BFH Beschluss v. - II R 36/01

GrESt bei Abtretung eines Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einer Eigentumswohnung an einen Gesellschafter

Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 7, § 1 Abs. 6

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) trat durch notariell beurkundete Vereinbarung vom der Gesellschaft bürgerlichen Rechts „A„ (GbR) mit einer Kapitaleinlage in Höhe von 368 316 DM bei. Die GbR hatte von den Eheleuten B 12 Eigentumswohnungen in einem älteren Villengebäude erworben, die im Zuge von Umbau- und Sanierungsarbeiten entstehen sollten. Die Kapitaleinlage sollte vom Kläger entsprechend dem Fortschritt dieser Arbeiten ratenweise („Kaufpreisanteile„) erbracht werden und „als Festpreis die schlüsselfertige Herstellung der ihm (dem Kläger) als Gesellschafter zugeordneten Eigentumswohnung Nr. 11„ umfassen. Diese sollte der Kläger „nach Abschluss„ zu Alleineigentum übernehmen. Der „Kaufpreis„ war erst nach Eintragung einer „Auflassungsvormerkung am Kaufgegenstand für den Käufer„ (Kläger) fällig. Ferner trat die GbR ihren „Anspruch auf Eigentumsübertragung hinsichtlich des…Sondereigentums an den Käufer„ (Kläger) sowie die zu ihren Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung ab. Der Kläger übernahm neben dem „Festpreis„ von 368 316 DM Kosten in Höhe von 17 777 DM, die der GbR bereits vor seinem Beitritt entstanden waren.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) vertrat die Auffassung, dass der Beitritt des Klägers zur GbR „wie eine Veräußerung von Miteigentumsanteilen„ der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) i.V.m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) unterliege, und setzte durch Bescheid vom nach einer Gegenleistung von 368 316 DM Grunderwerbsteuer gegen den Kläger in Höhe von 12 891 DM fest.

Nach entsprechendem Hinweis erhöhte das FA die Steuer mit der Einspruchsentscheidung vom auf 13 513 DM. Hierbei berücksichtigte es die vom Kläger zusätzlich übernommenen Kosten in Höhe von 17 777 DM.

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, dass bereits die Einbringung des Grundstücks in die GbR durch die Eheleute B, die Gründungsgesellschafter der GbR, der Steuer unterlegen habe. Hätten diese die Eigentumswohnung unmittelbar an ihn —den Kläger— verkauft, wäre nur einmal Grunderwerbsteuer angefallen. Nach § 42 AO 1977 könne für eine missbräuchliche Gestaltung nicht mehr Steuer —hier die doppelte— anfallen, als bei gewöhnlicher Gestaltung angefallen wäre.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, bei untrennbarer Verknüpfung eines Gesellschaftsanteils mit einem Wohnungs- oder Teileigentum unterliege die Übertragung eines derart ausgestalteten Gesellschaftsanteils nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 der Grunderwerbsteuer. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 909 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977. Das FA habe rechtswidrig für ein und denselben Vorgang zweimal Grunderwerbsteuer erhoben und dadurch Grunderwerbsteuer auf diejenige Grunderwerbsteuer berechnet, die bei der Veräußerung der Eigentumswohnungen durch die Eheleute B an die GbR angefallen sei und die er —der Kläger— anteilig getragen habe. Zudem schreibe § 1 Abs. 6 GrEStG 1983 eine Anrechnung der Steuer vor.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG sowie die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Im Ergebnis zutreffend hat das FG angenommen, dass der Erwerb der Rechtsposition in Bezug auf die Eigentumswohnung Nr. 11 seitens des Klägers durch den Vertrag vom der Grunderwerbsteuer unterliegt. Dabei kann dahinstehen, ob im Streitfall —wie vom FG und auch vom FA angenommen— durch besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen die Beteiligung an der GbR so gestaltet war, dass sie im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis einem Wohnungs- bzw. Teileigentum vergleichbar und die Übertragung des so ausgestalteten Mitgliedschaftsrechts als Gestaltungsmissbrauch anzusehen ist mit der Folge, dass der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 i.V.m. § 42 AO 1977 der Grunderwerbsteuer unterliegt (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—: Urteile vom II R 86/86, BFHE 156, 523, BStBl II 1989, 628; vom II R 82/87, BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731; vom II R 46/89, BFHE 167, 448, BStBl II 1992, 680; vom II R 51/91, BFHE 172, 125, BStBl II 1993, 879; vom II R 84/90, BFH/NV 1994, 824, und vom II R 35/99, BFH/NV 2001, 1144).

Denn ungeachtet der Frage, ob im Streitfall ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO 1977 vorliegt, erfüllt der Vertrag vom den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983. Nach dieser Vorschrift unterliegt die Abtretung eines in den Nrn. 5 und 6 des § 1 Abs. 1 GrEStG 1983 bezeichneten Rechts der Grunderwerbsteuer, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil die „Verkäuferin„, die GbR, dem Kläger ihren gegen die Eheleute B gerichteten „Eigentumsverschaffungsanspruch hinsichtlich des Sondereigentums„, womit nur der Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der Eigentumswohnung Nr. 11 gemeint sein kann, mit sofortiger dinglicher Wirkung abgetreten hat.

Zwar ist es richtig, dass für eine unmittelbare Übertragung der Eigentumswohnung von den Eheleuten B an den Kläger nur einmal Grunderwerbsteuer angefallen wäre. Diesen rechtlich möglichen Weg sind die Beteiligten aber nicht gegangen. Der Besteuerung kann nur der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt zugrunde gelegt werden und nicht dasjenige, was auch rechtlich möglich gewesen wäre.

Unter diesen Umständen kommt auch eine Anrechnung der für den Erwerb der GbR von den Eheleuten B berechneten Steuer nach § 1 Abs. 6 GrEStG 1983 nicht in Betracht. Denn die Anrechnung würde voraussetzen, dass an den aufeinander folgenden Rechtsvorgängen auf der Erwerberseite dieselben Personen beteiligt wären (, BFHE 101, 126, BStBl II 1971, 278). An einer solchen Erwerberidentität (vgl. Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 177/2) fehlt es hier, weil an den Rechtsvorgängen zum einen die GbR, die grunderwerbsteuerrechtlich als eigenständiger Rechtsträger anzusehen ist, und zum anderen der Kläger als Erwerber beteiligt sind.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 366
BFH/NV 2004 S. 366 Nr. 3
IAAAB-14250