Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb ein Unternehmen für Viehzucht und Milchwirtschaft. Sie erwarb im Jahr 1993 einen Traktor. Den Kaufpreis von ca. 90 000 DM finanzierte die Bank der Herstellerfirma.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) gewährte zunächst die von der Klägerin unter anderem beantragte 8%ige Investitionszulage für die Anschaffung des Traktors.
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Traktor für den vorgesehenen Einsatz auf sehr feuchtem Untergrund nicht geeignet war, weil er zu schmale Reifen hatte, die Anbringung breiterer Reifen nicht funktionierte und das Fahrzeug darüber hinaus mehrere erfolglos reparierte Schäden aufwies, suchte die Klägerin einen Abnehmer für den Traktor im Beitrittsgebiet.
Wegen der Schäden am Traktor bot der Hersteller der Klägerin einen „Fahrzeugtausch” an. Im Herbst 1994 teilte der Händler des Herstellers der Klägerin mit, er habe einen Erwerber für den Traktor gefunden, falls die Finanzierung sichergestellt sei. Im Dezember 1994 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Händlerfirma statt, bei dem nach einer Aktennotiz der Klägerin vereinbart wurde, dass der Traktor zurückgegeben werde und der Händler den Auftrag erhalte, den Traktor „in Kommission” für die Klägerin weiter zu verkaufen. Nach einer „Rückkaufvereinbarung” vom sollte der Traktor zu einem Preis von 55 000 DM brutto von dem Händler zurück erworben werden.
Der spätere Käufer besichtigte den Traktor auf dem Hof der Klägerin. Das Fahrzeug stand vor seiner Übergabe im März 1995 an den im Beitrittsgebiet ansässigen Erwerber etwa eine Woche bei dem Händler. Die Klägerin stellte dem Händler im März 1995 für den Verkauf des Traktors „lt. Vereinbarung vom ... Dezember 1994” einen Betrag von ca. 55 000 DM in Rechnung. Der Käufer des Traktors finanzierte den Kaufpreis durch Übernahme der Darlehensverträge der Klägerin bei der Händlerbank. Er verwendete den Traktor in der Folgezeit im Fördergebiet.
Aufgrund einer Betriebsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass der Traktor nicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 drei Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört habe. Es änderte daher den Investitionszulagenbescheid für 1993 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte die Investitionszulage herab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte im Wesentlichen aus, der Traktor sei vorübergehend in das Umlaufvermögen des Händlers überführt worden. Er habe daher nicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1993 mindestens drei Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verfahrensfehler und die Verletzung materiellen Rechts.
Die Investitionszulage sei regelmäßig nicht zurückzuerstatten, wenn es sich um ein mangelhaftes Wirtschaftsgut handle und der Kaufvertrag in Ausübung der Gewährleistungsrechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) rückabgewickelt worden sei. Die Mangelhaftigkeit des Wirtschaftsgutes habe die Klägerin nicht zu vertreten. Die Rückforderung der Investitionszulage sei deshalb unbillig.
Das FG sei ohne hinreichende Aufklärung des Sachverhalts der Ansicht des FA gefolgt. Das FG hätte Beweis erheben müssen durch Beiziehung der beim Händler vorhandenen Unterlagen und durch Vernehmung der Geschäftsführer der Händlerfirma als Zeugen. Die Beweisaufnahme hätte zu der Erkenntnis des FG geführt, dass bei einem mangelhaften Wirtschaftsgut die Investitionszulage nicht zurückzuerstatten sei, weil der Investor die mangelhafte Leistung nicht zu vertreten habe. Durch das Unterlassen dieser Beweisaufnahme habe das FG seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt.
Im Übrigen hätte der Erwerber des Traktors ebenfalls die Investitionszulage erhalten, wenn er ihn anstelle der Klägerin angeschafft hätte. Die Firma des Erwerbers gehöre zum gleichen Gewerbezweig und habe ebenso ihren Geschäftssitz im Fördergebiet.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und den Investitionszulagenbescheid 1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin für den Traktor keine Investitionszulage zusteht.
1. Nach § 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1993 sind Wirtschaftsgüter nur begünstigt, wenn sie mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen während des gesamten Dreijahreszeitraums ununterbrochen bestehen. Eine auch nur vorübergehende Überführung in das Umlaufvermögen eines Händlers ist daher schädlich (z.B. Senatsurteil vom III R 66/89, BFHE 174, 287, BStBl II 1994, 576, und Senatsbeschluss vom III B 60/98, BFH/NV 2001, 486, m.w.N.).
2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Traktor vorübergehend in das Umlaufvermögen des Händlers gelangt ist.
a) Dies ergibt sich schon aus der zwischen dem Händler und der Klägerin getroffenen „Rückkaufvereinbarung” vom ... Dezember 1994 und der Übergabe des Fahrzeugs an den Händler (§ 929 BGB) ca. eine Woche vor dem Weiterverkauf.
Zivilrechtlich waren auf diese Weise das schuldrechtliche und das dingliche Rechtsgeschäft vollzogen unabhängig davon, dass der Käufer auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin ebenfalls aus dem Fördergebiet kam und zur Entrichtung des Kaufpreises den Darlehensvertrag der Klägerin bei der Händlerbank übernahm. Mit der Übergabe des Traktors an den Händler waren Gefahr und Nutzungen und damit auch das wirtschaftliche Eigentum auf ihn übergegangen (§ 446 BGB). Anhaltspunkte für einen Eigentumsvorbehalt bestehen nicht (§ 449 BGB).
Darüber hinaus hatte der Händler den Kaufvertrag mit dem Käufer im eigenen Namen als Verkäufer abgeschlossen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin war ein Verkauf durch den Händler erforderlich, weil der Käufer einen Servicevertrag, eine sicherheitstechnische Einweisung und eine Garantieleistung gefordert hatte.
Aus diesen Umständen hat das FG zutreffend abgeleitet, der Traktor sei vor Ablauf der Dreijahresfrist aus dem Anlagevermögen der Klägerin vorübergehend in das Umlaufvermögen des Händlers und anschließend erst wieder in das Anlagevermögen des Käufers gelangt.
b) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Händler nach der Gesprächsnotiz der Klägerin vom ... Dezember 1994 den Traktor „in Kommission” für die Klägerin weiterveräußern sollte.
Zwar gehört das Kommissionsgut bei Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen des Kommissionärs, sondern bleibt im Betriebsvermögen des Kommittenten (vgl. Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 24. Aufl., § 5 Rz. 154, und Herrmann/ Heuer/Raupach, § 5 EStG Anm. 49 Z (6) Kommissionsgeschäft).
Im Streitfall ist aber angesichts der am ... Dezember 1994 ausdrücklich getroffenen „Rückkaufvereinbarung” zwischen der Klägerin und dem Händler sowie deren tatsächlichem Vollzug davon auszugehen, dass die Vertragspartner kein Kommissionsgeschäft i.S. von §§ 383 ff. HGB vereinbaren wollten, sondern den Begriff lediglich laienhaft verwendet haben. Für den Abschluss eines Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB hätte es einer ausdrücklichen Absprache über die Weiterveräußerung des Traktors im eigenen Namen des Händlers für Rechnung der Klägerin bedurft. Der Händler hätte absprachegemäß dann in Erfüllung des Kommissionsgeschäfts nur den vorher vereinbarten Kaufpreis an die Klägerin abführen müssen.
Abweichend hiervon hat der Händler den Traktor erst nach dem zivilrechtlich vollzogenen Rückerwerb von der Klägerin im eigenen Namen an den Zweiterwerber weiterveräußert.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich auch nicht um einen Tausch im Sinne des (BFHE 92, 81, BStBl II 1968, 430), bei dem die Verbleibensdauer zwischen dem ersten angeschafften Wirtschaftsgut und dem zweiten ersatzweise erworbenen Wirtschaftsgut einheitlich beurteilt werden könnte.
Zwar hat die Klägerin, nachdem sich die Untauglichkeit des Traktors für ihre Zwecke herausgestellt hatte, Ende 1993 einen anderen Traktor erprobt und Anfang 1994 endgültig von demselben Händler gekauft. Da nach den zivilrechtlich vorliegenden Vereinbarungen das ursprüngliche Fahrzeug aber unabhängig von dem zweiten Kaufvertrag im Rahmen eines „Rückkaufs” zurück erworben wurde, ist zivilrechtlich kein Tausch i.S. von § 480 BGB gegeben. Vielmehr handelt es sich um zwei voneinander unabhängig vereinbarte Kaufverträge. Eine einheitliche Beurteilung der Verbleibensdauer der beiden Wirtschaftsgüter scheidet daher aus.
d) Der Streitfall ist schließlich auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, über den das FG München in seinem Urteil vom 8 K 13065/87 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1990, 75) zu befinden hatte.
Nach der Entscheidung des FG München geht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 39 AO 1977) ein Wirtschaftsgut unmittelbar vom Anlagevermögen des Ersterwerbers in das Anlagevermögen des Zweiterwerbers über, wenn der Kaufvertrag mit dem Ersterwerber erst aufgehoben wird, wenn der Kaufvertrag zwischen dem Händler und dem Zweiterwerber geschlossen worden ist, und das Wirtschaftsgut unmittelbar vom Ersterwerber an den Zweiterwerber übergeben wird, ohne dass der Händler zwischenzeitlich die tatsächliche Sachherrschaft darüber erlangt hat.
Abweichend hiervon hatte die Klägerin im Streitfall vor Abschluss des Kaufvertrages mit dem Zweiterwerber bereits die Rückkaufvereinbarung mit dem Händler getroffen und den Traktor eine Woche vor Abschluss des Kaufvertrages mit dem Zweiterwerber dem Händler übergeben (vgl. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2001, 486). Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gebietet daher keine abweichende Beurteilung des Sachverhalts.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG im Streitfall die ihm nach § 76 Abs. 1 FGO obliegende Sachaufklärungspflicht nicht verletzt.
Unabhängig davon, ob insoweit im Streitfall überhaupt eine schlüssige Verfahrensrüge vorliegt (vgl. hierzu , BFH/NV 2005, 43, m.w.N.), hätte das FG gegen seine Sachaufklärungspflicht nur verstoßen, wenn es eine konkrete Möglichkeit, den aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären, nicht genutzt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom III B 191/04, nicht veröffentlicht, juris).
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hängt der Anspruch auf Investitionszulage aber nicht davon ab, ob die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu vertreten hat. Die von der Klägerin geforderte Überprüfung der Umstände, die zur Rückabwicklung des Kaufvertrages geführt haben, war nach maßgeblicher Sicht des FG nicht entscheidungserheblich, da auch bei Annahme eines zivilrechtlichen Rücktrittsrechts der Klägerin im Sinne des BGB im Ergebnis die Investitionszulage zu versagen war.
So hat der BFH bereits entschieden, dass betriebswirtschaftliche Gründe, die es dem Betriebsinhaber zwingend oder ratsam erscheinen ließen, sich vorzeitig von einem Wirtschaftsgut zu trennen, keine Ausnahme von dem gesetzlichen Erfordernis rechtfertigen könnten, dass das Wirtschaftsgut drei Jahre im Betrieb des Anspruchsberechtigten verbleiben müsse. Weshalb ein Wirtschaftsgut vorzeitig aus der Betriebsstätte ausscheidet, ist hiernach grundsätzlich ohne Bedeutung. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Investor die Gründe für das vorzeitige Ausscheiden zu vertreten hat (vgl. Senatsurteil vom III R 181/83, BFH/NV 1988, 741, m.w.N.).
Die von der Klägerin beanstandeten fehlenden Feststellungen hätten mithin auch im Streitfall nicht zur Annahme geführt, dass der Traktor drei Jahre lang ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört hätte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1350 Nr. 7
HFR 2006 S. 797 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2007 S. 1620
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2007 S. 1620
PAAAB-82727