Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1; BVerfGG § 93 b; BVerfGG § 93 a; BVerfGG § 93 a Abs. 2; BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe a; BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2; BVerfGG § 92; BVerfGG § 93 Abs. 1 Satz 1; BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3; ZPO § 11 Abs. 3
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine verfassungsrechtlichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie scheidet aus, weil sich die Verfassungsbeschwerde als unzulässig erweist (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Soweit der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG begründet hat, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ihn durch die Versagung eines Schadensersatzanspruches in seinen Grundrechten verletzt haben könnte. Die Feststellung, Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts ist auch dann, wenn es um Normen einer fremden Rechtsordnung, wie hier der Deutschen Demokratischen Republik, geht, Aufgabe der allgemein zuständigen Gerichte (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>). Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Dies ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruht, oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 62, 189 <192 f.>; 89, 1 <14>; 95, 96 <128>).
Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass die von ihm als verletzt gerügten Grundrechte geboten hätten, seine Inhaftierung in der Deutschen Demokratischen Republik und die damit in Zusammenhang stehenden Folgeschäden der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) delikts- bzw. staatshaftungsrechtlich zuzuordnen. Da die ursprüngliche Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Rechtsgüter des Beschwerdeführers von einem - aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland - Dritten ausgegangen ist, wäre eine Verletzung der Grundrechte des Beschwerdeführers durch das angegriffene Urteil nur dann in Betracht gekommen, wenn der Bundesgerichtshof bei Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften die sich aus den Grundrechten ergebenden Schutzpflichten verkannt hätte. Zwar können grundsätzlich auch deliktische Ersatzansprüche der Verwirklichung der grundrechtlich gebotenen Schutzpflicht des Staates dienen. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Wiedergutmachung früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu verantwortenden Unrechts ihre Wurzeln ausschließlich im Rechts- und Sozialstaatsgedanken hat, nicht aber Ausfluss einzelner Grundrechte ist (BVerfGE 84, 90 <126>). Demnach hat nicht nur der Gesetzgeber bei der Gestaltung der normativen Regeln einer solchen Wiedergutmachung allein aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten (BVerfGE 84, 90 <126>); dies gilt dann entsprechend auch für die Gerichte, wenn sie im konkreten Einzelfall über Ansprüche auf Wiedergutmachung für Unrecht, das außerhalb des Verantwortungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland zugefügt worden ist, entscheiden.
Ein Verstoß gegen die Bindung des Richters an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), der zu einer Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers (Art. 2 Abs. 1 GG) hätte führen können (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>), scheidet ebenfalls offensichtlich aus. Das Bundesverfassungsgericht überprüft auch insoweit angegriffene Entscheidungen nicht auf ihre Übereinstimmung mit einfachem Recht. Es greift erst ein, wenn sich ein Richterspruch über die aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gesetzesbindung hinwegsetzt. Das ist der Fall, wenn die vom Gericht zur Begründung seiner Entscheidung angestellten Erwägungen eindeutig erkennen lassen, dass es sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben hat, also objektiv nicht bereit war, sich Recht und Gesetz zu unterwerfen (BVerfGE 87, 273 <279>). Dem Wortlaut der vom Bundesgerichtshof in Betracht gezogenen maßgeblichen delikts- und staatshaftungsrechtlichen Normen mag unmittelbar nicht zu entnehmen sein, ob auch die SED für das dem Beschwerdeführer zugefügte Unrecht nicht nur politisch, sondern auch im Sinne dieser Vorschriften rechtlich verantwortlich war, so dass im Rahmen der Subsumtion eine Bewertung der Stellung und Funktion der SED im System der Deutschen Demokratischen Republik erforderlich war. Der Bundesgerichtshof hat aber in nachvollziehbarer Weise begründet, dass er insbesondere die "Lenkungsmaßnahmen" der SED nicht als zivilrechtlich im Sinne von § 11 Abs. 3 des Zivilgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik ansieht, zugleich aber die Eigenschaft der SED als Staatsorgan oder staatliche Einrichtung im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Staatshaftung in der Deutschen Demokratischen Republik vom (GBl I S. 34) verneint. Er hat damit keinesfalls die Grenzen einer zulässigen Normanwendung überschritten.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, da die Verfassungsbeschwerde keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat, abzulehnen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
MAAAB-85881