OFD Frankfurt am Main - S 2196 A - 27 - St II 2.02

Degressive Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG bei Alten- und Pflegeheimen

Bezug:

Die Gewährung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG setzt voraus, dass die betreffenden Gebäude/Gebäudeteile Wohnzwecken dienen. Für das Merkmal „Wohnzwecken dienend” kommt es nicht darauf an, ob die Anmietung durch den jeweiligen Heimbewohner (Endnutzer) unmittelbar vom Eigentümer oder von einem Zwischenmieter (Heimbetreiber) erfolgt. Vielmehr ist auf die tatsächliche Verwendung durch den jeweiligen Heimbewohner abzustellen.

1. „Wohnzwecken dienend”

Ein Gebäude oder Gebäudeteil dient Wohnzwecken im Sinne des § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG, wenn es dazu geeignet und bestimmt ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Dies setzt die Eignung der betreffenden Räume zur eigenständigen Haushaltsführung und die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft der Bewohner über sie voraus. Räume, die Wohnzwecken dienen, müssen überdies als Mindestausstattung eine Heizung, eine Küche, ein Bad und eine Toilette enthalten.

Unter diesen Voraussetzungen können auch Gebäude, in denen Bewohner gepflegt werden, Wohnzwecken dienen.

Dies folgt unmittelbar aus dem Gesetzeszweck des § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG, das Angebot auf dem Wohnungsmarkt zu verstärken und eine verbesserte Versorgung mit Mietwohnungen zu erreichen. Dieser Gesetzeszweck wird unabhängig davon erreicht, ob und in welchem Umfang der Bewohner in den als förderungswürdig eingestuften Räumen neben dem Wohnen weitere Dienstleistungen in Anspruch nimmt. Infolgedessen ist das Merkmal „Wohnzwecken dienend” nicht nach Maßgabe der Grundsätze zur Auslegung des § 4b Investitionszulagengesetz a.F. auszulegen, nach denen im Hinblick auf die beschäftigungsfördernde Zielsetzung jener Vorschrift in ihrem Anwendungsbereich von einem Überlagern der Wohnnutzung durch die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen auszugehen ist.

2. Im Gemeinschaftseigentum stehende Räume

Für im Miteigentum der Steuerpflichtigen stehendes gemeinschaftliches Eigentum ist zu prüfen, ob es in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit den zu Wohn- und Pflegezwecken genutzten Räumen steht und damit ein unselbständiger Teil dieses Wirtschaftsguts ist, für das einheitlich AfA nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG zu gewähren ist, oder ob zwei selbständige Wirtschaftsgüter vorliegen, für die § 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG jeweils gesondert entsprechend anzuwenden sind. Zwei selbständige Wirtschaftsgüter sind anzunehmen, wenn Mehrzweckräume wie Cafeteria, Gruppenräume, Werkraum und Gästeappartement nicht Wohnzwecken der Bewohner, sondern in erster Linie dem Betrieb als solchem dienen. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Mehrzweckräume außergewöhnlich umfangreich sind oder wenn diese regelmäßig durch andere Personengruppen neben den Bewohnern und deren Besuchern genutzt werden (vgl. , BStBl 2004 II S. 225).

3. Eigentumswohnung mit betreutem Wohnen

Eine Eigentumswohnung, in der auch Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden, dient nach den vorstehenden Grundsätzen regelmäßig Wohnzwecken.

Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass solchen Leistungen erst im Zuge sich verändernder Lebensbedürfnisse nach Bezug der Räume zum Tragen kommen, sondern auch für das Konzept des gesetzlich nicht definierten sog. „betreuten Wohnens”, nach dem der Bewohner seinen Haushalt so lange wie möglich und weitestgehend selbständig führt, aber bereits bei Bezug der Wohnung Leistungen in Anspruch nimmt (vgl. a.a.O.).

4. Pflegezimmer ohne Kochgelegenheit und Sachherrschaft

Um das Erfordernis der Küche zu erfüllen, ist auch eine kleinere Kochgelegenheit wie eine Küchenkombination oder ein Kochschrank ausreichend.

In dem vom (BStBl 2004 II S. 223) entschiedenen Sachverhalt fehlte es nicht nur an einer solchen Kochgelegenheit, sondern die Eigentümer hatten auch nicht die tatsächliche Sachherrschaft über das von ihnen erworbene Pflegezimmer. So bedurfte die Übernachtung von Gästen der Zustimmung der Heimverwaltung. Zudem verfügte das Haus über eine Einrichtung, die das Betreten der Pflegezimmer auch dann ermöglichte, wenn sie von innen verschlossen waren und der Schlüssel steckte.

Aufgrund dieser beiden Merkmale konnte in dem Urteilsfall die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG nicht gewährt werden.

Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass nach Baurecht Gebäude, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen, zu den im reinen Wohngebiet zulässigen Wohngebäuden gehören. Die baurechtliche Zulässigkeit eines Gebäudes ist für die steuerrechtliche Beurteilung, ob ein Pflegezimmer Wohnzwecken dient, unerheblich.

5. Pflegegebäude ohne tatsächliche Sachherrschaft

In dem mit (BStBl 2004 II S. 221) entschiedenen Fall diente die Unterkunft lediglich als Teil und Voraussetzung für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner. Als Unterkunft wurde nach dem Heimvertrag nicht auf Dauer ein bestimmtes Zimmer in bestimmter Größe oder Ausstattung zur Verfügung gestellt, sondern im Ergebnis lediglich Unterkunft in irgendeinem vom Betreiber zu bestimmenden Zimmer der Pflegegebäude mit beliebiger Ausstattung und Größe. Die Inanspruchnahme der wesentlichen Regelleistungen des Heimes infolge Pflegebedürftigkeit gehörte zur Geschäftsgrundlage des Heimvertrages. Dieser war bei Wegfall der Notwendigkeit der Betreuung und Pflege aufzulösen. Es handelte sich mithin nicht um einen Mietvertrag, vielmehr konnte der Bewohner in seiner Unterkunft nicht auf Dauer wohnen und andere von der Nutzung ausschließen, seine Unterkunft stand zur Disposition des Heimbetreibers. Auch in diesem Fall fehlte es an der tatsächlichen Sachherrschaft, sodass das Gebäude nicht Wohnzwecken diente und die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 EStG nicht zu gewähren war.

6. Beweislastregeln

Die Bestimmung der AfA-Methode beim Eigentümer ist von der jeweiligen Gestaltung des Heimvertrages zwischen dem Endnutzer und der Heimverwaltung abhängig. Der Eigentümer muss daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die von ihm begehrte AfA-Methode nachweisen.

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Fundstelle(n):
LAAAB-26782