Wiedereinsetzung bei Diktatfehler oder Übertragungsfehler
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist nicht zulässig erhoben und war daher zu verwerfen. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Rechtsfrage voraus, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt; sie muss somit klärungsbedürftig und zudem im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein (vgl. etwa , BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die von ihr bezeichneten Rechtsfragen im Streitfall klärungsfähig sind.
Dies gilt zunächst für die von ihr bezeichnete Frage der Verschuldenszurechnung.
Das Finanzgericht (FG) hat in der Vorentscheidung festgestellt, dass der steuerliche Berater der Klägerin in seinem Schreiben vom…dieser den Eingang der Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) mitgeteilt und um Klärung gebeten hat, ob die Prozessbevollmächtigten mit der Klageerhebung beauftragt werden sollen. Diese Feststellung wird durch den Inhalt des in den Akten befindliche Schreiben bestätigt, in dem es u.a. heißt: „Da ich vom…in Urlaub bin, sollten wir vorher abklären, ob Klage erhoben werden soll, ob die Versicherung die Kosten übernimmt und ob wir den Kollegen S beauftragen sollen”. Damit war der steuerliche Berater jedenfalls bis zur Klageerhebung bevollmächtigt und von der Klägerin beauftragt, in der Streitsache weiter tätig zu werden bis zu seiner Entscheidung, selbst Klage zu erheben oder zumindest in geeigneter Weise einen Prozessbevollmächtigten hiermit zu beauftragen. Daher bestand zu diesem Zeitpunkt das für die Zurechnung eines Verschuldens i.S. des § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) notwendige Vertrauensverhältnis zur Klägerin fort. Somit wird im Streitfall entgegen dem Beschwerdevorbringen die Aussage des (BFHE 198, 36, BStBl II 2002, 426) nicht berührt, wonach dieses Vertrauensverhältnis mit der Kündigung des Vollmachtsvertrags (im Innenverhältnis) beendet wird.
Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass die Klägerin auch eine Divergenz der Vorentscheidung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zu dem bezeichneten Urteil nicht dargelegt hat.
Auch die Klärungsfähigkeit der von der Klägerin weiter bezeichneten Frage nach dem anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab des Prozessbevollmächtigten bei der Überprüfung ausgehender Schriftsätze auf Übertragungsfehler ist vorliegend nicht dargelegt. Selbst wenn ein Prozessbevollmächtigter, wie die Klägerin ausführt, sich grundsätzlich darauf verlassen darf, dass seinem zuverlässigen Büropersonal keine mechanischen Fehler wie Diktat- oder Übertragungsfehler unterlaufen, wäre bei Versendung eines mit einem derartigen Fehler (falsche Klagefrist) behafteten Schriftsatzes ein Verschulden in der Person des Prozessbevollmächtigen jedenfalls nur auszuschließen, wenn insoweit kein Organisationsfehler vorliegt, er somit seinem Personal zumindest entsprechende Anweisungen über die notwendige Kontrolle dieses Vorganges erteilt und deren Beachtung stichprobenweise überwacht hat (BFH-Beschlüsse vom I B 136/99, BFH/NV 2000, 1108; vom VII B 81/99, BFH/NV 1999, 1655; vom VII B 292/01, BFH/NV 2002, 1338). An einer entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend. Der bloße Hinweis auf die Möglichkeit einer stichprobenweisen Überprüfung der absendefertigen Schriftsätze durch den Prozessbevollmächtigten ist hierfür nicht ausreichend.
Im Übrigen ist nach der Vorentscheidung die Einlassung der Klägerin, dass es sich vorliegend um einen Übertragungsfehler einer Bürokraft, nicht hingegen um einen Berechnungsfehler des Steuerberaters gehandelt habe, nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden.
Aus Vorstehendem ergibt sich zudem, dass die Klägerin auch einen Verfahrensmangel der Vorinstanz (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) infolge fehlerhafter Nichtgewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) nicht dargelegt hat.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1352 Nr. 8
QAAAB-54854