OFD Frankfurt am Main - S 2256 A - 15 - St II 2.08

Einkommensteuerliche Behandlung von Gewinnen bei der Veräußerung von Bonusaktien

Bezug:

1. Bonusaktien der Deutschen Telekom AG (DTAG)

Bei der Privatisierung der DTAG sind den Emissionsaktionären des ersten, zweiten und dritten Börsengangs Bonusaktien zugesagt worden, wenn sie die im Zuge der Emissionen erworbenen Telekom-Aktien eine bestimmte Zeit halten.

1.1 Erster Börsengang

Aktionäre des ersten Börsengangs im Jahr 1996, die ihre damals erworbenen Telekom-Aktien bis zum gehalten haben, haben im Rahmen des Bonusprogramms für je zehn Telekom-Aktien eine Bonusaktie, maximal jedoch 30 Bonusaktien, erhalten. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen § 23 EStG bei Veräußerung der Bonusaktien anzuwenden ist, wird wie folgt Stellung genommen:

Die Zuteilung der Bonusaktien stellt ein Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG dar. Im Halten der Altaktien bis zum Fristablauf ist die Gegenleistung der Aktionäre für den Bezug der Bonusaktien zu sehen.

Der für die Berechnung der Veräußerungsfrist maßgebliche obligatorische Vertrag ist nicht bereits bei Erwerb der Altaktien im Jahre 1996 zustande gekommen. Vielmehr hat der Aktionär erst mit Ablauf der Haltefrist am , 24 Uhr, konkludent das Angebot der DTAG zum Bezug der Bonusaktien angenommen. Diese hatte bereits im Jahre 1996 bei Veräußerung der Altaktien ein für sie bindendes Angebot zur Lieferung der Bonusaktien abgegeben. Mit dem beginnt damit die einjährige Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu laufen.

Als Anschaffungskosten der Bonusaktien ist der Kurswert der Aktien am anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen kann der erste Börsenkurs am zu Grunde gelegt werden. Dies ist auch der Wert, zu dem der Aktionär den Sachwert „Bonusaktie” erstmals hätte einlösen können. Dabei kann der erste Kurs im Parketthandel der Frankfurter Börse für die Ermittlung zu Grunde gelegt werden, weil an dieser Börse wegen der Höhe der Umsätze die Ermittlung als repräsentativ angesehen werden kann. Der erste Kurs im Parketthandel der Frankfurter Börse betrug am nach meinen Unterlagen 38,10 € (= 74,52 DM).

Bei Veräußerung der Bonusaktien innerhalb der Frist von einem Jahr ist demnach der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kurswert am genannten Stichtag und dem Veräußerungspreis als Veräußerungsgewinn zu versteuern.

Werden die Bonusaktien zusammen mit den Altaktien im Sammeldepot verwahrt, ist H 169 (Sammeldepot) EStH 2002 zu beachten.

1.2 Zweiter Börsengang

Die Aktionäre des zweiten Börsengangs der DTAG haben – analog zum ersten Börsengang nach Ablauf der Behaltefrist – zum Bonusaktien erhalten. Der Börsenkurs dieser Aktien betrug an diesem Tag 43,40 € (= 84,88 DM). Die Veräußerungsfrist im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begann hier am und endete mit Ablauf des .

1.3 Dritter Börsengang

Die Aktionäre des dritten Börsengangs der DTAG haben – analog zu den beiden vorangegangenen Börsengängen nach Ablauf der Behaltefrist am 24 Uhr – zum 0 Uhr Bonusaktien erhalten.

Die OFD weist darauf hin, dass nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die im Rahmen des dritten Börsengangs gewährten Bonusaktion – anders als die im ersten und zweiten Börsengang gewährten Bonusaktien (vgl. ESt-Kartei § 20 Fach 3 Karte 18) – bei den Anlegern zu Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG („sonstige Leistungen”) führen. Bei beschränkt steuerpflichtigen Anlegern führt diese Lösung gleichwohl nicht zu im Inland steuerpflichtigen Einkünften, weil die Gewährung von Bonusaktien an ausländische Anleger nicht unter den hier allein in Betracht kommenden Katalog des § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG fällt. Die Anwendung des § 22 Nr. 3 EStG hat daher nur für inländische Anleger Bedeutung. Diese müssen die durch den Erhalt der Bonusaktien erzielten Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als steuerpflichtige Einkünfte erklären.

Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung ist auf Unterschiede im Sachverhalt bei dem ersten und zweiten Börsengang einerseits und dem dritten Börsengang andererseits zurückzuführen:

Bei dem dritten Börsengang im Jahre 2000 sind erstmals Aktien des Bundes aus dem Bestand der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) veräußert worden. Daher ist der dritte Börsengang – anders als der erste und zweite Börsengang – nicht durch eine Kapitalerhöhung verwirklicht worden. Es handelt sich vielmehr um eine direkte Veräußerung der Aktien durch den Aktionär Bund bzw. durch die KfW selbst, so dass die Erlöse aus den entsprechenden Veräußerungsvorgängen dem Bund bzw. der KfW selbst aber nicht der DTAG zustehen.

Maßgebend für den Zeitpunkt der Besteuerung der Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG ist der Tag der Einbuchung der Bonusaktien in das jeweilige Depot. Die Steuerpflicht tritt damit regelmäßig erst für das Jahr 2002 ein. Der Wert der Bonusaktien bemisst sich nach dem niedrigsten am Zuflusstag an einer deutschen Börse (einschließlich XETRA) gehandelten Kurs (Einbuchungskurs). Die Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG unterliegen nicht dem Halbeinkünfteverfahren und sind nicht steuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen haben (Freigrenze).

Die Veräußerung der Bonusaktien innerhalb eines Jahres nach Anschaffung führt zu einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Als Anschaffungszeitpunkt gilt der Ablauf der Haltefrist am . Die Veräußerungsfrist begann somit am und endete mit Ablauf des . Für den Anschaffungswert ist der Einbuchungskurs maßgebend.

Werden die Bonusaktien zusammen mit den Aktien im Sammeldepot verwahrt, ist H 169 (Sammeldepot) EStH 2002 zu beachten.

2. Bonusaktien der Deutschen Post AG

Privatanleger, die beim (ersten) Börsengang Aktien der Deutschen Post AG (Aktie Gelb) gekauft und diese ununterbrochen bis einschließlich zum gehalten haben, haben Bonusaktien im Verhältnis 1:15 erhalten (d.h. für 15 Aktien erhielten sie eine Bonusaktie).

Die steuerliche Behandlung entspricht der der Bonusaktien der Aktionäre des dritten Börsengangs der Deutschen Telekom AG (vgl. Tz. 1.3), da auch hier die Bonusaktien von der Kreditanstalt für Wiederaufbau gewährt wurden.

Die Veräußerungsfrist im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begann am und endet mit Ablauf des . Für den Anschaffungswert ist der Einbuchungskurs maßgebend.

3. Rechtsbehelfsverfahren

Das die bisher vertretene Rechtsauffassung nicht geteilt, dass der Wert der Bonusaktien aus dem zweiten Börsengang der DTAG im Jahre 2000 als Kapitalertrag nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen ist (vgl. ESt-Kartei § 20 Fach 3 Karte 18). Es sieht in den Bonusaktien lediglich eine Minderung der Anschaffungskosten für die im zweiten Börsengang erworbenen Aktien und damit nicht als steuerpflichtige Einnahme.

Gegen das Urteil des FG Düsseldorf wurde Revision eingelegt, das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. VIII R 70/02 anhängig. Gleich gelagerte Einsprüche ruhen kraft Gesetzes, wenn der Einspruch auf dieses Verfahren gestützt wird, andernfalls können die Einsprüche mit Zustimmung der Steuerpflichtigen ruhen. Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.

Mit Urteil vom hat das FG Münster entschieden, dass die dem Emissionsaktionär nach Ablauf der Haltefrist beim ersten Börsengang der DTAG gewährten Bonusaktien bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der Emissionsaktien im Kalenderjahr 1996 erworben wurden. Eine Veräußerung der Bonusaktien innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Haltefrist führt danach nicht zu einem steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Auch gegen dieses Urteil wurde Revision eingelegt (Az. IX R 8/04). Rechtsbehelfe können mit Zustimmung der Steuerpflichtigen ruhen.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2256 A - 15 - St II 2.08

Fundstelle(n):
IAAAB-36195