Keine stl. Anerkennung nachträglich vereinbarter Mehrarbeitsvergütungen für mitarbeitende volljährige Kinder
Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, § 12
Instanzenzug:
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.
Die Klägerin hat mit ihren volljährigen Kindern, die seit Jahren in ihrem Betrieb arbeiten, nachträglich Mehrarbeitsvergütungen für die Jahre 1988 bis 1991 von je 80 000 DM, zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung vereinbart und hierfür zum eine Rückstellung gebildet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) sowie das Finanzgericht (FG) haben diese Rückstellung nicht anerkannt, weil bei Arbeitsverträgen unter nahen Angehörigen rückwirkende Vereinbarungen über die Entlohnung bereits abgelaufener Zeiträume steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen seien. Die im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Anerkennung dieser Rückstellung von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung geklärt oder nicht entscheidungserheblich.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Verträge unter nahen Angehörigen der Besteuerung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen werden und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung der Vereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht.
Dieser sog. Fremdvergleich dient der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich oder dem Bereich der Einkunftserzielung zuzuordnen ist. Wegen des typischerweise fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen lässt sich nur auf diese Weise sicherstellen, dass Vertragsbeziehungen bzw. gesondert vereinbarte Leistungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) wurzeln (, BFH/NV 1998, 293; vom VIII R 29/97, BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386, und vom VIII R 74/96, BFH/NV 2001, 152).
Die Vergütungen aus einem Arbeitsvertrag mit nahen Angehörigen sind daher betrieblich veranlasst, wenn das Gehalt angemessen ist und dem entspricht, was ein Fremder unter vergleichbaren Umständen als Gegenleistung erhalten würde. Da anders als im Wirtschaftsleben bei Angehörigen nicht unterstellt werden kann, dass Leistungen nicht ohne Gegenleistung erbracht werden, sind nach der Rechtsprechung Gehaltszahlungen aufgrund eines Arbeitsvertrags unter Angehörigen aber steuerrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn das Gehalt der Höhe nach zu Beginn des Arbeitsverhältnisses feststeht oder bei Änderungen während des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft vereinbart wird. Rückwirkende Gehaltsvereinbarungen oder Sonderzahlungen werden in der Regel nicht anerkannt (, BFHE 107, 35, BStBl II 1972, 944; vom I R 223/74, BFHE 119, 453, BStBl II 1976, 734; vom IV R 214/85, BFHE 153, 520, BStBl II 1988, 877; vom VIII R 83/82, BFHE 155, 114, BStBl II 1989, 281; vom VIII R 207/84, BFH/NV 1989, 495; vom VIII R 69/98, BFHE 197, 475, BStBl II 2002, 353, und vom I R 78, 79/02, BFH/NV 2004, 86).
Die Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen stellen keine besonderen —ungeschriebenen— Merkmale des steuergesetzlichen Tatbestandes, sondern Beweiswürdigungsregeln dar.
Das FG bildet gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO seine Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt frei. Es bestehen mithin keine festen, starren Regeln der Beweiswürdigung (allgemein , BFHE 149, 536, BStBl II 1987, 679, 680). Im Übrigen gibt es auch keine festen gesetzlichen Regeln über den Beweiswert von Beweismitteln. Die Beweiswürdigung des FG ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht grundsätzlich entzogen. Sie ist nur revisibel, soweit Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder die Verfahrensordnung vorliegen. Das FG muss sich eine eigene Überzeugung bilden und dazu den Sachverhalt mit dem erforderlichen Grad der Gewissheit feststellen (, BFH/NV 2002, 1615, m.w.N.).
Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85 und 88 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie § 76 Abs. 1 FGO. Der Fremdvergleich ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines mit dem Tatbestand einer Einkunftsart zusammenhängenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben (§ 12 EStG) oder aber um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt (, BFHE 200, 372, BStBl II 2003, 243).
Diese vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Angehörigenverträgen verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht und sind vom (BStBl II 1996, 34, m.w.N.) grundsätzlich gebilligt worden. Das BVerfG hat die Rechtsprechung des BFH lediglich insoweit abgelehnt, als der BFH ernsthaft vereinbarte und durchgeführte Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten allein deshalb nicht berücksichtigt hatte, weil der Arbeitslohn auf ein sog. Oder-Konto überwiesen worden war. Ein einzelnes Indiz darf nach Auffassung des BVerfG nicht ausschlaggebend sein, wenn der Sachverhalt nicht beweisbedürftig sei und schon aus anderen Quellen mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne. Der BFH hat aufgrund dieser Entscheidung seine Rechtsprechung insoweit modifiziert, als nicht bereits jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltselemente vom Üblichen für sich allein stets zur steuerrechtlichen Nichtanerkennung eines Vertragsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen führt (, BFH/NV 1996, 320, 321; vom IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164, und in BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386, sowie in BFH/NV 2001, 152).
Die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs hat das FG auch unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine nicht ernstliche Vereinbarung zulassen (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 152). Die gebotene Gewichtung und Würdigung obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, so ist der BFH daran gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Urteile in BFH/NV 2001, 152; in BFH/NV 1996, 320, 322).
b) Soweit sich die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen darauf beziehen, ob die Arbeitsverhältnisse zwischen ihr und ihren Kindern steuerrechtlich wirksam zustande gekommen und ob Rückstellungen für verspätet ausgezahlte Gehälter steuerrechtlich zulässig sind, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. Denn das FA hat die seit Jahren bestehenden Arbeitsverhältnisse steuerrechtlich anerkannt. Auch handelt es sich nicht um verspätet ausbezahlten Arbeitslohn, sondern streitig sind ausschließlich nach Ablauf des Vergütungszeitraums vereinbarte Mehrarbeitsvergütungen, die nach den oben dargelegten Grundsätzen für Verträge zwischen nahen Angehörigen auf jeden Fall im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart sein müssen. Der Beschluss des BVerfG in BStBl II 1996, 34 erfordert insoweit keine Änderung der Rechtsprechung.
Entgegen dem Vortrag der Kläger hat der BFH die Nichtanerkennung rückwirkender Gehaltsvereinbarungen bei Angehörigenverträgen auch nicht aufgegeben. Die Kläger beziehen sich für ihre Auffassung zu Unrecht auf das (BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35). Nach dieser Entscheidung ist —entsprechend den Grundsätzen bei Angehörigenverträgen— die Leistung einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen, wenn die Leistung nicht klar und von vornherein vereinbart worden ist. Diesen Grundsatz hat der I. Senat des BFH nicht aufgegeben. Er hat lediglich dem Umstand, dass die Vereinbarung zivilrechtlich schwebend unwirksam war, keine Bedeutung beigemessen, wenn die Vereinbarung später rückwirkend wirksam geworden ist. Im Übrigen hat der I. Senat in einer späteren Entscheidung (Urteil in BFH/NV 2004, 86) an dem Erfordernis festgehalten, dass Leistungen (Gewinntantiemen) an den beherrschenden Gesellschafter im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart sein müssen.
Soweit die Kläger eine fehlerhafte Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das FG auf den Streitfall beanstanden, können Einwendungen gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht belegen (, BFH/NV 2003, 1214, ständige Rechtsprechung).
2. Die Kläger rügen ferner, das FG habe mit seinem bloßen Verweis auf das (BFHE 189, 413, BStBl II 1999, 771) einen möglichen Verstoß gegen den vom (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, Leitsatz 3) entwickelten sog. Halbteilungsgrundsatz nicht hinreichend geprüft und gewürdigt; außerdem habe der BFH in seiner Entscheidung auch nicht zutreffend zwischen steuerpflichtigem Einkommen und Gesamteinkommen unterschieden. Im Streitfall ergebe sich bei einer zutreffenden Vergleichsberechnung eine Belastungsquote von 56,93 v.H. Diese Rüge ist nicht schlüssig erhoben.
Abgesehen davon, dass eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung, wie ausgeführt, nicht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ausfüllt, ist die Frage jedenfalls nicht entscheidungserheblich.
Das BVerfG hat nämlich die Weitergeltung der Regelungen des Vermögensteuergesetzes (VStG) trotz des festgestellten Verstoßes gegen den Gleichheitssatz bis Ende 1996 ausdrücklich angeordnet (vgl. dazu auch , Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 2004, 616). Daraus folgt, dass unbeschadet des konkreten Inhaltes des Halbteilungsgrundsatzes und seiner verfassungsrechtlichen Geltung für die Einkommen- und Gewerbesteuer er jedenfalls auf das Streitjahr 1991 noch nicht anwendbar wäre.
3. Den Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO haben die Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Der Zulassungsgrund umfasst sowohl die Fälle der Divergenz als auch offensichtliche Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht.
a) Wird mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision die Abweichung des angefochtenen Urteils des FG von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts geltend gemacht, so sind tragende abstrakte Rechtssätze sowohl des FG-Urteils als auch der genannten Divergenzentscheidungen herauszustellen und einander so gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (, BFH/NV 2003, 1403).
Hingegen reicht es nicht aus, eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles oder bloße Subsumtionsfehler des FG geltend zu machen (, BFH/NV 2003, 495).
Das FG hat den Beschluss des BVerfG in BStBl II 1996, 34 ausdrücklich als Maßstab für seine Beweiswürdigung herangezogen. Sollte es im Rahmen der gebotenen Würdigung der gesamten Umstände einzelne Beweisanzeichen nicht berücksichtigt oder unzutreffend gewichtet haben, so lässt sich daraus jedenfalls noch keine Divergenz ableiten.
b) Wird eine unrichtige Würdigung des Sachverhalts oder eine unzutreffende Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Streitfall gerügt, so stellt dies allenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler dar, der nicht zur Zulassung der Revision führt, es sei denn, es handele sich um offensichtliche Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung (, BFH/NV 2003, 1445).
Für einen derartigen schwerwiegenden, qualifizierten Rechtsanwendungsfehler ist indes nichts vorgetragen worden.
4. Die Kläger beanstanden außerdem, das FG sei kaum auf den klägerischen Vortrag und die neueren Rechtsprechungstendenzen im angefochtenen Urteil eingegangen.
Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO; , BFH/NV 2000, 214, 215). Für eine schlüssige Verfahrensrüge muss indes —was nicht geschehen ist— dargetan werden, welche konkreten Aktenteile bzw. welche bestimmten Ausführungen nicht berücksichtigt worden sein sollen und inwiefern die angefochtene Entscheidung des FG auf der Nichtberücksichtigung beruhen kann.
5. Nach Ablauf der —verlängerten— Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) sind weitere Schriftsätze allenfalls noch als Ergänzung oder Erläuterung zu den innerhalb der Begründungsfrist bereits ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründen zu berücksichtigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1214).
Soweit nach Ablauf der Begründungsfrist in der umfangreichen Erwiderung mit Schriftsatz vom weitere Rügen, u.a. die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, erhoben worden sind, sind diese verspätet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 339
BFH/NV 2005 S. 339 Nr. 3
GAAAB-41186