Finanzministerium NRW

Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG)

Der Bundesrat hat am dem vom Bundestag am beschlossenen Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) zugestimmt. Damit steht dem Inkrafttreten der Gesetzesänderungen nichts mehr im Wege. Nachfolgend werden die Schwerpunkte des Gesetzes im Überblick dargestellt sowie die für die Beratungspraxis wichtigsten relevanten Änderungen im Einzelnen beleuchtet.

Mit dem Gesetz werden zahlreiche europäische Richtlinien zum in nationales Recht umgesetzt und nationale Rechtsvorschriften an die europarechtliche Entwicklung angepasst. Daneben enthält das Gesetz Änderungen zur Umsetzung der Rechtsprechung von EuGH und BFH. Das Gesetz dient darüber hinaus als „Omnibus-Gesetz” als Plattform für diverse Restanten aus vergangenen Gesetzesvorhaben. Es ist außerdem im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens gewissermaßen zum „Steueränderungsgesetz 2004” mutiert.

Im Einzelnen enthält der Gesetzesentwurf die folgenden wesentlichen Maßnahmen:

I. Im Bereich der Ertragssteuern:

1. Einkommensteuer

a. Grundsätzliche Verteilung von Vorauszahlungen bei langfristigen Nutzungsüberlassungen bei der Ermittlung der Überschusseinkünfte auf den Zeitraum, für den die Vorauszahlungen vereinbart sind – Ausnahme vom Abflussprinzip (§ 11 EStG)

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil IX R 65/02 vom entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass Erbbauzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung keine Anschaffungskosten des Erbbaurechts, sondern Entgelt für die Nutzung des Grundstücks sind. Danach wären die im Voraus oder in einem Einmalbetrag gezahlten Erbbauzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr ihrer Leistung sofort abziehbar.

Im Falle der uneingeschränkten Anwendung des Urteils hat der Gesetzgeber erhebliche Bedrohungen für das Steueraufkommen gesehen. Angeblich sollen nach Bekanntwerden des BFH-Urteils von der Immobilienbranche (Immobilienfonds, Bauträger) intensive Vorbereitungen für den Verkauf von Immobilien im Erbbaurecht getroffen worden sein, die zu Steuersparmodellen mit Immobilien geführt hätten.

Räumt z. B. eine Bauträger-GmbH für ein Grundstück ihres Betriebsvermögens Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Erbbaurecht ein, so könnten letztere die im Voraus gezahlten Erbbauzinsen sofort in voller Höhe im Kalenderjahr der Zahlung als Werbungskosten geltend machen. Bei der GmbH hingegen muss der Einmalbetrag über die Laufzeit der Vorauszahlung im Wege der Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens verteilt werden.

Die Änderung des § 11 EStG sieht deshalb vor, bei den Überschusseinkunftsarten im Voraus geleistete Ausgaben für eine langfristige Nutzungsüberlassung auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung vereinbart ist. Ausgeschlossen von dieser Regelung sind aus Vereinfachungsgründen Nutzungsüberlassungen bis zu fünf Jahren (z.B. Leasing), wenn wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Vorausleistung/Einmalzahlung sprechen (§ 42 AO).

Dem Leistungsempfänger mit Überschusseinkünften wird ein Wahlrecht eingeräumt, die entsprechenden Einnahmen sofort bei Zufluss oder gleichmäßig verteilt auf den Zeitraum, für den die Vorauszahlung vereinbart ist, zu versteuern. Damit erfolgt eine Anlehnung an die bisherige Verwaltungsanweisung (vgl. BStBl 1996 I S. 1440), nach der aus Billigkeitsgründen empfangene Einmalzahlungen auf einen Zeitraum von 10 Jahren verteilt werden konnten.

Zeitlicher Anwendungsbereich:

Die Änderungen in § 11 EStG sind im Hinblick auf Erbbauzinsen und andere Entgelte für die Nutzung eines Grundstücks erstmals für Vorauszahlungen anzuwenden, die nach dem geleistet wurden (§ 52 Abs. 30 neu EStG). In allen übrigen Fällen gilt die allgemeine Regel in § 52 Abs. 1 EStG: Anwendung ab VZ 2005.

b. Festlegung der Bewertungsreihenfolge für Wertpapiere in Girosammelverwahrung sowie bei Fremdwährungsguthaben nach dem Fifo-Verfahren (§ 23 EStG)

Das Gesetz legt eine Veräußerungsreihenfolge für Wertpapiere in Girosammelverwahrung sowie bei Fremdwährungsguthaben fest. Dies führt zu einer deutlichen Verfahrensvereinfachung, die dem Steuerpflichtigen die Berechnung seines Veräußerungsgewinns nachvollziehbar macht und gewährleistet, dass die Kreditinstitute die für die Jahresbescheinigung nach § 24c EStG erforderlichen Daten schneller und einfacher liefern können.

Bei der Girosammelverwahrung im Sinne der §§ 5 ff. Depotgesetz erwirbt der Wertpapierinhaber – im Gegensatz zur namentlichen Aufbewahrung – lediglich Bruchteilseigentum an allen Wertpapieren derselben Art, die gemeinsam im Girosammeldepot verwahrt werden.

Zur Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Wertpapieren in Girosammelverwahrung hat der (BStBl 1994 II S. 591) entschieden, dass ein Veräußerungsgewinn nur dann nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 steuerpflichtig ist, soweit nach Art und Stückzahl ausgeschlossen werden kann, dass die veräußerten Wertpapiere außerhalb der Behaltensfrist angeschafft wurden. Lifo- und Fifo-Verfahren seien nicht anwendbar.

Dies hat zur Folge, dass bei einem Verkauf eines Teils des Gesamtbestands einer Wertpapierart zunächst der Teil als veräußert gilt, der außerhalb der Behaltensfrist angeschafft wurde. Wurden die restlichen bei demselben Verwahrer befindlichen Wertpapiere ebenfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft und nicht vollständig veräußert, gelten die zu den verschiedenen Zeitpunkten angeschafften Restbestände anteilig als veräußert. Ergibt sich dadurch ein Bruchteilsbestand eines Wertpapiers, ist dieser kaufmännisch zu runden.

Die Anschaffungskosten der Wertpapiere, bei denen die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist, sind als Durchschnitt der einzelnen Anschaffungskosten zu ermitteln. Dies gilt auch, wenn ausschließlich Wertpapiere veräußert werden, bei denen die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist, und eine andere Berechnung zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führen würde.

Die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft haben im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass diese Art der Ermittlung der Anschaffungskosten und des Anschaffungszeitpunktes in der Praxis umfangreiche und schwierige Sachverhaltsermittlungen nach sich zieht, die trotz des Einsatzes von Datenverarbeitungstechnik zu einem fehleranfälligen Berechnungsverfahren führt.

Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein können, gehören auch Geldbestände in fremder Währung. Werden Euro-Guthaben in eine Fremdwährung umgetauscht, wird damit das Wirtschaftsgut „Fremdwährungsguthaben” angeschafft. Der Umtausch dieses Guthabens in Euro oder in eine andere Fremdwährung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung ist ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Werden mehrere Beträge einer Fremdwährung auf ein Konto zu verschiedenen Zeitpunkten eingezahlt, entstehen die bei der Girosammelverwahrung angeführten Probleme der Verwendungsreihenfolge. Um diese zu beseitigen, wird auch bei derartigen privaten Veräußerungsgeschäften die Veräußerungsreihenfolge gesetzlich festgesetzt.

Die Worte „über dasselbe Fremdwährungskonto” am Ende der ursprünglichen Gesetzesentwurfsfassung wurden gestrichen, um auch die Fälle von mehreren Konten bei demselben Institut zu erfassen.

Beispiel:

Anleger Krug kauft Telekom-Aktien über das Girosammeldepot bei seiner Hausbank wie folgt:


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Datum
Kurswert
Stück
Anschaffungskosten
40
100
4000
30
100
3000
50
100
5000

Am verkauft er 200 Stück für insgesamt 14.000 beim Kurswert von 70.

Alte Rechtslage:


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Veräußerungserlös
14000
– 100 Aktien steuerfrei
7000
– durchschn. Anschaffungskosten der restlichen 100
4000
zu versteuernder „Spekulationsgewinn”:
3000

Neuer Bestand:


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Datum
Kurswert
Stück
Anschaffungskosten
1500
 
 
50
50
2500

Neue Rechtslage:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Veräußerungserlös
14000
– 100 Aktien steuerfrei
7000
– Anschaffungskosten der am erworbenen 100
3000
zu versteuernder „Spekulationsgewinn”:
4000

Neuer Bestand:


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Datum
Kurswert
Stück
Anschaffungskosten
50
100
5000

Zeitlicher Anwendungsbereich:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes im BGBl. in Kraft und ist über § 52 Abs. 1 EStG ab dem VZ 2005 zu beachten.

c. Günstigerprüfung (neues Recht oder altes Recht zur Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen) bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren (§§ 39b, 10c EStG)

Durch das Alterseinkünftegesetz ist mit Wirkung ab 2005 die einkommensteuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen mit dem langfristigen Ziel ihrer vollständigen Freistellung grundlegend umgestaltet worden.

Der Einstieg in diese Umgestaltung erfolgt mit einer steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 60 vom Hundert und steigert sich dann gleichmäßig. Um Schlechterstellungen in dieser Übergangsphase bis zur vollständigen Freistellung der Altersvorsorgeaufwendungen zu vermeiden, werden im Wege einer Günstigerprüfung mindestens so viele Vorsorgeaufwendungen bei der Ermittlung der einkommensteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt, wie dies nach dem bisherigen Recht möglich ist. Auch bei der Berechnung der Vorsorgepauschale (§ 10c Abs. 2 bis 4 EStG) wird eine entsprechende Günstigerprüfung altes/neues Recht im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt (§ 10c Abs. 5 EStG).

Diese Günstigerprüfung erfolgt hingegen nicht im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens, weil in § 39b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 EStG nicht auf § 10c Abs. 5 EStG verwiesen wird. Vielmehr ist bei der Ermittlung der Lohnsteuer immer die Vorsorgepauschale zu berücksichtigen, die sich nach neuer Rechtslage ergibt.

Insbesondere bei Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn, für die die Vorsorgepauschale nach der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10c Abs. 2 bis 4 EStG regelmäßig günstiger ist, führt dies zu einer im Verhältnis zur festzusetzenden Einkommensteuer zu hohen Lohnsteuer. Eine Korrektur im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommensteuer ist somit in einer Vielzahl von Fällen erforderlich.

Die Änderung stellt sicher, dass die Günstigerprüfung bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 5 EStG bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt wird. Damit wird eine Benachteiligung beim Lohnsteuerabzug, insbesondere von Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn, vermieden. Außerdem lässt sich in vielen Fällen eine Veranlagung zur Einkommensteuer vermeiden, wenn bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren die dem Arbeitnehmer zustehende Vorsorgepauschale in zutreffender Höhe berücksichtigt wird.

Die Günstigerprüfung wird im Übrigen im Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt, der vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder aufgestellt und bekannt gemacht wird (§ 39b Abs. 8 EStG). Gleiches gilt für den Programmablaufplan für die Herstellung von Lohnsteuertabellen zur manuellen Berechnung der Lohnsteuer (§ 51 Abs. 4 Nr. 1a EStG).

Zeitliche Anwendung:

Die Regelung zur Günstigerprüfung bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren tritt zum in Kraft.

d. Schließung von Besteuerungslücken bei der Kapitalertragsteuer, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts genutzt werden können (§ 43 EStG)

Durch eine Neuregelung des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG wird erreicht, dass bestimmte, bisher nicht kapitalertragsteuerpflichtige Sachverhalte nunmehr dem Steuerabzug unterliegen. Bisher konnten Körperschaften des öffentlichen Rechts dem hälftigen Kapitalertragsteuerabzug bei Dividenden dadurch ausweichen, in dem kurz vor Ausschüttung die Dividenberechtigung steuerfrei (da Steuerbefreiung des hoheitlichen Bereichs) veräußert wurde. Diese Veräußerung ist jetzt kapitalertragsteuerpflichtig.

Zeitliche Anwendung:

Die Neuregelung ist erstmals auf Entgelte anzuwenden, die nach dem zufließen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gilt dies nicht, wenn bereits vor dem Kabinettbeschluss (d.h. vor dem ) Dividendenansprüche veräußert worden sind (§ 52 Abs. 53a EStG).

e. Umsetzung der Änderungen zur Mutter-Tochter-Richtlinie (§ 43b EStG, Anlage zu § 43b EStG, § 8b Abs. 9 KStG)

Das System der Mutter-Tochter-Richtlinie 90/435/EWG sieht vor, für Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften über die Grenze die Doppelbesteuerung zu vermeiden. Zu diesem Zweck werden Dividenden und andere Gewinnausschüttungen auf der Ebene der Tochtergesellschaften von Quellensteuern befreit sowie derartige Einkünfte auf der Ebene der Muttergesellschaft freigestellt oder die auf diesen Einkünften lastende Körperschaftsteuer angerechnet. Die Änderungsrichtlinie 2003/123/EG des Rates vom (ABl. EU 2004 Nr. L 7 S. 41) sieht Erweiterungen und Verbesserungen vor, die aufgrund der Erfahrungen bei der Anwendung der Richtlinie 90/435/EWG sowie der Entwicklungen innerhalb des Binnenmarktes notwendig geworden sind. Durch die Richtlinie 2003/123/EG sollen weitere Hemmnisse behoben werden, die dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes aufgrund der steuerlichen Vorschriften für Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten entgegenstehen.

Aus diesen Gründen wird mit der Richtlinie 2003/123/EG

  • die Liste der Gesellschaften, auf die die Richtlinie Anwendung findet, um bestimmte Rechtsformen erweitert,

  • die Mindestbeteiligung, ab der eine Gesellschaft als Mutter- und die andere als ihre Tochtergesellschaft anzusehen ist, schrittweise gesenkt,

  • eine Betriebsstätte einer Muttergesellschaft unter bestimmten Umständen in ihren Anwendungsbereich einbezogen.

Das EURLUmsG überführt diese Änderungen in das EStG und KStG.

Weitere Änderungen ergeben sich aufgrund des Beitritts der Staaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern zur Europäischen Union zum .

Zeitliche Anwendung:

Die Richtlinie 90/435/EWG ist ab dem Zeitpunkt des Beitritts () auf die Beitrittsstaaten anzuwenden.

Die neuen Mindestbeteiligungsregeln nach Änderung der Mutter/Tochter-Richtlinie sehen eine stufenweise Absenkung der Mindestbeteiligung von bisher 25 % auf 10 % vor. Die Mindestbeteiligung beträgt für Ausschüttungen, die zufließen


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nach dem
20,00 %
nach dem
15,00 %
nach dem
10 %.

2. Körperschaftsteuer

a. Vororganschaftliche Mehrabführungen (§ 14 Abs. 3 KStG):

Die körperschaftsteuerlichen Regelungen zur Organschaft sollen nach der gesetzlichen Zielrichtung die Zurechnung der Ergebnisse der Organgesellschaft an den Organträger erfassen, die in organschaftlicher Zeit entstanden sind. Steuerlich relevante Sachverhalte, die vor der steuerlichen Wirksamkeit der Organschaft verwirklicht worden sind und die in organschaftlicher Zeit zu Mehr- oder Minderabführungen führen, sind dagegen nach den allgemeinen Bestimmungen zu behandeln. Die Verwaltung hat – dieser Zielrichtung entsprechend – Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, nicht nach den Regeln der Organschaft behandelt, sondern nach den allgemeinen körperschaftsteuerlichen Bestimmungen als Gewinnausschüttungen (R 59 Abs. 4 der Körperschaftsteuerrichtlinien 1995). Mehrabführungen liegen vor, wenn die handelsrechtliche Gewinnabführung höher ist als das steuerlich dem Organträger zuzurechnende Ergebnis.

Der Bundesfinanzhof ist in seinen Urteilen vom (I R 50/01, I R 51/01, I R 68/01) der Verwaltungsauffassung nicht gefolgt und hat die streitigen Mehrabführungen nicht als Gewinnausschüttungen, sondern nach den Regeln der Organschaft als Abführung behandelt.

Die Neuregelung schreibt die Verwaltungsauffassung gesetzlich fest und grenzt damit die Sonderbestimmungen der Organschaft klarer von den allgemeinen Bestimmungen des Halbeinkünfteverfahrens ab.

Satz 4 stellt klar, dass der Teilwertansatz beim Übergang von der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen ist.

von der Neuregelung besonders ehemals gemeinnützige Körperschaften als Organgesellschaften (z.B. Wohnungsbaugesellschaften) betroffen, die bei Wechsel in die Steuerpflicht ihre Steuerbilanzwerte mit dem Teilwert ansetzen konnten (§ 13 Abs. 3 KStG) und wegen der erhöhten steuerlichen Abschreibungen seitdem regelmäßig einen höheren handelsrechtlichen als steuerlichen Gewinn ausweisen.

Zeitliche Anwendung:

Die Neuregelung ist erstmals für Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem endet.

b. Auswirkungen einer Abwärtsverschmelzung auf die Bestände des steuerlichen Einlagekontos der beteiligten Gesellschaften (§ 29 Abs. 1 KStG)

Ist die übertragende Körperschaft an der übernehmenden Körperschaft beteiligt (Abwärtsverschmelzung), ist für eine zutreffende Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos vor Anwendung des § 29 Abs. 2 S. 3 bzw. Abs. 3 S. 3 KStG bei der übernehmenden Gesellschaft von einer Herabsetzung des Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 KStG auszugehen. Die Neufassung des § 29 Abs. 1 KStG entspricht der bestehenden Verwaltungsauffassung ( Rdnr. 39, BStBl 2003 I S. 786).

3. Gewerbesteuer

a. Anwendung der Grundsätze des Halbeinkünfteverfahrens bei der Gewerbesteuer von Personengesellschaften (§ 7 Satz 4 GewStG neu)

Das Gesetz sichert die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Personengesellschaft. Für die Ermittlung des Gewerbeertrags aus der Beteiligung einer Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft wird die Personengesellschaft wieder „transparent”: soweit natürliche Personen an der Personengesellschaft beteiligt sind, werden Erträge/Verluste zur Hälfte berücksichtigt, (§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG); soweit Körperschaften an der Personengesellschaft beteiligt sind, bleiben die Erträge/Verluste grundsätzlich in vollem Umfang außer Ansatz (§ 8b KStG).

Damit setzt das Gesetz die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung (Tz. 57 des  BStBl 2003 I S. 292) außer Kraft, die Gewinne/Aufwendungen aus einer Beteiligung einer Mitunternehmerschaft an einer Kapitalgesellschaft in vollem Umfang bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft berücksichtigen wollte.

Die Neufassung des § 7 GewStG verhindert, dass Unternehmen durch die unterschiedliche ertrag- und gewerbesteuerliche Behandlung von Beteiligungseinkünften einer Mitunternehmerschaft Steuergestaltungen einsetzen (Gewinne werden beispielsweise steuerbegünstigt in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft vereinnahmt, Vermögensverluste dann nach Wechsel hin zur Personengesellschaft steuerlich geltend gemacht).

Zeitliche Anwendung:

Der neue § 7 S. 4 GewStG ist über die allgemeine Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden.

b. Beseitigung von Gewerbesteuer sparenden Gestaltungsmöglichkeiten bei der Veräußerung von Betriebsgrundstücken (§ 9 GewStG)

Nach bisherigem Recht war es zweifelhaft, ob es einer Kapitalgesellschaft, die ein Betriebsgrundstück in eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft einbringt, möglich war, die Besteuerung nach § 7 S. 2 GewStG zu unterlaufen, indem die Veräußerung der Beteiligung an der Gesellschaft mittels der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG im Ergebnis wieder gewerbesteuerfrei gestellt wurde.

§ 7 S. 2 GewStG soll die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch eine Kapitalgesellschaft erfassen und Gestaltungen entgegenwirken, nach denen Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter zum Buchwert in Personengesellschaften einbringen und die Mitunternehmeranteile unter Aufdeckung der stillen Reserven anschließend gewerbesteuerfrei veräußern. Die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG widerspricht dem Gesetzeszweck. Die nunmehr gefundene Gesetzesregelung in § 9 Nr. 1 S. 5 f. GewStG schiebt der erweiterten Kürzung in diesem Bereich einen Riegel vor.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderungen in § 9 GewStG sind über die allgemeine Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden.

4. Umsatzsteuer

a. Neue Lieferortbestimmung für die Lieferung von Gas oder Elektrizität (§§ 3g, 13b UStG)

Durch die Gesetzesänderungen werden die Änderungen der 6. EG-Richtlinie durch die Änderungsrichtlinie Gas und Elektrizität des Rates vom (ABl. EU 2003 Nr. L 260, S. 8) in nationales Recht umgesetzt.

Bei der Lieferung an einen sog. Wiederverkäufer ist der Ort der Lieferung dort, wo ein entsprechender Abnehmer seinen Unternehmenssitz hat bzw. eine Betriebsstätte unterhält (Empfängersitzprinzip).

Bei Lieferung an andere Abnehmer (private oder unternehmerische Endverbraucher) ist der Ort der Lieferung dort, wo der tatsächliche Verbrauch bzw. die tatsächliche Nutzung stattfindet. Dies ist regelmäßig dort, wo sich der Zähler des Abnehmers befindet. Liefern aber solche Abnehmer das an sie über das Erdgasverteilungsnetz gelieferte Gas bzw. die Elektrizität weiter, etwa bei Weiterverkauf von Überkapazitäten, gilt als Ort der Lieferung der Sitzort des Abnehmers bzw. der Ort der Betriebsstätte des Abnehmers. Damit ist bei einem entsprechenden Weiterverkauf auch das Empfängersitzprinzip anzuwenden.

Die Einfuhr von Gas über das Erdgasnetz und Elektrizität wird von der Einfuhrumsatzsteuer befreit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 UStG.

Bei der steuerbaren Lieferung von Gas und Elektrizität durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Für leistungsempfangende Kleinunternehmer gilt dies jedoch nicht.

Beispiele:

Das deutsche Energieversorgungsunternehmen Edis liefert an einen polnischen Energieversorger mit Sitz in Krakau Elektrizität. Der polnische Energieversorger liefert die Elektrizität seinerseits an Abnehmer (Unternehmer und privat) mit unterschiedlichem Sitz- und Verbrauchsort in Polen.

Die Lieferung der Elektrizität (§ 3 Abs. 1 UStG) durch Edis wird nach § 3g Abs. 1 Satz 1 UStG am Sitzort des polnischen Energieversorgers in Krakau ausgeführt. Die Lieferung der Elektrizität durch Edis ist mithin im Inland nicht steuerbar. Die Steuerschuld für die in Polen durch Edis ausgeführte steuerpflichtige Lieferung von Elektrizität geht auf den polnischen Empfänger der Leistung über (Artikel 21 Abs. 1 Buchst. f 6. EG-Richtlinie). Edis (oder im Gutschriftsverfahren der polnische Abnehmer) hat nach Artikel 22 Abs. 3 Buchst. b 6. EG-Richtlinie eine (Netto-)Rechnung zu erstellen, in der auf die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft hingewiesen wird.

Unternehmer mit Sitz in Wuppertal betreibt ein energieintensives Galvanikunternehmen und kauft den Strom, den er für die Produktion in seinem Unternehmen benötigt, bei einem Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Frankreich ein, welches den Strom seinerseits in einem französischen Kernkraftwerk produziert.

Die Lieferung der Elektrizität (§ 3 Abs. 1 UStG) durch den französischen Energieversorger wird nach § 3g Abs. 2 Satz 1 UStG in Wuppertal ausgeführt, wo der Abnehmer den Strom verbraucht. Die Lieferung der Elektrizität durch den französischen Energieversorger ist mithin im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Die Steuerschuld für die in Deutschland ausgeführte steuerpflichtige Lieferung von Elektrizität geht auf den Unternehmer aus Wuppertal über (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz UStG). Betragsidentisch und zeitgleich ist der Unternehmer aus Wuppertal zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, kein Ausschluss nach § 15 Abs. 2 UStG). Der französische Energieversorger (oder im Gutschriftsverfahren der deutsche Abnehmer) hat nach §§ 14, 14a Abs. 5 UStG eine (Netto-)Rechnung zu erstellen, in der u.a. auf die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft hingewiesen wird.

Der deutsche Energieversorger EON gewährt dem französischen Energieversorger gegen Entgelt den Zugang zum Stromnetz, damit dieser über das EON-eigene Netz dem Wuppertaler Unternehmer den Strom zur Verfügung stellen kann.

Der Ort für die von EON an den französischen Energieversorger erbrachte sonstige Leistung „Gewährung des Zugangs zum Elektrizitätsverteilungsnetz” bestimmt sich nach § 3a Abs. 4 Nr. 15 UStG – neu – i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG und liegt demzufolge in Frankreich. Die Steuerschuld für die in Frankreich durch EON ausgeführte steuerpflichtige Dienstleistung geht auf den französischen Empfänger der Leistung über (Artikel 21 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 6. EG-Richtlinie). EON (oder im Gutschriftsverfahren der französische Abnehmer) hat nach Artikel 22 Abs. 3 Buchst. b 6. EG-Richtlinie eine (Netto-)Rechnung zu erstellen, in der auf die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft hingewiesen wird.

Zeitliche Anwendung:

Die Neuregelungen bzgl. der umsatzsteuerlichen Behandlung der Lieferung (Einfuhr) von Gas oder Elektrizität treten am in Kraft.

b. Streichung der Steuerbefreiung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter (§ 4 Nr. 8 Buchst. j UStG)

Es ist insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zum Erwerb und zum Halten von Gesellschaftsanteilen davon auszugehen, dass § 4 Nr. 8 Buchst. j UStG in den Fällen einer Geldeinlage im Ergebnis eine nicht steuerbare Leistung von der Umsatzsteuer befreit. Die Vorschrift geht daher insoweit ins Leere. In den Fällen einer Einlage von Dienstleistungen hingegen würde eine steuerbare Leistung EU-rechtswidrig von der Umsatzsteuer befreit. Die Vorschrift war daher aufzuheben.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

c. Bemessungsgrundlage für die nichtunternehmerische Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Wirtschaftsgütern – insb. Grundstücke/Gebäude (§ 10 Abs. 4 UStG)

Die Gesetzesänderung steht im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache C-269/00 – Seeling –, BStBl 2004 II S. 378 und 371, zu deren Umsetzung die BStBl 2004 I S. 451, und vom , BStBl 2004 I S. 468 und S. 469, bekannt gegeben worden sind.

  • Danach darf ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude – einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils – entfallenden Vorsteuerbeträge nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG abziehen.

  • Die (teilweise) Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und berechtigt daher zum Vorsteuerabzug.

Bis zum wurde gemäß § 10 Abs. 4 UStG der Umsatz bei sonstigen Leistungen für nichtunternehmerische Zwecke – nämlich Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands und unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung – nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, bemessen. Grundsätzlich zum folgt die Auslegung des Begriffs der Kosten neu den EG-rechtlichen Vorgaben (6. EG-Richtlinie) – s. dazu im Einzelnen das BStBl 2004 I S. 468.

Zum wird jetzt das Gesetz an die 6. EG-Richtlinie angepasst. Mit dem Begriff „Ausgaben” anstelle des bisherigen Begriffs „Kosten” wird der Wortlaut von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 UStG geändert. Die Konsequenzen sind Inhalt des bereits angeführten BStBl 2004 I S. 468. Zum einen sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts auf den für dieses Wirtschaftsgut nach § 15a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraum gleichmäßig zu verteilten.

Die Anwendung der ertragsteuerlichen Abschreibungs-methoden (z.B. lineare oder degressive Absetzung für Abnutzung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen) entspricht nach Auffassung des Gesetzgebers nicht mehr dem EG-rechtlichen Begriff „Ausgaben”, zumal sie die Ausgaben für die Anschaffung des Grund und Bodens völlig unberücksichtigt lassen. Nach Ablauf des jeweils nach § 15a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind die auf das Wirtschaftsgut entfallenden Ausgaben vollständig in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und in den Folgejahren nicht mehr als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Zum anderen zählen zu den Ausgaben auch die, die aus Zuschüssen finanziert worden sind.

Zeitliche Anwendung:

Die Gesetzesänderung zur Anhebung der Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertabgaben tritt (rückwirkend) mit Wirkung vom in Kraft. Verfassungsrechtliche Bedenken sieht der Gesetzgeber in dieser Rückwirkung nicht, da eine anderweitige Kostenermittlung nicht durch Gesetz oder Verordnung geregelt war. Ein sich aus Abschn. 155 Abs. 2 UStR 2000 möglicherweise ergebender Vertrauensschutz wurde bereits durch das o.a. (BStBl 2004 I S. 468) beseitigt.

d. Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zur Steuerermäßigung bei Solisten (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG)

Die Gesetzesänderung beruht auf dem , wonach für die Solistenleistungen an Konzertveranstalter – wie für Ensembles – der ermäßigte Steuersatz gewährt werden muss (vgl. hierzu auch das  BStBl 2004 I S. 449)

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

e. Keine Übertragung der Steuerschuldnerschaft, wenn der leistende Unternehmer Kleinunternehmer ist (§ 13b UStG)

Die Änderung dient der Klarstellung. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer Kleinunternehmer ist und bei ihm die Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

f. Neuregelungen zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs (§ 15a UStG)

Die Vorschrift ist nicht nur vollständig an die 6. EG-Richtlinie angepasst, sondern darüber hinaus auch neu gegliedert worden.

Der neue § 15a Abs. 2 UStG dehnt den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Wirtschaftsgüter aus, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, wenn sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert haben (ertragsteuerliches Umlaufvermögen). Die Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird.

Beispiel:

Grundstücksmakler Hai erwarb von dem Bauträger Bunzoll eine Ferienwohnung. Bunzoll veräußerte die Ferienwohnung an Hai für 200.000 € mit dem Hinweis im notariellen Kaufvertrag, auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG zu verzichten. Gleichzeitig ist der Hinweis auf die Übertragung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG Bestandteil des notariellen Kaufvertrags.

Hai erklärte die Umsatzsteuerschuld in Höhe von 32.000 € nach § 13b UStG und betragsidentisch den Vorsteueranspruch, weil er die Absicht nachweisen konnte, die Ferienwohnung im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit an einen gewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen umsatzsteuerpflichtig weiter veräußern zu wollen. Tatsächlich veräußerte Hai die Ferienwohnung jedoch an das Ehepaar Sorglos, die in der Wohnung ihren Lebensabend verbringen wollen, für 220.000 €.

Lösung:

Die nach § 4 Nr. 9a UStG mangels Unternehmereigenschaft des Ehepaares Sorglos zwingend steuerfreie Lieferung der Ferienwohnung durch Hai führt bei einem Wirtschaftsgut, das aus der Sicht des Hai (gewerblicher Grundstückshändler) zum Umlaufvermögen gehört, zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 2 UStG. Die aus dem Grundstückserwerb von Bunzoll nach Übertragung der Steuerschuldnerschaft resultierende Vorsteuer in Höhe von 32.000 € muss Hai für den Besteuerungszeitraum der Veräußerung in vollem Umfang zurückzahlen. Im Ergebnis erleidet Hai somit aus dem Handel mit der Ferienwohnung einen Liquiditätsverlust in Höhe von 12.000 €. Vor der Gesetzesänderung würde Hai aus dem Handel mit der Ferienwohnung, die als Umlaufvermögen des Hai auch bei Änderung der Verwendungsverhältnisse einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG nicht zugänglich war, einen Liquiditätsgewinn in Höhe von 20.000 € erzielen.

Der neue § 15a Abs. 3 UStG beseitigt eine bisher bestehende Regelungslücke. Geht in ein Wirtschaftsgut nachträglich ein anderer Gegenstand ein und verliert dieser Gegenstand dabei seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig oder wird an einem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgeführt, ist im Fall der Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG durchzuführen.

Beispiel:

Unternehmer Unruh lässt in einem dem Unternehmensvermögen zugeordnetenund wegen der gewerblichen Nutzung steuerpflichtig vermieteten Gebäude neue Fenster einbauen. Aufgrund der im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bestehende Verwendungsabsicht macht Unruh den Vorsteuerabzug aus den Fenstern in Höhe von 4.800 € (Rechnung über 30.000 € zzgl. 4.800 € USt) geltend. Im zweiten Jahr nach der Renovierung ziehen die gewerblichen Mieter aus und Unruh kann das Gebäude fortan nur noch steuerfrei an einen Bildungsträger vermieten.

Lösung:

Durch den Einbau in das Gebäude verlieren die Fenster ihre wirtschaftliche Eigenart als selbständig nutzungsfähige Wirtschaftsgüter. Durch die steuerfreie Vermietung ist eine Änderung der Verwendungsverhältnisse gegenüber der erstmaligen Verwendung eingetreten. Die Vorsteuer in Höhe von 4.800 € ist auf den Berichtigungszeitraum von 10 Jahren zu verteilen. Die jährliche Vorsteuerkorrektur beträgt 480 € zuungunsten des Unruh.

Eine Vorsteuerkorrektur ist neu nach § 15a Abs. 3 UStG auch dann durchzuführen, wenn das Wirtschaftsgut für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, aus dem Unternehmen entnommen wird, ohne dass dabei nach § 3 Abs. 1b UStG eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern ist.

Dies ist dann der Fall, wenn der Unternehmer beim Erwerb/bei der Einlage des Wirtschaftsguts nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war und das hinzugefügte Wirtschaftsgut, welches durch Verbindung mit dem ursprünglichen Wirtschaftsgut seine Eigenart verloren hat, keinen Bestandteil darstellt.

Beispiel:

Der Unternehmer hat am ein Fahrzeug (Oldtimer) von einem Nichtunternehmer erworben und beabsichtigt, dieses steuerpflichtig weiterzuveräußern. Er lässt dieses Fahrzeug für 7.000 € zzgl. 1.120 € USt lackieren und macht zulässigerweise den Vorsteuerabzug geltend. Später entscheidet er sich, das Fahrzeug dauerhaft für nichtunternehmerische Zwecke zu verwenden und ordnet es am dem nichtunternehmerischen Bereich zu. Der Unternehmer gibt seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich ab.

Lösung:

Die sonstige Leistung (Lackierarbeiten) wird kein Bestandteil des Fahrzeugs. Da der Unternehmer für das Fahrzeug oder seine Bestandteile keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnte, führt die Zuordnung des Fahrzeugs zum nichtunternehmerischen Bereich nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe. Gemäß § 15a Abs. 3 UStG ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 UStG vorzunehmen. Wegen Überschreitung der „Geringfügigkeitsgrenze” in Höhe von 1.000 € (§ 44 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 UStDV) entfällt die Vorsteuerberichtigung nicht.

§ 15a Abs. 4 UStG sieht für sonstige Leistungen, die nicht an einem anderen Wirtschaftsgut ausgeführt werden, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in Abhängigkeit davon vor, ob die sonstige Leistung nur einmalig oder mehrmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird. Dies betrifft z.B. EDV-Programme, Reinigungsleistungen, Beratungsleistungen für ein Unternehmenskonzept, eine Anzahlung für längerfristiges Mietleasing.

Der Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG und umgekehrt und der Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG und umgekehrt stellen jeweils eine Änderung gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen dar. Durch § 15a Abs. 7 UStG (neu) werden Unklarheiten in der Auslegung des Gesetzes beseitigt, die durch die Änderung des § 15a UStG zum entstanden sein könnten. Darüber hinaus sind die Durchschnittssatzbesteuerungsmöglichkeiten nach §§ 23 und 23a UStG (pauschaler Vorsteuerabzug) neu einbezogen worden.

Zeitliche Anwendung:

Die Neufassung des § 15a UStG tritt am in Kraft. Sie ist auf alle Vorsteuerbeträge anzuwenden ist, denen Umsätze zugrunde liegen, die nach dem ausgeführt werden, anzuwenden (§ 27 Abs. 11 UStG) Zudem sind die „Geringfügigkeitsgrenzen” in § 44 UStDV angehoben worden (1.000 € statt 250 € und 2.500 € statt 1.000 €).

Ein erläuterndes BMF-Schreiben ist zu erwarten.

g. Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Warengutscheinen (§ 17 Abs. 1 UStG)

Die Änderung des § 17 Abs. 1 UStG beruht auf der Rechtsprechung des EuGH, der die deutsche Finanzverwaltung schließlich gefolgt ist ( BStBl 2004 I S. 443). Es handelt sich folglich um die gesetzliche Verankerung der geltenden EU-konformen Verwaltungsauffassung, die alle Rabatt- und Vergütungsansprüche umfasst.

Das Umsatzsteuersystem ist darauf angelegt, dass nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet wird. Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Produktion bis zum Endverbrauch insgesamt nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher wirtschaftlich aufwendet.

Die Ergänzung des § 17 UStG um das Tatbestandsmerkmal der sog. wirtschaftlichen Begünstigung des unternehmerischen Leistungsempfängers bedeutet, dass sich die Bemessungsgrundlage bei dem Unternehmer mindert, der den Umsatz ausführt und den finanziellen Aufwand für die Vergütung (z.B. aus einem Preisnachlassgutschein oder Preiserstattungsgutschein) trägt, während bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, der Vorsteuerabzug unverändert bleibt, weil er die Vergütung nicht erhält. Nur dann, wenn der letzte nachfolgende steuerpflichtige Umsatz an einen Unternehmer bewirkt wird, der den Gutschein einlöst (d.h. dieser Unternehmer ist wirtschaftliche begünstigt) und der voll oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, mindert sich bei diesem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug um den im Nennwert des Gutscheins enthaltenen Umsatzsteuerbetrag.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

h. Aufzeichnungspflichten bei Forderungsabtretung und bei Haftung wegen Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 22 UStG)

Die Vorschrift beinhaltet Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit der Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung einer Forderung (§ 13c UStG) bzw. im Zusammenhang mit der Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 13d UStG)

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

i. Verlängerung der Übergangsregelung zur Besteuerung für die Beförderung von Personen mit Schiffen mit dem ermäßigten Steuersatz (§ 28 Abs. 4 UStG)

Nach geltendem Recht gilt für die Zeit bis zum der ermäßigte Steuersatz für die Beförderung von Personen mit Schiffen. Durch eine entsprechende Gesetzesänderung in § 28 Abs. 4 UStG wird diese Übergangsregelung bis zum verlängert.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

5. Abgabenordnung

a. Nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt verfahrensrechtlich nicht als rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 2 AO)

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Erteilung bzw. Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn ihre Vorlage Bestandteil des materiellen Besteuerungstatbestandes ist (vgl. zuletzt BStBl 2003 II S. 554, zur nachträglichen Vorlage einer Spendenbescheinigung nach § 48 Abs. 3 EStDV a.F.). In allen anderen Fällen ist sie lediglich Beweismittel.

In beiden Fällen soll grundsätzlich nur der Nachweis erbracht werden, dass eine bestimmte steuerrechtlich relevante Tatsache auch wirklich vorliegt. Obwohl letztlich in beiden Fällen das gleiche Ergebnis erreicht werden soll, ergeben sich durch die BFH-Rechtsprechung erhebliche verfahrensrechtliche Unterschiede.

Durch die Neufassung des § 175 Abs. 2 AO führt im Ergebnis dazu, dass erforderliche Bescheinigungen zeitnah vorgelegt werden müssen, um im Besteuerungsverfahren berücksichtigt zu werden.

Zeitliche Anwendung:

Die Neuregelung ist erstmals anzuwenden, wenn die Bescheinigung oder Bestätigung nach dem (Datum der dritten Lesung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag) vorgelegt und erteilt wird. Die Neuregelung ist nicht für die Bescheinigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen anzuwenden.

b. Einführung von Festgebühren im Verwaltungsvollstreckungsverfahren (§§ 337 bis 344 AO)

Die derzeit im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach der AO erhobenen Wertgebühren werden bei unveränderten Gebührentatbeständen durch Festgebühren ersetzt.

Zeitliche Anwendung:

Die Neuregelung tritt am in Kraft.

6. Investmentsteuergesetzes

Wiedereinführung der Besteuerung des Zwischengewinns

Bei der Verabschiedung des Investmentsteuergesetzes war von der Besteuerung des Zwischengewinns abgesehen worden, weil die Politik zu diesem Zeitpunkt noch von einer kurzfristig zu realisierenden Regelung zur Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Kapitalanlagen ausging. Z.Zt. ist nicht absehbar, ob und wann der Gesetzgeber zu einer solchen Neuregelung kommt. Um die Besteuerung von Investmentanteilen gegenüber der Direktanlage in Kapitalforderungen mit Stückzinsberechnung gleich zu behandeln, hat der Gesetzgeber die Besteuerung des Zwischengewinns wieder eingeführt. Dabei werden Anteile an in- und ausländischen Investmentvermögen gleichbehandelt.

Zeitliche Anwendung:

Die Bestimmungen über den Zwischengewinn sind erstmals auf Rückgaben, Veräußerungen oder Erwerbe anzuwenden, die nach dem stattfinden.

7. Änderung des Steuerberatungsrechts

Auf die ursprünglich vorgesehene Änderung des Steuerberatungsrechts, die eine weitgehende Liberalisierung des Berufsrechts der Steuerberater, die Zulassung des Syndikussteuerberaters, die Zusammenarbeit von Berufsträgern mit Personen, die nicht unter § 3 Steuerberatungsgesetz fallen (z.B. Kooperation von Steuerberatern mit Lohnsteuerhilfevereinen) sowie die Erweiterung der Befugnisse der Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte auf die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen vorsah, hat der Gesetzgeber im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens verzichtet.

Lediglich eine geringfügige Ausweitung der Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung durch Lohnsteuerhilfevereine in Steuersachen ist Gesetz geworden.

Zeitliche Anwendung:

Die Änderung tritt am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

8. Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes

Die Gesetzesänderung sieht vor, bei „Fusionen” von Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften den Übergang von in den neuen Ländern belegenen Grundstücken für einen befristeten Zeitraum von der Grunderwerbsteuer freizustellen. Dadurch sollen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften in den neuen Ländern die Möglichkeit erhalten, durch Umstrukturierung in Form der Fusion eine wirtschaftlich lebensfähige Unternehmensgröße zu erhalten.

Zeitliche Anwendung:

Die Gesetzesänderung tritt vorbehaltlich der hierzu erforderlichen beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit dem Datum der Genehmigung in Kraft. Das BMF gibt das Datum der Genehmigung im BGBl. bekannt.

9. Änderung des Mineralölsteuergesetzes

Die bisher bis zum befristete teilweise Vergütung der Mineralölsteuer für Heizstoffe, die von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft zum Beheizen von Gewächshäusern oder geschlossenen Kulturräumen zur Pflanzenproduktion verwendet werden, wird um zwei Jahre bis zum verlängert. Durch diese Maßnahme soll der schwierigen Wettbewerbssituation der Unternehmen des Unterglasanbaus Rechnung getragen werden.

Zeitliche Anwendung:

Die Gesetzesänderung tritt vorbehaltlich der hierzu erforderlichen beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit Wirkung vom in Kraft. Das BMF gibt das Datum der Genehmigung im BGBl. bekannt.

Finanzministerium NRW v.

Fundstelle(n):
NAAAB-40566