OFD Düsseldorf - S 7200 A - St 443 S 7200 - 184 - St 431 - K

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Pfandgeldern bei „vermieteten” Mehrwegsteigen

Es wurde die Frage gestellt, wie Pfandgelder bei vermieteten Mehrwegsteigen zwischen Systemanbieter (Vermieter) und Erzeuger (Mieter) umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Hierzu wurde folgender Sachverhalt vorgetragen:

Eine Erzeugerorganisation (Mieter) mietet Mehrwegsteigen von einem Mehrwegsystembetreiber (Vermieter). Der Mieter erhält gegen Zahlung eines Entgeltes das Nutzungsrecht an den Steigen nach Maßgabe der Mietbedingungen. Eigentümer der Steigen bleibt der Vermieter.

Neben dem eigentlichen Nutzungsentgelt hat der Mieter einen Pfandbetrag an den Vermieter zu zahlen. Dieser Pfandbetrag wird bei Weitergabe an den Lebensmittel-Einzelhandel weiterberechnet und bei der Rückgabe an den Betreiber erstattet.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt Folgendes:

Bei Pfandgeldern handelt es sich um Entgelt für Lieferungen, da die Überlassung der Mehrwegsteigen durch den Mehrwegsystembetreiber an die Erzeugerorganisation als Verschaffung der Verfügungsmacht i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG anzusehen ist.

Zwar wird hier vertraglich ein mietähnliches Verhältnis vereinbart. Ausweislich der Nutzungsbedingungen des Mehrwegsystembetreibers sollen die Mehrwegsteigen allerdings „frei zirkulieren können”. Wohl deshalb wird den Mehrwegsteigenbenutzern auch „Verfügungsberechtigung” eingeräumt. Die Eigentumsvorbehaltsklausel besteht insoweit nur deklaratorisch. Ein dinglicher Herausgabeanspruch besteht nicht. Es ergibt sich aus den Bedingungen nicht, dass die Mehrwegsteigenbenutzer verpflichtet seien, die konkret überlassenen Mehrwegsteigen zurückzugeben. Vielmehr erfolgt eine Überwachung und Rückgabeverpflichtung nur bezogen auf die Anzahl eines bestimmten Steigentyps. Dies ist letztendlich auch Zweck des Systems, bei dem die Mehrwegsteigen durch den Einzelhändler und nicht durch die Erzeugerorganisation an den Mehrwegsystembetreiber zurückgegeben werden sollen. Daraus folgt, dass der Mieter der Mehrwegsteige, als die Erzeugerorganisation, die tatsächliche Sachherrschaft über die Mehrwegsteige erhält und dies im Ergebnis von den Beteiligten auch so gewollt ist.

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Zahlung des Pfandgeldes ausschließlich zur Sicherung des Rückgabeanspruchs geleistet wird. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Da die Sicherungsleistungen regelmäßig nach dem Wert der Warenumschließung festgelegt werden, dürfte es sich auch hier – unabhängig von einem möglichen Vertragstext- nicht um die Vermeidung künftiger Schadensfälle handeln, sondern um den sofortigen und völligen Ausgleich eines möglichen Verlustes. Aus der Verknüpfung der Überlassung des Leerguts gegen die „Sicherheitsleistung” folgt auch, dass die „Sicherheitsleistung” Gegenleistung für die Lieferung des Leerguts war. Aus diesem Grund scheidet die Annahme einer nicht steuerbaren Lieferung oder sonstigen Leistung aus.

Der Bundesfinanzhof hat – im , BStBl 1987 II S. 582 – eine wirtschaftliche Betrachtung vorgenommen und hinsichtlich der Pfandgebinde eine entgeltliche Lieferung angenommen. Danach soll trotz zivilrechtlichem Ausschluss des Eigentumsüberganges gleichwohl umsatzsteuerrechtlich von einer Verschaffung der Verfügungsmacht an den Gebinden ausgegangen werden, soweit an den Wiederbeschaffungskosten der Gebinde orientierte „Sicherheitsleistungen” erhoben werden und der Warenweg praktisch die Unverfolgbarkeit der Gebinde mit sich bringt.

Der zum Teil vertretenen Auffassung, dass die individuelle Verfolgbarkeit durch die Regelungen in den Nutzungsbedingungen gewährleistet sei, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, da trotz Dokumentationspflichten im praktischen Warenverkehr die Verfolgbarkeit bei der Einschaltung mehrerer Handelsstufen faktisch nicht gewährleistet ist. Selbst bei bestehenden Regelungen, dass nur Anzahl und Typ der Steigen festzuhalten sind, führt dies zu keiner anderen Betrachtungsweise. Wäre die Verfolgbarkeit stets gegeben, würde eine Pfandregelung überflüssig sein. Insofern dürften in aller Regel ähnliche Bedingungen anzunehmen sein, wie sie auch der BFH in seinem Urteilsfall vorgefunden hat. Beiden Sachverhalten ist gemeinsam, dass nicht verfolgbar ist, in welcher Einsatzstation die einzelnen Gebinde beschädigt oder zerstört werden.

Das Pfandgeld ist damit neben dem Nutzungsentgelt (Miete) Entgelt für die Lieferung der Mehrwegsteige (vgl. § 10 Abs. 1 UStG).

Demnach ist die Rückgabe der Mehrwegsteige umsatzsteuerrechtlich als Rücklieferung zu beurteilen. Insbesondere bleibt kein Raum, das nicht zurückgegebene Pfand als echten Schadensersatz zu behandeln.

Des Weiteren ist zu beachten, dass die umsatzsteuerrechtliche Würdigung der Leistungsbeziehung zwischen Mehrwegsystembetreiber und Erzeugerorganisation keinen Einfluss auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Leistungsbeziehung zwischen der Erzeugerorganisation und dem Handel hat.

Die Weiterlieferung der – mit Waren gefüllten – Mehrwegsteigen von der Erzeugerorganisation an die Einzelhändler ist eine einheitliche Warenlieferung. Die Lieferung des Pfandgutes ist als Warenumschließung unselbständige Nebenleistung zur Lieferung von Obst und Gemüse (vgl. Abschnitt 149 Abs. 8 UStR).

In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wird eine von den o.g. Grundsätzen abweichende umsatzsteuerrechtliche Würdigung bis zum nicht beanstandet.

OFD Düsseldorf v. - S 7200 A - St 443S 7200 - 184 - St 431 - K

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
DAAAB-57835