Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BVerfGG § 93 b; BVerfGG § 93 a; BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe a; BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe b; BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1;
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Wortberichterstattung der Presse. Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass sein Begehren auf Unterlassung der Verbreitung einer Äußerung über den Grund seiner Scheidung gerichtlich erfolglos war.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu. Die von ihr aufgeworfenen Fragen zur Reichweite des Persönlichkeitsschutzes und der Pressefreiheit sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich geklärt. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall einschließlich der Zuordnung kollidierender Grundrechte im Zuge einer Abwägung ist eine Aufgabe der Fachgerichte. Eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung folgt nicht allein aus dem Interesse an weiteren Konkretisierungen, und zwar auch nicht insoweit als die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Klärungen Spielräume bei der Anwendung und Abwägung im Einzelfall belassen.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Fachgerichts ist auch nicht nach § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt. Dies wäre der Fall, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten besonderes Gewicht hätte oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise beträfe. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>).
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schließt entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers zwar kein umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person, aber den Schutz der Intim- und Privatsphäre ein (vgl. das Urteil des Ersten Senats des -, Umdruck S. 28 ff.). Diese kann unter anderem durch Äußerungen anderer betroffen sein. Wird ein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung bestimmter Äußerungen geltend gemacht, haben die Zivilgerichte im Rahmen der Auslegung und Anwendung der einschlägigen privatrechtlichen Normen sowohl der Pressefreiheit als auch dem Schutz der Intim- und Privatsphäre Rechnung zu tragen. Dazu bedarf es einer Abwägung zwischen den widerstreitenden grundrechtlichen Schutzgütern, die im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen ist und die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen hat. Da der Rechtsstreit seine Lösung in dem - grundrechtsgeleitet interpretierten - Privatrecht findet, ist das Bundesverfassungsgericht darauf beschränkt nachzuprüfen, ob das Zivilgericht den Grundrechtseinfluss ausreichend beachtet hat. Dagegen ist es nicht seine Sache, dem Zivilgericht vorzugeben, wie es den Streitfall im Ergebnis zu entscheiden hat (vgl. Urteil des Ersten Senats des -, Umdruck S. 39).
Keinen verfassungsrechtlichen Einwänden begegnet es, dass der Bundesgerichtshof das Gewicht des Grundrechts der Unterhaltungspresse in der von ihm vorgenommenen Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht stärker berücksichtigt hat als das Oberlandesgericht. Wie sich die Abwägung im Einzelfall gestaltet, ist nicht in jeder Hinsicht verfassungsrechtlich vorgegeben. Ein Grundrechtsverstoß, der zur Beanstandung der angegriffenen Entscheidung führt, liegt nur dann vor, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der verfassungsmäßigen Vorschriften des Privatrechts Grundrechte zu beachten waren; wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist, so dass darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet, und die Entscheidung auf diesem Fehler beruht (Urteil des Ersten Senats des -, Umdruck S. 39 f.).
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen gibt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs keinen Anlass zur Annahme der Verfassungsbeschwerde. Der Bundesgerichtshof hat für seine Beurteilung des Gewichts der Pressefreiheit die Abstammung des Beschwerdeführers und seine Eigenschaft als Begleiter von Prinzessin Caroline von Monaco und die daraus resultierende Aufmerksamkeit einer breiten Leserschaft auch an ihm hervorgehoben, ohne daraus jedoch zu folgern, dass er - in abkürzender Formulierung - als "absolute Person der Zeitgeschichte" einzuordnen sei. Die Bejahung des zeitgeschichtlichen Interesses an der Person des Beschwerdeführers ist eine Frage fachgerichtlicher Tatsachenbewertung; sie beruht nicht auf einer groben Verkennung des durch das Grundrecht gewährten Schutzes. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat der Bundesgerichtshof sich im Übrigen keineswegs mit der Feststellung begnügt, die Unterhaltungspresse sei vom Schutzbereich der Pressefreiheit erfasst.
Der Bundesgerichtshof hat den Schutzbereich der Privatsphäre im Übrigen nicht von vornherein als gar nicht betroffen angesehen. Allerdings hat er die veröffentlichte Information nicht - wie es der Beschwerdeführer fordert - der Intimsphäre zugeordnet, die absolut geschützt ist. Der Bundesgerichtshof stützt seine - ebenfalls vom Beschwerdeführer angegriffene - Beurteilung, es handele sich um keinen sonderlich intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, unter anderem darauf, dass es sich um die lediglich pauschale Mitteilung eines formalen Scheidungsgrundes, nicht etwa um Einzelheiten des Ehebruchs, handele. Auch hat der Bundesgerichtshof es als bedeutsam gewichtet, dass die Mitteilung über den im Scheidungsverfahren genannten Scheidungsgrund angesichts einer allgemein bekannten neuen Beziehung des Betroffenen erfolgte. Ob die getroffenen Feststellungen in jeder Hinsicht verfassungsgerichtlicher Überprüfung standhalten, kann hier dahinstehen. Sie beruhen jedenfalls nicht auf einer groben Verkennung des durch das Grundrecht gewährten Schutzes. Ob die Gewichtung im Einzelfall auch anders ausfallen könnte, spielt für die Frage der Annahme der Verfassungsbeschwerde ebenfalls keine Rolle.
Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht wegen der vom Beschwerdeführer gerügten Sicht des Bundesgerichtshofs angezeigt, das Gewicht des Eingriffs der Beklagten in die Privatsphäre habe sich dadurch in einem beträchtlichen Maße gemindert, dass die Nachricht über den Ehebruch als Scheidungsgrund zuvor bereits von der Nachrichtenagentur Reuter und der Zeitung "Daily Mail" veröffentlicht worden und damit schon einer großen Zahl von Personen bekannt geworden sei, die sie ihrerseits hätten anderen weitergeben können. Denn bei der vorher erörterten Frage des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht hebt der Bundesgerichtshof zutreffend den grundsätzlichen Eingriffscharakter der Veröffentlichung durch die Beklagte, aber auch hervor, dass die englische Nachrichtenagentur und die englische Zeitung nicht rechtswidriger-, sondern rechtmäßigerweise über den Grund der Ehescheidung des Beschwerdeführers berichtet haben. Unter dem Aspekt des Privatsphärenschutzes ist es jedenfalls nicht unhaltbar zu berücksichtigen, inwieweit eine Information in einem Gebiet, in dem der Betroffene für längere Zeiträume lebt und in dem er auch das Scheidungsverfahren nach den dort geltenden Regeln durchgeführt hat, rechtmäßigerweise verbreitet worden und deswegen dort sowie in dem darüber hinaus reichenden Verbreitungsgebiet der Nachrichtenagentur und der Zeitung bekannt ist.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstelle(n):
LAAAB-85410