Leitsatz
1. Zur Befangenheit von Prüfern in der Steuerberaterprüfung
1.1 Nach § 84 Satz 3 AO verliert das Rügerecht der Befangenheit, wer sich in Kenntnis seines Rügerechts in eine mündliche
Verhandlung eingelassen hat.
1.2 Wenn ein Prüfer in der Begründung der getroffenen Prüfungsentscheidung die schlechten Ergebnisse aus nicht bestandenen
Vorprüfungen erwähnt, so ist dies kein ausreichender Hinweis darauf, dass der Prüfer unter Verstoß gegen seine Pflicht, die
Leistungen des Bewerbers unvoreingenommen und objektiv zu bewerten, andere Kriterien als die in der Prüfung gezeigten Leistungen
in seine Bewertung einbezogen hat. Auch eine Begründung des Inhalts, im dritten Versuch müsse man bessere Vornoten vorlegen,
ist nicht zu beanstanden.
1.3 Es begegnet keinen Bedenken, wenn im Überdenkensverfahren der Prüfungsausschuss eine gemeinsame Äußerung formuliert, die
in Teilbereichen auch Stellungnahmen einzelner Mitglied zu den von ihnen Grunde gelegten Bewertungsmaßstäben beinhaltet, oder
zu Vorgängen des Prüfungsablaufs Stellung nimmt, die nicht seiner Wahrnehmung unterlegen haben.
2. Eine Schreibdauer von siebeneinhalb Stunden für eine Klausur kann unter besonderen Umständen zumutbar sein.
3. Zur Bemessung und Angemessenheit von Schreibzeitverlängerungen.
4. Für die Beurteilung sowohl der Angemessenheit des Schwierigkeitsgrades einer Klausur im Gesamten wie für die Gewichtung
der einzelnen Lösungsteile im Verhältnis zueinander stehen der Prüfungsbehörde bzw. dem Prüfungsausschuss und den Prüfern
ein weiter Beurteilungsspielraum zu.
5. Das Vorliegen einer gegen Art 12 GG verstoßenden Berufszugangsbeschränkung kann nicht aus dem unterschiedlichen Zuwachs
der Mitgliederzahl der Rechtsanwaltskammern einerseits und der Steuerberaterkammern andererseits erkannt werden.
6. Störungsrügen im Sinne von § 20 Abs. 4 DVStB muss jeder Bewerber für sich erheben, Rügen anderer Bewerber können ihm nicht
als eigene zugerechnet werden. Auch das Bedauern des Aufsichtsführenden gegenüber dem Bewerber über Baulärm ersetzt eine eigene
Erklärung des Bewerbers nach § 20 Abs. 4 DVStB nicht.
7. Ein als üblich anzusehendes Sozialverhalten einer Aufsichtsperson in der mündlichen Prüfung kann jedenfalls dann keinen
Verfahrensfahler im Prüfungsverfahren begründen, wenn der Bewerber dem hätte entgehen können.
8. Mit der Erstreckung der mündlichen Prüfung auf das Gesetzgebungsvorhaben der sog. Öko-Steuern in der Steuerberaterprüfung
1998 sowie auf finanzverfassungsrechtliche Fragen ist der zulässige Prüfungsbereich nicht überschritten.
9. Die Durchführung der mündlichen Prüfung ohne Hilfsmittel wie Gesetzestext oder Richtlinientext beinhaltet keine Übersteigerung
der Prüfungsanforderungen.
10. Dadurch, dass die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung nur durch das arithmetische Mittel der Einzelnoten in den Klausuren
- also ohne eine zusammenfassende Bewertung der schriftlichen Leistungen - gebildet wird, wird der Bewerber jedenfalls dann
nicht in seinen Rechten nicht verletzt, wenn er zur mündlichen Prüfung zugelassen wird.