BFH Beschluss v. - II B 155/03

Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung für Steuerbescheid

Leitsatz

Dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts kommt Bindungswirkung für den Grunderwerbsteuerbescheid zu, die so weit wie sein notwendiger Inhalt reicht. Über materiell-rechtliche Einwände gegen die Festsetzung der Grunderwerbsteuer – einschließlich der Frage, ob der Wert der Gegenleistung oder die Werte i. S. des § 138 Abs. 2 oder Abs. 3 BewG als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen sind – kann hingegen nur im Rahmen der Anfechtung des Grunderwerbsteuerbescheids (Folgebescheid) entschieden werden. Entscheidungen in dem Grunderwerbsteuerbescheid können nur durch Einspruch gegen diesen Bescheid angegriffen werden.

Gesetze: BewG § 138

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb durch notariellen Grundstückskaufvertrag vom Grundbesitz in A zu einem Kaufpreis von 1 DM und verpflichtete sich zu Investitionen in den aufstehenden Gebäudekomplex. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stellte mit Bescheid vom den Grundstückswert auf den auf 25 433 000 DM fest. Mit seinem beim FA am eingegangenen Einspruch begehrte der Kläger den Ansatz der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nach der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 des GrunderwerbsteuergesetzesGrEStG—). Durch Änderungsbescheid vom stellte das FA den Grundstückswert auf 10 354 000 DM fest.

Mit Bescheid vom setzte das FA gegen den Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 890 155 DM fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom Einspruch ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das FA setzte durch Änderungsbescheid vom die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des Grundstückswerts von 10 354 000 DM auf 362 390 DM herab. Hiergegen legte der Kläger am Einspruch ein.

Die Einsprüche gegen die Grunderwerbsteuerbescheide verwarf das FA als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück.

Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Der Kläger hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Für die Darlegung dieser Zulassungsgründe muss der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu bedarf es eines konkreten und substantiierten Vortrags, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 152/02, BFH/NV 2004, 533; vom VII B 35/04, BFH/NV 2004, 1621). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgeworfen, wenn sich die Antwort ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt oder sie ohne weiteres so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (, BFH/NV 2002, 645).

Der Beschwerdebegründung fehlen Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Frage, welche Bedeutung dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines verspätet eingelegten Einspruchs gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid zukommt. Bereits aus dem Gesetz ist der Inhalt des Bescheids über die Feststellung des Grundbesitzwerts klar ersichtlich (vgl. § 138 Abs. 5 des BewertungsgesetzesBewG—). Die Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 der AbgabenordnungAO 1977—) dieses Feststellungsbescheids für den Grunderwerbsteuerbescheid reicht so weit wie sein notwendiger Inhalt. Über materiell-rechtliche Einwände gegen die Festsetzung der Grunderwerbsteuer —einschließlich der Frage, ob der Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG) oder die Werte i.S. des § 138 Abs. 2 oder Abs. 3 BewG (§ 8 Abs. 2 GrEStG) als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen sind— kann hingegen nur im Rahmen der Anfechtung des Grunderwerbsteuerbescheids (Folgebescheid) entschieden werden. Entscheidungen in dem Grunderwerbsteuerbescheid können nur durch Einspruch gegen diesen Bescheid angegriffen werden (§ 352 Abs. 2 AO 1977).

Da mithin die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, in welchem Verfahren über die Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 GrEStG zu befinden ist, nicht klärungsbedürftig ist, ist auch der Zulassungsgrund der „Fortbildung des Rechts” (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht ausreichend dargelegt.

2. Für den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) fehlt es ebenfalls an schlüssigen Darlegungen. Hierfür bedarf es der Gegenüberstellung einander widersprechender Rechtssätze in der angefochtenen Entscheidung einerseits und der bestimmt zu bezeichnenden angeblichen Divergenzentscheidung andererseits (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 42, m.w.N.).

Das Vorbringen, das FG habe bei seiner Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den (BFHE 159, 573, BStBl II 1990, 546) nicht berücksichtigt, genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der vom Kläger bezeichneten Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Hinsichtlich der Rüge des Klägers „zum Verfahrensweg” fehlt es bereits an der Bezeichnung einer Divergenzentscheidung. Im Übrigen verkennt der Kläger, dass der Grunderwerbsteuerbescheid kein Feststellungsbescheid ist und sich daher die Frage einer diesem Bescheid zukommenden Bindungswirkung nach § 182 Abs. 1 AO 1977 nicht stellt.

Auch eine Divergenz der Vorentscheidung zu dem (BFH/NV 2002, 794) ist nicht dargelegt. Insoweit rügt der Kläger nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG; dies genügt nicht den Anforderungen einer Divergenzrüge.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2053 Nr. 11
GAAAB-61245