OFD Frankfurt am Main - S 7410 A - 1/83 - St I 1.30

Vermietung und Verpachtung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft

1 Neue Rechtsgrundsätze durch EuGH- und BFH-Rechtsprechung

Der , BStBl 2005 II S. 896, (Anschlussurteil an , Harbs, UR 2004 S. 543) entschieden, dass die Umsätze aus der Verpachtung eines Teils des landwirtschaftlichen Betriebs nicht der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG unterliegen, auch wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs nach der Verpachtung in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist.

Die neue Rechtsprechung wirkt sich auf die umsatzsteuerliche Beurteilung sämtlicher Vermietungs- und Verpachtungsleistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft aus. Die Folgen werden im →  BStBl 2005 I S. 1065 – erläutert.

2 Einzelfragen zur (Teil)betriebsverpachtung

2.1 Steuersatz

Die Pachteinnahmen sind dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist nicht anzuwenden, denn die Steuersatzbegünstigung gilt nur für die Vermietung, nicht jedoch für die Verpachtung von Gegenständen.

2.2 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Hat der Landwirt vor der Verpachtung seines (Teil)betriebes für seine Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG angewendet, können unter Umständen Vorsteuerberichtigungen erforderlich werden, denn der Wechsel der Besteuerungsform stellt eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15a UStG dar (§ 15a Abs. 7 UStG). Soweit die Pacht auf steuerpflichtig überlassene Wirtschaftsgüter entfällt, bei denen der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist, ist dem Unternehmer die auf den restlichen Zeitraum entfallende anteilige Vorsteuer zu seinen Gunsten zu erstatten.


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Beispiel:
 
Ein Landwirt der die Durchschnittssatzbesteuerung nach
§ 24 UStG anwendet, erwirbt im Januar des Jahres 01 einen
Mähdrescher für 200.000 € zzgl. 30.000 € USt. Ab dem Jahr 02
überlässt er den Mähdrescher im Rahmen einer der Regelbe-
steuerung unterliegenden Betriebsverpachtung.
 
Im Jahr 01 entfällt der Vorsteuerabzug (§ 24 Abs. 1 Satz 4
UStG). In den Jahren 02 bis 05 erhält der Unternehmer eine
Vorsteuererstattung nach § 15a UStG von jeweils 6.000 € (⅕
von 30.000 €).

Soweit die Pacht für steuerfrei überlassene Wirtschaftsgüter gezahlt wird (Grundstück, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, keine Option nach § 9 UStG ausgeübt), entfällt eine Vorsteuerberichtigung.

Zur Vorsteuerberichtigung durch den Wechsel der Besteuerungsform für Eingangsumsätze bis zum vgl.  BStBl 1995 I, S. 339 und ab dem vgl. Abschnitt VII. des → (BStBl 2005 I S. 1068).

2.3 Abwicklungsumsätze

Umsätze, die bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen (Teil)betriebs noch auf der Bewirtschaftung des bisherigen Betriebs(teils) beruhen (z. B. Verkauf von Erntevorräten, oder von Maschinen die der Pächter nicht übernommen hat), unterliegen nicht der Besteuerung des § 24 UStG, da die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung einen aktiven landwirtschaftlichen Betriebs(teils) voraussetzt ( BStBl 1993 II S. 696, Abschnitt 264 Abs. 6 Satz 1 UStR).

Auch hier ist auf eine eventuell vorzunehmende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu achten (vgl. insbesondere zum Verkauf zurückbehaltenen Umlaufvermögens die Vereinfachungsregelung in Rz 56 des a. a. O.).

2.4 Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs nach vorangegangener Verpachtung

Auch die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach Ablauf der Pachtzeit ist kein Umsatz, der unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG fällt.

In der Regel wird es sich um eine Geschäftsveräußerung i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG handeln, die für sich allein gesehen wegen der fehlenden Steuerbarkeit keine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15a UStG bewirkt. Der erwerbende Unternehmer (z. B. Sohn) tritt in diesem Fall an die Stelle des Veräußerers (z. B. Vater) und übernimmt auch die noch laufenden Berichtigungszeiträume für die übertragenen Wirtschaftsgüter (§ 15a Abs. 10 UStG).

Eine Änderung der Verhältnisse tritt jedoch ein, wenn der Erwerber seine Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG unterwirft und somit ein Wechsel der Besteuerungsform erfolgt. Soweit dem Veräußerer für die übertragenen Wirtschaftsgüter ein Vorsteuerabzug zustand, kann durch die Veräußerung eine beim Erwerber vorzunehmende Vorsteuerberichtigung für bisher steuerpflichtig verpachtete Wirtschaftsgüter ausgelöst werden.

2.5 Wirtschaftsüberlassungsverträge

Überlässt ein Betriebsinhaber einem Angehörigen seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrags, so sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für den Hofeigentümer – mit Ausnahme des Umstands, dass er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen vom Nutzungsberechtigten erhält – dieselben Rechtsfolgen abzuleiten, wie sie für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe gelten. Der Nutzungsberechtigte ist im Ergebnis einem Pächter gleichzustellen (Urteile vom , BStBl 1976 II S. 335 und vom  – IV R 104/90, Betriebsberater 1992 S. 1048).

2.6 „Eiserne Verpachtung”

Hingabe und Rückgabe des „eisernen Inventars” stellen keine Lieferungen dar. Ein sich bei der Rückgabe ergebender Mehrwert, den der Verpächter auszugleichen hat, ist Entgelt für eine sonstige Leistung des Pächters.

2.7 Aufteilung eines einheitlichen Pachtentgelts

Die pauschalen Aufteilungsgrundsätze zur Verteilung der Einheitswerte nach § 49 Bewertungsgesetz sind unter Berücksichtigung des Strukturwandels für eine sachgerechte Aufteilung des Pachtentgelts für Zwecke der Umsatzsteuer nicht geeignet. Bei der Aufteilung des Pachtentgelts in den steuerfreien Teil für die Verpachtung des Grundstücks (Grund und Boden, Gebäude, Gebäudeanteile, Außenanlagen) sowie in den steuerpflichtigen Teil für die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen (z. B. Getreidesilos, Güllebehälter) sind die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls maßgebend. Dabei ist auf eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten sachgerechte Aufteilung zu achten.

2.8 Höhe des Entgelts für die Verpachtungsleistung

Zahlungen, die der Pächter zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Verpächters leistet (z. B. Grundsteuer, Zinsen, Versicherungsbeiträge), sind Teil des Entgelts für die Verpachtungsleistung (§ 10 Abs. 1 UStG).

2.9 Behandlung von Gebäuden auf fremden Grund und Boden

Bei Baumaßnahmen des Pächters eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sind die Grundsätze des BMF-Schreibens zum Bauen auf fremden Grund und Boden vom (BStBl 1986 I S. 432) anzuwenden. Bleibt der Pächter jedoch bis zum Ende des Pachtvertrags wirtschaftlicher Eigentümer eines von ihm errichteten Bauwerks und findet unmittelbar an den Pachtvertrag anschließend die Hofübergabe an den Pächter statt, so ist keine Lieferung des Bauwerks an den Verpächter anzunehmen. Das Bauwerk auf fremden Grund und Boden nimmt dann an der Hofübergabe (Geschäftsveräußerung) nicht teil.

2.10 Ermittlung des Gesamtumsatzes für die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG

Soweit im Rahmen der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs lebendes und totes Inventar mitverpachtet wird, ist die Verpachtung des Inventars grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Wenn der nach § 19 Abs. 1 UStG maßgebende Umsatz (einschließlich der steuerpflichtigen Umsätze aus der Verpachtung) den Betrag von 17.500 € jährlich nicht übersteigt, kann die Kleinunternehmenregelung angewendet werden, d. h. die an sich geschuldete Umsatzsteuer wird nicht erhoben. Bei der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG kann dabei zu Beginn der Verpachtung auf den Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres abgestellt werden. Beginnt die Verpachtung zur Jahresmitte, so werden aus Vereinfachungsgründen die vor der Verpachtung erzielten Umsätze, die unter die Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG fallen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes des laufenden Jahres nicht berücksichtigt. Besitzt der Landwirt nur in einem Teil des Jahres die Unternehmereigenschaft, so ist, § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG sinngemäß anzuwenden.

Bei der Ermittlung der Umsatzgrenzen nach § 19 Abs. 1 UStG ist vom Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG abzüglich der darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, also i. d. R. aus Lieferungen oder unentgeltliche Wertabgaben, auszugehen. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist danach eine Kürzung um sonstige Leistungen, die mit Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ausgeführt werden, also z. B. Verpachtungen, nicht vorzunehmen.

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Fundstelle(n):
RAAAB-80885