OFD Magdeburg - InvZ 1272 - 18 - St 222

Entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 3a Abs. 1 Satz 3 InvZulG 1999 bei Objekten des betreuten Wohnens, Seniorenheimen, Pflegeheimen

1. Überlassene Wohnräume

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH zu § 7 Abs. 5 EStG und zu § 3 InvZulG 1999 dienen Wohnungen, die in der Wohnform des betreuten Wohnens genutzt werden, sowie Pflegegebäude bzw. Pflegezimmer in einer Seniorenwohnanlage nur dann Wohnzwecken, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Eignung der betreffenden Räume zur eigenständigen Haushaltsführung und

  • tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft der Bewohner über die Räumlichkeiten und

  • Vorhandensein von Heizung, Küche bzw. Kochgelegenheit, Bad und Toilette

(vgl.  BStBl 2004 I S. 221, 223 und 225 – und vom  – BStBl 2004 II S. 837).

Auf den Umfang der den Bewohnern neben der Überlassung des Wohnraums gewährten Betreuungs- oder Pflegeleistungen kommt es nicht mehr an. Die frühere gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung (H 42a „Wohnzwecke” EStH 2003) ist seither überholt.

Mit BFH-Urteilen vom (, und ) hat der BFH seine Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Wohnzwecken dienen” weiter präzisiert und Folgendes entschieden:

  • zur Eignung der betreffenden Räume für eine eigenständige Haushaltsführung

    Die überlassenen Wohneinheiten müssen nach dem Gesetzeswortlaut in §§ 3, 3a InvZulG 1999 nicht die Merkmale des Wohnungsbegriffs im bewertungsrechtlichen Sinne erfüllen. Es ist daher nicht notwendig, dass die überlassenen Wohneinheiten jeweils mit einem eigenen Bad/WC und einer eigenen Küche ausgestattet sind. Das Merkmal „Wohnzwecken dienen” kann vielmehr auch dann erfüllt sein, wenn die Bewohner Küche und Bad/WC gemeinsam nutzen.

    Die eigenständige Haushaltsführung setzt zudem bei einem Seniorenheim oder vergleichbaren Objekt keine tatsächliche Nutzung der dem Bewohner zur Verfügung stehenden Küche bzw. Gemeinschaftsküche voraus. Es reicht vielmehr aus, wenn die Bewohner die Möglichkeit haben, eine Kochgelegenheit in ihrem Zimmer einzurichten oder Mahlzeiten in einer Gemeinschaftsküche bzw. Teeküche zuzubereiten. Dabei sieht der BFH auch eine Teeküche als ausreichende Kochmöglichkeit für die Bewohner der jeweiligen Etage an. Unerheblich ist damit, ob die Bewohner eines Seniorenheims die Hauptmahlzeiten tatsächlich nicht mehr selbst zubereiten, sondern an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen.

  • zur tatsächlichen und rechtlichen Sachherrschaft der Bewohner über die Räume

    Für die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft genügt ebenfalls eine gemeinsame Nutzung von Küche bzw. Gemeinschaftsküche und Bad/WC durch mehrere Bewohner. Auch Mehrbettzimmer (und die möglicherweise fehlende Einflussnahme auf die Auswahl der Mitbewohner) stehen der Sachherrschaft nicht entgegen.

    Die Zutrittsmöglichkeit des Betreuungs- bzw. Pflegepersonals zu den überlassenen Wohneinheiten oder das Vorhandensein einer Notschließanlage schließen die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft der Bewohner nicht aus.

    Die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft fehlt hingegen, wenn dem Bewohner nur Anspruch auf Unterkunft in irgendeinem möblierten Zimmer zusteht und der Betreiber jederzeit das Recht zur Verlegung in ein anderes Zimmer hat.

Die und ) werden demnächst im Bundessteuerblatt veröffentlicht und sind im Vorgriff darauf bereits anzuwenden.

2. Mehrzweckräume

Befinden sich in dem Gebäude neben den zu Wohnzwecken überlassenen Wohneinheiten auch Mehrzweckräume wie z. B. Cafeteria, Werkraum, Gruppenraum u. Ä., die von den Bewohnern genutzt werden können, dienen diese Mehrzweckräume regelmäßig nicht Wohnzwecken der Bewohner, sondern dem Betrieb des Senioren- oder Pflegeheims als solchem. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Mehrzweckräume außergewöhnlich umfangreich sind oder wenn diese regelmäßig auch durch andere Personengruppen oder Besucher genutzt werden. Aufwendungen, die in vollem Umfang oder anteilig nach dem Verhältnis der Nutzflächen auf solche Gemeinschaftsräume entfallen, gehören daher nicht zur Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage nach §§ 3, 3a InvZulG 1999 (vgl. BStBl 2004 II S. 225).

OFD Magdeburg v. - InvZ 1272 - 18 - St 222

Fundstelle(n):
MAAAB-93284