BFH Beschluss v. - IV B 28/04

Instanzenzug:

Gründe

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten, klagten gegen die Erfassung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks, das zu dem verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörte, den der Kläger 1989 von seinem Vater übernommen hatte. Die Kläger machten geltend, bereits der Vater habe den Betrieb am kurz nach der Verpachtung am aufgegeben. Das Finanzgericht (FG) erhob Beweis durch Vernehmung des Vaters des Klägers darüber, ob dieser am bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) die Betriebsaufgabe erklärt hatte, und wies die Klage ab.

Mit ihrer wegen Nichtzulassung der Revision eingelegten Beschwerde berufen sich die Kläger vor allem auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und rügen ergänzend den Verfahrensmangel unterlassener Zeugenvernehmung.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Kläger haben weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt noch greift der Verfahrensmangel unterlassener Zeugenvernehmung durch.

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entsprechenden Weise dargelegt. Dazu hätten die Kläger ausführen müssen, dass nach ihrer Auffassung die erstrebte Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, und aus jüngster Zeit Senatsbeschluss vom IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783). Die Kläger haben aber weder ausgeführt, ob und in welchem Umfang die von ihnen angesprochenen Rechtsfragen umstritten sind, noch haben sie das allgemeine Interesse an der Klärung dieser Fragen über den entschiedenen Einzelfall hinaus dargelegt. Soweit die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darauf stützen, dass die Beweiswürdigung des FG nicht dem Rechtsstaatsprinzip entspreche und dass es fragwürdig sei, ihnen die „alleinige Beweislast” aufzubürden, obwohl sie eine Vielzahl an Beweisen und Indizien vorgebracht haben, die ihr „Vorbringen glaubhaft darzulegen” geeignet seien, haben sie keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, sondern tatsächlich die Beweiswürdigung des Gerichts angegriffen und damit nur das Interesse an einer Entscheidung in ihrem besonderen Einzelfall dargetan. Dem entsprechen die übrigen Ausführungen, die eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil im Stil einer Revisionsbegründung beinhalten. Dies reicht aber zur ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus (Senatsbeschlüsse vom IV B 206/01, BFH/NV 2003, 1394, und vom IV B 95/02, BFH/NV 2004, 949).

2. Auch die Verfahrensrüge unterlassener Zeugenvernehmung (§ 76 FGO) greift nicht durch. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, das FG habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es versäumt habe, den auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am benannten Zeugen E zur Frage der Betriebsaufgabe zu vernehmen. Die Vernehmung dieses Zeugen haben die Kläger ausweislich des Protokolls über die Beweisaufnahme vom zwar ausdrücklich beantragt, während in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ein solcher Antrag nicht protokolliert ist. Allerdings scheint der Umstand, dass sich das FG mit dem Antrag auf Vernehmung dieses Zeugen in dem angefochtenen Urteil befasst hat, darauf hinzudeuten, dass die Kläger einen solchen Antrag in der mündlichen Verhandlung wiederholt haben. Bei dieser Sachlage geht der Senat im Streitfall nicht von einem Rügeverzicht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) aus.

Unter den besonderen Umständen des Streitfalls hat das FG aber zu Recht die Vernehmung des Zeugen E mit der Begründung abgelehnt, dieser sei ein Zeuge vom Hörensagen und seine Aussage sei nur ein mittelbares Beweismittel, welches gegenüber der unmittelbaren Zeugenvernehmung des Vaters des Klägers „subsidiär” sei. Zwar ist auch die Vernehmung eines Zeugen, der aus eigener Kenntnis nur Bekundungen Dritter über entscheidungserhebliche Tatsachen wiedergeben kann, grundsätzlich zulässig, denn der Zeuge vom Hörensagen bekundet ein Indiz, dem nicht in jedem Fall von vornherein jede Bedeutung für die Beweiswürdigung abgesprochen werden kann, mag sein Beweiswert in der Regel auch gering sein (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1984, 2039; s. auch Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, Kommentar, 25. Aufl., § 286 Rn. 9 a, und zur begrenzten Zuverlässigkeit des Zeugnisses vom Hörensagen im Strafprozess: , NJW 1996, 448, unter IV.2.b). Ist danach eine Vernehmung als Zeuge vom Hörensagen auch im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich zulässig (vgl. Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Kommentar, FGO § 81 Rz. 19), so muss ihre unterstellte Durchführung aber den Schluss zulassen, dass bei einer solchen Vernehmung des Zeugen vom Hörensagen eine andere Entscheidung des FG möglich gewesen wäre (zum letztgenannten Darlegungserfordernis s. auch , BFH/NV 2003, 68, m.w.N.). Dies ist nach der Beweiswürdigung der Aussage des Vaters des Klägers, der nach dem Vorbringen der Kläger die Betriebsaufgabe im Jahre 1974 selbst erklärt haben soll, und auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des FG, jedoch nicht der Fall. Der 90-jährige Zeuge hatte bekundet, dass er sich sehr wohl an jahrzehntelang zurückliegende Ereignisse erinnern könne. Ob er die Betriebsaufgabe erklärt habe, könne er jedoch weder bestätigen noch verneinen.

Angesichts des Umstands, dass der Zeuge bei der Verpachtung Flächen für seine Pferdezucht zurückbehalten hat, erscheint es obendrein fraglich, ob zu diesem Zeitpunkt die Betriebsverpachtungsgrundsätze überhaupt anwendbar waren und eine Erklärung der Betriebsaufgabe zur Entstrickung der stillen Reserven geführt hätte.

3. Soweit die Kläger nach Mandatswechsel mit den Schriftsätzen vom und vom durch ihre neuen Prozessbevollmächtigten eine weitere Begründung gegeben haben, kann diese schon aus formellen Gründen nicht berücksichtigt werden. Die Beschwerdebegründungsfrist von zwei Monaten war nämlich bereits am abgelaufen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 322 Nr. 2
XAAAB-71117