BFH Beschluss v. - VIII S 12/04

Auszahlung des Kindergeldes an das Kind, wenn der Kindergeldberechtigte seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt; PKH nur bei hinreichenden Erfolgsaussichten

Gesetze: EStG § 74; FGO § 142

Instanzenzug:

Gründe

Die Klägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) bezog für ihren im Jahr 1981 geborenen Sohn Kindergeld. Der Sohn beantragte, das Kindergeld an ihn auszuzahlen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (Beklagter) gab dem Antrag statt und wies den Einspruch der Antragstellerin als unbegründet zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stellte fest, dass die Antragstellerin keinen Unterhalt für ihren Sohn zahle. Die Frage, ob sie unterhaltspflichtig sei oder nicht, könne dahinstehen, da der Beklagte gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berechtigt gewesen sei, den vollen Betrag des Kindergeldes an den Sohn abzuzweigen.

Die Antragstellerin hat erklärt, gegen das finanzgerichtliche Urteil Revision einlegen zu wollen. Sie hat Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines geeigneten Prozessbevollmächtigen beantragt.

Sie macht geltend, sie brauche das Kindergeld und könne sich einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater nicht leisten.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

1. Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, kommt im Streitfall als statthaftes Rechtsmittel allein die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 1 FGO) in Betracht. Wenn man das Vorbringen der Antragstellerin rechtsschutzgewährend und wortlautkorrigierend dahin auslegt, dass sie PKH für ein Beschwerdeverfahren begehrt, stünde diesem Begehren nicht bereits entgegen, dass die für die Nichtzulassungsbeschwerde geltende Frist von einem Monat (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) abgelaufen ist. Denn die Antragstellerin hat ihren Antrag auf PKH innerhalb der Beschwerdefrist gestellt. In einem solchen Fall kann einem Beteiligten, der infolge seiner Mittellosigkeit nicht in der Lage war, das statthafte Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen, nach der Bewilligung von PKH unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO gewährt werden (vgl. z.B. (PKH), BFH/NV 2003, 194).

2. Für eine Nichtzulassungsbeschwerde besteht jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision nur erreicht werden, wenn zumindest einer der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt. Aus dem beanstandeten finanzgerichtlichen Urteil, dem Sitzungsprotokoll und dem Vorbringen der Antragstellerin ergeben sich aber bei summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte dafür, dass dies der Fall ist. Vielmehr lässt das von der Antragstellerin beanstandete Urteil keinen Fehler erkennen.

Das Kindergeld, das zugunsten eines Kindergeldberechtigten festgesetzt ist, kann u.a. dann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt (§ 74 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder wenn er mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (§ 74 Abs. 1 Satz 3, 1. Alternative EStG). Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass die Antragstellerin tatsächlich keinen Unterhalt für ihren Sohn zahlt. Die Antragstellerin hat die Richtigkeit dieser Feststellung in ihrem PKH-Antrag nicht in Abrede gestellt. Aus ihren Angaben in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geht hervor, dass ihre Einnahmen so gering sind, dass sie ihrem Sohn gegenüber mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Damit ist der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, 1. Alternative EStG für die Auszahlung des Kindergeldes an den Sohn erfüllt. Das Vorbringen der Antragstellerin, sie brauche das Geld, ist weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch unter Berücksichtigung seines Zweckes entscheidungserheblich. Denn der Zweck des Kindergeldes ist es, Eltern einen Ausgleich wegen ihrer Unterhaltsleistungen für ihre Kinder zu verschaffen. Eines solchen Ausgleichs bedarf es aber nicht, wenn Eltern tatsächlich nicht mit Leistungen für den Unterhalt ihrer Kinder belastet sind.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
CAAAB-26250