Kein Ansatz von Pauschbeträgen für Auslandsübernachtungen bei offensichtlich unzutreffender Besteuerung
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Das Finanzgericht (FG) ist zu Recht davon ausgegangen, dass Übernachtungskosten anlässlich einer beruflichen Auslandsreise als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) anzuerkennen sind, wenn sie in tatsächlicher Höhe nachgewiesen werden. Einen solchen Einzelnachweis hat der Kläger nach den Feststellungen des FG nicht erbracht. Im Übrigen liegen für Übernachtungen im Ausland auch keine vom Gesetzgeber festgelegte Pauschbeträge vor.
Die Finanzverwaltung hat allerdings in Verwaltungsanweisungen bei fehlendem Einzelnachweis Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen zugelassen (für das Streitjahr 1999: R 40 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anhang 39 der Lohnsteuer-Richtlinien —LStR— 1999). Dabei handelt es sich um finanzamtliche Schätzungen nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) zur vereinfachten Sachverhaltsermittlung. Diese Verwaltungsanweisungen führen wegen des Gebots der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung und begründen grundsätzlich einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf Anwendung der Pauschalen (vgl. auch Blümich/ Thürmer, Einkommensteuergesetz, § 9a Rz. 41; Prinz in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 9a EStG Anm. 8, jeweils m.w.N.).
Gleichwohl sind die Pauschalen für Übernachtungen im Ausland nach der einschlägigen Verwaltungsanweisung (siehe H 40 —Übernachtungen im Ausland— LStR 1999) nicht anzusetzen, wenn „sie im Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würden”. Nur beispielhaft (und folglich nicht abschließend) für eine solche Besteuerung wird —unter Hinweis auf das (BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777)— angeführt, dass eine vom Normaltypus abweichende Art der Dienstreise, z.B. Klassenfahrt, nur geringe Übernachtungskosten verursacht. Bestehen Anhaltspunkte, dass die tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten die in den LStR genannten Pauschbeträge nicht unwesentlich unterschreiten, behält sich die Verwaltung also vor, weitere Ermittlungen über die Höhe der dem Steuerpflichtigen erwachsenen Kosten anzustellen.
Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass dem Kläger Übernachtungskosten in Höhe von 5 880 DM entstanden sind. Diese betragen lediglich rd. 1/3 des Gesamtbetrags in Höhe von 15 640 DM, den der Kläger unter Ansatz der in den LStR 1999 vorgesehenen Pauschbeträgen begehrt. Das FG hat deshalb die Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) bestätigt, dass der Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Bei den Feststellungen des FG handelt es sich um eine tatrichterliche Einschätzung und Würdigung, die im Rahmen eines nachfolgenden Revisionsverfahrens für den Senat bindend wäre (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
Der Kläger verkennt überdies, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH in Verwaltungsanweisungen enthaltene Pauschbeträge nur auf solche Sachverhalte anzuwenden sind, für die die Anweisungen nach dem Verständnis der Verwaltung gelten sollen (z.B. , BFHE 206, 154, BStBl II 2004, 962; vom VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779, jeweils m.w.N.). Bei Sachverhalten, für die die Finanzverwaltung die Anwendung der Pauschalen für Übernachtungen im Ausland ablehnt, kommt deshalb nur der Abzug der tatsächlichen Kosten aufgrund eines Einzelnachweises (ggf. —wie hier— in geschätzter Form) in Betracht.
In Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage ist nicht erkennbar, dass im Streitfall eine höchstrichterliche Leitentscheidung erforderlich sein sollte. Entgegen der Ansicht des Klägers weicht das FG mit seiner Entscheidung, dass die in den LStR 1999 vorgesehenen Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland im Streitfall nicht anzuerkennen sind, auch nicht von der Rechtsprechung des BFH ab (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom VI B 13/04, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst —DStRE— 2004, 932; vom I B 158/03, n.v.).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers des FG zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Ungeachtet der Frage, dass (auch) Verfahrensfehler vom Beschwerdeführer „darzulegen” sind (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 48), liegen derartige Fehler nur vor bei Verstößen des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 76, m.w.N.). Schutzziel des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist insbesondere die Gewährleistung einer Entscheidungsfindung in einem vorschriftsmäßigen Verfahren (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1166). Vom FG begangene Verfahrensfehler sind indessen nicht erkennbar. Die vom Kläger im —überdies verspätet eingereichten— Schriftsatz vom vorgebrachten Rügen richten sich im Kern gegen die Anwendung des materiellen Rechts. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann damit nicht erreicht werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1550 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 1696
NAAAB-56543