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Umsatzsteuer bei der Veräußerung von Grundstücken

1. Steuerbarkeit

Bei Grundstücksveräußerungen ist zunächst zu prüfen, ob es sich dabei um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor, sind die Umsätze nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei, wenn sie unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen.

2. Steuerbefreiung

Unter die Umsatzsteuerfreiheit fallen insbesondere die Lieferung von Grundstücken und Grundstücksteilen sowie die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten. Von der Steuerfreiheit ausgenommen und daher steuerpflichtig sind die mit dem Grundstücksumsatz in Zusammenhang stehenden Lieferungen von Scheinbestandteilen und Zubehör i. S. d. §§ 95, 97 BGB sowie die Übertragung von Betriebsvorrichtungen.

Während das Grunderwerbsteuergesetz bereits bei dem Verpflichtungsgeschäft, also dem Kaufvertrag greift, ist über die Umsatzbesteuerung erst zum Zeitpunkt der Lieferung, also bei der Verschaffung der Verfügungsmacht zu entscheiden.

3. Umfang der Steuerbefreiung

In oder neben dem Vertrag über die Grundstücksveräußerung werden häufig weitere, von der Grundstücksübertragung abzugrenzende Verpflichtungen, z. B. im Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstücks, eingegangen. Während im Grunderwerbsteuerrecht die verschiedenen, zu einem Leistungsbündel zusammengefassten Leistungen als eine einheitliche grunderwerbsteuerliche Leistung beurteilt werden, ist Besteuerungsgegenstand der Umsatzsteuer grundsätzlich jede einzelne entgeltliche Leistung eines Unternehmers. Eine Bündelung mehrerer Leistungen ist nur bei Leistungen desselben Unternehmers nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zulässig. Weitere Leistungen zur Hauptleistung werden daher von der Steuerfreiheit nur umfasst, wenn sie mit dem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbständigkeit verlieren. Der auf diese Weise bestimmte Umsatz begrenzt zugleich den Regelungsbereich des § 4 Nr. 9a UStG.

Ist Vertragsgegenstand ein bebautes Grundstück, z. B. ein schlüsselfertig erstelltes Eigenheim, ist dessen Lieferung steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur das unbebaute Grundstück vorhanden war (s. BStBl 1979 II S. 749). Eine einheitliche steuerfreie Leistung kann auch bei der Übertragung eines bebauten Grundstücks und der im zeitlichen Zusammenhang damit stehenden weiteren Gewerken vorliegen, soweit es sich hierbei nach den o. a. Grundsätzen um Nebenleistungen handelt und der Veräußerer nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vertragsgestaltung die Verfügungsmacht an dem fertigen Gebäude verschafft. Der Veräußerer muss für sämtliche Leistungen der Auftraggeber sein und das Bauherrenwagnis tragen.

Umsatzsteuerpflichtig sind dagegen z. B. Baubetreuungsleistungen oder gesondert berechnete bauvorbereitende Leistungen, insbesondere Architektenleistungen des Veräußerers eines unbebauten Grundstücks ( BStBl 1993 II S. 316 und vom , BStBl 2000 II S. 278) sowie die Herstellung eines schlüsselfertigen Fertighauses durch einen mit dem Grundstücksveräußerer nicht identischen Unternehmer ( BStBl 1991 II S. 737). Zur Frage des Besteuerungsgegenstands allgemein s. BStBl 1992 II S. 206.

Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Grundstücksvertrages ist also zunächst zu prüfen, welche steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Leistungen der Veräußerer im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung erbracht hat und für welche dieser Leistungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist Auswirkungen können sich insoweit insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der § 9, § 14c Abs. 1 und 2 sowie § 15a UStG ergeben.

4. Verzicht auf die Steuerbefreiung

Gem. § 9 Absatz 1 UStG kann der Veräußerer einen nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfreien Grundstücksumsatz steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Voraussetzung für die Option ist, dass der Veräußerer das Grundstück seinem Unternehmen zugeordnet hatte. Eine Teiloption ist bei unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile möglich, siehe hierzu A. 148 Abs. 5 und 6 und zu den Grundsätzen der Zuordnung zum Unternehmen A. 192 Abs. 21 UStR.

Die Ausübung des Verzichts auf die Steuerbefreiung ist bei Umsätzen i. S. d. § 4 Nr. 9a UStG außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens zwingend in dem gem. § 311b BGB notariell zu beurkundenden Vertrag zu erklären (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG). Bei der Veräußerung eines Gebäudes auf fremden Grund und Boden an den Eigentümer des betreffenden Grundstücks kommt eine notarielle Beurkundung grundsätzlich nicht in Betracht. Als Folge wäre dieser Umsatz zwangsläufig steuerfrei. In diesen Fällen ist aus sachlichen Billigkeitsgründen eine Option auch ohne notariellen Vertrag zulässig (MF-Erlass vom  – S 7198 – 80 – 32).

5. Leistungsempfänger als Steuerschuldner

Nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet bei Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Für die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Abnehmer) ist erforderlich, dass ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option) durch den Lieferer vorliegt (A. 182a Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 UStR). Der Lieferer hat in der Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen. Fehlt dieser Hinweis, wird der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden (A. 182a Abs. 31 S. 3 – 4 UStR). Der leistende Unternehmer darf die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 14a Absatz 5 UStG). Im Falle des gesonderten Steuerausweises wird diese Steuer von ihm nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet (A. 182a Abs. 31 Satz 5 UStR).

6. Vorsteuerabzug/-berichtigung

Die vom Leistungsempfänger nach § 13b UStG geschuldete Steuer ist bei ihm gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abzugsfähig, wenn die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt worden und der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist.

Erfolgt die Veräußerung eines Grundstücks innerhalb des Berichtigungszeitraums von zehn Jahren, so ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG beim Veräußerer zu prüfen.

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Fundstelle(n):
UR 2007 S. 201 Nr. 5
IAAAB-92056