Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen an die Industrie- und Handelskammern sowie an die Handwerkskammern (siehe auch AL-Fest Fach FestAllg Teil 15)
1 Allgemeines
Die Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Handwerkskammern (HWK) erheben von ihren Kammerzugehörigen u. a. Kammerbeiträge, die als öffentliche Abgaben in Form fester Grundbeträge sowie Umlagen festgesetzt werden. Beitragsbemessungsgrundlage ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. der Gewerbeertrag.
Da die IHK und die HWK Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind die Finanzbehörden gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet, den Kammern die zur Festsetzung der Kammerbeiträge erforderlichen Beitragsbemessungsgrundlagen mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht besteht nicht, soweit deren Erfüllung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre (§ 31 Abs. 1 Satz 2 AO).
Gem. § 31 Abs. 1 Satz 3 AO, der dem § 31 Abs. 1 AO durch das EURLUmsG angefügt wurde und ab dem anzuwenden ist, dürfen die Finanzbehörden den IHK und den HWK auf Ersuchen Namen und Anschriften ihrer Mitglieder, die dem Grunde nach zur Entrichtung von Abgaben im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet sind, sowie die von der Finanzbehörde für die Körperschaft festgesetzten Abgaben übermitteln, soweit die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung von in der Zuständigkeit der Körperschaft liegenden öffentlichen Aufgaben erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen.
2 Kammerzugehörigkeit
Im Bereich der HWK sind grundsätzlich alle Handwerksbetriebe kammerzugehörig.
Zur IHK gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der IHK entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten.
Nicht kammerzugehörig sind:
natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, wenn sie nicht im Handelsregister eingetragen sind;
landwirtschaftliche Genossenschaften, hierzu gehören
ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen;
Genossenschaften, die ganz oder überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält;
Zusammenschlüsse der vorstehend bezeichneten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals durch Rechtsverordnung vom Bundesministerium für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft zu bestimmenden Grenze;
Eigenbetriebe von Gemeinden und Gemeindeverbänden.
3 Verfahren
Die Mitteilung der Beitragsbemessungsgrundlagen erfolgt im Wege der Amtshilfe (§ 5 VwVfG) auf der Grundlage einer mit den Kammern getroffenen Rahmenvereinbarung grundsätzlich durch Datenträgeraustausch. Zur Durchführung dieses Verfahrens haben die Kammern so genannte Leitstellen eingerichtet (z. B. die Arbeitsgemeinschaft Kammerleitstelle für Bemessungsgrundlagen e. V. – AKG – in Dortmund). Die mit der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben befassten Angehörigen der Leitstellen sind nach Maßgabe des Verpflichtungsgesetzes (vgl. Anhang 32 zum Amtlichen AO-Handbuch 2005) auf die Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet worden. Die Verpflichtung zur Mitteilung der durch das Steuergeheimnis geschützten Daten besteht damit auch gegenüber den Leitstellen. Dies gilt auch insoweit, als diese Stellen im Einzelfall unter Bezugnahme auf die Rahmenvereinbarung die Finanzämter um entsprechende Auskünfte ersuchen.
4 Ausnahmen von der Mitteilungspflicht bzw. -befugnis
Die Mitteilung von Daten an die Kammern oder Leitstellen ist im Hinblick auf die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses insbesondere dann nicht zulässig,
wenn (bzw. solange) dem Finanzamt keine Gewerbeanmeldung (§ 138 Abs. 1, 1 a AO; § 14 GewO) vorliegt und die Kammerzugehörigkeit auch nicht (z. B. durch Sachverhalts- bzw. Erhebungsbogen) von der zuständigen Kammer bzw. der Leitstelle mitgeteilt wurde;
wenn zwar (objektive) Gewerbesteuerpflicht besteht, der Steuerpflichtige jedoch weder einer IHK noch einer HWK angehört (vgl. Tz. 2);
wenn keine (objektive) Gewerbesteuerpflicht besteht.
Mitteilungen für Zwecke der Erhebung (einschl. Vollstreckung) der festgesetzten Kammerbeiträge dürfen ebenfalls nicht gemacht werden.
Die Verpflichtung bzw. Befugnis der Finanzbehörde zur Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen schließt die Befugnis der Kammern zur Akteneinsicht nicht ein.
5 Sachverhalts- bzw. Erhebungsbogen der Kammern
In einigen Fällen senden die Kammern den Finanzämtern Fragebogen zu, die der Aufklärung unklarer Sachverhalte dienen sollen.
Die Beantwortung der Fragen ist zulässig, wenn nicht einer der Ausnahmetatbestände gem. Tz. 4 vorliegt. Liegt einer der Ausnahmetatbestände vor, ist nur dies der Kammer mitzuteilen.
Bei einer größeren Anzahl von Rückfragen anhand von Sachverhalts- oder Erhebungsbogen ist die OFD zu unterrichten (vgl. AL-Fest Fach FestAllg Teil 15 Tz. 2.6).
OFD Magdeburg v. - S 0131 - 8 - St 251
Fundstelle(n):
TAAAB-73055