Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (Kläger) ist 1985 aus X zugewandert und war hier als Arbeitnehmer beschäftigt. 1999 kam es zu steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen seinen Schwager, in deren Rahmen bekannt wurde, dass der Kläger als Sicherheit für einen Bankkredit seines Schwagers Wertpapiere zur Verfügung gestellt hatte und im Inland sowie in Luxemburg drei Depotkonten mit zusammen folgenden Vermögensständen (vor Abzug von Freibeträgen) unterhalten hatte:
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139 589 DM | |
235 933 DM | |
291 650 DM | |
332 167 DM |
Dazu kamen Zahlungsmittel sowie auf weiteren Bank- und Bausparkonten Guthaben von:
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1 500 DM | |
2 701 DM | |
5 925 DM | |
64 793 DM |
Daraufhin wurde auch gegen den Kläger, der bis dahin keine Vermögensteuererklärungen abgegeben hatte, wegen Vermögensteuerhinterziehung ermittelt. Die Ermittlungen führten durch Bescheide vom zu einer Nachveranlagung auf den und zu Hauptveranlagungen auf den und 1995 sowie durch Bescheid vom zu einer Neuveranlagung auf den . Dabei wurde die Vermögensteuer auf 300 DM für 1991, 790 DM für 1992, 1 085 DM für 1993 und 1 390 DM für 1995 festgesetzt.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage trug der Kläger vor, das Vermögen sei ihm nicht zuzurechnen. Er habe die Konten nur treuhänderisch für seinen Schwager unterhalten. Dieser wiederum habe die Gelder treuhänderisch für die…Religionsgemeinschaft „verwahrt”. Sie seien inzwischen auf Weisung des Oberhaupts aller…in Europa an bedürftige Mitmenschen verteilt worden. Das Finanzgericht (FG) vernahm zunächst das Oberhaupt der…als Zeugen, hob sodann die Vermögensteuerbescheide auf den und 1992 wegen Festsetzungsverjährung auf und wies die Klage im Übrigen ab. Der Zeuge hatte ausgesagt, er wisse aus Telefonaten und Berichten, dass ungefähr 1,5 Mio. DM…Geldes an den Schwager des Klägers „gegeben worden” seien und dass der Schwager einen Teil davon an den Kläger weitergegeben habe, damit dieser es anlege. Er wisse aber nicht, wieviel der Kläger bekommen habe. Es habe sich um Gelder von…aus…gehandelt. Er könne und möchte aber nicht sagen, von welchen Personen es möglicherweise stamme.
Das FG war der Ansicht, da auf die Stichtage und 1992 keine Steuererklärung abzugeben gewesen sei, sei es für die Jahre 1991 und 1992 bei der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 der Abgabenordnung (AO 1977) und dem Fristbeginn nach § 170 Abs. 1 AO 1977 geblieben. Für die Jahre 1991 und 1992 fehle es nämlich sowohl am objektiven als auch am subjektiven Tatbestand einer Vermögensteuerhinterziehung. Der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 liege nicht vor, weil der Kläger keinerlei Angaben gemacht habe. Der objektive Tatbestand der Nr. 2 der Vorschrift sei nicht erfüllt, weil der Kläger weder kraft Gesetzes verpflichtet gewesen sei, eine Steuererklärung abzugeben, noch vom Beklagten, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) zu einer Erklärungsabgabe aufgefordert worden sei. Der subjektive Tatbestand liege nicht vor, weil dem Kläger der wesentliche Sinngehalt des normativen Tatbestandsmerkmals der Pflichtwidrigkeit nicht bekannt gewesen sei. Er habe nicht erkannt, ohne Aufforderung zur Zahlung von Vermögensteuer verpflichtet gewesen zu sein. Die Bescheide auf den und 1995 seien dagegen noch innerhalb der durch § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 im Anlauf für drei Jahre gehemmten vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 ergangen. Die Bescheide seien mangels eines Treuhandverhältnisses auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die Entscheidung des FG haben sowohl das FA als auch der Kläger Revision eingelegt. Das FA wendet sich gegen die Aufhebung der Bescheide auf den und 1992. Es rügt eine fehlerhafte Anwendung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977. Eine Steuerverkürzung hinsichtlich der Nach- und Neuveranlagungszeitpunkte könne auch durch Nichtabgabe der Steuererklärung auf den folgenden Hauptveranlagungszeitpunkt begangen werden. Zu Unrecht habe das FG allein aus der Herkunft des Klägers aus X auf einen fehlenden Hinterziehungsvorsatz geschlossen, anstatt auf seine Ausbildung und die von ihm bislang ausgeübten Tätigkeiten abzustellen. Das Anlageverhalten des Klägers (Anlage bei einer Vielzahl von Kreditinstituten; Depot in Luxemburg) sowie die Tatsache, dass der Kläger nicht nur keine Vermögensteuererklärungen abgegeben, sondern auch in seinen Einkommensteuererklärungen die erheblichen Einkünfte aus Kapitalvermögen verschwiegen habe, ließen darauf schließen, dass der Kläger das Vermögen gegenüber dem Fiskus planmäßig habe verschweigen wollen. Mit dem behaupteten Treuhandverhältnis könne die Art und Weise der Geldanlage jedenfalls nicht begründet werden. Im Übrigen sei der Kläger mindestens seit 1989 steuerlich beraten gewesen, wie sich aus den Einkommensteuerakten, die dem FG vorgelegen hätten, ergebe.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Vermögensteuer 1991 und 1992 betrifft, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger rügt mit seiner Revision eine fehlerhafte Anwendung des § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977. Um ihm das fremde Geld gemäß Abs. 1 der Vorschrift zurechnen zu können, hätte es ihm erst einmal geschenkt sein müssen. Eine Zurechnung nach Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift sei nicht möglich, da er die Treugeber nicht auf Dauer von der Einwirkung auf das Geld habe ausschließen können. Außerdem rügt er einen Verstoß gegen § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil der Schwager nicht beigeladen worden sei.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Stichtage und 1995 betrifft, und die Vermögensteuerbescheide auf diese Stichtage in Gestalt der Einspruchsentscheidung ebenfalls aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
II. A. Die Revision des FA ist begründet. Das FG hat zu Unrecht angenommen, hinsichtlich der Vermögensteueransprüche 1991 und 1992 fehle es bereits am objektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung und infolgedessen seien diese Ansprüche bei Erlass der Steuerbescheide vom 2. bzw. bereits festsetzungsverjährt gewesen. Da auch die Würdigung des FG, zu der es im Rahmen einer zweiten, als für sich allein tragend gedachten Begründung gelangt ist und wonach es jedenfalls an einem Hinterziehungsvorsatz fehlen solle, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält, war die Vorentscheidung bezüglich der Vermögensteuer 1991 und 1992 aufzuheben und die Sache insoweit an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 begeht eine Steuerhinterziehung, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuererhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Pflichtwidrig handelt, wer einer Rechtspflicht zur Offenbarung steuerrechtlich erheblicher Tatsachen nicht nachkommt (, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1991, 177). Zu diesen Pflichten gehört die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Daher ist der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige es unterlassen hat, eine Steuererklärung abzugeben, zu der er kraft Gesetzes verpflichtet ist (vgl. , BStBl II 2002, 259, 262). Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 des Vermögensteuergesetzes (VStG) bestand die Pflicht zur Abgabe einer Vermögensteuererklärung ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde nur auf Hauptveranlagungszeitpunkte. Ansonsten —d.h. auf die weiteren Stichtage eines Hauptveranlagungszeitraums und damit auf Stichtage, auf die lediglich eine Nach- oder Neuveranlagung in Betracht kam— bedurfte es einer besonderen Aufforderung der Behörde, um eine Erklärungspflicht zu begründen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 VStG i.V.m. § 149 AO 1977).
Daraus folgt jedoch nicht, dass auf Stichtage, die keine Hauptveranlagungszeitpunkte waren, eine Vermögensteuerhinterziehung durch Unterlassen nur bei Aufforderung zur Erklärungsabgabe begangen werden konnte. So hat der (BFH/NV 2001, 1532) bereits klargestellt, dass sich eine auf einen Hauptveranlagungszeitpunkt begangene Steuerhinterziehung —im damals zu entscheidenden Fall durch Abgabe einer unrichtigen Erklärung— auf alle Kalenderjahre des betreffenden Hauptveranlagungszeitraums erstreckt, weil die Vermögensteuer gemäß § 15 Abs. 1 VStG nicht nur für das Jahr des Hauptveranlagungszeitpunkts, sondern für alle Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums festgesetzt wird. Dasselbe gilt, wenn auf den Hauptveranlagungszeitpunkt keine unrichtige, sondern überhaupt keine Vermögensteuererklärung abgegeben wird. Dann aber beruht die Vermögensteuerhinterziehung bezüglich der Neu- oder Nachveranlagung auf einem Unterlassen, obwohl auf den Neu- oder Nachveranlagungszeitpunkt mangels Aufforderung keine Steuererklärung abzugeben war. Daraus wird deutlich, dass der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht nur das Kalenderjahr betrifft, auf dessen Beginn die Erklärung hätte abgegeben werden müssen, sondern auch weitere Kalenderjahre/Veranlagungszeiträume betreffen kann.
Der Nichtabgabe einer Vermögensteuererklärung auf einen bestimmten Hauptveranlagungszeitpunkt kommt aber nicht nur Bedeutung für die nachfolgenden Kalenderjahre des betreffenden Hauptveranlagungszeitraums zu, sondern wegen der besonderen Ausgestaltung des Veranlagungsverfahrens mit seiner Unterscheidung zwischen Hauptveranlagungen einerseits und Neu- bzw. Nachveranlagungen andererseits auch für solche Kalenderjahre, die dem Hauptveranlagungszeitpunkt vorausgegangen sind und für die eine Neu- bzw. Nachveranlagung geboten gewesen wäre. Die Vermögensteuerpflicht bestand nämlich für jedes Jahr, in dem die Freibeträge nach dem VStG und dem Bewertungsgesetz (BewG) sowie ggf. die Neuveranlagungsgrenzen überschritten waren, und zwar bemessen jeweils nach dem zu Beginn eines jeden Jahres tatsächlich vorhandenen Vermögen. Gleichwohl sah § 19 Abs. 1 VStG eine Verpflichtung, unaufgefordert Steuererklärungen abzugeben, nur auf Stichtage in zeitlichem Abstand mehrerer —regelmäßig dreier— Jahre vor. Dadurch sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Vermögen regelmäßig geringeren Schwankungen unterliegt als das Einkommen oder der Umsatz (vgl. Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz, Vermögensteuergesetz, Kommentar, § 15 VStG Anm. 3). Außerdem sollte der mit der Steuererhebung verbundene Verwaltungsaufwand verringert werden.
Das Auseinanderfallen der Vermögensteuerpflicht und der Pflicht, ohne Aufforderung eine Steuererklärung abzugeben, ist aber wegen der damit verbundenen Gefahr eines Vollzugsdefizits von Verfassungs wegen nur hinnehmbar, weil auf den jeweils nächsten Hauptveranlagungszeitpunkt wiederum unaufgefordert eine Steuererklärung abzugeben war und diese die tatsächlichen Anhaltspunkte lieferte, um beurteilen zu können, ob auf die vorangegangenen Stichtage eine Neu- oder Nachveranlagung in Betracht kam und daher eine Steuererklärung auf solche Stichtage anzufordern war. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) leitet aus dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) für Steuern, deren Festsetzung auf Steuererklärungen beruht, die Notwendigkeit ab, die Steuerpflichtigen nicht nur materiell-rechtlich gleichmäßig zu belasten, sondern auch einen gleichmäßigen Verwaltungsvollzug durch gesetzgeberische Maßnahmen abzustützen (Urteil vom 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654). Die Funktion der Steuererklärungen auf Hauptveranlagungszeitpunkte, den Verwaltungsvollzug durch Neuveranlagungen auf jeweils vorausgegangene Stichtage und erst recht durch Nachveranlagungen auf derartige Stichtage zu ermöglichen, diente damit dem Gebot der Belastungsgleichheit. Der Pflicht, auf den Hauptveranlagungszeitpunkt eine Steuererklärung abzugeben, kommt damit die Qualität einer Rechtspflicht auch bezüglich der vorausgegangenen Neu- und Nachveranlagungszeiträume —zurück bis zum vorausgegangenen Hauptveranlagungszeitraum— zu. Derjenige, der keine oder falsche Vermögensteuererklärungen abgibt, verhindert, dass die aufeinander abgestimmten Vorschriften über die Veranlagung zur Vermögensteuer gemäß den §§ 15 bis 19 VStG ihre Wirkung entfalten können, das tatsächlich vorhandene Vermögen weitgehend lückenlos zu erfassen.
Mit dem Beschluss in BFH/NV 2001, 1532 hat der BFH, bezogen auf eine Neuveranlagung und eine unvollständige Erklärung auf den folgenden Hauptveranlagungszeitpunkt ausgesprochen, dass die Abgabe der unvollständigen Erklärung den objektiven Tatbestand einer Hinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nicht nur bezüglich der auf den Hauptveranlagungszeitpunkt festzusetzenden Steuer erfüllt, sondern auch bezüglich der Steuer für die vorausgegangenen Kalenderjahre, und zwar insoweit, als diese Steuer im Wege einer Neuveranlagung heraufzusetzen gewesen wäre. Daran ist mit der Maßgabe festzuhalten, dass dies erst recht auch für materiell-rechtlich gebotene Nachveranlagungen auf vorausgegangene Stichtage gilt, und zwar im Umfang der gesamten dabei festzusetzenden Steuern. Entsprechendes gilt darüber hinaus aber auch, wenn auf den folgenden Hauptveranlagungszeitpunkt keine Erklärung abgegeben wird. Allerdings ist dann die einschlägige Strafnorm nicht mehr § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, sondern die Nr. 2 der Vorschrift. Die nicht erfüllte Erklärungspflicht bestand —wie ausgeführt— auch um dieser nachzuveranlagenden Steuer Willen. Mit dem Unterlassen der Erklärung auf den Hauptveranlagungszeitpunkt können daher mehrere Rechtsgüter verletzt sein, und zwar neben den Vermögensteueransprüchen des Hauptveranlagungszeitraums, auf dessen Beginn die Steuererklärung hätte abgegeben werden müssen, auch die Steueransprüche der —regelmäßig zwei— vorausgegangenen Neu- bzw. Nachveranlagungszeiträume. Einer Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung für diese Zeiträume bedarf es dazu nicht.
Hinsichtlich der Beendigung der Hinterziehung der nachzuveranlagenden Steuer durch Unterlassen gilt grundsätzlich dasselbe, was für die Hinterziehung der auf den nachfolgenden Hauptveranlagungszeitpunkt festzusetzenden Vermögensteuer gilt. Maßgebend ist, wann die zuständige Finanzbehörde die Veranlagungsarbeiten für den nachfolgenden Hauptveranlagungszeitraum abgeschlossen hat (vgl. dazu BGH in BStBl II 2002, 259, unter II.). Soweit mehrere Rechtsgüter betroffen sind, kann es allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Beendigung kommen. Bei Abschluss der Veranlagungsarbeiten für den nachfolgenden Hauptveranlagungszeitraum, der gemäß dem BGH-Beschluss in BStBl II 2002, 259 den Zeitpunkt der Beendigung darstellt, können die Steueransprüche für die vorausgegangenen Neu- bzw. Nachveranlagungszeiträume bereits festsetzungsverjährt sein. Die Festsetzungsfrist für derartige Steueransprüche beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vier Jahre und beginnt mangels einer Erklärungspflicht auf diese Stichtage gemäß § 170 Abs. 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres der Steuerentstehung. Kann aber die aufgrund des Unterlassens der Erklärungsabgabe auf den nachfolgenden Hauptfeststellungszeitpunkt unterbliebene Steuerfestsetzung für vorangegangene Veranlagungszeiträume ohne die Annahme einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr vorgenommen werden, ist die Unterlassungstat, die in der Nichtabgabe der Steuererklärung auf den nachfolgenden Hauptfeststellungszeitpunkt besteht, insoweit —d.h. bezüglich der Steueransprüche für die vorausgegangenen Neu- bzw. Nachveranlagungszeiträume— beendet. Der steuerliche Verkürzungserfolg ist dann insoweit eingetreten (vgl. BGH-Beschluss in BStBl II 2002, 259, unter II.2.b aa).
2. Im Streitfall hat der Kläger auf den Hauptveranlagungszeitpunkt keine Vermögensteuererklärung abgegeben. Damit steht der Verlängerung der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 auf zehn Jahre und infolgedessen auch einer Rechtzeitigkeit der angefochtenen Vermögensteuerbescheide für 1991 und 1992 nicht entgegen, dass es zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes einer Steuerhinterziehung bereits an einer Erklärungspflicht für 1991 und 1992 fehlt. Vielmehr wäre —bei Vorhandensein ausreichenden Vermögens— eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur dann zu verneinen, wenn es am subjektiven Tatbestand fehlte. Nach Ansicht des FG ist dies vorliegend auch der Fall. Diese Ansicht beruht jedoch rechtlich auf unzutreffenden Vorstellungen darüber, was dem Kläger bewusst gewesen sein muss, sowie tatsächlich auf unzureichenden Feststellungen.
a) Für den erforderlichen Hinterziehungsvorsatz reicht es aus, wenn der Kläger Vermögensteueransprüche zumindest für möglich gehalten hat und diese verkürzen wollte. Hinsichtlich der Erklärungspflicht auf die Hauptfeststellungszeitpunkte reicht es aus, dass ihm bewusst war, mit der Erklärung des Vermögens zu bestimmten Stichtagen Nachforschungen darüber auszulösen, wann er das Vermögen erworben hat.
b) Die tatsächlichen Feststellungen, auf die das FG das Verneinen eines Hinterziehungsvorsatzes stützt, stehen in Widerspruch zu den Feststellungen, die es an anderer Stelle getroffen hat. Bei der Ablehnung eines Hinterziehungsvorsatzes geht es davon aus, dass die auf den Konten angelegten Gelder Fremdvermögen gewesen seien und der Kläger daher gar nicht auf die Idee gekommen sei, vermögensteuerpflichtig zu sein. Demgegenüber führt es bei der Prüfung, ob es sich bei den Geldern wie behauptet um Treuhandvermögen gehandelt hat, eine Reihe von Gesichtspunkten an, die dagegen sprechen. Diese Gesichtspunkte hätten in die Prüfung des Hinterziehungsvorsatzes einbezogen werden müssen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Da dies nicht geschehen ist, war die Vorentscheidung bezüglich der Vermögensteuer 1991 und 1992 aufzuheben.
3. Die Sache ist nicht spruchreif und zu einer erneuten Prüfung des Hinterziehungsvorsatzes an das FG zurückzuverweisen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Akten einen Hinweis auf eine Fachoberschulausbildung des Klägers enthalten und das FG vorgetragen hat, der Kläger sei mindestens seit 1989 steuerlich beraten gewesen. Darüber hinaus wird auch das Anlageverhalten des Klägers zu würdigen sein. Dass beim Kläger am und 1992 ein die Freibeträge nach dem VStG und dem BewG übersteigendes Vermögen vorhanden war, hat das FG im Zusammenhang mit der Prüfung der Vermögensteuerpflicht auf den und 1995 festgestellt. Dazu wird auf die nachfolgenden Ausführungen zu B. Bezug genommen.
B. Die Revision des Klägers ist zwar zulässig, aber unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Die Rüge des Klägers, das FG habe es unterlassen, den Schwager zum Verfahren beizuladen, und damit gegen § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verstoßen, greift nicht durch. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung liegen nicht vor. Es fehlt bereits daran, dass über das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses nur einheitlich entschieden werden könnte.
2. Die Rüge, das FG habe § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 verletzt, greift ebenfalls nicht durch. Auch das FG geht wie der Kläger davon aus, dass das Vermögen, welches zu den Stichtagen auf den Namen des Klägers auf den verschiedenen Bank- und Depotkonten angelegt war, dem Kläger dann nicht zugerechnet werden könnte, wenn es ihm nur treuhänderisch überlassen worden wäre. Das FG hat jedoch gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO die Überzeugung gewonnen, bei dem auf den Konten des Klägers angelegten und seiner Verfügungsmacht unterliegenden Vermögen handle es sich nicht um Fremdvermögen und der Kläger sei auch nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet gewesen. Bestimmend dafür war, dass das Vermögen nicht getrennt vom übrigen Vermögen des Klägers verwaltet worden ist, dass schriftliche Absprachen fehlen, und dass keine konkreten Angaben über die Ausgestaltung des behaupteten Treuhandverhältnisses oder einer Rückzahlungsverpflichtung gemacht werden konnten. Die solchermaßen begründete Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussage des als Zeugen vernommenen geistlichen Oberhaupts der…ist so vage und allgemein gehalten, dass sie dem Entscheidungsergebnis des FG nicht entgegensteht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1061 Nr. 6
wistra 2006 S. 433 Nr. 11
QAAAB-81263