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Geschäftsfähigkeit
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition der Geschäftsfähigkeit
Auch wenn der Mensch mit seiner Geburt rechtsfähig ist (§ 1 BGB), sagt dies noch nichts darüber aus, ob er die Fähigkeit besitzt, im Rechtsverkehr alle Rechtsgeschäfte selbständig mit voller Wirksamkeit vorzunehmen. Hinsichtlich der dafür erforderlichen Geschäftsfähigkeit unterscheidet das BGB verschiedene Abstufungen unter Berücksichtigung des Alters oder Beeinträchtigung der Geistestätigkeit, wobei jedoch die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit die Regel ist. Die volle oder teilweise Vorenthaltung der Geschäftsfähigkeit dient dem Schutz des nicht voll Geschäftsfähigen ohne Rücksicht auf den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Insofern ist ein guter Glaube an die Geschäftsfähigkeit nicht geschützt.
Weiler, Neues Betreuungsrecht und Vorsorgeplanung, NWB-EV 9/2022 S. 277
Heuser, Vermögensstrukturierung und Nachfolgeplanung von Todes wegen mit Minderjährigen, NWB-EV 4/2022 S. 124
Jesgarzewski, Vorsorge für den persönlichen Krisenfall statt gesetzlicher Betreuung, NWB 9/2021 S. 644
Arens, Unklare Rechtslage bei Übertragung von KG-Anteilen auf Minderjährige, NWB 8/2020 S. 570
Werner, Demenz und Vermögensnachfolge, NWB-EV 5/2019 S. 169
II. Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig ist, wer das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 104 Nr. 1 BGB). Auf den Stand der geistigen Entwicklung und die Reife kommt es dabei nicht an.
Geschäftsunfähig ist auch, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nr. 2 BGB). Die freie Willensbestimmung ist ausgeschlossen, wenn der Betroffene seine Entscheidung nicht von vernünftigen Erwägungen abhängig machen kann. In lichten Momenten kann jedoch volle Geschäftsfähigkeit bestehen. Gerade schleichende Veränderungsprozesse (z. B. Demenz) machen die zutreffende Einschätzung im Zeitpunkt des Handelns nicht immer einfach. So muss nicht selten in gerichtlichen Verfahren im Nachhinein die Geschäftsfähigkeit der handelnden Person überprüft werden, Sachverständigengutachten sind dazu einzuholen. Im Rahmen von Beurkundungsvorgängen hat sich auch der Notar über die Geschäftsfähigkeit (Testierfähigkeit) Gewissheit zu verschaffen (§ 11 Abs. 1 BeurkG).
Willenserklärungen eines Geschäftsunfähigen sind absolut nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB), aber auch die dem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegeben Willenserklärungen sind erst mit Zugang beim gesetzlichen Vertreter wirksam (§ 131 BGB). Zustellungen müssen daher an den gesetzlichen Vertreter erfolgen.
Die grundsätzlich nach § 170 ZPO unzulässige Zustellung an den Geschäftsunfähigen anstelle seines gesetzlichen Vertreters führt jedoch nicht dazu, dass gesetzliche Fristen nicht beginnen. Gegen die Auswirkungen von nichtigen Handlungen im Klageverfahren ist der Geschäftsunfähige durch Nichtigkeitsklage ausreichend geschützt.
Nichtig sind auch die Willenserklärungen, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben werden (§ 105 Abs. 2 BGB).