Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3 GewStG
Gesetze: GewStG § 8 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine im Jahre 1998 gegründete GmbH, die u.a. als Bauträger tätig ist. An ihrem Stammkapital von 50 000 DM waren im Streitjahr 1999 X und Y zu je 50 v.H. beteiligt. Die Gesellschafter hielten die Anteile jeweils treuhänderisch für ihre Ehefrauen. Am beteiligten sich X, Y sowie Z gegen eine Gewinnbeteiligung von je 32 v.H. an der Antragstellerin als stille Gesellschafter mit Einlagen von je 500 000 DM. Die Beteiligungen wurden von den Gesellschaftern in deren Privatvermögen gehalten. Am traten die stillen Gesellschafter ihre Beteiligungen unter gleichzeitigem Übergang des Gewinnbezugsrechts an eine KG ab, an welcher W als Kommanditist mit einer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von 100 % sowie eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt waren. An der GmbH waren wiederum X und Y jeweils hälftig beteiligt. Der Verkaufserlös für die stillen Gesellschaftsanteile betrug jeweils 1,3 Mio. DM, insgesamt also 3,9 Mio. DM. Die stillen Gesellschaften wurden vom an infolge veränderter Bedingungen in atypisch stille Gesellschaften umgewandelt. Am wurden sie beendet.
Die Antragstellerin erzielte im Streitjahr einen Jahresüberschuss von 137 284 DM nach Abzug der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter von 2 485 809 DM. Sie behandelte diese Gewinnanteile als Betriebsausgaben. Eine Besteuerung der veräußerten Gewinnanteile bei X, Y und Z unterblieb, weil die Gewinnansprüche erst nach der Veräußerung entstanden seien. Bei der KG wurden die Gewinnanteile nach den Gewinnausschüttungen infolge einer Teilwertabschreibung der Anschaffungskosten auf den Beteiligungsnennwert im wirtschaftlichen Ergebnis neutralisiert.
Abweichend von der Antragstellerin war der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) der Auffassung, die Gewinnanteile aus den stillen Gesellschaften seien steuerlich nicht der KG, sondern X, Y und Z zuzurechnen, denen für die Zeit der Kapitalüberlassung ein Entgelt in Form des Gewinnanspruchs zugestanden habe (§ 101 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—). Da die Beteiligungen bei X, Y und Z aber im Privatvermögen gehalten worden und deswegen die Gewinnanteile bei ihnen nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen seien, müssten sie —in Höhe von insgesamt 2,4 Mio. DM— bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der Antragstellerin gemäß § 8 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) deren Gewinn hinzugerechnet werden.
Über den Einspruch gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide ist noch nicht entschieden.
Den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab, woraufhin die Antragstellerin einen entsprechenden Antrag beim Finanzgericht (FG) stellte. Auch dieser Antrag blieb ohne Erfolg. Das FG ließ die zwischen den Beteiligten streitige Frage danach, wem die Gewinnanteile zuzurechnen seien, dahinstehen. Die Gewinnanteile seien dem Gewinn der Antragstellerin schon deswegen gemäß § 8 Nr. 3 GewStG hinzuzurechnen, weil sie auch bei der KG infolge der zeitgleich vorgenommenen (zwingenden) Teilwertabschreibung im Ergebnis steuerfrei und deswegen nicht i.S. des § 8 Nr. 3 letzter Halbsatz GewStG zur Gewerbesteuer herangezogen worden seien. Der ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 363 abgedruckt.
Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragstellerin.
Sie beantragt sinngemäß, den FG-Beschluss aufzuheben und die Vollziehung der angefochtenen Bescheide im Umfang der ihrem Gewinn gemäß § 8 Nr. 3 GewStG hinzugerechneten Gewinnanteile auszusetzen.
Das FA ist dem entgegengetreten. Es beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Zwar ist dem FG nicht darin zu folgen, dass die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter dem Gewinn der Antragstellerin nach § 8 Nr. 3 GewStG hinzuzurechnen seien, weil diese auch bei der KG nicht der Gewerbeertragsteuer unterliegen. Der Senat sieht sich jedoch nach den vom FG getroffenen Feststellungen und nach der Aktenlage außerstande, eine abschließende Entscheidung über die beantragte Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide zu beschließen.
1. Der Senat kann unentschieden lassen, ob die Antragstellerin in ihrem rechtlichen Gehör verletzt worden ist, weil das FG sie nicht beizeiten auf den dem angegriffenen Beschluss zugrunde liegenden Gesichtspunkt der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG hingewiesen hat. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann im Beschwerdeverfahren geheilt werden (vgl. z.B. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom V B 25/99, BFH/NV 2000, 192; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 132 Rz. 7, m.w.N.).
2. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Derartige Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; vom VIII B 85/95, BFH/NV 1998, 969). Ob solche Zweifel im Streitfall gegeben sind, lässt sich derzeit auch nach der in diesem Verfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilen.
a) Nach § 8 Nr. 3 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und wenn sie beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind. Das FG hat angenommen, dass es bei der KG —unterstellt, diese wäre auch aus steuerlicher Sicht Empfängerin der Anteile gewesen— an letzterem fehle; infolge der von dieser vorgenommenen Teilwertabschreibung auf die Anteile sei sie in entsprechender Höhe wirtschaftlich nicht belastet. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Gewinnanteile werden beim Empfänger auch dann zur Gewerbeertragsteuer herangezogen, wenn die Ausschüttungen diesen veranlassen, die Beteiligungen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben. Beide Vorgänge mögen sich im wirtschaftlichen Ergebnis neutralisieren. Sie sind rechtlich dennoch auseinander zu halten und nicht als wirtschaftlicher Saldo zu beurteilen. Zur Gewerbeertragsteuer „herangezogen” wird der Gewinnanteil letztlich, wenn er dieser Steuer „unterliegt”. Jener Begriff wird aber auch in anderen Regelungszusammenhängen (wie z.B. in § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG, in § 1 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes und in § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) zweifelsfrei in dem Sinne verwendet, dass hiermit die nach dem Gesetz zu besteuernden („steuerbaren”) und nicht (nur) die tatsächlich besteuerten Vorgänge bezeichnet werden. In vergleichbarem Sinne hat der Senat durch Urteil vom I R 82/01 (BFHE 202, 547, BStBl II 2004, 4) den Begriff des „Unterliegens” in § 8 Abs. 3 des Außensteuergesetzes (AStG) in Abgrenzung zu der „festgesetzten”, „gezahlten” oder „erhobenen” (ausländischen) Steuer z.B. in § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG, § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG, § 26 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ausgelegt.
b) Es ist nach summarischer Prüfung auch nicht davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Gewinnanteile für das Streitjahr X, Y und Z und nicht der KG als stillen Gesellschaftern zustanden.
aa) Einkommensteuerrechtlich stehen Einkünfte aus einer stillen Beteiligung (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) nach ständiger Rechtsprechung des BFH demjenigen zu, dem sie zivilrechtlich gebühren (, BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540; vom VIII R 38/87, BFHE 164, 357, BStBl II 1991, 574; , BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272; zur Kritik s. Wassermeyer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. B 26; F. Dötsch, daselbst, § 20 Rdnr. F 133). Ebenso wie ausgeschiedenen stillen Gesellschaftern noch der Gewinn zusteht, der während ihrer Gesellschaftszugehörigkeit entstanden ist, aber später ausgeschüttet wurde, haben neu eintretende stille Gesellschafter im Grundsatz nur Anspruch auf den Gewinn, der während ihrer Besitzzeit erwirtschaftet wurde. Dies folgt aus § 101 Nr. 2 BGB. Dieser Grundsatz gilt indes nur, „sofern nicht ein anderes bestimmt ist” (§ 101 Satz 1 BGB). Im Streitfall haben die vertragsschließenden Parteien sich nach Aktenlage auf den Übergang der Gewinnbezugsrechte aus den stillen Beteiligungen auf den verständigt. Es ist jedenfalls im summarischen Verfahren nicht auszuschließen, dass sich dieser Übergang der Gewinnbezugsrechte auch auf das laufende Wirtschaftsjahr bezog. Dafür könnte die Höhe des Kaufpreises sprechen, zumal die Antragstellerin nach den Feststellungen des Betriebsprüfers zu jenem Zeitpunkt noch keine wesentlichen stillen Reserven aufgebaut hatte: Abzüglich der jeweiligen Nominalwerte der Beteiligungen von 500 000 DM verblieben 2,4 Mio. DM und damit ein Betrag etwa in der Höhe der Gewinnansprüche der still Beteiligten im Streitjahr. Hiervon ausgehend wären die Gewinnansprüche steuerlich der KG zuzurechnen.
bb) Ebenso wenig besteht im summarischen Verfahren ein tragfähiger Grund für die Annahme, dass der Veräußerung der stillen Beteiligungen ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—) zugrunde läge, der sich auf die Gewerbebesteuerung der Antragstellerin auswirken könnte. Das gilt selbst dann, wenn —was hier offen bleiben kann— aus Sicht der beteiligten stillen Gesellschafter ein Missbrauch gegeben wäre. Denn die Rechtsfolge des § 42 AO 1977 kann nur dem gegenüber eintreten, der aus der missbräuchlichen Gestaltung einen Vorteil zieht (Senatsurteil vom I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; s. auch Senatsurteil vom I R 13/01, BFH/NV 2002, 1172; Gosch in Harzburger Steuerprotokoll, 1999, 225, 241 ff., m.w.N.). Die Antragstellerin hätte aus einer hier unterstellten Missbräuchlichkeit der getroffenen, „ineinandergreifenden” Transaktionen —die Abtretung der Gesellschaftsanteile vor dem Ende des Streitjahres, die Ausschüttung der hieraus zu beanspruchenden Gewinne und die anschließende Teilwertabschreibung auf die Beteiligungen bei der KG sowie die anschließende Beendigung der stillen Gesellschaften im Folgejahr— zwar den steuerlichen Vorteil, dass es ggf. nicht zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG käme. Dieser Vorteil ist jedoch allenfalls der Reflex der von den bisherigen stillen Gesellschaftern als Veräußerern und der nunmehrigen stillen Gesellschafterin als Erwerberin gewählten Gestaltung, was nach überschlägiger Prüfung für eine Anwendung des § 42 AO 1977 jedenfalls der Antragstellerin gegenüber als bloßes „Objekt” jener Gestaltungen nicht ausreicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, 46). Darin liegt der maßgebliche und ausschlaggebende Unterschied zu jenem Sachverhalt, um den es in dem vom FA herangezogenen (und einen anderen Sachverhalt betreffenden) (BFHE 202, 219, BStBl II 2003, 854) ging (s. insoweit auch , BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520); dort ging es um die Besteuerung der an den Transaktionen „aktiv” beteiligten Anteilseigner. Aus gleichen Gründen erübrigt es sich, auf die weitere vom FA angeführte Erwägung für das Vorliegen eines missbräuchlichen Handelns einzugehen, nämlich den Umstand, dass die stillen Beteiligungen zu einem Zeitpunkt veräußert wurden, als die hohen Gewinne schon erkennbar waren.
3. Weder das FA noch das FG sind allerdings bislang der Frage nachgegangen, ob die Gewinnbeteiligungen der als stille Gesellschafter an der Antragstellerin beteiligten Anteilseigner X und Y ihrer Höhe nach unangemessen waren und infolgedessen —zugunsten dieser Anteilseigner selbst über die Kaufpreisbildung oder aber u.U. der KG als einer den Anteilseignern nahe stehenden Person— als verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) zu behandeln sind (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom I R 70/77, BFHE 140, 221, BStBl II 1984, 384). Der Sachverhalt muss insoweit auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weiter aufgeklärt werden, was dem Senat anhand der Aktenlage nicht möglich ist. Die Vorentscheidung ist deswegen aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 239
BFH/NV 2005 S. 239 Nr. 2
ZAAAB-36120