BFH Beschluss v. - VII B 10/04

Widerruf der Bestellung als Stb. wegen Vermögensverfalls

Gesetze: StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4

Instanzenzug:

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des SteuerberatungsgesetzesStBerG—) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da von einem Vermögensverfall auf Seiten des Klägers auszugehen sei. Dieser habe nach Auskunft des zuständigen Finanzamts Steuerschulden, mit denen er sich seit November 1995 in Zahlungsverzug befinde, so dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet worden seien. Andere Gläubiger hätten Forderungen durch Pfändung des Bankguthabens des Klägers erfolglos geltend gemacht. Der Kläger sei durch Schulden in Höhe von insgesamt ca. ... DM in eine wirtschaftliche Situation geraten, die es ihm nicht erlaube, seine finanziellen Verhältnisse in absehbarer Zeit zu ordnen. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Dass der Kläger nach seinem Vortrag zur Zeit keine Aufträge annehme, genüge hierfür nicht, da es ihm bei Aufrechterhaltung seiner Bestellung unbenommen bleibe, eine Tätigkeit als selbständiger oder nichtselbständiger Steuerberater jederzeit aufzunehmen. Vielmehr sei insoweit zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit als Geschäftsführer einer GmbH in beträchtlichem Umfang die von den Arbeitslöhnen der Mitarbeiter einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig abgeführt habe, dass gegen ihn wegen Verstoßes gegen seine Berufspflichten vom Landgericht…ein Verweis und eine Geldstrafe verhängt worden seien und dass ihm vom Bezirksamt die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit Unternehmensberatung, Wirtschaftsberatung sowie jede andere Gewerbetätigkeit rechtsbeständig untersagt worden sei. Darüber hinaus liege inzwischen auch der Widerrufsgrund des § 46 Abs. 2 Nr. 3 StBerG vor, da der Kläger seit Februar 2003 keine Berufshaftpflichtversicherung mehr unterhalte.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung und innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N., und vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht; sie behauptet lediglich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, bezeichnet aber keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Das FG hat in der Begründung des angefochtenen Urteils unter zutreffender Wiedergabe der Rechtsprechung des Senats ausgeführt, wann ein Vermögensverfall i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG vorliegt und unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber trotz des Vermögensverfalls ausgeschlossen ist. Wenn die Beschwerde demgegenüber unter Hinweis auf die zwischenzeitlich geminderten Steuerschulden des Klägers und seine durch Zeitablauf gelöschte Eintragung im Schuldnerverzeichnis sowie auf die Einstellung seiner beruflichen Tätigkeit die Fragen für grundsätzlich bedeutsam hält, „wann im Einzelnen von einem Vermögensverfall gesprochen werden kann” und ob „dem Grunde nach stets die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind, wenn der Steuerberater seine Tätigkeit eingestellt hat”, wendet sie sich in Wahrheit gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

2. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfasst zunächst die Fälle der sog. Divergenzrevision und erfordert darüber hinaus auch dann eine Entscheidung des BFH, wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Hierzu ist der schlüssige Vortrag erforderlich, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern (vgl. BFH/NV 2002, 1479, m.w.N.). Zur Darlegung dieser Voraussetzungen ist es mindestens erforderlich, dass das Urteil, von dem die Vorinstanz abgewichen ist, und der Rechtssatz den sie falsch angewandt oder ausgelegt hat, bezeichnet werden (, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall. Die Beschwerde behauptet lediglich ohne nähere Begründung, dass die Rechtsprechung zu der Frage, wann von einem Vermögensverfall gesprochen werden kann, zu vereinheitlichen und dass zu der Frage, wann eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber trotz des Vermögensverfalls ausgeschlossen ist, eine einheitliche Rechtsprechung notwendig sei.

3. Soweit eine falsche Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 67 StBerG durch das FG gerügt wird, kann es offen bleiben, ob das FG-Urteil insoweit —wie die Beschwerde meint— von dem (Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3163) abweicht bzw. ob eine Abweichung überhaupt schlüssig dargelegt ist, denn das FG hat seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, indem es die Widerrufsgründe sowohl nach § 46 Abs. 2 Nr. 3 StBerG als auch nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG als gegeben angesehen hat. In Fällen dieser Art ist mit der Nichtzulassungsbeschwerde ein Zulassungsgrund bezüglich jeder dieser Begründungen des FG darzulegen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Anm. 28). Hinsichtlich des vom FG angenommenen Widerrufsgrundes nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG fehlt es aber —wie ausgeführt— bereits an der schlüssigen Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe.

4. Der von der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel einer zu Unrecht abgelehnten Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung wird ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

Zwar kann die einen Verfahrensmangel darstellende Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) auch in einer unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Aufhebung bzw. Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung gesehen werden (ständige Rechtsprechung, , BFH/NV 1993, 102; , BFH/NV 2001, 1579; Senatsbeschluss vom VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797, jeweils m.w.N.). Im Streitfall wird jedoch von der Beschwerde weder schlüssig begründet, weshalb die Ablehnung des Vertagungsantrags des Klägers ungerechtfertigt gewesen ist, noch wird ausgeführt, wozu sich der Kläger in der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht hat äußern können und was er, falls das FG seinem Vertagungsantrag entsprochen hätte, in der folgenden mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte (vgl. dazu: BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 102).

Die Beschwerde macht lediglich geltend, dass das FG einen weiteren Verhandlungstermin benötigt hätte, um die aktuellen Vermögensverhältnisse des Klägers zu klären, da sich das FG insoweit auf eine überholte Aktenlage gestützt habe. Damit macht die Beschwerde jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern eine unzureichende Sachaufklärung durch das FG geltend, ohne indes konkrete, aufklärungsbedürftige Tatsachen zu bezeichnen oder darzulegen, dass das FG insoweit Beweisanträge des Klägers übergangen habe oder dass sich dem FG unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts die Aufklärung bestimmter Tatsachen auch ohne Beweisantrag hätte aufdrängen müssen. Sollte der Beschwerde zu entnehmen sein, dass der Kläger die Vertagung der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, um selbst Gelegenheit zu haben, seine aktuelle Vermögenslage darzustellen, so verkennt sie, dass die Darstellung seiner Vermögensverhältnisse bereits in der anberaumten mündlichen Verhandlung vom Sache des Klägers gewesen wäre. Eine etwaige mangelnde Vorbereitung des Klägers auf einen solchen Vortrag wäre jedenfalls kein Grund für eine Vertagung gewesen (§ 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung).

5. Die Behauptung der Beschwerde, dass das FG das rechtliche Gehör verletzt habe, weil es nicht das Vorbringen zur Kenntnis genommen habe, wonach sich die Verbindlichkeit aus dem Haftungsbescheid auf ... € reduziert hatte, ist offensichtlich unzutreffend. Aus den Ausführungen des FG auf S. 6 des Urteils ergibt sich, dass das FG davon ausgegangen ist, dass sich die Haftungsschuld des Klägers von ... DM auf ca. ... DM verringert hatte.

Fundstelle(n):
LAAAB-26247