BFH Beschluss v. - I S 4/04

Streitwert für ein NZB-Verfahren

Gesetze: GKG §§ 25, 13

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) hat im Verfahren 13 K 7846/99 vor dem Finanzgericht (FG) Köln beantragt, die angefochtenen Bescheide des Beklagten, Beschwerdeführers und Antragsgegners (Finanzamt —FA—) dahingehend zu ändern, dass in ihren Bilanzen der Streitjahre 1994 bis 1996 eine Rückstellung in Höhe von ca.…Mio. DM für eine bestehende Verpflichtung zur Gewährung eines Zuschusses angesetzt wird. Mit Urteil vom hat das FG diese Klage zum überwiegenden Teil abgewiesen. Es entschied, die Klägerin könne die von ihr begehrte Rückstellung nicht bilden, sie könne allerdings ihr in Rechnung gestellte und bezahlte Beträge als Betriebsausgaben absetzen und brauche diese nicht —auf die Laufzeit eines bestehenden Erbbaurechts— zu verteilen. Die Kosten des Verfahrens hat das FG gemäß § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Klägerin auferlegt.

Gegen dieses Urteil hat das FA Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (Nichtzulassungsbeschwerde) eingelegt. Diese wurde vom Senat mit Beschluss vom I B 181/00 als unzulässig verworfen.

Im Rahmen des laufenden Kostenfestsetzungsverfahrens beantragen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Antragsteller) nunmehr beim Bundesfinanzhof (BFH), den Gegenstandswert für das Verfahren I B 181/00 mit ... DM festzusetzen. Dieser Betrag entspreche dem Streitwert sowohl des vorangegangenen Klage- als auch des begehrten Revisionsverfahrens. Denn im Falle der Zulassung der Revision hätte die Klägerin selbständige Anschlussrevision eingelegt und ihre Rechtsposition (Einstellung einer Rückstellung in Höhe von rd. ... Mio. DM) geltend gemacht. Der „voraussichtliche Streitwert” des mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebten Revisionsverfahrens habe demnach dem des Ausgangsverfahrens entsprochen.

Das FA hat —abweichend von seinen Stellungnahmen im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem FG— dem BFH mitgeteilt, dass es gegen die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragte Streitwertfestsetzung keine Bedenken habe.

II. 1. Der Antrag der Antragsteller auf Festsetzung des Gegenwartswerts des Verfahrens I B 181/00 ist zulässig. Die Gebühren des Rechtsanwaltes werden gemäß § 7 Abs. 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO), die im Streitfall fortgilt (vgl. dazu § 61 des RechtsanwaltsvergütungsgesetzesRVG— i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts —KostRMoG— vom , BGBl I 2004, 718), soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Dieser Gegenstandswert bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 BRAGO im gerichtlichen Verfahren nach den für Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften.

Den Wert des vorliegend somit maßgeblichen Streitgegenstandes setzt in der Finanzgerichtsbarkeit das jeweilige Prozessgericht durch Beschluss fest, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 des GerichtskostengesetzesGKG— in der für den Streitfall fortgeltenden Fassung —a.F.—, vgl. dazu § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. KostRMoG). Gemäß § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, Abs. 2 BRAGO sind auch die Prozessbevollmächtigten befugt, die Wertfestsetzung zu beantragen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen derartigen Antrag auf Streitwertfestsetzung besteht, wenn die Höhe des Streitwerts nicht aufgrund eines einfachen Rechenvorganges eindeutig ermittelt werden kann (, BFH/NV 2001, 1027). Die Anhängigkeit eines Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 149 FGO steht der Zulässigkeit eines entsprechenden Antrags nicht entgegen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 107 der ZivilprozessordnungZPO—).

2. Der Senat setzt den Streitwert für das Verfahren I B 181/00 auf den Betrag fest, mit dem das FA im vorausgegangenen Klageverfahren unterlegen ist

a) Zwar entspricht der Streitwert für ein Verfahren eine Nichtzulassungsbeschwerde betreffend grundsätzlich dem Streitwert des vorausgegangenen Klageverfahrens, da dieser meist dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens gleichkommt (, BFHE 124, 144, BStBl II 1978, 198); er ergibt sich dann grundsätzlich aus dem (bezifferten) Antrag des Klägers im Klageverfahren (§ 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG a.F.). Diese Grundsätze gelten indessen nicht, wenn der Beschwerdeführer erkennbar macht, dass er im künftigen Revisionsverfahren sein Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiterverfolgen will (BFH-Beschlüsse vom VII S 20/89, BFH/NV 1990, 257; vom III E 1/93, BFH/NV 1994, 572; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., vor § 135 Rz. 35 „Nichtzulassungsbeschwerde”, m.w.N.). Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn der jeweilige Beschwerdeführer —wie im Streitfall das FA— im Klageverfahren lediglich zu einem Teil unterlegen ist (vgl. , BFHE 124, 310, BStBl II 1978, 314). Hat in diesem Fall der Beschwerdegegner die Zulassung der Revision nicht seinerseits im Wege einer Nichtzulassungsbeschwerde betrieben, kann er nicht damit gehört werden, dass er beabsichtigt habe, Anschlussrevision einzulegen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Streitwert des Verfahrens I B 181/00 betreffend die Nichtzulassungsbeschwerde des FA mit dem Steuerbetrag anzusetzen, mit dem das FA im vorausgegangenen Klageverfahren 13 K 7846/99 vor dem FG insgesamt unterlegen ist. Dieser Betrag ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens des FG unter Zugrundelegung der entsprechenden Änderungsbescheide des FA zu errechnen.

c) An dieser Entscheidung ist der Senat nicht gehindert, weil das FA mittlerweile gegen die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragte Streitwertfestsetzung keine Bedenken mehr geltend macht. Auf entsprechenden Antrag durch einen Beteiligten oder Prozessbevollmächtigten ist die Festsetzung des zutreffenden Streitwerts ausschließlich dem Prozessgericht übertragen. Dieses hat seine Entscheidung von Amts wegen zu treffen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 220
BFH/NV 2005 S. 220 Nr. 2
NAAAB-36124