Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen
Gesetze: StBerG § 3 Nr. 4, StBerG § 7
Instanzenzug:
Gründe
I. Die mit Wohnsitz in F/Deutschland gemeldete Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat sich in den Niederlanden unter der Berufsbezeichnung „Belastingsadviseur” niedergelassen. Sie bietet sowohl unter der niederländischen Anschrift als auch als Geschäftsführerin der J-GmbH & Co. KG mit Anschrift in F Hilfeleistung in Steuersachen an. Mit Bescheid vom untersagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) der Klägerin die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen unter Hinweis auf §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG).
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nicht gemäß § 3 Nr. 1 StBerG befugt sei, da sie nicht als Steuerberater bestellt sei. Auch auf § 3 Nr. 4 StBerG könne die Klägerin sich nicht berufen, da nach dieser Vorschrift nur grenzüberschreitende, vorübergehende Steuerberatungstätigkeiten erlaubt seien. Um solche handele es sich hier aber nicht, weil die Klägerin von dem Büro in F aus als Geschäftsführerin der GmbH & Co. KG Hilfe in Steuersachen leiste. Würden aber Dienstleistungen von einem im Inland eingerichteten Büro aus erbracht, sei der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Dienstleister nicht durch die Dienstleistungsfreiheit, sondern durch die Niederlassungsfreiheit geschützt und müsse die in Deutschland geltenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der Bezeichnung und Darlegung eines in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Grundes für die Zulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), liegt jedenfalls keiner dieser Zulassungsgründe vor.
1. Die mit der Vorschrift des § 3 Nr. 4 Satz 1 StBerG im Zusammenhang stehenden und für den Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) bedarf es daher nicht.
Der für § 3 Nr. 4 Satz 1 StBerG maßgebende Begriff der Dienstleistung i.S. des Art. 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und —ihr folgend— des BFH geklärt. Vom Erlaubnistatbestand dieser Vorschrift werden nur grenzüberschreitende, vorübergehende Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Denn zum einen sind nach Art. 49 EG nur solche Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige von Mitgliedstaaten verboten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Zum anderen sind Dienstleistungen i.S. des Art. 50 EG zeitlich beschränkte Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 50 Satz 3 EG: „vorübergehend”) in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden (vgl. 205/84, EuGHE 1986, 3755, 3801; vom Rs. C-55/94, EuGHE 1995, I-4165, 4195; vom Rs. C-215/01, EuGHE 2003, I-14847; Senatsbeschlüsse vom VII B 330/02, VII S 41/02, BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422, m.w.N.; vom VII B 99/03, BFH/NV 2004, 827; , BFH/NV 2004, 671).
Ebenso ist es nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteile in EuGHE 1995, I-4165, 4195 f.; vom Rs. C-131/01, EuGHE 2003, I-1659, und in EuGHE 2003, I-14847) geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine grenzüberschreitende Dienstleistung einen nur vorübergehenden Charakter hat. Dieser ist nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Wer dagegen in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen.
Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ist das FG im Streitfall zutreffend ausgegangen und hat dementsprechend untersucht, ob die von der Klägerin in Deutschland erbrachten Dienstleistungen —gemessen an den in dem EuGH-Urteil in EuGHE 1995, I-4165, 4195 dargestellten Kriterien— einen nur vorübergehenden Charakter haben, hat dies jedoch verneint. Wenn die Beschwerde die entsprechenden Feststellungen und Tatsachenwürdigungen des FG für nicht zutreffend hält, so wendet sie sich lediglich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).
2. Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist im Streitfall nicht gegeben, denn es ist weder dargelegt noch erkennbar, von welchem Rechtssatz aus den von der Beschwerde angeführten Urteilen des (EuGHE 2003, I-10155) bzw. des (BGHZ 154, 185) das FG im Streitfall abgewichen sein sollte. Beide Entscheidungen betreffen allein die nach Art. 43 ff. EG geschützte Niederlassungsfreiheit. Es wird indes von der Beschwerde schon nicht dargelegt, inwieweit die Klägerin in ihrer Niederlassungsfreiheit unzulässig beschränkt sein könnte, denn die Klägerin bestreitet gerade, sich mit ihrer steuerberatenden Tätigkeit in Deutschland niedergelassen zu haben bzw. dies zu beabsichtigen, und macht ausdrücklich geltend, dass sie sich in den Niederlanden beruflich niedergelassen habe und ihr die nach Art. 49 ff. EG geschützte Dienstleistungsfreiheit zustehe. Weshalb —wie es die Beschwerde meint— die bisherige Rechtsprechung des BFH in Anbetracht des genannten EuGH-Urteils einer Korrektur bedarf, ist daher nicht nachvollziehbar.
3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind weder dargelegt noch ersichtlich.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 831 Nr. 4
EAAAB-76618