Abgrenzung von Arbeitslohn und Zuwendung aufgrund einer anderen Rechtsbeziehung; Zufluss von Arbeitslohn
Gesetze: EStG § 19
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Aus den von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorgetragenen Gründen ergibt sich die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht.
a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Entsprechend bestimmt § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), dass Arbeitslohn alle Einnahmen sind, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden. Einnahmen fließen dem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zu, wenn sie sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen.
Zuwendungen können auch dann Arbeitslohn sein, wenn sie nicht vom Arbeitgeber, sondern von dritter Seite kommen (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG). Erforderlich ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Ertrag seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Dagegen liegt Arbeitslohn nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt werden (, BFH/NV 2005, 884, m.w.N.).
b) Von dieser Beurteilung ist das Finanzgericht (FG) ausgegangen. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger ein geldwerter Vorteil zugewendet wurde. Diesen hat es darin gesehen, dass dem Kläger die GmbH-Anteile zu einem unter ihrem tatsächlichen Wert liegenden Preis verkauft wurden. Der Preisnachlass ist geldwerter Vorteil (vgl. , BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509, und I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512, sowie vom VI R 105/99, BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689). Das FG hat aus den Gesamtumständen den Schluss gezogen, der vergünstigte Erwerb der Anteile sei ganz überwiegend auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer zurückzuführen und beruhe nicht auf den Beziehungen zum Gesellschafter X (vgl. dazu , BFH/NV 2005, 702). Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden.
c) Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen durch einen Dritten Arbeitslohn i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt, wenn der Empfänger im Zeitpunkt der schuldrechtlich verbindlichen Übertragungszusage noch nicht Arbeitnehmer dieser GmbH ist, sondern sich noch in anderer ungekündigter Stellung befindet, ist nicht entscheidungserheblich. Denn im Zeitpunkt der Anteilsübertragung war der Kläger bereits Arbeitnehmer der GmbH. Auf den Zeitpunkt der Zusage () kommt es für die Frage des Zuflusses von Arbeitslohn nicht an. Denn Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn (vgl. , BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246). Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben (, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684; BFH-Urteil in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509). Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt (, BFHE 173, 65, BStBl II 1994, 254). So ist mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, der Zufluss eines geldwerten Vorteils in der Regel noch nicht verwirklicht (, BFHE 81, 225, BStBl III 1965, 83). Folglich fließt bei dem Versprechen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen Gegenstand zuzuwenden, Arbeitslohn nicht bereits mit der wirksamen Zusage, sondern erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft (, BFH/NV 1986, 306; vom VI R 155/85, BFH/NV 1990, 290).
d) Aus denselben Gründen kommt der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
a) Das FG hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) nicht verletzt. Das Recht der Beteiligten auf Gehör verpflichtet das Gericht zwar, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das FG ist jedoch nicht verpflichtet, sich in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat. Daher liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2005, 932). Das ist hier nicht der Fall.
Das FG hat, wie auch die Kläger zugestehen (vgl. Schriftsatz vom Bl. 9), ihr Vorbringen im FG-Verfahren im Tatbestand ausdrücklich dargestellt. Dort sind die Elemente, die den „Kauffindungsprozess” nach Meinung der Kläger beeinflusst haben, ebenso dargestellt wie das Strategiepapier des Z-Konzerns. Aus den Entscheidungsgründen (vgl. Bl. 11 des Urteils) ergibt sich zudem, dass der Verkauf der Beteiligung in zwei Tranchen aufgeteilt worden ist. In den Entscheidungsgründen hat sich das FG zwar nicht mit jedem einzelnen Vorbringen näher auseinander gesetzt. Es ist jedoch der Frage, ob besondere Umstände, „die den Verkaufspreis für die Ableitung des gemeinen Werts der GmbH-Anteile ausschließen würden”, im Einzelnen nachgegangen. Es hat dies letztlich unter Würdigung auch der von den Klägern erwähnten „Veranlassungsgründe des Z-Konzerns” verneint. An diese Würdigung ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, weil sie weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze verstößt. Der BFH ist nicht befugt, eine eigene Tatsachen- oder Beweiswürdigung an die Stelle der Würdigung des FG zu setzen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 54 f., 64 f.).
b) Die Entscheidung der Vorinstanz verletzt den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht deshalb, weil, wie geltend gemacht, die Streitsache mit den Beteiligten nicht tatsächlich und rechtlich erörtert worden ist.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll die Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen schützen. Der Anspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert. Das Gericht ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (, BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383).
Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (, BFH/NV 2000, 978, m.w.N.; , BFH/NV 2004, 799).
Nach diesen Kriterien ist im Streitfall das Recht der Kläger auf Gehör nicht verletzt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das angefochtene Urteil eine unzulässige Überraschungsentscheidung wäre. Dies haben die Kläger auch nicht geltend gemacht.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1796 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 1691
CAAAB-57789