Verdeckte Gewinnausschüttung bei zeitweise tatsächlich nicht durchgeführtem Anstellungsvertrag zwischen GmbH und beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 1
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 2 K 2366/02 (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1992 errichtete GmbH, die auf dem Gebiet der ...technik tätig ist und hier eigene Produkte entwickelt. Ihr beherrschender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer ist H. Er erhielt als Geschäftsführervergütung ein Festgehalt von jährlich 40 000 DM und eine gewinnabhängige Vergütung von 15 v.H. des Reingewinns. Der Anstellungsvertrag stand unter der Abmachung einer halbjährlichen Aktualisierung der Vergütungen zum 30. Juni und zum 31. Dezember. Am und mit Wirkung von diesem Tage an wurde der Anstellungsvertrag dementsprechend geändert. H erhielt nunmehr statt der Gewinntantieme eine Tantieme von 30 000 DM, die jedoch nur unter der Voraussetzung zu zahlen war, dass der Gesamtumsatz 500 000 DM überstieg. Am wurde der Vertrag nochmals geändert und das monatliche Bruttogehalt auf zunächst 6 800 DM bzw. am auf 9 800 DM erhöht. Nach der Änderungsvereinbarung vom erhöhte sich ab 1994 auch die Tantieme auf 50 000 DM. Ab wurde das Fixgehalt weiter erhöht und außerdem die bisherige Tantieme in eine nunmehr wieder am Gewinn orientierte Tantieme umgewandelt (30 v.H. des Handelsbilanzgewinns, höchstens 25 v.H. der Gesamtbezüge).
In den Streitjahren 1993 und 1994 wurden die Umsatzgrenzen von 500 000 DM deutlich überschritten. Die Klägerin erzielte Gewinne, wobei Verluste allerdings nur deswegen vermieden wurden, weil die Klägerin beträchtliche öffentliche Fördermittel einnahm.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) verstand die zugesagten Tantiemen als sog. Umsatztantiemen und behandelte sie mangels zeitlicher Begrenzung als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide blieb ohne Erfolg. Der Senat hat das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 163 abgedruckte Urteil des Finanzgerichts (FG) des Landes Brandenburg vom 2 K 891/98 K, G, F durch Urteil vom I R 69/01 (BFHE 199, 315, BStBl II 2003, 329) aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Er hat dazu ausgeführt:
„Nach den tatrichterlichen Feststellungen sah der mit H geschlossene Anstellungsvertrag in den in den Jahren 1992 bis 1994 geltenden Fassungen eine Anpassung des Vertrages hinsichtlich des Gehalts und der sozialen Leistungen „entsprechend der Ertragslage” der Klägerin jeweils zum Jahreswechsel und zum 30. Juni vor. Tatsächlich wurde das monatliche Gehalt des H nicht zum oder zum , sondern zum 1. September und zum erhöht. Es erscheint zweifelhaft, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Fremdgeschäftsführer mit solchen Erhöhungen einverstanden gewesen wäre. Es ist aber auch denkbar, dass die vertragliche Anpassungsklausel im Sinne einer halbjährlichen Anpassungsprüfung zu verstehen ist, die die Anpassung der Vergütungen im Laufe des jeweiligen Halbjahreszeitraums ermöglichte. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass in der Folgezeit eine Anpassung auch erst zum erfolgt ist. Das FG ist dem bislang nicht weiter nachgegangen. Dies wird im 2. Rechtsgang nachzuholen sein.”
Das FG ist dem nachgekommen und hat abermals zu Lasten der Klägerin entschieden: Es könne offen bleiben, ob die Gehaltsanpassung zum mit der vertraglichen Anpassungsüberprüfungsklausel übereinstimme. Denn „in jedem Fall indiziert das alsbaldige erneute Anheben der Bezüge bereits zum () die gesellschaftliche Überlagerung der Vertragsbeziehung”. Zumindest diese Anpassung zum sei erfolgt, obwohl sich keine nennenswerte Steigerung der Ertragslage abgezeichnet habe. Auf der anderen Seite sei in 1994 eine Anpassung unterblieben, obwohl sich in diesem Jahr eine Ertragsverbesserung ergeben habe. Nach allem fehle es in mehrfacher Weise an der tatsächlichen Durchführung des Vertrages in Gestalt der vereinbarten Gehaltsanpassungsüberprüfung, was wiederum verdeutliche, dass die getroffenen Vereinbarungen „zumindest teilweise von Anfang an nicht ernsthaft gewollt” gewesen seien. Nur das Verböserungsverbot verhindere die Annahme noch weiter gehender vGA. Das Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 2 K 2366/02 ist in EFG 2004, 1161 wiedergegeben.
Ihre —vom Senat erneut zugelassene— Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide ohne Hinzurechnung von vGA zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen tatsächliche Feststellungen lassen eine abschließende Entscheidung durch den Senat auch im 2. Rechtsgang nicht zu.
1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545; vom I R 27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111, jeweils m.w.N.).
2. Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Seines Erachtens rechtfertigt das „mehrfache Abweichen von der vertraglichen Vereinbarung (...) die Annahme, dass die Klägerin und der Gesellschaftergeschäftsführer die getroffenen Vertragsvereinbarungen zumindest teilweise von Anfang an nicht ernsthaft gewollt” hätten. Unterstellt man diese tatrichterliche Einschätzung als richtig (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), trägt sie nicht die daraus vom FG gezogenen Rechtsfolgen. Denn zumindest die erste Anpassung des ursprünglich geschlossenen Anstellungsvertrages zum entsprach der vereinbarten Anpassungsüberprüfungsklausel und wurde insofern zeitgerecht vorgenommen. Möglicherweise war auch die zweite Anpassung zum nicht zu beanstanden. Gleiches könnte für die Anpassung der Tantieme ab gelten, denn auch diese blieb im vorgesehenen Anpassungsturnus. Aus dem Rahmen der getroffenen Vereinbarung fiel lediglich die Festgehaltsanpassung zum um den Betrag von monatlich 3 000 DM. So gesehen wären dann aber lediglich diese Erhöhungsbeträge des Festgehalts ab —in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zu sog. Wiederkehrschuldverhältnissen (Urteil vom I R 65/94, BFHE 176, 571; vom I R 44/00, BFH/NV 2002, 543)— vGA. Bei derartigen Schuldverhältnissen besteht die Möglichkeit, einen Vertrag nur für eine gewisse Zeitspanne und nicht insgesamt als tatsächlich nicht durchgeführt anzusehen. Der Umstand, dass im Jahre 1994 keine weiteren Gehaltsanpassungen vorgenommen wurden, ändert daran nichts. Insbesondere lässt sich daraus nicht ableiten, die Gehaltsvereinbarungen seien in ihrer Gesamtheit von vornherein nicht ernstlich gemeint und gesellschaftlich veranlasst gewesen. Das gilt unabhängig davon, ob die wirtschaftliche Lage der Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Zahlung eines höheren angemessenen Gehalts ermöglicht hätte. Ein Gesellschafter kann für seine Gesellschaft entgeltlich, aber auch (ganz oder teilweise) unentgeltlich tätig werden und den Gegenwert für die von ihm erbrachte Leistung in der Gewinnausschüttung finden (vgl. z.B. , BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, 355; Senatsurteil in BFHE 176, 571). Dementsprechend ist es ihm auch unbenommen, als angestellter Geschäftsführer gegen ein vergleichsweise niedriges Gehalt tätig zu werden. Er ist nicht verpflichtet, dieses auf ein angemessenes, marktübliches Niveau anzuheben, auch wenn sich dies gegenüber der Gesellschaft rechtlich durchsetzen ließe.
3. Die Vorinstanz hat eine abweichende Auffassung vertreten. Ihr Urteil war aufzuheben. Es ist Sache des FG, im 3. Rechtsgang auf der Basis der vorstehenden Ausführungen die Angemessenheit der turnusmäßig angepassten Gehaltszuwendungen an H zu prüfen und hiernach die Höhe der vGA zu bestimmen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1374 Nr. 8
HFR 2005 S. 1002 Nr. 10
SAAAB-53689