger wieder einzustellen. Ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch des Klägers nach § 46 Nr. 3 RTV besteht nicht gegenüber der Beklagten, sondern allenfalls gegenüber der H GmbH bzw. deren Insolvenzverwalter. Außerdem ist ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch nach § 49 Nr. 1 RTV mit Ablauf des verfallen. Die Berufung der Beklagten auf diese Rechtsfolge verstößt weder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), noch verletzt die Nichteinstellung des Klägers das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat und der Anspruch des Klägers auf Wiedereinstellung am verfallen ist, stehen ihm Vergütungsansprüche für August und September 2002 nicht zu.

I. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger wieder einzustellen und zu beschäftigen.

1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Wiedereinstellungsanspruch nach der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 46 Nr. 3 RTV.

a) Nach § 46 Nr. 3 Satz 1 RTV ist ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis wegen schlechter Witterung nach § 46 Nr. 1 RTV gekündigt wurde, bei Wiederaufnahme der Arbeit wieder einzustellen. Unabhängig von der Witterung ist der Arbeitnehmer gemäß § 46 Nr. 3 Satz 2 RTV spätestens zum 30. April wieder einzustellen. Der Arbeitgeber ist nach § 46 Nr. 3 Satz 3 RTV verpflichtet, den Arbeitnehmer von der Wiederaufnahme der Arbeit unverzüglich zu benachrichtigen.

b) Hiernach ist grundsätzlich ein Wiedereinstellungsanspruch des Klägers entstanden, da sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben der H GmbH vom zum wegen schlechter Witterung nach § 46 Nr. 1 RTV gekündigt wurde. Der Wiedereinstellungsanspruch richtet sich jedoch ausschließlich gegen die H GmbH und ggf. deren Insolvenzverwalter, nicht jedoch gegen die Beklagte als mögliche Betriebserwerberin. Ob der Betrieb der H GmbH iSv. § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen ist, bedurfte daher keiner Entscheidung.

aa) Nach § 46 Nr. 3 RTV besteht der Wiedereinstellungsanspruch ausschließlich gegenüber dem kündigenden Arbeitgeber. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 46 Nr. 3 Satz 1 und 2 RTV. Dort heißt es nur, dass der Arbeitnehmer bei Wiederaufnahme der Arbeit wieder einzustellen ist und dass er unabhängig von der Witterung spätestens zum 30. April wieder einzustellen ist. Das allein besagt nichts darüber, wer die Wiedereinstellung vorzunehmen hat. Allerdings bestimmt § 46 Nr. 3 Satz 3 RTV, dass "der Arbeitgeber" verpflichtet ist, den Arbeitnehmer von der Wiederaufnahme der Arbeit unverzüglich zu benachrichtigen. Daraus ist zu schließen, dass auch die Wiedereinstellung von dem Arbeitgeber vorzunehmen ist. Denn die Benachrichtigung dient der Verwirklichung der Wiedereinstellung. Der Arbeitgeber ist derjenige, mit dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat und der die den Wiedereinstellungsanspruch auslösende Kündigung ausgesprochen hat. Auch aus der Verwendung des Begriffs "Wiedereinstellung" ergibt sich, dass der Anspruch gegenüber demjenigen besteht, der das dem Wiedereinstellungsanspruch zugrunde liegende Arbeitsverhältnis beendet hat.

bb) Die Beklagte ist nicht nach § 613a BGB verpflichtet, den gegenüber der H GmbH entstandenen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers zu erfüllen.

(1) Nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt der Erwerber eines Betriebs in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erfasst die Vorschrift nur Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs mit dem Betriebsveräußerer bestehen, nicht jedoch Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits beendet sind (RGRK/Ascheid BGB 12. Aufl. § 613a Rn. 23; Erman/Hanau BGB 11. Aufl. § 613a Rn. 44; Soergel/Raab BGB 12. Aufl. § 613a Rn. 17; Staudinger/Richardi/Annuß BGB 1999 § 613a Rn. 108).

(2) Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der H GmbH hat am geendet. Ein etwaiger Betriebsübergang auf die Beklagte ist frühestens im Februar 2002 erfolgt. Damit ist die Beklagte nicht in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der H GmbH eingetreten und somit auch nicht verpflichtet, den Kläger wieder einzustellen.

2. Selbst wenn der Kläger einen Wiedereinstellungsanspruch gegenüber der Beklagten erworben hätte, wäre dieser nach § 49 Nr. 1 RTV verfallen.

Nach § 49 Nr. 1 RTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht gewahrt.

a) Ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch des Klägers ist nach § 46 Nr. 3 Satz 2 RTV spätestens am fällig geworden. Die Fälligkeit zu diesem Zeitpunkt hing nicht von einer Benachrichtigung durch die Beklagte ab. Der Arbeitgeber ist zwar nach § 46 Nr. 3 Satz 3 RTV verpflichtet, den Arbeitnehmer von der Wiederaufnahme der Arbeit unverzüglich zu benachrichtigen. Diese Verpflichtung ist aber nur von Bedeutung, wenn die Arbeit vor dem 30. April wieder aufgenommen wird. Nur in diesem Fall ist der Wiedereinstellungsanspruch von der Aufnahme der Arbeit abhängig. Zum 30. April ist der Arbeitnehmer nach § 46 Nr. 3 Satz 2 RTV unabhängig von der Witterung und damit unabhängig von der Wiederaufnahme der Arbeit wieder einzustellen. Auf eine Benachrichtigung des Arbeitgebers über die Wiederaufnahme der Arbeit kommt es daher nicht an.

Der Wiedereinstellungsanspruch wurde nicht deshalb erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig, weil der Betrieb der H GmbH möglicherweise iSv. § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen war und der Kläger nicht schriftlich oder - wie in § 613a Abs. 5 BGB in der ab geltenden Fassung vorgesehen - in Textform von einem Betriebsübergang auf die Beklagte, sondern nur von der Übertragung der Betriebsmittel auf die GbR unterrichtet wurde und der Kläger deshalb von dem Bestehen eines möglichen Anspruchs gegenüber der Beklagten keine Kenntnis hatte. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Kläger bei der Betriebsversammlung am darüber informiert, dass die Beklagte den Geschäftsbetrieb aufnehmen und Personal einstellen werde. Damit wusste der Kläger, dass der Betrieb von der Beklagten fortgeführt wurde. Es war ihm daher möglich, den Wiedereinstellungsanspruch am gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Einer den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Mitteilung über den Betriebsübergang auf die Beklagte bedurfte es nicht. Dies war schon deshalb nicht erforderlich, weil die Beklagte die Leitungsmacht über den Betrieb nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits vor dem und damit vor In-Kraft-Treten des § 613a Abs. 5 BGB übernommen hatte. Die Regelung des § 613a Abs. 5 BGB gilt nur für Betriebsübergänge, die nach In-Kraft-Treten der Vorschrift am erfolgt sind. Denn die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ist vor dem Betriebsübergang vorzunehmen.

b) Da der Wiedereinstellungsanspruch des Klägers am fällig geworden ist, hätte er nach § 49 Nr. 1 RTV spätestens bis zum gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht werden müssen. Der Kläger hat den Wiedereinstellungsanspruch jedoch erstmals mit Schreiben vom schriftlich gegenüber der Beklagten erhoben. Eine etwaige frühere mündliche Geltendmachung, etwa durch ein Angebot der Arbeitskraft, reicht dazu nicht aus.

c) Die Ausschlussfrist des § 49 Nr.1 RTV ist entgegen der Auffassung des Klägers auf den Wiedereinstellungsanspruch nach § 46 Nr. 3 RTV anwendbar.

aa) Der Wiedereinstellungsanspruch ist ein Anspruch, der mit dem am beendeten Arbeitsverhältnis mit der H GmbH in Verbindung steht. Der Wiedereinstellungsanspruch beruht auf der nach § 46 Nr. 1 RTV erklärten Kündigung der H GmbH und steht mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang. Der Anspruch hat daher seine Grundlage in dem beendeten Arbeitsverhältnis. Dem steht nicht entgegen, dass der Anspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden ist. Denn der Wiedereinstellungsanspruch setzt ein vorheriges Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung nach § 46 Nr. 1 RTV voraus. Der Anspruch steht daher mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung, auch wenn er erst danach fällig wird.

bb) Bei dem Wiedereinstellungsanspruch nach § 46 Nr. 3 RTV handelt es sich nicht um einen Anspruch, der von seiner Art her nicht unter die tarifliche Ausschlussfrist fällt.

(1) Es ist zwar anerkannt, dass bestimmte Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich nicht von tariflichen Ausschlussfristen erfasst werden. Dazu zählen absolute Rechte, die gegenüber jedermann wirken und jederzeit geltend gemacht werden können, wie etwa das Recht auf Herausgabe des Eigentums. Gleiches gilt für das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das den Schutz absoluter Rechte genießt ( - BAGE 54, 365 = AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 14 = EzA BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 5, zu A III der Gründe). Zu den Ansprüchen, die auf dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beruhen, gehören zB der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ( - BAGE 79, 37 = AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 15 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 109), der Anspruch auf vertrauliche Behandlung ärztlicher Berichte über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers ( - aaO) sowie der Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung ( - BAGE 68, 60 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 91, zu II 1 der Gründe). Diese Ansprüche sind tariflichen Ausschlussfristen nicht zugänglich, weil es keinen bestimmten Fälligkeitszeitpunkt gibt, an den eine Ausschlussfrist sinnvoller Weise anknüpfen könnte. Befindet sich eine Abmahnung, die unzutreffende Behauptungen enthält, in der Personalakte, wird das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Arbeitgebers und seiner Vertreter, uU auch Dritter, so lange immer wieder neu verletzt, bis die Abmahnung aus der Personalakte entfernt ist. Entsprechendes gilt für unverschlossen in der Personalakte befindliche vertrauliche ärztliche Berichte über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers. Auch im Falle der nicht vertragsgemäßen Beschäftigung wird das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers mit jedem Tag, an dem er nicht vertragsgemäß beschäftigt wird, aufs neue verletzt ( - aaO, zu II 1 der Gründe; - 5 AZR 137/94 - aaO, zu I 2 b der Gründe). Die Anwendung tarifvertraglicher Ausschlussfristen auf derartige Ansprüche würde dazu führen, dass die Ausschlussfrist ständig neu in Lauf gesetzt würde. Ein Verfall der Ansprüche könnte daher nicht eintreten. Diese Besonderheit steht der Anwendung tarifvertraglicher Ausschlussfristen auf derartige Ansprüche entgegen.

(2) Dies gilt jedoch nicht für den Wiedereinstellungsanspruch nach § 46 Nr. 3 RTV. Der Wiedereinstellungsanspruch ist zeitlich begrenzt. Er wird spätestens am 30. April fällig und ist deshalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist ohne weiteres zugänglich. Auch der Zweck der Ausschlussfrist, möglichst schnell Klarheit zwischen den Arbeitsvertragsparteien darüber zu schaffen, ob ein Anspruch besteht und geltend gemacht wird, steht ihrer Anwendung auf den Wiedereinstellungsanspruch nicht entgegen. Das Gegenteil ist der Fall. Denn es besteht - ähnlich wie bei Kündigungen, deren Unwirksamkeit der Arbeitnehmer nach § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung geltend machen muss -, ein Bedürfnis der Arbeitsvertragsparteien an einer raschen Klärung der Frage, ob der Arbeitnehmer wieder einzustellen ist oder nicht. Bei dem Wiedereinstellungsanspruch des § 46 Nr. 3 RTV handelt es sich auch nicht um einen für ein Arbeitsverhältnis atypischen Anspruch, den die Tarifvertragsparteien mit der Ausschlussfrist nicht erfassen wollten (vgl. dazu - AP ArbeitNErfG § 9 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 41, zu B der Gründe). Denn die Regelung in § 46 RTV trägt branchentypischen Umständen Rechnung. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien eine ausdrückliche Regelung getroffen hätten, wenn sie den Wiedereinstellungsanspruch von der Ausschlussfrist hätten ausnehmen wollen.

d) Die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Die Berufung auf eine tarifliche Ausschlussfrist kann zwar treuwidrig sein, wenn eine Vertragspartei der anderen durch aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht oder den Eindruck erweckt hat, der Anspruch werde auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt ( - AP BAT § 70 Nr. 7; - 6 AZR 752/97 - ZTR 2000, 36, zu 2 a der Gründe; - 9 AZR 418/99 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 151 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 133, zu I 3 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Die Beklagte hat den Kläger an der Einhaltung der Ausschlussfrist nicht gehindert. Der Kläger hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf Grund seiner Teilnahme an der Betriebsversammlung vom Kenntnis davon, dass die Beklagte den Betrieb fortführen und Personal einstellen wollte. Es wäre ihm daher ohne weiteres möglich gewesen, den Wiedereinstellungsanspruch innerhalb der Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Beklagte hat bei dem Kläger auch nicht den Eindruck erweckt, sie werde ihn auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist wieder einstellen. Auch wenn der Kläger bei der H GmbH gelegentlich noch nach dem 30. April wiedereingestellt wurde und die Geschäftsführer der Beklagten bei der Betriebsversammlung am angekündigt haben, dass sie Arbeitnehmer zu gegebener Zeit zur Arbeit auffordern würden, konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass ihn die Beklagte noch nach dem einstellen werde.

3. Die Beklagte hat durch die Nichteinstellung des Klägers nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Die angebliche Äußerung eines Angestellten der Beklagten gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Ende August/Anfang September 2003 ist zur Begründung von Ansprüchen des Klägers aus § 612a BGB gegenüber der Beklagten schon deshalb nicht geeignet, weil im August/September 2003 zwischen den Parteien keine Rechtsbeziehung bestand, für die § 612a BGB hätte gelten können. Im Übrigen ist nicht festgestellt und vom Kläger nicht dargelegt, dass der Beklagten die angebliche Äußerung des Angestellten zuzurechnen ist.

II. Da zwischen den Parteien im August und September 2002 kein Arbeitsverhältnis bestand und ein etwaiger Wiedereinstellungsanspruch des Klägers am verfallen ist, stehen dem Kläger Vergütungsansprüche für August und September 2002 nicht zu.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2005 S. 1392 Nr. 25
EAAAB-94691

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