BFH Beschluss v. - II B 129/04

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), Eheleute, sind Eigentümer eines selbstgenutzten, seit dem Jahr 1991 unter Denkmalschutz stehenden und seit 1999 teilweise vermieteten Grundstücks. Der Denkmalschutz erstreckt sich auf die gesamte Mehrheit baulicher Anlagen sowie die Gartenanlage.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lehnte den Antrag der Kläger ab, die Grundsteuer für 1999 bis 2001 sowie das I. und II. Quartal 2002 über den hinaus mit dem Ziel des Erlasses zu stunden. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage unter Bezugnahme auf sein Urteil gleichen Datums zu Az. 2 K 2068/01, das den Erlass der Grundsteuer für das Grundstück der Kläger für 1996 bis 1998 betrifft, mit der Begründung ab, der Mietwert und die erzielten Einnahmen hätten die zu berücksichtigenden Kosten 1999 um 73 668 DM, 2000 um 84 167 DM und 2001 um 77 543 DM überschritten. Es ging dabei von folgenden, im Urteil zu Az. 2 K 2068/01 dargelegten Grundsätzen aus:

Bei der Berechnung des Mietwerts sei auch der Garten zu berücksichtigen, obwohl die Aufwendungen dafür bei der Ermittlung des Rohertrags nicht abziehbar seien. Zu den nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) anzusetzenden Kosten zählten grundsätzlich die Werbungskosten im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG), soweit dem nicht gewichtige, aus dem Grundsteuerrecht abgeleitete Gründe entgegenstünden. Abziehbar seien auch die nach § 7 EStG ertragsteuerlich zulässigen Absetzungen für Abnutzung (AfA) in der normalen Höhe. Einkommensteuerrechtlich sofort abziehbare höhere Erhaltungsaufwendungen seien im Rahmen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG auf den voraussichtlichen Zeitraum der künftigen Nutzung des Gebäudes zu verteilen, der im vorliegenden Fall schätzungsweise 50 Jahre betrage. Diese Aufwendungen seien daher nur mit 2 % jährlich zu berücksichtigen. Rückstellungen für größere in der Zukunft zu erwartende Reparaturen (Instandsetzungs- und Erhaltungsaufwendungen) könnten erst gebildet werden, wenn von der Durchführung von zukünftigen Baumaßnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszugehen sei. Dies sei in den Streitjahren noch nicht der Fall gewesen. Nicht abzuziehen seien Aufwendungen, die in Abhängigkeit von den Gewohnheiten der Nutzer anfielen. Dazu rechneten die von den Klägern angesetzten Aufwendungen für Strom/Gas, Wasser, Heizung und Telefon in Höhe von insgesamt 8 952 DM für 1999, 7 786 DM für 2000 und 12 593 DM für 2001. Die Aufwendungen für die Gartenanlage seien nicht zu berücksichtigen, da die Kläger diese Anlage nicht in dem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hätten. Nur vom Denkmalamt vermittelte Besucher hätten Zugang zu der Anlage erhalten. Dies genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung,

  • in welcher Weise der Ansatz von größerem Aufwand (sowohl Erhaltungsaufwendungen als auch Herstellungskosten) zu erfolgen habe,

  • ob Aufwendungen, die in Abhängigkeit von den „Gewohnheiten der Nutzer” stünden, zu berücksichtigen seien und

  • ob die Anlage tatsächlich nicht in dem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei.

Zutreffend sei der Ausgangspunkt des FG, nur bei einem Dauerzustand der Unwirtschaftlichkeit eines Grundstücks einen Grundsteuererlass für begründet zu erachten und nicht in regelmäßigen Zeitabständen wiederkehrenden Aufwand lediglich ratenweise anzusetzen. Der Ansicht des FG, die mit der Sanierung zusammenhängenden Aufwendungen seien nur mit 2 % dieser Kosten zu berücksichtigen, könne aber nicht gefolgt werden. Die Verteilung auf 50 Jahre verstoße gegen allgemeine Erfahrungssätze. Ferner sei die neue höchstrichterliche Rechtsprechung zur ertragsteuerlichen Abgrenzung der Herstellungskosten von den sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen bei Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes auch für die Grundsteuer zu beachten. Erhaltungsaufwendungen seien zwar im Rahmen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG nur ratenweise anzusetzen, aber in einer Höhe, die berücksichtige, dass diese Aufwendungen regelmäßig wiederkehrten. In entsprechender Anwendung des § 10g Abs. 1 EStG sei eine Verteilung in Höhe von 10 % jährlich angemessen. Ginge man hingegen von einer Gebäuderestnutzungsdauer von 25 Jahren und von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen in gleicher Höhe aus, ergäbe sich ein Ansatz von jährlich 7 %.

Die Auffassung des FG, wonach in Abhängigkeit von den Gewohnheiten der Nutzer anfallende Aufwendungen wie Wasser- und Abwassergebühren, Kosten für Heizung, Gas- und Stromversorgung sowie Telefon einem Abzugsverbot unterlägen, widerspreche Abschn. 35 Abs. 2 Satz 9 der Grundsteuer-Richtlinien (GrStR) sowie näher bezeichneten Ausführungen in der Literatur.

Schließlich sei rechtsfortbildend zu klären, ob die Anlage tatsächlich nicht in dem üblicherweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Wie dieses in § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG enthaltene Erfordernis auszulegen sei, bedürfe höchstrichterlicher Klärung. Die Literatur weise darauf hin, dass diese Vorschrift offen lasse, wann ihre Voraussetzungen erfüllt seien. Bei der Auslegung müsse berücksichtigt werden, dass die Beziehung zwischen dem Grundsteuer- und dem Denkmalschutzrecht nicht einseitig an den auf den Denkmalschutz gerichteten Gemeininteressen festgemacht werden dürfe, sondern darüber hinaus die im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) rechtfertigungsbedürftigen Auswirkungen des Denkmalschutzes auf das Privateigentum einschließe.

Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) hinreichend darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Allein der Hinweis auf das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (, BFH/NV 2005, 1335, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch, wenn Verfassungsverstöße gerügt werden (vgl. z.B. , BFH/NV 2005, 894, m.w.N.). Bloße Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung genügen nicht (BFH-Beschlüsse vom X B 129/03, BFH/NV 2004, 979; vom VIII B 207/03, BFH/NV 2005, 1307, und vom V B 33/04, BFH/NV 2005, 1334, ständige Rechtsprechung).

2. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

a) Soweit die Kläger ihre Beschwerde auf die Frage, wie größerer Aufwand im Rahmen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG anzusetzen ist, stützen, machen sie selbst nicht geltend, dass die Frage in Rechtsprechung oder Literatur umstritten sei. Sie haben sich zudem nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Abziehbarkeit von Aufwendungen im Rahmen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG (insbesondere   8 C 3.89, BVerwGE 88, 46, BStBl II 1992, 577, und vom   8 C 23.97, BVerwGE 107, 133, BStBl II 1998, 590, sowie die darin zitierten weiteren Entscheidungen) auseinander gesetzt. Mit der bloßen Rüge, die Vorentscheidung verstoße gegen allgemeine Erfahrungssätze oder sei sonst fehlerhaft, machen die Kläger keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend.

b) Hinsichtlich der in Abhängigkeit von den Gewohnheiten der Nutzer anfallenden Aufwendungen weisen die Kläger zwar zutreffend darauf hin, dass in der Literatur von der Auffassung des FG abweichende Ansichten vertreten werden, wonach zu den anzusetzenden Verwaltungs- und Betriebsausgaben auch die Kosten für Heizung, Wasser, Straßenreinigung, Beleuchtung, Reinigung, Gartenpflege u.a. gehören (Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 8. Aufl. 2004, § 32 Rdnr. 5; Stöckel, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2003, § 32 GrStG Rdnr. 5). Sie haben sich aber nicht mit der Rechtsprechung des BVerwG auseinander gesetzt, wonach ein Anspruch auf Erlass der Grundsteuer wegen Unwirtschaftlichkeit eines unter Denkmalschutz stehenden Grundbesitzes voraussetzt, dass die Unrentabilität auf der Kulturguteigenschaft (kausal) beruht (Urteil in BVerwGE 107, 133, BStBl II 1998, 590; zustimmend Troll/Eisele, a.a.O., Rdnr. 5a; Stöckel, a.a.O., Rdnr. 6), obwohl das FA auf dieses Urteil bereits in der Einspruchsentscheidung vom und in der Klageerwiderung vom hingewiesen hat. Sie haben ferner nicht berücksichtigt, dass die vom FG nicht angesetzten Aufwendungen für Strom/Gas, Wasser, Heizung und Telefon nur vergleichsweise geringe Anteile an den vom FG errechneten Überschüssen der Einnahmen über die Aufwendungen ausmachen und ihre Berücksichtigung daher für sich allein noch nicht die Unrentabilität begründen würde.

c) Eine den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechende Begründung fehlt auch hinsichtlich der von den Klägern herausgestellten Frage, ob die Anlage tatsächlich nicht in dem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Die Kläger haben nicht dargelegt, inwiefern diese auf den Einzelfall bezogene und nach den konkreten Umständen zu beantwortende Frage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig sein soll. Meinungsunterschiede in Rechtsprechung oder Literatur dazu führen sie nicht an. Der Hinweis auf das Verhältnis von Grundsteuer- und Denkmalschutzrecht ist zu allgemein gehalten, um den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügen zu können.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 128 Nr. 1
VAAAB-70189