Schätzung von Einnahmen bei Verletzung der Mitwirkungspflicht
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist jedenfalls unbegründet. Es liegt keiner der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) angeführten Gründe für die Zulassung der Revision vor.
1. Die vom Kläger im Einzelnen bezeichneten Rechtsfragen sind zum Teil schon deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil sie für die Entscheidung des Streitfalles nicht erheblich sind. Es ist vom Finanzgericht (FG) nicht behauptet worden, dass ein Steuerpflichtiger verpflichtet sei, sein Geld zinsbringend anzulegen oder sein Geld in den Gewerbebetrieb der Ehefrau zu investieren. Diese Fragen sind deshalb auch nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsbedürftig.
2. Es ist auch nicht klärungsbedürftig, sondern durch die bereits vorliegende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt, dass eine Hinzurechnung von Einnahmen nicht nur bei einem ungeklärten Vermögenszuwachs zulässig ist, sondern dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten (§ 90 der Abgabenordnung —AO 1977—) zur Folge haben kann, dass das Finanzamt zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgehen kann, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts die größte Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. , BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; vom X R 77/91, BFH/NV 1993, 547; vom V R 128/89, BFH/NV 1994, 109; , BFH/NV 1997, 730).
Im Streitfall ist das FG von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Kläger und einer dadurch bedingten Reduzierung des Beweismaßes ausgegangen. Deshalb weicht die Vorentscheidung auch nicht von den vom Kläger in der Beschwerdebegründung angeführten Entscheidungen des BFH und der verschiedenen FG ab. Denn diese Urteile betreffen nicht Fälle der Reduzierung des Beweismaßes wegen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten.
3. Es ist auch nicht klärungsbedürftig, ob es der Lebenserfahrung entspricht, dass Steuerpflichtige Beträge von mehr als 1 Mio. DM, wenn sie nicht alsbald benötigt werden, in der Regel nicht als Bargeld aufbewahren, sondern zinsbringend anlegen. Diese Frage ist vielmehr offensichtlich zu bejahen.
4. Auch im Zusammenhang mit dem behaupteten Verstoß gegen § 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Kläger einen Grund für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt. Die Auffassung des FG, die Zurechnung der Zinserträge sei im Rahmen der Steuerfestsetzung nach § 26b EStG ohne Bedeutung, war für das FG nicht entscheidungserheblich. Denn es hat die erstmals im Klageverfahren vorgetragene Behauptung des Klägers, die Beträge aus den Versicherungen seien seiner Ehefrau zuzurechnen gewesen, als nicht glaubhaft angesehen und seine Entscheidung nur zusätzlich („Im Übrigen ...”) darauf gestützt, dass die Zurechnung im Rahmen der Steuerfestsetzung nach § 26b EStG ohne Bedeutung sei. Ist das Urteil eines FG kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden und vorliegen (vgl. , BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524). Soweit der Kläger im Streitfall die Beweiswürdigung des FG über die Zurechnung der Zinserträge beanstandet, hat er einen Zulassungsgrund aber nicht schlüssig dargelegt. Denn die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzurechnen und im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüfbar (vgl. z.B. , BFH/NV 1999, 1612).
5. Die Revision ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, ob er verpflichtet gewesen sei, viele Jahre nach Verwirklichung des Sachverhalts Barabhebungen von seinen Konten nachzuweisen, wenn keine Unterlagen mehr vorhanden seien bzw. sein können, und ob das FG dann, wenn der Nachweis nicht gelinge, daraus negative Schlüsse ziehen könne. Diese Frage stellt sich für die Entscheidung des Streitfalles nicht in dieser Form. Denn entscheidend für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht vorliegt, kann nur sein, ob der Kläger alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um den von ihm behaupteten außergewöhnlichen Sachverhalt, er habe mehr als 2 Mio. DM bar aufbewahrt, aufzuklären. Diese Frage geht in ihrer Bedeutung jedoch nicht über den Streitfall hinaus und rechtfertigt damit nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Im Übrigen hat der Kläger auch deshalb nicht alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, weil er während des gesamten Verfahrens und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht bereit gewesen ist, den Aufbewahrungsort seiner angeblichen Bargeldbestände mitzuteilen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 835
BFH/NV 2005 S. 835 Nr. 6
JAAAB-44824