BFH Beschluss v. - III B 176/03

Erlass bestandskräftig festgesetzter ESt aus gewinnerhöhender Auflösung eines negativen Kapitalkontos

Gesetze: AO § 227; EStG § 15a

Instanzenzug:

Gründe

Von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keine Zulassungsgründe entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Der Vortrag des Klägers lässt keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) erkennen.

a) Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) schätzte nach einer Betriebsprüfung einen privaten Nutzungsanteil für die beiden PKW im Betriebsvermögen des Klägers (PKW 1, PKW 2) in Höhe von jeweils 30 v.H. der PKW-Kosten. Das Finanzgericht (FG) schloss sich auf Grund seiner in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der Schätzung des FA an. Es stützte seine Entscheidung u.a. auf die als glaubhaft bezeichnete Zeugenaussage der Betriebsprüferin.

b) Soweit der Kläger die Aussage der Betriebsprüferin angreift, richten sich seine Einwände nicht gegen ein vermeintlich fehlerhaftes Verfahren des FG, sondern gegen die Würdigung des Zeugenbeweises durch das FG.

c) Ebenfalls keine schlüssige Verfahrensrüge enthält der Vortrag des Klägers, dem FA seien schon im Rahmen des Einspruchsverfahrens Reisekostenabrechnungen vorgelegt worden, die als zusätzlicher Beweis dafür dienen könnten, dass der Kläger in den Streitjahren mit dem PKW 1 keinerlei private Fahrten unternommen habe.

Soweit damit gerügt werden soll, das FG habe bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache nicht berücksichtigt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), fehlt die substantiierte Darlegung, dass das FG diese aktenkundigen Tatsachen nicht gewürdigt hat und dass diese Tatsachen auch aus der Sicht des FG entscheidungserheblich gewesen sind (, BFH/NV 2002, 1337). Dazu hätte insbesondere deshalb Anlass bestanden, weil das FG ausgeführt hat, selbst wenn der private Nutzungsanteil für den PKW 1 wegen der umfangreichen Außentätigkeit des Klägers zu hoch angesetzt sei, werde dies durch den möglicherweise zu niedrig angesetzten privaten Nutzungsanteil für den PKW 2 kompensiert.

d) Soweit mit dem Hinweis auf weitere Unterlagen, welche die ausschließlich betriebliche Nutzung des PKW 1 belegen, mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) gerügt werden soll, fehlt es neben der substantiierten Bezeichnung der Belege schon an dem Vortrag, warum diese Belege nicht dem FG vorgelegt worden sind bzw. warum sich die entsprechende Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 1437).

e) Die Behauptung, die Vernehmung der Betriebsprüferin habe dem Zweck gedient, den Kläger als Person vorzuführen, die ständig die Unwahrheit sage, versteht der Senat als Rüge, dass das FG mit der Beweiserhebung die Grundsätze über ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 des GrundgesetzesGG— i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt habe. Auch diese Rüge ist nicht schlüssig erhoben. Dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, worauf er die Annahme stützt, das FG habe es darauf abgesehen, ihn als unehrlichen Bürger „vorzuführen”. Nach Aktenlage sind dafür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Der Kläger räumt vielmehr ein, in der Vergangenheit zum Teil falsche Steuererklärungen abgegeben und sich wegen Steuerhinterziehung zu verantworten hatte. Diese Tatsache ist dem FG durch die Zeugenvernehmung bekannt geworden. Wenn das FG diese Tatsache bei der Prüfung der klägerischen Behauptung, er sei in den Streitjahren „keinen einzigen Meter privat” mit dem PKW 1 gefahren, berücksichtigt, so beruht das nicht auf einer unfairen und voreingenommenen Einschätzung, sondern darauf, dass das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden hat.

2. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt auch keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 Altern. 2 FGO.

Im Kern richten sich die Angriffe des Klägers —nach Art einer Revisionsbegründung— gegen die vom FG bestätigte Höhe der vom FA geschätzten privaten PKW-Nutzung. Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gehört zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO. Der BFH kann die Schätzung durch das FG nur daraufhin überprüfen, ob sie überhaupt zulässig ist —was im Streitfall außer Frage steht— und ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat. Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung durch den BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (vgl. , BFH/NV 2002, 1332, m.w.N.).

Zwar soll —worauf der Kläger zutreffend hinweist— mit den neu gefassten Zulassungsgründen seit eine Revision auch dann ermöglicht werden, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts schwerwiegende Fehler unterlaufen sind, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (z.B. , BFH/NV 2002, 798). Ein derart schwerwiegender Fehler haftet der Entscheidung des FG nicht an. Es ist vielmehr eine mögliche, den Denkgesetzen nicht widersprechende Wertung, wenn sich das FG der Schätzung des FA anschließt, weil es die Behauptung des Klägers, mit dem PKW 1 überhaupt nicht privat gefahren zu sein, für unglaubhaft hält, Fahrtenbücher nicht vorgelegen haben und nach der Zeugenaussage der Betriebsprüferin der Kläger selbst die private Nutzung auch des PKW 1 eingeräumt hat.

Fundstelle(n):
PAAAB-27394