BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 1293/02

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BVerfGG § 93a; BVerfGG § 93a; BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3; StGB § 57 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 104 Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 3

Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main 3 Ws 433/02 vom OLG Frankfurt am Main 3 Ws 433/02 vom LG Marburg 7 StVK 401/01 vom

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde ist mit den vorgetragenen Gründen offensichtlich unbegründet.

Bei der nach § 57 Abs. 1 StGB zu treffenden Entscheidung handelt es sich zunächst um die Auslegung und Anwendung von Strafrecht, die Sache der Strafgerichte ist. Sie wird vom Bundesverfassungsgericht nur daraufhin nachgeprüft, ob das Strafvollstreckungsgericht in objektiv unvertretbarer Weise vorgegangen ist oder die verfassungsrechtliche Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts - hier insbesondere des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 2 GG verwirklichten Freiheitsrechts - verkannt hat (BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 72, 105 <113 ff.>; stRspr).

1. Der verfassungsrechtliche Maßstab ist geklärt. Die aus dem Freiheitsrecht abzuleitenden Anforderungen an die richterliche Aufklärungspflicht richten sich insbesondere an die Prognoseentscheidung. Es gilt von Verfassungs wegen das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung (vgl. BVerfGE 70, 297 <309>). Es verlangt, dass der Richter die Grundlagen seiner Prognose selbständig bewertet, verbietet mithin, dass er die Bewertung einer anderen Stelle überlässt. Darüber hinaus fordert es vom Richter, dass er sich ein möglichst umfassendes Bild über die zu beurteilende Person verschafft (vgl. jüngst Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 2000, S. 502 ff. - auch JURIS). Des Weiteren ergibt sich aus dem Freiheitsrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) ein Anspruch auf angemessene Beschleunigung des mit einer Freiheitsentziehung verbundenen gerichtlichen Verfahrens (BVerfGE 20, 45 <49 f.>). Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots kommt aber nur dann bei einem Verfahren über die Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe in Betracht, wenn das Freiheitsrecht nach den Umständen des Einzelfalls gerade durch eine sachwidrige Verzögerung der Entscheidung unangemessen weiter beschränkt wird (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NVwZ 2001, S. 1150 - auch JURIS).

2. Die fachgerichtlichen Entscheidungen werden diesem Maßstab gerecht.

a) Eine Verletzung des Freiheitsgrundrechts aus Gründen einer unzureichenden richterlichen Sachaufklärung hinsichtlich der Sozialprognose ist nicht festzustellen. Die Fachgerichte haben als grundsätzliche Erwägung für die Versagung der Strafaussetzung berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer am Vollzugsziel nicht mitgewirkt hat und es insofern nicht möglich war, als prognostische Gesamtwürdigung die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die Zukunft auszuschließen. Angesichts dieser Weigerung und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer mehrfach langjährige Freiheitsstrafen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbüßt hat, ist die eingehend begründete Entscheidung der Fachgerichte zur Gefährlichkeitsprognose verfassungsrechtlich unbedenklich.

Die Fachgerichte haben zwar auch darauf hingewiesen, dass Vollzugslockerungen bislang nicht gewährt wurden, haben jedoch näher ausgeführt, aus welchen Gründen diese bislang versagt worden sind. Dies ist verfassungsrechtlich zulässig (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 2000, S. 502 ff. - auch JURIS).

Dem Vortrag des Beschwerdeführers ist nicht zu entnehmen, dass die Würdigung der Fachgerichte im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers von unzutreffenden Erwägungen ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer trägt keine Umstände seines Verhaltens im Strafvollzug vor, die sich positiv auf das Vollzugsziel auswirken könnten und die von den Fachgerichten außer Acht gelassen oder nicht hinreichend gewürdigt worden sind.

b) Eine sachwidrige Verzögerung des Verfahrens ist nicht erkennbar. Das Landgericht hat auf den im August 2001 gestellten Antrag im November 2001, das Oberlandesgericht über die im November 2001 eingegangene sofortige Beschwerde im Juli 2002 entschieden. Abgesehen von diesem Zeitraum, der für sich betrachtet nicht als unangemessen lang anzusehen ist, liegt keine Verfahrenskonstellation vor, die zu einer besonderen Dringlichkeit der Entscheidung geführt hätte.

3. Es ist nicht erkennbar, dass die Fachgerichte gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen haben. Der Beschwerdeführer hat es bereits versäumt deutlich zu machen, welche Umstände er vorgetragen hätte, wenn ihm ausreichend Gehör gewährt worden wäre. Es kann daher schon nicht festgestellt werden, ob die Entscheidungen, würden sie - was nach Aktenlage nicht feststellbar ist - gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, hierauf beruhen (vgl. BVerfGE 89, 381 <392 f.>).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
OAAAB-86553