BFH Beschluss v. - VI B 101/05

Kosten einer Auslandsreise als Werbungskosten

Gesetze: EStG § 12 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) kommt nicht in Betracht. Ebenso wenig rechtfertigt § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs —BFH— zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung der Rechtseinheit) die Zulassung der Revision. Die erhobene Verfahrensrüge (Verletzung des rechtlichen Gehörs —§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)—) liegt nicht vor.

1. a) „Grundsätzliche Bedeutung” kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Davon ist hier auszugehen.

b) Für den Abzug der Kosten einer Reise als Werbungskosten ist maßgebend, ob die Aufwendungen objektiv durch die besonderen beruflichen Gegebenheiten veranlasst sind und die Befriedigung privater Interessen i.S. des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist (ständige BFH-Rechtsprechung seit dem Beschluss des Großen Senats vom GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; vgl. , BFHE 127, 533, BStBl II 1979, 513 —zum Betriebsausgabenabzug—; vom VI R 47/95, BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10).

Für die Beurteilung der Frage, ob für eine Reise in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, hat die Rechtsprechung in erster Linie auf den Zweck der Reise abgestellt. Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, sind in der Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden. Etwas anderes kann in diesen Fällen nur dann gelten, wenn die Verfolgung privater Reiseinteressen den Schwerpunkt der Reise bildet (, BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369; vom VI R 81/00, BFH/NV 2005, 42).

Anders sind dagegen solche Reisen zu beurteilen, denen ein unmittelbarer beruflicher Anlass fehlt. Nach der Rechtsprechung des BFH führen solche Auslandsreisen nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist (z.B. , BFH/NV 1998, 449; in BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10; vom IV R 72/89, BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92; vom IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19; vom IV R 90/73, BFHE 120, 28, BStBl II 1977, 54). Andernfalls sind die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt (, BFH/NV 1998, 157; vom IV R 27/91, BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898, und in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). Zur Begründung beruft sich die vorgenannte Rechtsprechung im Wesentlichen auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Unter Hinweis auf die Beschlüsse des Großen Senats des (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) und in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 entnimmt sie der genannten Vorschrift ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für solche Reise-Aufwendungen, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs erfolgen (z.B. , BFHE 170, 528, BStBl II 1993, 612).

c) In Anbetracht dieser Rechtsprechung kommt dem Streitfall keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es sind keine neuen Gesichtspunkte erkennbar, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machten. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) insoweit auf die neue Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Behandlung der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verweisen, kann dem nicht gefolgt werden. Wie der Senat in der von den Klägern zitierten Entscheidung vom VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) ausgeführt hat, steht dem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG nicht entgegen, weil diese Kosten keinen Bezug zur privaten Lebensführung aufweisen. Das ist bei Reisen, die in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden, anders.

d) Im Übrigen geht das angefochtene Urteil von den genannten Rechtsprechungsgrundsätzen aus. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Finanzgericht (FG) unter Einbeziehung und Abwägung der einzelnen Umstände des Streitfalls dahin erkannt, dass die Studienreise nicht weitaus überwiegend beruflich, sondern privat veranlasst war. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie Schlussfolgerungen tatsächlicher Art sind einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 118 Rz. 30). Solche Verstöße sind jedoch im Streitfall nicht erkennbar.

2. Aus den genannten Erwägungen liegen auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative FGO) nicht vor.

3. Entgegen der Auffassung der Kläger ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Das FG ist bei seiner Entscheidung nicht von dem (BFHE 134, 325, BStBl II 1982, 69) abgewichen.

Nach dieser Entscheidung können Aufwendungen eines Professors für Geographie und Didaktik der Geographie für dessen Teilnahme an einer von einer Reisegesellschaft organisierten Gruppenreise nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn ein enger und konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit vorliege. Er könne den eigenen Bezug seiner Reise zu seiner beruflichen Tätigkeit dartun, wenn er nachweislich die Absicht gehabt habe, ein Buch über die geographischen Verhältnisse der Sahara zu schreiben, oder die Reise wegen eines von ihm für die Sahara erteilten Forschungsauftrags oder wegen einer anschließenden Semestervorlesung über dieses Thema unternommen habe. Im Streitfall hat das FG die Grundsätze dieses Urteils beachtet, einen engen und konkreten Bezug der Reise zur Tätigkeit des Klägers als Gymnasiallehrer jedoch verneint. Das FG ist dabei davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des Klägers als Lektor und Autor in keinem Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Streitjahr steht. Das ist nicht zu beanstanden.

4. Das FG hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Das Recht der Beteiligten auf Gehör verpflichtet das Gericht zwar, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das FG ist jedoch nicht verpflichtet, sich in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat. Daher liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2005, 932). Das ist hier nicht der Fall. Das FG hat das Vorbringen der Kläger in seinem Urteil dargestellt und sich damit —soweit es auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung für seine Entscheidung erheblich war—, hinreichend auseinander gesetzt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 739 Nr. 4
JAAAB-77610